"Frankreich zerfällt nicht in zwei Nationen, eine hugenottische und eine katholische. Wenn Vernunft und Gerechtigkeit nicht genügen, wird der König seine persönliche Autorität in die Waagschale werfen. "Sit pro ratione voluntas..." "Anstelle des Grundes steht mein Wille…"
Ein Federstrich auf steifem Pergament und der markante Namenszug von König Heinrichs IV. von Frankreich. Ein Federstrich, der nach dem Willen des Monarchen der Vernunft zu ihrem Recht verhelfen soll und - den Protestanten im französischen Königreich zur Glaubensfreiheit.
Dieses Dokument von 1598, das als "Toleranzedikt von Nantes" in die Geschichte eingeht, beendet die blutigen Religionskriege, räumt den französischen Protestanten, den Hugenotten, Bürgerrechte ein und regelt die Beziehungen zwischen den Konfessionen.
Der Name Hugenotten geht vermutlich auf die französische Bezeichnung "Iguenots" für die Schweizer Eidgenossen zurück. Denn die Impulse für eine kirchliche Reformbewegung in Frankreich waren vor allem von der Schweiz ausgegangen.
Dort war der Franzose Johannes Calvin in Genf eine führende Gestalt der Reformationsbewegung. Und von dort übernahmen auch die französischen Protestanten die Vorstellung einer Synodalverfassung, die eine aktive Teilnahme gewählter Laien am kirchlichen Leben ermöglichte.
Doch trotz des Toleranzedikts von Nantes blieb der strenge Calvinismus der Hugenotten in Frankreich für das auf strikten Zentralismus ausgerichtete katholische und absolutistische Königtum ein Störfaktor. Besonders für Sonnenkönig Ludwig XIV. waren die Hugenotten mit ihren fast republikanisch anmutenden Synodalwesen in ihrer "Eglise Reformée de France" ein Dorn im Auge.
Ludwig wollte mit allen Mitteln seine absolutistische Staatsidee mit der Maxime: "Un roi, une foi, une loi" durchsetzen. 1685 also gerade acht Jahrzehnte nach dem Toleranzedikt von Heinrich IV. erließ Ludwig XIV. das Edikt von Fontainebleau. Darin erklärt er kurz und bündig:
"Das Toleranzedikt von Nantes ist aufgehoben! Null und nichtig! Infolgedessen wollen wir, dass alle Tempel der vorgeblich reformierten Religion unverzüglich zerstört werden. Weiter verbieten wir unseren besagten Untertanen sich noch ferner zu versammeln, um den Gottesdienst nach der dieser Religion zu halten. Und wir befehlen ernstlich allen Predigern der vorgeblich reformierten Religion, die sich nicht bekehren und die katholische Religion annehmen wollen, 14 Tage nach der Veröffentlichung unseres Edikts Unser Königreich zu verlassen"
So nimmt der Sonnenkönig am 18. Oktober 1685 seinen protestantischen Untertanen wieder alle Rechte, die ihnen Heinrich IV. zugestanden hatte. Für die Hugenotten bedeutet dies Vertreibung oder Tod. In Scharen fliehen sie aus ihrer Heimat. Etwa 20 000 von ihnen suchen Asyl in Berlin, am Hof des "Großen Kurfürsten", Friedrich Wilhelms I.
Friedrich Wilhelm I. wird mit seiner pragmatischen und reformfreudigen Regierungspolitik den Weg für den späteren Aufstieg Brandenburg-Preußens zur Großmacht ebnen. Und er ist jemand, der Chancen ergreift, wenn sie sich bieten. Mit dem Zuzug von rund 20 000 Hugenotten ins Kurfürstentum Brandenburg bietet sich eine solche Chance.
Gelebt haben viele Hugenotten bis zu ihrer Flucht vor allem in den hohen Cevennen, den schroffen Südostausläufern des Zentralmassivs, einem Landstrich mit Hochtäler und Höhlen, wie geschaffen für Verstecke. Hier haben sie ihre verbotenen Gottesdienste abgehalten - in ständiger Angst vor Entdeckung und schweren Strafen. Von ihrem Glauben haben sie dennoch nicht abgelassen und sich stattdessen für Flucht und Exil entschieden.
Vom "Großen Kurfürst" erhalten die französischen Emigranten sofort alle Bürgerrechte, er gewährt ihnen zehn Jahre Steuerfreiheit, überlässt ihnen Bau- und Ackerland und gibt ihnen Zuschüsse zur Gründung von Unternehmen. Um dieser Praxis die gesetzliche Grundlage zu geben, unterzeichnet der Kurfürst am 29. Oktober 1685 das "Edikt von Potsdam".
"…Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden Markgraf zu Brandenburg, des Heiligen Römischen Reiches Erzkämmerer, Kurfürst in Preußen... tun kund und zu wissen: Nachdem die harten Verfolgungen und rigorosen Prozeduren, womit man in dem Königreich Frankreich wider unsere evangelisch-reformierten Glaubensgenossen verfahren ist, viele Familien veranlasst haben sich aus selbigem Königreich hinweg in andere Lande zu begeben, werden wir aus gerechtem Mitleiden bewogen, vermittels dieses von Uns eigenhändig unterschriebenen Edikts, denselben eine sichere und freie Retraîte zu offerieren".
Mag sein, dass der "Große Kurfürst" tatsächlich vom Leid der Flüchtlinge angerührt war. Dennoch sind seine Motive wohl weniger von Nächstenliebe als von nüchternen staatspolitischen Erwägungen geprägt.
Nach dem Ende des 30-jährigen Kriegs ist Deutschland ausgeblutet, entvölkert und verwüstet. Ganze Landstriche liegen brach, die Bevölkerungsziffern sind extrem niedrig. Das Land braucht Menschen, eine Infrastruktur. Friedrich Wilhelm, ein Mann mit Weitblick, sieht also im Zustrom der Zuwanderer auch eine Chance, die Bevölkerungszahlen zu vergrößern, Handel und Gewerbe zu fördern.
Dazu kommt, dass viele der Hugenotten in ihrer Heimat besonders dem gebildeten Bürgertum angehört hatten und auch Kaufleute und Handwerker waren. All dies konnten die am Boden liegenden und strukturschwachen deutschen Territorien dringend gebrauchen. Die Zuwanderung dieser religiösen Migranten stellt also durchaus eine Bereicherung dar. Der Mainzer Historiker Heinz Duchhardt:
"Es war insgesamt für die Glaubensflüchtlinge, die seit dem 16. Jahrhundert hundert ins deutsche Reich kamen, typisch, dass sie nicht nur etwas wollten - eine neue Heimat, Glaubensschutz, eine Existenzgrundlage - sondern dass sie auch etwas mitbrachten und in ihren Gastgeberstaat einzubringen vermochten: die Fähigkeit, wirtschaftliche Impulse zu geben, Arbeitskraft und Engagement, demographisches Potential, das für die um Ausbau und Konsolidierung bemühten deutschen Staaten von hoher Bedeutung war. All das erleichterte die rasche Eingliederung der "Fremden" ganz entscheidend."
Und so entwickeln sich diese einstmals in Frankreich bedrängten Protestanten in Preußen nach und nach zu einer kleinen Elite, deren kulturell verfeinerte Lebensart besonders dem Adel in Brandenburg imponiert.
Auch wenn das Zusammenleben mit den Neuankömmlingen keineswegs mit der gesamten Bevölkerung reibungslos verläuft. Denn viele Einheimischen sind den Fremden gegenüber keineswegs sonderlich aufgeschlossen. Doch sie werden schlicht zur Koexistenz gezwungen. Das politische System des Absolutismus bietet de "Großen Kurfürsten" Möglichkeit und Instrumentarium dazu.
Theologische Fragen sind, so darf angenommen werden, Friedrich Wilhelm eher gleichgültig gewesen. Seine politische Größe besteht in der Einsicht, dass er kriegerische Glaubenskämpfe für überflüssig hielt. Religionskriege waren für ihn außerdem ein Luxus, den er sich nicht leisten kann und will.
Als Friedrich Wilhelm I. dann 1688 stirbt, trauert die hugenottische Gemeinschaft aufrichtig um ihren großen Gönner. Um einen Fürsten, der ihnen mit seiner Toleranz in Not und Bedrängnis Schutz und Heimat geboten hatte. Friedrich der Große, der berühmte Nachfahre des Großen Kurfürsten, wird dies später so erklären: "Die Staatsräson ist es, die Toleranz gebietet."
Ein Federstrich auf steifem Pergament und der markante Namenszug von König Heinrichs IV. von Frankreich. Ein Federstrich, der nach dem Willen des Monarchen der Vernunft zu ihrem Recht verhelfen soll und - den Protestanten im französischen Königreich zur Glaubensfreiheit.
Dieses Dokument von 1598, das als "Toleranzedikt von Nantes" in die Geschichte eingeht, beendet die blutigen Religionskriege, räumt den französischen Protestanten, den Hugenotten, Bürgerrechte ein und regelt die Beziehungen zwischen den Konfessionen.
Der Name Hugenotten geht vermutlich auf die französische Bezeichnung "Iguenots" für die Schweizer Eidgenossen zurück. Denn die Impulse für eine kirchliche Reformbewegung in Frankreich waren vor allem von der Schweiz ausgegangen.
Dort war der Franzose Johannes Calvin in Genf eine führende Gestalt der Reformationsbewegung. Und von dort übernahmen auch die französischen Protestanten die Vorstellung einer Synodalverfassung, die eine aktive Teilnahme gewählter Laien am kirchlichen Leben ermöglichte.
Doch trotz des Toleranzedikts von Nantes blieb der strenge Calvinismus der Hugenotten in Frankreich für das auf strikten Zentralismus ausgerichtete katholische und absolutistische Königtum ein Störfaktor. Besonders für Sonnenkönig Ludwig XIV. waren die Hugenotten mit ihren fast republikanisch anmutenden Synodalwesen in ihrer "Eglise Reformée de France" ein Dorn im Auge.
Ludwig wollte mit allen Mitteln seine absolutistische Staatsidee mit der Maxime: "Un roi, une foi, une loi" durchsetzen. 1685 also gerade acht Jahrzehnte nach dem Toleranzedikt von Heinrich IV. erließ Ludwig XIV. das Edikt von Fontainebleau. Darin erklärt er kurz und bündig:
"Das Toleranzedikt von Nantes ist aufgehoben! Null und nichtig! Infolgedessen wollen wir, dass alle Tempel der vorgeblich reformierten Religion unverzüglich zerstört werden. Weiter verbieten wir unseren besagten Untertanen sich noch ferner zu versammeln, um den Gottesdienst nach der dieser Religion zu halten. Und wir befehlen ernstlich allen Predigern der vorgeblich reformierten Religion, die sich nicht bekehren und die katholische Religion annehmen wollen, 14 Tage nach der Veröffentlichung unseres Edikts Unser Königreich zu verlassen"
So nimmt der Sonnenkönig am 18. Oktober 1685 seinen protestantischen Untertanen wieder alle Rechte, die ihnen Heinrich IV. zugestanden hatte. Für die Hugenotten bedeutet dies Vertreibung oder Tod. In Scharen fliehen sie aus ihrer Heimat. Etwa 20 000 von ihnen suchen Asyl in Berlin, am Hof des "Großen Kurfürsten", Friedrich Wilhelms I.
Friedrich Wilhelm I. wird mit seiner pragmatischen und reformfreudigen Regierungspolitik den Weg für den späteren Aufstieg Brandenburg-Preußens zur Großmacht ebnen. Und er ist jemand, der Chancen ergreift, wenn sie sich bieten. Mit dem Zuzug von rund 20 000 Hugenotten ins Kurfürstentum Brandenburg bietet sich eine solche Chance.
Gelebt haben viele Hugenotten bis zu ihrer Flucht vor allem in den hohen Cevennen, den schroffen Südostausläufern des Zentralmassivs, einem Landstrich mit Hochtäler und Höhlen, wie geschaffen für Verstecke. Hier haben sie ihre verbotenen Gottesdienste abgehalten - in ständiger Angst vor Entdeckung und schweren Strafen. Von ihrem Glauben haben sie dennoch nicht abgelassen und sich stattdessen für Flucht und Exil entschieden.
Vom "Großen Kurfürst" erhalten die französischen Emigranten sofort alle Bürgerrechte, er gewährt ihnen zehn Jahre Steuerfreiheit, überlässt ihnen Bau- und Ackerland und gibt ihnen Zuschüsse zur Gründung von Unternehmen. Um dieser Praxis die gesetzliche Grundlage zu geben, unterzeichnet der Kurfürst am 29. Oktober 1685 das "Edikt von Potsdam".
"…Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden Markgraf zu Brandenburg, des Heiligen Römischen Reiches Erzkämmerer, Kurfürst in Preußen... tun kund und zu wissen: Nachdem die harten Verfolgungen und rigorosen Prozeduren, womit man in dem Königreich Frankreich wider unsere evangelisch-reformierten Glaubensgenossen verfahren ist, viele Familien veranlasst haben sich aus selbigem Königreich hinweg in andere Lande zu begeben, werden wir aus gerechtem Mitleiden bewogen, vermittels dieses von Uns eigenhändig unterschriebenen Edikts, denselben eine sichere und freie Retraîte zu offerieren".
Mag sein, dass der "Große Kurfürst" tatsächlich vom Leid der Flüchtlinge angerührt war. Dennoch sind seine Motive wohl weniger von Nächstenliebe als von nüchternen staatspolitischen Erwägungen geprägt.
Nach dem Ende des 30-jährigen Kriegs ist Deutschland ausgeblutet, entvölkert und verwüstet. Ganze Landstriche liegen brach, die Bevölkerungsziffern sind extrem niedrig. Das Land braucht Menschen, eine Infrastruktur. Friedrich Wilhelm, ein Mann mit Weitblick, sieht also im Zustrom der Zuwanderer auch eine Chance, die Bevölkerungszahlen zu vergrößern, Handel und Gewerbe zu fördern.
Dazu kommt, dass viele der Hugenotten in ihrer Heimat besonders dem gebildeten Bürgertum angehört hatten und auch Kaufleute und Handwerker waren. All dies konnten die am Boden liegenden und strukturschwachen deutschen Territorien dringend gebrauchen. Die Zuwanderung dieser religiösen Migranten stellt also durchaus eine Bereicherung dar. Der Mainzer Historiker Heinz Duchhardt:
"Es war insgesamt für die Glaubensflüchtlinge, die seit dem 16. Jahrhundert hundert ins deutsche Reich kamen, typisch, dass sie nicht nur etwas wollten - eine neue Heimat, Glaubensschutz, eine Existenzgrundlage - sondern dass sie auch etwas mitbrachten und in ihren Gastgeberstaat einzubringen vermochten: die Fähigkeit, wirtschaftliche Impulse zu geben, Arbeitskraft und Engagement, demographisches Potential, das für die um Ausbau und Konsolidierung bemühten deutschen Staaten von hoher Bedeutung war. All das erleichterte die rasche Eingliederung der "Fremden" ganz entscheidend."
Und so entwickeln sich diese einstmals in Frankreich bedrängten Protestanten in Preußen nach und nach zu einer kleinen Elite, deren kulturell verfeinerte Lebensart besonders dem Adel in Brandenburg imponiert.
Auch wenn das Zusammenleben mit den Neuankömmlingen keineswegs mit der gesamten Bevölkerung reibungslos verläuft. Denn viele Einheimischen sind den Fremden gegenüber keineswegs sonderlich aufgeschlossen. Doch sie werden schlicht zur Koexistenz gezwungen. Das politische System des Absolutismus bietet de "Großen Kurfürsten" Möglichkeit und Instrumentarium dazu.
Theologische Fragen sind, so darf angenommen werden, Friedrich Wilhelm eher gleichgültig gewesen. Seine politische Größe besteht in der Einsicht, dass er kriegerische Glaubenskämpfe für überflüssig hielt. Religionskriege waren für ihn außerdem ein Luxus, den er sich nicht leisten kann und will.
Als Friedrich Wilhelm I. dann 1688 stirbt, trauert die hugenottische Gemeinschaft aufrichtig um ihren großen Gönner. Um einen Fürsten, der ihnen mit seiner Toleranz in Not und Bedrängnis Schutz und Heimat geboten hatte. Friedrich der Große, der berühmte Nachfahre des Großen Kurfürsten, wird dies später so erklären: "Die Staatsräson ist es, die Toleranz gebietet."