Mit flinken Bewegungen und in gebückter Haltung arbeitet sich José Rodriguez durch ein Erdbeerfeld. Die Sonne brennt auf seinem Nacken, doch zehn Reihen muss er heute noch schaffen. José ist einer von Tausenden illegalen Landarbeitern, die auf den endlosen Obst- und Gemüseplantagen des Central Valleys arbeiten. Vor allem Mexikaner kommen nach Kalifornien, weil sie in der Heimat keine Zukunft mehr sehen und es hier immer Arbeit gibt. Rund ein Fünftel der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die in den USA konsumiert werden, kommen aus Kalifornien. Gerade bei der Ernte von Beeren, Wein und Salat werden immer billige Pflücker gesucht.
"Ich fange meist gegen 3 Uhr morgens hier an zu bewässern. Bis 15 Uhr bin ich mit allem fertig. Dann fahre ich zu meinem eigenen Feld und manchmal habe ich dort noch bis Mitternacht zu tun. Hier werde ich mit zehn Dollar pro Stunde bezahlt. Ich kümmere mich um alles, vom Säen bis zur Ernte. Das ist vor allem Arbeit mit dem Traktor. Normalerweise würde das niemand unter 17 Dollar Stundenlohn machen."
In seiner Heimat bewirtschaftete José sechs Hektar mit seiner Familie. Hier konnte er gerade noch ein Zehntel davon pachten. Um sich über Wasser zu halten, kümmert er sich stundenweise auch um die Felder eines anderen Bauern. Antrag auf Subventionen kann er nicht stellen, denn wie 90 Prozent der Landarbeiter hier, hat José keine Aufenthaltsgenehmigung. Obwohl verlässliche Daten fehlen, wird die Zahl der illegalen Einwanderer in den Vereinigten Staaten auf acht Millionen Menschen geschätzt.
Seit der letzten Einbürgerungswelle von 1986 ist es verboten, Arbeiter ohne Aufenthaltserlaubnis zu beschäftigen. Die Bemühungen der Regierung, illegale Grenzübertritte zu verhindern, lassen auch die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte sinken. Ein echtes Problem für die Arbeitgeber in der Landwirtschaft, weiß Leoncio Vasquez Santos.
"Die Arbeit als Erntehelfer ist sehr hart und am schlechtesten bezahlt. Aber für die Menschen, die hierherkommen, ist es eine gute Möglichkeit, um zu überleben. In ihrer Heimat haben sie keine Chance. Hier dagegen hören wir immer öfter, dass es an Erntehelfern mangelt. Im August und September zum Beispiel muss der Wein in drei, vier Wochen komplett geerntet werden. Wenn sie also nicht genug Arbeiter finden, werden die Farmer große Einbußen haben."
Leoncio Vasquez Santos kam als Jugendlicher mit seinem Vater nach Kalifornien. Heute arbeitet der Mittdreißiger für eine gemeinnützige Organisation, die sich vor allem um indigene Einwanderer aus Mexiko kümmert. Er hilft beim Übersetzen offizieller Dokumente, organisiert aber auch Gitarrenkurse und Protestmärsche. Durch seine Arbeit bekommt er vieles davon mit, was auf den Feldern los ist.
Dass trotz der vielen Hindernisse immer noch viele Menschen einwandern, zeigt wie schwierig die Situation in Mexiko und anderen Ländern Lateinamerikas ist. Andererseits könnte die US-Wirtschaft nicht ohne billige Erntehelfer, Fabrikarbeiter und Servicekräfte funktionieren. Die Kontroverse spitzt sich gerade jetzt kurz vor den Präsidentschaftswahlen weiter zu. Im angrenzenden Arizona ist die Polizei nun per Gesetz dazu verpflichtet, verdächtige Personen nach ihren Aufenthaltspapieren zu fragen. Selbst der Supreme Court, das Oberste Gericht in Washington, ließ dieses Gesetz passieren. Dass es in einigen US-Bundesstaaten Nachahmer finden wird, gilt als sicher. Ein Grund für diese Entwicklung liege auch im demografischen Wandel der vergangenen zehn Jahre, meint Myrna Martinez Nateras vom Pan Valley Institute.
"Die Latinocommunity ist hier jetzt in der Mehrheit. Sie sind keine Minderheit mehr. Angesichts des fremdenfeindlichen Klimas ist es in den letzten zehn Jahren immer schwieriger für sie geworden. Doch sie sind jetzt präsenter. Die Fremden in den Feldern sieht man nicht, deren Existenz kann man verdrängen. Doch weil sich viele hier niederlassen, nutzen sie auch mehr öffentliche Einrichtungen oder Plätze. Sie sind Teil dieses Landes und sie leisten einen Beitrag in vielerlei Hinsicht.”
Das Pan Valley Institute wurde gegründet, um den verschiedenen Gruppen von Einwanderern ein Forum zu geben. Workshops und Festivals sollen dazu dienen, die sonst eher isolierten "Anderen" besser kennenzulernen. Heute treffen sich Vertreter aus den Gemeinden zu einer Besprechung, darunter auch Minerva Mendoza.
Die 21-Jährige ist Erstwählerin und engagiert sich in ihrer Freizeit für die Gemeinde. Mit elf Jahren zog sie mit ihrer Familie aus einem Dorf im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca ins Central Valley. Sie studiert heute Psychologie, doch viele ihrer Freunde werden ohne Aufenthaltsstatus nur schwer einen Collegeabschluss erreichen. Sogar ein Führerschein bleibt ihnen verwehrt. Durch ihre Kontakte in der Community weiß Minerva, wie ihre Altersgenossen zur bevorstehenden Wahl stehen.
"Wenn es darum geht, einen Präsidenten zu wählen, ist unsere größte Sorge natürlich die Einwanderungspolitik. Denn das betrifft uns ganz direkt. Und es ist den Leuten nicht egal, denn sie wissen, wer etwas für sie tun will und wer sie auf der anderen Seite attackiert."
Der kürzlich von Präsident Obama erlassene Abschiebestopp für etwa 800.000 junge Migranten sorgte anfangs für großen Jubel. Für welchen Präsidenten sich die Latinowähler am Ende aber entscheiden werden, bleibt ungewiss. Denn nach dem jahrelangen Auf und Ab und all den enttäuschten Erwartungen ist die Bevölkerungsgruppe skeptisch geworden. Auf dem Weg zu einer umfassenden Einwanderungsreform sei Obamas Entscheidung nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung gewesen, meint Myrna Martinez Nateras, denn:
"Das hat natürlich viele junge Menschen erleichtert, die hier aufgewachsen sind und gerade in der Ausbildung stecken. Aber es ist keine abschließende Lösung. Denn man gibt ihnen nicht die Chance Staatsbürger zu werden. Man wird sie nur nicht mehr ausweisen. Es ist eher eine politische Geste. Das Parlament, Obama, Bush und alle vorherigen Präsidenten wissen nicht, wie sie das Problem der illegalen Einwanderung angehen sollen. Und ich denke Obama hat sich dieser Sache auch nicht ernsthafter gewidmet, weil sie so kontrovers ist und er lieber auf Nummer sicher gehen wollte."
Latinowähler könnten bald das Zünglein an der Waage sein. In Kalifornien verfügen sie mittlerweile über 20 Prozent aller Stimmen. Nash ist einer von ihnen. Er ist pensionierter Architekt und verkauft hier auf dem Wochenmarkt von San Francisco sein Olivenöl. Den Glauben an die Macht der Wähler hat er gänzlich verloren - und mit dieser Ansicht steht er nicht allein.
"Nach der Enttäuschung der letzten Wahl würde ich nicht mal wählen gehen, wenn meine Eltern aus dem Grabe auferstünden. Ich werde für keinen von ihnen stimmen, denn sie machen Versprechungen und halten sie dann nie ein. Ich werde überhaupt nicht mehr wählen gehen."
"Ich fange meist gegen 3 Uhr morgens hier an zu bewässern. Bis 15 Uhr bin ich mit allem fertig. Dann fahre ich zu meinem eigenen Feld und manchmal habe ich dort noch bis Mitternacht zu tun. Hier werde ich mit zehn Dollar pro Stunde bezahlt. Ich kümmere mich um alles, vom Säen bis zur Ernte. Das ist vor allem Arbeit mit dem Traktor. Normalerweise würde das niemand unter 17 Dollar Stundenlohn machen."
In seiner Heimat bewirtschaftete José sechs Hektar mit seiner Familie. Hier konnte er gerade noch ein Zehntel davon pachten. Um sich über Wasser zu halten, kümmert er sich stundenweise auch um die Felder eines anderen Bauern. Antrag auf Subventionen kann er nicht stellen, denn wie 90 Prozent der Landarbeiter hier, hat José keine Aufenthaltsgenehmigung. Obwohl verlässliche Daten fehlen, wird die Zahl der illegalen Einwanderer in den Vereinigten Staaten auf acht Millionen Menschen geschätzt.
Seit der letzten Einbürgerungswelle von 1986 ist es verboten, Arbeiter ohne Aufenthaltserlaubnis zu beschäftigen. Die Bemühungen der Regierung, illegale Grenzübertritte zu verhindern, lassen auch die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte sinken. Ein echtes Problem für die Arbeitgeber in der Landwirtschaft, weiß Leoncio Vasquez Santos.
"Die Arbeit als Erntehelfer ist sehr hart und am schlechtesten bezahlt. Aber für die Menschen, die hierherkommen, ist es eine gute Möglichkeit, um zu überleben. In ihrer Heimat haben sie keine Chance. Hier dagegen hören wir immer öfter, dass es an Erntehelfern mangelt. Im August und September zum Beispiel muss der Wein in drei, vier Wochen komplett geerntet werden. Wenn sie also nicht genug Arbeiter finden, werden die Farmer große Einbußen haben."
Leoncio Vasquez Santos kam als Jugendlicher mit seinem Vater nach Kalifornien. Heute arbeitet der Mittdreißiger für eine gemeinnützige Organisation, die sich vor allem um indigene Einwanderer aus Mexiko kümmert. Er hilft beim Übersetzen offizieller Dokumente, organisiert aber auch Gitarrenkurse und Protestmärsche. Durch seine Arbeit bekommt er vieles davon mit, was auf den Feldern los ist.
Dass trotz der vielen Hindernisse immer noch viele Menschen einwandern, zeigt wie schwierig die Situation in Mexiko und anderen Ländern Lateinamerikas ist. Andererseits könnte die US-Wirtschaft nicht ohne billige Erntehelfer, Fabrikarbeiter und Servicekräfte funktionieren. Die Kontroverse spitzt sich gerade jetzt kurz vor den Präsidentschaftswahlen weiter zu. Im angrenzenden Arizona ist die Polizei nun per Gesetz dazu verpflichtet, verdächtige Personen nach ihren Aufenthaltspapieren zu fragen. Selbst der Supreme Court, das Oberste Gericht in Washington, ließ dieses Gesetz passieren. Dass es in einigen US-Bundesstaaten Nachahmer finden wird, gilt als sicher. Ein Grund für diese Entwicklung liege auch im demografischen Wandel der vergangenen zehn Jahre, meint Myrna Martinez Nateras vom Pan Valley Institute.
"Die Latinocommunity ist hier jetzt in der Mehrheit. Sie sind keine Minderheit mehr. Angesichts des fremdenfeindlichen Klimas ist es in den letzten zehn Jahren immer schwieriger für sie geworden. Doch sie sind jetzt präsenter. Die Fremden in den Feldern sieht man nicht, deren Existenz kann man verdrängen. Doch weil sich viele hier niederlassen, nutzen sie auch mehr öffentliche Einrichtungen oder Plätze. Sie sind Teil dieses Landes und sie leisten einen Beitrag in vielerlei Hinsicht.”
Das Pan Valley Institute wurde gegründet, um den verschiedenen Gruppen von Einwanderern ein Forum zu geben. Workshops und Festivals sollen dazu dienen, die sonst eher isolierten "Anderen" besser kennenzulernen. Heute treffen sich Vertreter aus den Gemeinden zu einer Besprechung, darunter auch Minerva Mendoza.
Die 21-Jährige ist Erstwählerin und engagiert sich in ihrer Freizeit für die Gemeinde. Mit elf Jahren zog sie mit ihrer Familie aus einem Dorf im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca ins Central Valley. Sie studiert heute Psychologie, doch viele ihrer Freunde werden ohne Aufenthaltsstatus nur schwer einen Collegeabschluss erreichen. Sogar ein Führerschein bleibt ihnen verwehrt. Durch ihre Kontakte in der Community weiß Minerva, wie ihre Altersgenossen zur bevorstehenden Wahl stehen.
"Wenn es darum geht, einen Präsidenten zu wählen, ist unsere größte Sorge natürlich die Einwanderungspolitik. Denn das betrifft uns ganz direkt. Und es ist den Leuten nicht egal, denn sie wissen, wer etwas für sie tun will und wer sie auf der anderen Seite attackiert."
Der kürzlich von Präsident Obama erlassene Abschiebestopp für etwa 800.000 junge Migranten sorgte anfangs für großen Jubel. Für welchen Präsidenten sich die Latinowähler am Ende aber entscheiden werden, bleibt ungewiss. Denn nach dem jahrelangen Auf und Ab und all den enttäuschten Erwartungen ist die Bevölkerungsgruppe skeptisch geworden. Auf dem Weg zu einer umfassenden Einwanderungsreform sei Obamas Entscheidung nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung gewesen, meint Myrna Martinez Nateras, denn:
"Das hat natürlich viele junge Menschen erleichtert, die hier aufgewachsen sind und gerade in der Ausbildung stecken. Aber es ist keine abschließende Lösung. Denn man gibt ihnen nicht die Chance Staatsbürger zu werden. Man wird sie nur nicht mehr ausweisen. Es ist eher eine politische Geste. Das Parlament, Obama, Bush und alle vorherigen Präsidenten wissen nicht, wie sie das Problem der illegalen Einwanderung angehen sollen. Und ich denke Obama hat sich dieser Sache auch nicht ernsthafter gewidmet, weil sie so kontrovers ist und er lieber auf Nummer sicher gehen wollte."
Latinowähler könnten bald das Zünglein an der Waage sein. In Kalifornien verfügen sie mittlerweile über 20 Prozent aller Stimmen. Nash ist einer von ihnen. Er ist pensionierter Architekt und verkauft hier auf dem Wochenmarkt von San Francisco sein Olivenöl. Den Glauben an die Macht der Wähler hat er gänzlich verloren - und mit dieser Ansicht steht er nicht allein.
"Nach der Enttäuschung der letzten Wahl würde ich nicht mal wählen gehen, wenn meine Eltern aus dem Grabe auferstünden. Ich werde für keinen von ihnen stimmen, denn sie machen Versprechungen und halten sie dann nie ein. Ich werde überhaupt nicht mehr wählen gehen."