Dass die Toten Hosen eine richtig gute Live-Band sind, kann man ihnen nicht absprechen. Es ist ein warmer Abend in Myanmars Hafenstadt Rangun. Buddhistische Mönche nicken im Takt, gepiercte Jugendliche rasten völlig aus und Hosen-Frontman Campino springt gleich beim zweiten Song des Abends von der Bühne kopfüber in die verschwitzte Menge. Die Toten Hosen in Myanmar - für die Band ein ganz wichtiger Auftritt, wie Campino erklärt:
"Für uns geht's natürlich weniger um die Shows, als um die Begegnungen mit den Menschen. Wir haben oft schon in politisch schwierigen Ländern gespielt. Wir erhoffen uns schon, dass die Jugendlichen mehr Selbstvertrauen gewinnen, dass wir das Tor zur Demokratie ein wenig mehr öffnen und die Bands hier auch freche Texte singen, regierungskritische Sachen raushauen."
Einer dieser Jugendlichen ist Kyaw Kyaw, Sänger der "Rebel Riot Band" und ein Punk wie man sie in Deutschland nur noch selten auf den Straßen sieht. Rote Irokesenfrisur, Aufnäher auf der Jeansjacke. Mitten im Ranguner Verkehrschaos auf einer Kreuzung verkauft er Punk-T-Shirts und Nietenarmbänder - und will vor allem eines sein: anders:
"Ich liebe die Freiheit, ich will nicht so sein wie der Rest der Gesellschaft - wie mein Vater, wie meine Großeltern. Ich will tun und lassen was ich will, deswegen bin ich ein Rebell in dieser Gesellschaft, deswegen bin ich ein Punk."
"Dass man sich gegenseitig trifft, dass man sich berührt"
Die Toten Hosen bewundert Kyaw Kyaw, beim Konzert steht er ganz vorne. Gerne, so sagt er, möchte er auch mit seiner Band kritische Lieder schreiben, die die Menschen mitsingen. Aber die Punkrock-Szene in Myanmar ist klein und das lange abgeschottete Land öffnet sich nur langsam. Jedes bisschen Freiheit muss den Machthabern mühsam abgerungen werden. Das spüren immer wieder auch Kulturschaffende im Land. Gleich drei lokale Bands spielen im Vorprogramm der Hosen - für Campino der entscheidende Aspekt des Auftritts:
"Da ist jetzt erst mal die Begegnung toll. Dass man sich gegenseitig trifft, dass man sich berührt, dass man weiß, dass man da ist für den anderen - und dass diese andere Welt da draußen für Myanmar gar nicht so weit weg entfernt ist und man im Grunde auf eine gute Art und Weise aufeinander zugehen kann."
Etwas offizieller noch die Worte von Christian-Ludwig Weber-Lortsch. Er ist der Deutsche Botschafter in Myanmar, er hatte die Toten Hosen eingeladen - das Konzert als Teil einer größeren Strategie:
"Dieses Land hat sich nach Jahrzehnten der Isolierung und der Diktatur geöffnet. Dabei wollen wir hilfreich sein, diesen Prozess wollen wir unterstützen. Und wenn Sie sich mal die Toten Hosen anschauen: Die sind ja auch schon gut 30 Jahre unterwegs und die drücken glaube ich sehr gut aus bis heute den gesellschaftlichen Wandel bei uns. Und die kümmern sich auch um die Benachteiligten in unserer Welt, in anderen Ländern. Deswegen glaube ich, ist das eigentlich eine gute Partnerschaft."
"Eine andere Wichtigkeit spüren"
Campino als Kulturbotschafter und Wegbereiter der Freiheit? Nein, nein man sei einfach gerne gekommen, auch um selber neue Erfahrungen zu machen, sagt der Sänger: "Es erinnert uns daran, warum wir uns eigentlich damals als Band gegründet haben. Es bringt uns sehr viel, hier mal wieder eine andere Wichtigkeit zu spüren, die über die Musik hinausgeht."
Der musikalische Wochenend-Besuch der Toten Hosen in Myanmar - für Gastgeber und Gäste war es etwas, an das sie sich noch lange erinnern werden.