"Unsere Geschichte
hängt in der Luft in der Nacht
Schwester denn du beendest sie nicht ihr seidener Faden hält unser Leben unsichtbar im Dunkel wer ihn zerschneidet
braucht es nicht gewusst zu haben"
Muna ist 17 Jahre alt, und mit ihrer Stimme beginnt ein erstaunlicher Roman, der aus insgesamt vier Stimmen besteht. Sie wechseln sich gegenseitig ab, Muna und ihr Vater Tarik sind zwei davon und leben in Bagdad, also im Orient. Gerade hier, am Anfang des Romans, wird deutlich, wie ernst der Autor Thomas Lehr die Welten nimmt, die er beschreibt. Er beschreibt sie hoch realistisch, aber gleichzeitig auch von innen heraus, mit ihrer spezifischen Atmosphäre, mit ihren kulturellen Traditionen und Wahrnehmungen.
"immer schon wunderte es mich weshalb es den König nicht störte dass Dinarasad jede Nacht unter seinem Bett lag und ich fragte mich auch um was für ein Bett es sich handelte damit sie darunter liegen konnte ich denke es mir oben wie einen kleinen Palast aus Seidenkissen Flamingofedern schwellendem Purpur Rosenblättern und Zungen und darunter den Staub die Knochen die Spinnweben ich habe keine Ahnung wie sie die Schlafstätten der Könige bauten"
Muna in Bagdad bewegt sich in den Vorstellungen von 1001 Nacht und ist, wie sich bald zeigen wird, doch durch und durch eine junge moderne Frau, die den Alltag in einer Millionenmetropole bewältigen muss. Auf der anderen Seite des Globus, in der westlichen Hemisphäre, spricht die etwas ältere Sabrina:
"An einem leuchtenden Morgen beim Frühstück im Haus auf Long Island mit Blick auf einen Streifen Sand einen Streifen Meer eine schmale Himmelslinie die Flagge Sommer im weißen Lackrahmen eines Küchenfensters es ist ein schön hinausgedehnter Sommer ein Immer-noch-Sommer fast wolkenlos mit dem Versprechen auf erträgliche Hitze an diesem Tag die Haut die Knochen noch durchglüht von Erinnerung der Duft von Sonnenmilch und Gras Sandkörnchen im Ohr unter den Fingernägeln zwischen den Zehen"
Sabrina ist ein amerikanisches Großstadt-Mädchen aus der höheren Mittelschicht, das sich für Literatur interessiert und in Boston am MIT studiert. Sie hat mit Muna in Bagdad wenig gemeinsam, genausowenig wie Martin, der Vater Sabrinas, etwas mit Tarik, dem Vater Munas gemeinsam hat.
Wir folgen den Beobachtungen und Reflektionen dieser vier Hauptpersonen durch die chaotischen Wendungen der Zeitgeschichte, in verschiedensten chronologischen Schüben. In den achtziger und neunziger Jahren, das wird durch Rückblenden deutlich, waren die Lebenswelten noch deutlicher getrennt als nach dem 11. September 2001: dies ist ein Schlüsseldatum für diesen Roman. Plötzlich sind, durch äußere, gewalttätige politische Umstände, die beiden Familien direkt aufeinander bezogen, auch wenn sie sich nicht kennen.
Doch obwohl sich hier die Handlungsstränge bündeln, geht der Roman weit über das einschlägige Motiv des 11. September hinaus. Dieses Datum ist nicht das Thema des Schreibens, sondern nur der Anlass. Es geht Thomas Lehr darum, wie die politischen und zeitgeschichtlichen Umstände auf das Leben der einzelnen einwirken.
Sabrina befindet sich dabei direkt im Zentrum: Sie möchte sich vor einer Reise gerade von ihrer Mutter verabschieden, die im World Trade Center arbeitet, als das Flugzeug dort einschlägt. Drei Jahre später, im Bürgerkriegszustand in Bagdad, der auf die US-amerikanische Invasion folgt, verliert auch Tarik seine Frau und seine älteste Tochter bei einem Bombenattentat auf einem Markt.
Das sind die Kulminationspunkte des Geschehens, doch entscheidend für den Romanverlauf ist viel eher, welches untergründige Geflecht sich ergibt, wie durch einzelne Motive, sprachliche Bilder und musikalisch eingesetzte Wiederholungen etwas Neues entsteht.
Martin, der Vater der amerikanischen Familie, ist eigentlich Deutscher und Germanistikprofessor. Er lebt von seiner Frau Amanda getrennt, hat einen Lehrstuhl in Amherst, nimmt dann aber, in einer persönlichen Krise, wechselnde Gastprofessuren an, in Boston und New York. Nach dem Schock des 11. September gibt es gemeinsame Treffen mit Seymour, dem zweiten Mann Amandas, und Einblicke in die Patchwork-Existenzen nordamerikanischer Intellektueller.
Zu den Höhepunkten in Martins Erinnerungsschüben gehört die Reise mit Luisa, seiner jetzigen Freundin, und seiner Tochter Sabrina ins andalusische, jahrhundertelang von den Mauren beherrschte Granada. Die Verbindung von abendländischer und islamischer Kultur wird rauschhaft erlebt und setzt aus der Vergangenheit einen Akzent für das Kommende.
"Erst Frühstück dann der Orient das funktioniert hier viel besser als in Frankfurt und erst recht die Fantasie schließ die Augen sie dreht ihren Kopf zu mir so dass wir Stirn an Stirn liegen eine noch glückliche Vergangenheitskopie von mir und diesem großen starken spanischen Mädchen dessen Eltern vor Francos Armee von Sevilla nach Barcelona dann nach Paris und vor der deutschen Wehrmacht von Paris nach Marseille und Lissabon flohen und über London nach New York wir sind uns wie neu begegnet in der Neuen Welt und kehren jetzt auf dem Glacis unseres Alters zurück um noch einmal jung zu werden in Europa im morgendlichen Garten und Palast des ehemals maurisch besetzten Teils vielmehr also sag schon wie er aussieht der Orient mit dem du dich eigentlich gar nicht beschäftigen wolltest hätte der alte Goethe dich nicht mit seiner vorletzten Liebe dazu gezwungen"
Martin arbeitet über den "West-Östlichen Diwan" Goethes, über Suleika und Marianne von Willemer, und das führt zwangsläufig in orientalische Gefilde, bis hin zu den Übersetzungen Friedrich Rückerts aus dem Arabischen. Dessen "Kindertotenlieder" tauchen im Text des Romans immer wieder auf, als ein geheimer Verweis auf Querlinien zwischen dem deutschen Arabien-Kenner aus dem 19. Jahrhundert, der Vertonung durch Gustav Mahler und den toten Kindern in der Gegenwart – sie spielen in Thomas Lehrs Buch eine große Rolle.
Es sind leise, unaufdringliche Andeutungen; Martins Reflexionen über Goethe und dessen Frauen erstrecken sich auf viele Bereiche, von Überblendungen mit der zeitgenössisch professoral-sexuellen Existenz und deren Nöten an US-Universitäten bis zu Erkundungen über Goethes Campagne in Frankreich und militärischen Exkursen. Martins Pendant Tarik in Bagdad ist Arzt, und auch hier kreuzen sich die Hemisphären.
Tarik hat sieben Jahre in Paris studiert und kehrte 1974 zurück. Er ist von der europäischen Erfahrung geprägt und wirkt, als er in Bagdad zu praktizieren anfängt, wie einer der ersten Vertreter einer im Entstehen begriffenen bürgerlichen Mittelschicht. Wie es vorher zur Ehe mit Farida kam, einer Lehrerin und Übersetzerin, gehört zum immer wieder aufgerufenen Mythenschatz:
"Ich heiratete die samtäugige willensstarke störrische kluge lesende Kindergärtnerin die ich fünf Monate lang einmal in der Woche vor den Buchauslagen in der von Papier und Binderleim Blattgold Tinte Dichterwahn Philosophenweisheit überspülten verwinkelten Gasse des Suk as-Saray sah und nicht anzustarren versuchte als sie Camus und Ibn Arabi kaufte bis sie mich fragte ob wir nichtin einem Buch verschwinden könnten dachte ich aber sie fragte ob ich nicht auch fände dass unsere Mütter miteinander sprechen sollten"
Tarik ist zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alt, sie 19, sie folgt ihm nach Paris, als er dort studiert und kommt mit ihm 1974 nach Bagdad zurück. Der Alltag in Bagdad von der Mitte der 70-Jahre bis zur amerikanischen Invasion, die hoffnungsvolle Zeit als junger Arzt und die immer stärker werdenden Desillusionierungen Tariks unter der korrupten Herrschaft erscheinen in seinen Erinnerungen sehr konkret.
Tarik lehnt Saddam und die Baath-Partei ab, glaubt aber noch lange, seine Nischen zu finden. Seine Situation als Arzt wird immer prekärer, die Praxen kärglicher und improvisierter. Tariks Frau hat bald keine Arbeitsmöglichkeiten mehr, und als seine ältere Tochter Jasmin in ein Intrigenspiel der Funktionärsclique gerät, wird sie der Willkür der Macht ausgeliefert, inhaftiert und gefoltert.
Nach dem Einmarsch der von den USA geführten westlichen Truppen kommt es endgültig zur Katastrophe: Gewalt, Chaos und religiöser Fanatismus zerstören auch Tariks Familie. Als "smarte Jungärzte im Club" in den Anfangsjahren unter Saddam ahnten er und seine Kollegen noch nichts von der zunehmenden "Tribalisierung" und "Verberberung", und es gab auch noch kaum Kopftücher zu sehen.
Über die politischen Entwicklungen wird viel gesprochen in diesem Roman, zwischen Martin und Seymour genauso wie zwischen Tarik und seinem Freund Ali. Vor der Realität des 11. September wie des eskalierenden Terrors nach der westlichen Besetzung Bagdads wirken ihre Analysen verzweifelt, vergeblich, wie ein bitterer, wissender Slapstick, und genau in dieser Spannung liegt die Wirkung. Einmal versetzt sich Martin, in einer fiktiven Rede an seine Geliebte Luisa, in den amerikanischen Präsidenten George W. Bush, direkt nach dem Anschlag auf die Zwillingstürme:
"Man erwägt DICH in der Felsenfestung Norad im Cheyenne Mountain zu verbergen aber dann versteckt man Dich doch lieber in der Luft im hysterischen Wespenflug der AIR FORCE ONE in der Du nun wie wahnsinnig telefonierst diskutierst fieberhaft haltlos auf vorbeiwehende Wolkenfetzen starrst im Anzug im weißen gestärkten Hemd eingesperrt in die leis zischende Kabine umgeben von gleichfalls telefonierenden gleichfalls eingesperrten Leibwächtern und Beratern in die Höhe gerissen deinstalliert entfernt es muss ihn tödlich beleidigt haben Luisa bevor er zum Rächer über den Dingen (über den Bodenverhältnissen) wurde dies sind die überirdischen Momente in denen er von einer Art Selbsthilfe-Methodisten-Präsident aufsteigt zum COWBOY GOTTES mit allem markigen Ingrimm der dazugehört"
Thomas Lehr hat für seinen Roman offenkundig aufwendige Recherchen betrieben. Die populistische und im Nachhinein geradezu skandalös erscheinende Präsidentschaft George W. Bushs wird minuziös nachgezeichnet. Und auch die Bagdad-Passagen wirken wie ungeheuer nah herangezoomt.
Solche Schilderungen des Alltags, der Atmosphäre im Irak im Wandel der letzten Jahrzehnte hat man in den Zeitungen auf den Seite-3-Reportagen nie gelesen – Lehr ist detailliert, kenntnisreich und realistisch. Doch dieser Roman lebt nicht nur von den eindringlichen politischen Schilderungen und Analysen. Dieser Roman ist deshalb so außergewöhnlich, weil er eine literarische Sprache für das Geschehen findet, und diese Sprache ist eine völlig andere als in Erlebniserzählungen oder im Journalismus.
Thomas Lehr hatte bereits in seinen bisherigen Romanen äußerst unterschiedlich erzählt, er hat für den jeweiligen Stoff jedes Mal nach einer entsprechenden Form gesucht – von der Satire über die fein verästelte psychologische Innenschau bis zum fragmentarischen inneren Monolog. In "September. Fata Morgana" geht er noch einen Schritt weiter, er verbindet die moderne, assoziativ wechselnde westliche Perspektive mit einem rhapsodisch-märchenhaften orientalischen Erzählton.
Der Duktus der alten Epen, der sich vor expressivem Pathos nicht scheut, mischt sich mit der Reportage, mit genau aufgezeichneten Dialogen, mit der medial aufgeladenen Wirklichkeit des Jetzt. Und das führt ganz konsequent zu einer spezifischen äußeren Form des Erzählens: Lehr verwendet keine Satzzeichen.
Der Text gliedert sich in einzelne Absätze, in freien Rhythmen, mal in eher getragener und bilderreicher, mal in kolloquialer Rede. Das ist dem geschuldet, was Lehr beschreiben will: eine Art Epochengefühl des letzten Jahrzehnts, etwas, was Welten überspannt, die früher strikt getrennt waren.
Und so entsteht in diesem Text auch ein untergründiges literarisches Verweisungssystem, von Goethe angefangen über die eingeschobenen Verszeilen des Gründungsvaters der amerikanischen Poesie Walt Whitman bis hin zu Hafis und den Erzählungen aus 1001 Nacht.
" Immer noch kann ich meine Hände nicht ruhig lassen nur ihr Seifenduft beruhigt mich ein wenig ich weiß dass man mich bald wieder verbergen und schützen wird aber stell Dir vor Du flögest einmal (ohne Segel ohne Flügel) in diese Nachmittagsluft hinein ein kurzes Stück nur mehr Kraft mehr Fantasie brauchst du gar nicht und im Sprung erinnert sich etwas in Deinem Körper an den Garten der seit eintausendvierhundert Jahren mitten in Bagdad liegt an einem Tigris-Ufer das nur die Liebenden betreten dürfen die Wiesen leuchten unter Dir wie ganze Felder von ausgeschütteten Smaragden die Bäume blühen weiß und rosa Mandeln und Granatäpfel Orangen und Feigen die Blüten ungeahnter unerkannter Früchte empfangen dämpfen umschließen Deinen Fall Du siehst riechst spürst Blumen Krokusse Narzissen Veilchen Rosen Lilien und Hyazinth-Anemonen Tulpen Jasmin der Mohn meiner kleinen Nächte die blütenzarte Glätte die verborgenen Spiegel meines Körpers die sich öffnen es gibt keinen Tag mehr jenseits dieses Gartens"
Die beiden Töchter in diesem Roman, Sabrina in New York und Muna in Bagdad, sind sehr literarisch geprägt und schreiben selbst; sie werden Teil des feinen literarischen Gespinstes, das sich durch Lehrs Sätze zieht. Mit der schwebenden Weltsicht der Töchter, mit ihrem Changieren zwischen Wirklichkeit und Traum beginnt das Buch, mit der Erkenntnis durch die Phantasie. Und über allem liegen die Geschichten aus 1001 Nacht, die wie im Original variiert und auf die eigenen Wünsche und Vorstellungen bezogen werden.
Das "irre fantastische Schiff" ist ein Bild für die eigenen Sehnsüchte, das bei Sabrina wie bei Muna aufscheint und die beiden im Raum der Literatur immer enger zusammenführt. Es gibt in "September. Fata Morgana" eine untergründige Strömung, die die politischen Ereignisse, den Terror in Orient und Okzident keineswegs aufhebt, aber doch woanders hinzuführen scheint. Die geheimen Verbindungen von Ost und West, die in den Biografien von Martin und von Tarik erkennbar sind, verbergen sich auch in den literarischen Anspielungen dieses Buches. Es ist eine Gegenwelt, die zwar keine Rettung verheißt, aber als das Andere existiert.
Lehr zeigt, dass es nicht um den Kampf von Kulturen geht, sondern darum, wie sehr die westliche und die östliche Kultur aufeinander bezogen sind. Sein Roman hat keine vordergründige Moral, aber er hält den Schmerz fest und macht ihn bewusst. So wie Tarik in Bagdad von dem Schmerz, der seiner Familie widerfährt, so spricht auch Martin in New York in immer neuer, mäandrierender Weise von dem Schmerz durch den Tod seiner Tochter am 11. September.
"Dieser oft ganz ruhige sich freundlichst an die BRÜDER wendende pseudogelehrte Hass hatte mich überrascht als ich in den Schriften las die mit Koranzitaten Referenzadressen Gebetsformeln Argumentlisten durchsetzten Fatwas die Gottes Wort den Ablauf der Geschichte den Zustand der Menschheit die moralische Zerrüttung der Völker mit wenigen und immer gleichen Phrasen und Plattitüden umfassen einkreisen zu einem Tunnel einem sich rasend immer weiter verengenden Trichter verjüngen (die JUNGS die simple Tatsache dass fünfzig Prozent der Bevölkerung in den arabischen Ländern unter achtzehn Jahre alt ist und dass die islamistisch Begeisterten darunter auch gar nicht diese Texte lesen sondern lieber auf die Videoclips von bin Laden warten) an dessen Ende nur noch der Griff nach der Maschinenpistole stehen kann das Anlegen eines Sprengstoffgürtels der Schnitt durch die Kehle einer Stewardess das wahnsinnige Herabdrücken des Steuerhorns einer mit neunzig Passagieren besetzten Linienmaschine direkt über der Südspitze Manhattans all die Hochhäuser der kompakt gestaffelte Raum die wie die lanzenförmige Platine eines Supercomputers mit vermeintlich menschenleeren Rhomben Würfeln Quadraten gespickte Spitze der Insel mit 600 Stundenkilometern überschossen du triffst die Türme leicht weil sie so markant hervorragen weil sie darauf warten so ein Blödsinn aber viele Kommentatoren schrieben es Luisa merkte hier an dass das Menetekel des Untergangs seit dem Turmbau zu Babel in die Fundamente jeder architektonischen Großtat gegossen und seit der Gründung der Studios in Hollywood auch gleich bildhaft vorweggenommen werde dem Spektakulären wünscht man stets einen spektakulären Tod"
"Babel", "Babylon" taucht in dieser Fata Morgana, in diesem hochrealistischen und artistischen Roman in vielfacher Form auf: als konkreter Ort im Irak, als Verdichtung der Menschheitsgeschichte, als Kneipe an der Ostküste der USA. Mit einem solchen Blick auf den Globus erkennt man "seltsam gewundene kurze Tintenflüsse", wie es einmal heißt, und sie werden hier hervorgehoben und mit einer ganz eigenen Kartographie versehen. Dies ist ein phantastischer, außerordentlicher Roman. Er begnügt sich nicht damit, die Zeitgeschichte kenntlich zu machen. Er durchdringt sie. Einmal sagt Martin:
"Es gibt einen Grad von Realität gegen den der Gedanke nichts hilft"
Aber oft blitzen die Hinweise darauf auf, dass die Realität immer einen Hinterhalt hat. Genau dort befindet sich dieser Roman.
hängt in der Luft in der Nacht
Schwester denn du beendest sie nicht ihr seidener Faden hält unser Leben unsichtbar im Dunkel wer ihn zerschneidet
braucht es nicht gewusst zu haben"
Muna ist 17 Jahre alt, und mit ihrer Stimme beginnt ein erstaunlicher Roman, der aus insgesamt vier Stimmen besteht. Sie wechseln sich gegenseitig ab, Muna und ihr Vater Tarik sind zwei davon und leben in Bagdad, also im Orient. Gerade hier, am Anfang des Romans, wird deutlich, wie ernst der Autor Thomas Lehr die Welten nimmt, die er beschreibt. Er beschreibt sie hoch realistisch, aber gleichzeitig auch von innen heraus, mit ihrer spezifischen Atmosphäre, mit ihren kulturellen Traditionen und Wahrnehmungen.
"immer schon wunderte es mich weshalb es den König nicht störte dass Dinarasad jede Nacht unter seinem Bett lag und ich fragte mich auch um was für ein Bett es sich handelte damit sie darunter liegen konnte ich denke es mir oben wie einen kleinen Palast aus Seidenkissen Flamingofedern schwellendem Purpur Rosenblättern und Zungen und darunter den Staub die Knochen die Spinnweben ich habe keine Ahnung wie sie die Schlafstätten der Könige bauten"
Muna in Bagdad bewegt sich in den Vorstellungen von 1001 Nacht und ist, wie sich bald zeigen wird, doch durch und durch eine junge moderne Frau, die den Alltag in einer Millionenmetropole bewältigen muss. Auf der anderen Seite des Globus, in der westlichen Hemisphäre, spricht die etwas ältere Sabrina:
"An einem leuchtenden Morgen beim Frühstück im Haus auf Long Island mit Blick auf einen Streifen Sand einen Streifen Meer eine schmale Himmelslinie die Flagge Sommer im weißen Lackrahmen eines Küchenfensters es ist ein schön hinausgedehnter Sommer ein Immer-noch-Sommer fast wolkenlos mit dem Versprechen auf erträgliche Hitze an diesem Tag die Haut die Knochen noch durchglüht von Erinnerung der Duft von Sonnenmilch und Gras Sandkörnchen im Ohr unter den Fingernägeln zwischen den Zehen"
Sabrina ist ein amerikanisches Großstadt-Mädchen aus der höheren Mittelschicht, das sich für Literatur interessiert und in Boston am MIT studiert. Sie hat mit Muna in Bagdad wenig gemeinsam, genausowenig wie Martin, der Vater Sabrinas, etwas mit Tarik, dem Vater Munas gemeinsam hat.
Wir folgen den Beobachtungen und Reflektionen dieser vier Hauptpersonen durch die chaotischen Wendungen der Zeitgeschichte, in verschiedensten chronologischen Schüben. In den achtziger und neunziger Jahren, das wird durch Rückblenden deutlich, waren die Lebenswelten noch deutlicher getrennt als nach dem 11. September 2001: dies ist ein Schlüsseldatum für diesen Roman. Plötzlich sind, durch äußere, gewalttätige politische Umstände, die beiden Familien direkt aufeinander bezogen, auch wenn sie sich nicht kennen.
Doch obwohl sich hier die Handlungsstränge bündeln, geht der Roman weit über das einschlägige Motiv des 11. September hinaus. Dieses Datum ist nicht das Thema des Schreibens, sondern nur der Anlass. Es geht Thomas Lehr darum, wie die politischen und zeitgeschichtlichen Umstände auf das Leben der einzelnen einwirken.
Sabrina befindet sich dabei direkt im Zentrum: Sie möchte sich vor einer Reise gerade von ihrer Mutter verabschieden, die im World Trade Center arbeitet, als das Flugzeug dort einschlägt. Drei Jahre später, im Bürgerkriegszustand in Bagdad, der auf die US-amerikanische Invasion folgt, verliert auch Tarik seine Frau und seine älteste Tochter bei einem Bombenattentat auf einem Markt.
Das sind die Kulminationspunkte des Geschehens, doch entscheidend für den Romanverlauf ist viel eher, welches untergründige Geflecht sich ergibt, wie durch einzelne Motive, sprachliche Bilder und musikalisch eingesetzte Wiederholungen etwas Neues entsteht.
Martin, der Vater der amerikanischen Familie, ist eigentlich Deutscher und Germanistikprofessor. Er lebt von seiner Frau Amanda getrennt, hat einen Lehrstuhl in Amherst, nimmt dann aber, in einer persönlichen Krise, wechselnde Gastprofessuren an, in Boston und New York. Nach dem Schock des 11. September gibt es gemeinsame Treffen mit Seymour, dem zweiten Mann Amandas, und Einblicke in die Patchwork-Existenzen nordamerikanischer Intellektueller.
Zu den Höhepunkten in Martins Erinnerungsschüben gehört die Reise mit Luisa, seiner jetzigen Freundin, und seiner Tochter Sabrina ins andalusische, jahrhundertelang von den Mauren beherrschte Granada. Die Verbindung von abendländischer und islamischer Kultur wird rauschhaft erlebt und setzt aus der Vergangenheit einen Akzent für das Kommende.
"Erst Frühstück dann der Orient das funktioniert hier viel besser als in Frankfurt und erst recht die Fantasie schließ die Augen sie dreht ihren Kopf zu mir so dass wir Stirn an Stirn liegen eine noch glückliche Vergangenheitskopie von mir und diesem großen starken spanischen Mädchen dessen Eltern vor Francos Armee von Sevilla nach Barcelona dann nach Paris und vor der deutschen Wehrmacht von Paris nach Marseille und Lissabon flohen und über London nach New York wir sind uns wie neu begegnet in der Neuen Welt und kehren jetzt auf dem Glacis unseres Alters zurück um noch einmal jung zu werden in Europa im morgendlichen Garten und Palast des ehemals maurisch besetzten Teils vielmehr also sag schon wie er aussieht der Orient mit dem du dich eigentlich gar nicht beschäftigen wolltest hätte der alte Goethe dich nicht mit seiner vorletzten Liebe dazu gezwungen"
Martin arbeitet über den "West-Östlichen Diwan" Goethes, über Suleika und Marianne von Willemer, und das führt zwangsläufig in orientalische Gefilde, bis hin zu den Übersetzungen Friedrich Rückerts aus dem Arabischen. Dessen "Kindertotenlieder" tauchen im Text des Romans immer wieder auf, als ein geheimer Verweis auf Querlinien zwischen dem deutschen Arabien-Kenner aus dem 19. Jahrhundert, der Vertonung durch Gustav Mahler und den toten Kindern in der Gegenwart – sie spielen in Thomas Lehrs Buch eine große Rolle.
Es sind leise, unaufdringliche Andeutungen; Martins Reflexionen über Goethe und dessen Frauen erstrecken sich auf viele Bereiche, von Überblendungen mit der zeitgenössisch professoral-sexuellen Existenz und deren Nöten an US-Universitäten bis zu Erkundungen über Goethes Campagne in Frankreich und militärischen Exkursen. Martins Pendant Tarik in Bagdad ist Arzt, und auch hier kreuzen sich die Hemisphären.
Tarik hat sieben Jahre in Paris studiert und kehrte 1974 zurück. Er ist von der europäischen Erfahrung geprägt und wirkt, als er in Bagdad zu praktizieren anfängt, wie einer der ersten Vertreter einer im Entstehen begriffenen bürgerlichen Mittelschicht. Wie es vorher zur Ehe mit Farida kam, einer Lehrerin und Übersetzerin, gehört zum immer wieder aufgerufenen Mythenschatz:
"Ich heiratete die samtäugige willensstarke störrische kluge lesende Kindergärtnerin die ich fünf Monate lang einmal in der Woche vor den Buchauslagen in der von Papier und Binderleim Blattgold Tinte Dichterwahn Philosophenweisheit überspülten verwinkelten Gasse des Suk as-Saray sah und nicht anzustarren versuchte als sie Camus und Ibn Arabi kaufte bis sie mich fragte ob wir nichtin einem Buch verschwinden könnten dachte ich aber sie fragte ob ich nicht auch fände dass unsere Mütter miteinander sprechen sollten"
Tarik ist zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alt, sie 19, sie folgt ihm nach Paris, als er dort studiert und kommt mit ihm 1974 nach Bagdad zurück. Der Alltag in Bagdad von der Mitte der 70-Jahre bis zur amerikanischen Invasion, die hoffnungsvolle Zeit als junger Arzt und die immer stärker werdenden Desillusionierungen Tariks unter der korrupten Herrschaft erscheinen in seinen Erinnerungen sehr konkret.
Tarik lehnt Saddam und die Baath-Partei ab, glaubt aber noch lange, seine Nischen zu finden. Seine Situation als Arzt wird immer prekärer, die Praxen kärglicher und improvisierter. Tariks Frau hat bald keine Arbeitsmöglichkeiten mehr, und als seine ältere Tochter Jasmin in ein Intrigenspiel der Funktionärsclique gerät, wird sie der Willkür der Macht ausgeliefert, inhaftiert und gefoltert.
Nach dem Einmarsch der von den USA geführten westlichen Truppen kommt es endgültig zur Katastrophe: Gewalt, Chaos und religiöser Fanatismus zerstören auch Tariks Familie. Als "smarte Jungärzte im Club" in den Anfangsjahren unter Saddam ahnten er und seine Kollegen noch nichts von der zunehmenden "Tribalisierung" und "Verberberung", und es gab auch noch kaum Kopftücher zu sehen.
Über die politischen Entwicklungen wird viel gesprochen in diesem Roman, zwischen Martin und Seymour genauso wie zwischen Tarik und seinem Freund Ali. Vor der Realität des 11. September wie des eskalierenden Terrors nach der westlichen Besetzung Bagdads wirken ihre Analysen verzweifelt, vergeblich, wie ein bitterer, wissender Slapstick, und genau in dieser Spannung liegt die Wirkung. Einmal versetzt sich Martin, in einer fiktiven Rede an seine Geliebte Luisa, in den amerikanischen Präsidenten George W. Bush, direkt nach dem Anschlag auf die Zwillingstürme:
"Man erwägt DICH in der Felsenfestung Norad im Cheyenne Mountain zu verbergen aber dann versteckt man Dich doch lieber in der Luft im hysterischen Wespenflug der AIR FORCE ONE in der Du nun wie wahnsinnig telefonierst diskutierst fieberhaft haltlos auf vorbeiwehende Wolkenfetzen starrst im Anzug im weißen gestärkten Hemd eingesperrt in die leis zischende Kabine umgeben von gleichfalls telefonierenden gleichfalls eingesperrten Leibwächtern und Beratern in die Höhe gerissen deinstalliert entfernt es muss ihn tödlich beleidigt haben Luisa bevor er zum Rächer über den Dingen (über den Bodenverhältnissen) wurde dies sind die überirdischen Momente in denen er von einer Art Selbsthilfe-Methodisten-Präsident aufsteigt zum COWBOY GOTTES mit allem markigen Ingrimm der dazugehört"
Thomas Lehr hat für seinen Roman offenkundig aufwendige Recherchen betrieben. Die populistische und im Nachhinein geradezu skandalös erscheinende Präsidentschaft George W. Bushs wird minuziös nachgezeichnet. Und auch die Bagdad-Passagen wirken wie ungeheuer nah herangezoomt.
Solche Schilderungen des Alltags, der Atmosphäre im Irak im Wandel der letzten Jahrzehnte hat man in den Zeitungen auf den Seite-3-Reportagen nie gelesen – Lehr ist detailliert, kenntnisreich und realistisch. Doch dieser Roman lebt nicht nur von den eindringlichen politischen Schilderungen und Analysen. Dieser Roman ist deshalb so außergewöhnlich, weil er eine literarische Sprache für das Geschehen findet, und diese Sprache ist eine völlig andere als in Erlebniserzählungen oder im Journalismus.
Thomas Lehr hatte bereits in seinen bisherigen Romanen äußerst unterschiedlich erzählt, er hat für den jeweiligen Stoff jedes Mal nach einer entsprechenden Form gesucht – von der Satire über die fein verästelte psychologische Innenschau bis zum fragmentarischen inneren Monolog. In "September. Fata Morgana" geht er noch einen Schritt weiter, er verbindet die moderne, assoziativ wechselnde westliche Perspektive mit einem rhapsodisch-märchenhaften orientalischen Erzählton.
Der Duktus der alten Epen, der sich vor expressivem Pathos nicht scheut, mischt sich mit der Reportage, mit genau aufgezeichneten Dialogen, mit der medial aufgeladenen Wirklichkeit des Jetzt. Und das führt ganz konsequent zu einer spezifischen äußeren Form des Erzählens: Lehr verwendet keine Satzzeichen.
Der Text gliedert sich in einzelne Absätze, in freien Rhythmen, mal in eher getragener und bilderreicher, mal in kolloquialer Rede. Das ist dem geschuldet, was Lehr beschreiben will: eine Art Epochengefühl des letzten Jahrzehnts, etwas, was Welten überspannt, die früher strikt getrennt waren.
Und so entsteht in diesem Text auch ein untergründiges literarisches Verweisungssystem, von Goethe angefangen über die eingeschobenen Verszeilen des Gründungsvaters der amerikanischen Poesie Walt Whitman bis hin zu Hafis und den Erzählungen aus 1001 Nacht.
" Immer noch kann ich meine Hände nicht ruhig lassen nur ihr Seifenduft beruhigt mich ein wenig ich weiß dass man mich bald wieder verbergen und schützen wird aber stell Dir vor Du flögest einmal (ohne Segel ohne Flügel) in diese Nachmittagsluft hinein ein kurzes Stück nur mehr Kraft mehr Fantasie brauchst du gar nicht und im Sprung erinnert sich etwas in Deinem Körper an den Garten der seit eintausendvierhundert Jahren mitten in Bagdad liegt an einem Tigris-Ufer das nur die Liebenden betreten dürfen die Wiesen leuchten unter Dir wie ganze Felder von ausgeschütteten Smaragden die Bäume blühen weiß und rosa Mandeln und Granatäpfel Orangen und Feigen die Blüten ungeahnter unerkannter Früchte empfangen dämpfen umschließen Deinen Fall Du siehst riechst spürst Blumen Krokusse Narzissen Veilchen Rosen Lilien und Hyazinth-Anemonen Tulpen Jasmin der Mohn meiner kleinen Nächte die blütenzarte Glätte die verborgenen Spiegel meines Körpers die sich öffnen es gibt keinen Tag mehr jenseits dieses Gartens"
Die beiden Töchter in diesem Roman, Sabrina in New York und Muna in Bagdad, sind sehr literarisch geprägt und schreiben selbst; sie werden Teil des feinen literarischen Gespinstes, das sich durch Lehrs Sätze zieht. Mit der schwebenden Weltsicht der Töchter, mit ihrem Changieren zwischen Wirklichkeit und Traum beginnt das Buch, mit der Erkenntnis durch die Phantasie. Und über allem liegen die Geschichten aus 1001 Nacht, die wie im Original variiert und auf die eigenen Wünsche und Vorstellungen bezogen werden.
Das "irre fantastische Schiff" ist ein Bild für die eigenen Sehnsüchte, das bei Sabrina wie bei Muna aufscheint und die beiden im Raum der Literatur immer enger zusammenführt. Es gibt in "September. Fata Morgana" eine untergründige Strömung, die die politischen Ereignisse, den Terror in Orient und Okzident keineswegs aufhebt, aber doch woanders hinzuführen scheint. Die geheimen Verbindungen von Ost und West, die in den Biografien von Martin und von Tarik erkennbar sind, verbergen sich auch in den literarischen Anspielungen dieses Buches. Es ist eine Gegenwelt, die zwar keine Rettung verheißt, aber als das Andere existiert.
Lehr zeigt, dass es nicht um den Kampf von Kulturen geht, sondern darum, wie sehr die westliche und die östliche Kultur aufeinander bezogen sind. Sein Roman hat keine vordergründige Moral, aber er hält den Schmerz fest und macht ihn bewusst. So wie Tarik in Bagdad von dem Schmerz, der seiner Familie widerfährt, so spricht auch Martin in New York in immer neuer, mäandrierender Weise von dem Schmerz durch den Tod seiner Tochter am 11. September.
"Dieser oft ganz ruhige sich freundlichst an die BRÜDER wendende pseudogelehrte Hass hatte mich überrascht als ich in den Schriften las die mit Koranzitaten Referenzadressen Gebetsformeln Argumentlisten durchsetzten Fatwas die Gottes Wort den Ablauf der Geschichte den Zustand der Menschheit die moralische Zerrüttung der Völker mit wenigen und immer gleichen Phrasen und Plattitüden umfassen einkreisen zu einem Tunnel einem sich rasend immer weiter verengenden Trichter verjüngen (die JUNGS die simple Tatsache dass fünfzig Prozent der Bevölkerung in den arabischen Ländern unter achtzehn Jahre alt ist und dass die islamistisch Begeisterten darunter auch gar nicht diese Texte lesen sondern lieber auf die Videoclips von bin Laden warten) an dessen Ende nur noch der Griff nach der Maschinenpistole stehen kann das Anlegen eines Sprengstoffgürtels der Schnitt durch die Kehle einer Stewardess das wahnsinnige Herabdrücken des Steuerhorns einer mit neunzig Passagieren besetzten Linienmaschine direkt über der Südspitze Manhattans all die Hochhäuser der kompakt gestaffelte Raum die wie die lanzenförmige Platine eines Supercomputers mit vermeintlich menschenleeren Rhomben Würfeln Quadraten gespickte Spitze der Insel mit 600 Stundenkilometern überschossen du triffst die Türme leicht weil sie so markant hervorragen weil sie darauf warten so ein Blödsinn aber viele Kommentatoren schrieben es Luisa merkte hier an dass das Menetekel des Untergangs seit dem Turmbau zu Babel in die Fundamente jeder architektonischen Großtat gegossen und seit der Gründung der Studios in Hollywood auch gleich bildhaft vorweggenommen werde dem Spektakulären wünscht man stets einen spektakulären Tod"
"Babel", "Babylon" taucht in dieser Fata Morgana, in diesem hochrealistischen und artistischen Roman in vielfacher Form auf: als konkreter Ort im Irak, als Verdichtung der Menschheitsgeschichte, als Kneipe an der Ostküste der USA. Mit einem solchen Blick auf den Globus erkennt man "seltsam gewundene kurze Tintenflüsse", wie es einmal heißt, und sie werden hier hervorgehoben und mit einer ganz eigenen Kartographie versehen. Dies ist ein phantastischer, außerordentlicher Roman. Er begnügt sich nicht damit, die Zeitgeschichte kenntlich zu machen. Er durchdringt sie. Einmal sagt Martin:
"Es gibt einen Grad von Realität gegen den der Gedanke nichts hilft"
Aber oft blitzen die Hinweise darauf auf, dass die Realität immer einen Hinterhalt hat. Genau dort befindet sich dieser Roman.