Es waren zwei fast identische Bilder. Clyde Tombaugh hatte sie aufgenommen, ein Mitarbeiter des Lowell-Observatoriums in Flagstaff im amerikanischen Bundesstaat Arizona. Die Bilder zeigten exakt denselben Himmelsausschnitt im Grenzbereich der Sternbilder Stier und Zwillinge, fotografiert im Abstand von sechs Tagen. Alles war gleich. Nur ein kleiner, kaum noch erkennbarer Himmelskörper hatte seine Position etwas verändert.
Er war gewandert. Es handelte sich also um ein bewegliches Objekt. Es war der 18. Februar 1930. Tombaugh schlug das Herz bis zum Hals. Er prüfte zur Sicherheit noch ein drittes Bild, dann eilte er zu seinem Chef, Vesto Slipher, um ihm die frohe Botschaft zu überbringen.
"Dr. Slipher. Ich habe Ihren Planeten gefunden!"
Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts vermuteten die Astronomen, dass es jenseits von Neptun noch einen weiteren, neunten Planeten geben müsse. Die klügsten Köpfe beteiligten sich an der Suche – alle ohne Erfolg. Percival Lowell, der Gründer des Lowell-Observatoriums, verlor darüber fast den Verstand. Nach seinem Tod setzte Vesto Slipher die Suche fort. Mit einem neuen Teleskop. Und mit Clyde Tombaugh, seinem 22-jährigen Assistenten. Er stammte aus einer Farmerfamilie in Kansas, hatte nicht einmal das College besucht, interessierte sich aber leidenschaftlich für Astronomie.
"Alles, was das Universum betraf, hat mich fasziniert. Ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass ich einmal berühmt werden könnte. Aber ich habe keine Mühen gescheut, um meinen Job richtig gut zu machen."
Tombaugh benutzte, wie Lowell, einen "Blinkkomparator", in dem sich ein beweglicher Himmelskörper durch ein "Blinken" beziehungsweise durch ein Hin- und Herspringen zwischen zwei ansonsten identischen Fotoplatten verriet. Die Arbeit verlangte extreme Ausdauer und Konzentration.
"Ich hatte immer Angst, die Aufmerksamkeit könnte nachlassen und ich könnte womöglich etwas übersehen. Das hat mich die ganze Zeit verfolgt."
Rund eineinhalb Millionen Sterne hat Tombaugh gesichtet, bevor er nach etwa einem Jahr fündig wurde. Am 13. März 1930 - dem 75. Geburtstag von Percival Lowell und dem 149. Jahrestag von Wilhelm Herschels Entdeckung des Uranus - wurde die sensationelle Entdeckung eines bislang noch namenlosen Planeten bekannt gegeben. Der Vorschlag, ihn "Pluto" zu nennen, nach dem römischen Gott der Unterwelt, stammte von Venetia Phair, einem elfjährigen Mädchen aus Oxford in Großbritannien. #
"Es war am 14. März 1930. Mein Großvater las aus der Zeitung die große Neuigkeit vor und sagte, er sei gespannt, wie man den Planeten wohl nennen werde. Ich sagte nach einer kurzen Pause: 'Warum nicht Pluto?' Ich kannte die griechische und römische Mythologie aus Kinderbüchern, und natürlich wusste ich vom Sonnensystem und von den Namen der anderen Planeten. So kam das zustande. Alles andere hat dann mein Großvater in die Wege geleitet."
Nun schien die Familie komplett: Nach Merkur, Venus, der Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun galt Pluto als kleinster und am weitesten entfernter Planet unseres Sonnensystems. Die Menschen schlossen ihn besonders ins Herz – auch, weil Walt Disney noch im gleichen Jahr den Hund für seine Micky Maus nach ihm benannte. Die Astronomen begannen, die fremde Welt zu erkunden, die sich jenseits von Neptun aufgetan hatte. Clyde Tombaugh holte sein Astronomiestudium nach, machte als Professor Karriere, entdeckte später noch 14 Asteroiden. Und dann, nicht lange vor seinem Tod 1997, die herbe Enttäuschung: Im "Kuiper-Gürtel" jenseits von Neptun fanden sich noch andere plutoähnliche Himmelskörper. Die Zahl der Planeten drohte ins Uferlose zu steigen. Was tun?
Die Frage wurde jahrelang heiß diskutiert. Einer neuen, im August 2006 von der Internationalen Astronomischen Union verabschiedeten Definition zufolge muss ein Planet seine Umgebung von anderem kosmischen Material freigeräumt haben – eine Bedingung, die Pluto nicht erfüllt. Er wurde degradiert, gilt offiziell nur noch als "Zwergplanet". Dabei hatte die NASA eben erst ihre erste Pluto-Mission auf den Weg gebracht. Sie soll ihr Ziel 2015 erreichen. An Bord befindet sich auch ein Gefäß mit etwas Asche von Clyde Tombaugh – ein Zeichen der Liebe und Anerkennung von seiner Witwe Patricia und der ganzen Familie.
Er war gewandert. Es handelte sich also um ein bewegliches Objekt. Es war der 18. Februar 1930. Tombaugh schlug das Herz bis zum Hals. Er prüfte zur Sicherheit noch ein drittes Bild, dann eilte er zu seinem Chef, Vesto Slipher, um ihm die frohe Botschaft zu überbringen.
"Dr. Slipher. Ich habe Ihren Planeten gefunden!"
Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts vermuteten die Astronomen, dass es jenseits von Neptun noch einen weiteren, neunten Planeten geben müsse. Die klügsten Köpfe beteiligten sich an der Suche – alle ohne Erfolg. Percival Lowell, der Gründer des Lowell-Observatoriums, verlor darüber fast den Verstand. Nach seinem Tod setzte Vesto Slipher die Suche fort. Mit einem neuen Teleskop. Und mit Clyde Tombaugh, seinem 22-jährigen Assistenten. Er stammte aus einer Farmerfamilie in Kansas, hatte nicht einmal das College besucht, interessierte sich aber leidenschaftlich für Astronomie.
"Alles, was das Universum betraf, hat mich fasziniert. Ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass ich einmal berühmt werden könnte. Aber ich habe keine Mühen gescheut, um meinen Job richtig gut zu machen."
Tombaugh benutzte, wie Lowell, einen "Blinkkomparator", in dem sich ein beweglicher Himmelskörper durch ein "Blinken" beziehungsweise durch ein Hin- und Herspringen zwischen zwei ansonsten identischen Fotoplatten verriet. Die Arbeit verlangte extreme Ausdauer und Konzentration.
"Ich hatte immer Angst, die Aufmerksamkeit könnte nachlassen und ich könnte womöglich etwas übersehen. Das hat mich die ganze Zeit verfolgt."
Rund eineinhalb Millionen Sterne hat Tombaugh gesichtet, bevor er nach etwa einem Jahr fündig wurde. Am 13. März 1930 - dem 75. Geburtstag von Percival Lowell und dem 149. Jahrestag von Wilhelm Herschels Entdeckung des Uranus - wurde die sensationelle Entdeckung eines bislang noch namenlosen Planeten bekannt gegeben. Der Vorschlag, ihn "Pluto" zu nennen, nach dem römischen Gott der Unterwelt, stammte von Venetia Phair, einem elfjährigen Mädchen aus Oxford in Großbritannien. #
"Es war am 14. März 1930. Mein Großvater las aus der Zeitung die große Neuigkeit vor und sagte, er sei gespannt, wie man den Planeten wohl nennen werde. Ich sagte nach einer kurzen Pause: 'Warum nicht Pluto?' Ich kannte die griechische und römische Mythologie aus Kinderbüchern, und natürlich wusste ich vom Sonnensystem und von den Namen der anderen Planeten. So kam das zustande. Alles andere hat dann mein Großvater in die Wege geleitet."
Nun schien die Familie komplett: Nach Merkur, Venus, der Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun galt Pluto als kleinster und am weitesten entfernter Planet unseres Sonnensystems. Die Menschen schlossen ihn besonders ins Herz – auch, weil Walt Disney noch im gleichen Jahr den Hund für seine Micky Maus nach ihm benannte. Die Astronomen begannen, die fremde Welt zu erkunden, die sich jenseits von Neptun aufgetan hatte. Clyde Tombaugh holte sein Astronomiestudium nach, machte als Professor Karriere, entdeckte später noch 14 Asteroiden. Und dann, nicht lange vor seinem Tod 1997, die herbe Enttäuschung: Im "Kuiper-Gürtel" jenseits von Neptun fanden sich noch andere plutoähnliche Himmelskörper. Die Zahl der Planeten drohte ins Uferlose zu steigen. Was tun?
Die Frage wurde jahrelang heiß diskutiert. Einer neuen, im August 2006 von der Internationalen Astronomischen Union verabschiedeten Definition zufolge muss ein Planet seine Umgebung von anderem kosmischen Material freigeräumt haben – eine Bedingung, die Pluto nicht erfüllt. Er wurde degradiert, gilt offiziell nur noch als "Zwergplanet". Dabei hatte die NASA eben erst ihre erste Pluto-Mission auf den Weg gebracht. Sie soll ihr Ziel 2015 erreichen. An Bord befindet sich auch ein Gefäß mit etwas Asche von Clyde Tombaugh – ein Zeichen der Liebe und Anerkennung von seiner Witwe Patricia und der ganzen Familie.