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Die ukrainische Rapperin Alyona Alyona
"Mir ist egal, wer mich mag"

Sie rappt über die Verbundenheit zu ihrem Heimatdorf, den Umzug nach Kiew, über Traditionen und starke, dicke Frauen: Alyona Alyona ist der neue Stern am ukrainischen Rap-Himmel und begeistert die Menschen mit Energie und lebensnahen Texten – auch in europäischen Städten.

Von Anja Buchmann |
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Rapperin Alyona Alyona aus der Ukraine (Reeperbahn Festival)
"Als ich so 11 oder 12 Jahre alt war, haben wir im Freundeskreis Kassetten getauscht: Linkin’ Park, Limp Bizkit, Avril Lavigne, aktuelle Popmusik. Und eine Kassette war ohne Beschriftung, ich dachte, es sei Rockmusik. Aber als ich auf den Playknopf drückte, hat sich mein ganzes Leben verändert. Ich wusste gleich: Das ist meine Musik."
"Wenn ich nicht ich wäre -
ich würde keine Beats in meinem Style bauen,
ich würde Brücken nieder brennen und still bleiben wie du,
ich würde Zäune und Barrikaden bauen, wie du.
Ich würde mich verstecken. Und das habe ich getan. Ich bin verblasst und nicht aufgeblüht."
So rappt sie, die ukrainische Künstlerin Alyona Alyona, bürgerlicher Name: Alyona Sawranenko. 28 Jahre alt, Wohnort Kiew, ausgebildete Vorschullehrerin und Psychologin und seit Oktober 2018 in der Ukraine bekannt als "Künstlerin. Oder Rapsängerin. Rapkünstler. Ich weiß nicht."
"Ich erzähle von mir"
Ihr Englisch möchte sie auf jeden Fall noch verbessern, erzählt die lebhafte Ukrainerin mit den schwarz gefärbten Haaren, die bis Ende letzten Jahres noch als Erzieherin in einem Kindergarten arbeitete. Im Oktober 2018 erschien ihr Video zum Track "Ripki" - zu deutsch: Fischlein - auf Youtube, und wurde zum Online-Hit. Zu sehen unter anderem: Alyona Alyona in all ihrer Üppigkeit, die sämtliche Modelmaße ad absurdum führt, im Badeanzug auf einem Jetski. Journalisten und Influencer puschten sie in den Medien und die Ukraine feiert eine Frau, die in der Landessprache rappt, die Themen von normalen Menschen anspricht:
"Früher habe ich in erster Linie die Lines so gemacht, dass die Rapper-Jungs mich mögen. Heute ist mir das egal, wer mich mag. Ich erzähle einfach viel von meinem Leben, von meiner Geschichte – und mit diesem Leben können sich viele Menschen identifizieren, es ist nah an ihnen dran." So rappt Alyona Alyona über die Verbundenheit zu ihrem kleinen Heimatort im Zentrum der Ukraine, das Weggehen nach Kiew, über starke Frauen und ihre eigene Stärke als üppige Frau, die ihren Weg geht – wie im Titelsong des Albums "Peschka":
"Dieses Stück handelt von mir. Und ich sage: Ein Tattoo im Gesicht ist nicht mein Stil, das ist nicht meine Superkraft. Meine Superkraft ist, dass ich dick bin. In der Ukraine haben wir das Wort "peschka", das bezeichnet süßes Brot oder Gebäck – es ist liebevoll gemeint, wie honey, Süße oder so. Ich bin eben ‚peschka‘." Und sie spielt mit diesen Worten, "Pischka" für "Gebäck" oder "dicke Frau", und "Puschka" und sagt letztlich: Ich bin richtig so, wie ich bin.
"Keine Zeit mehr für Rap?"
Heute ist Alyona Alyona fast die einzige Rappperin in der ukrainischen Szene die Jungs, so bemerkt sie nebenbei, hätten es nicht soweit geschafft wie sie, weil sie nur über Alkohol und Drogen rappen würden. Früher, so meint sie mit einer unbestimmten Handbewegung, habe es mehr Rapperinnen in ihrem Land gegeben. "Aber mit denen ist das so: Sie heiraten, kriegen Kinder, kochen und sagen: Oh sorry, ich habe keine Zeit mehr zu rappen."
Vielleicht kann sie ein Vorbild sein für andere Rapperinnen in der Ukraine. Jedenfalls geht Alyona Alyona derzeit ihren Weg – im Sommer spielte sie auf einigen Festivals, darunter das Haldern Pop und das Berliner Popkultur-Festival. Sie hatte Artikel in der Vogue und der New York Times – der Rap einer Musikerin aus der Ukraine passt gut ins aktuelle Interesse für Musikerinnen und für osteuropäische Musik, speziell aus Kiew: Eine Stadt, deren Underground-Szene, insbesondere im Bereich "Techno", als der aktuelle Ort gilt, wo auch entdeckerfreudige Musiknerds aus Deutschland gern hinreisen.
Viele Leute, die mal in Kiew waren, sagen: Das ist wie ein kleines Berlin. Denn es weht ein anderer Wind, die Menschen hier haben sich gewandelt, sie beginnen immer mehr an sich selbst zu glauben. Sie machen ihre Musik nicht mehr wie in Russland oder anderen ehemaligen Sowjet-Staaten, sie orientieren sich an Europa. Sie entwickeln ihren eigenen Stil und machen coole Musik. Und Europäer mögen diese Musik und die Stadt Kiew, ihre Urbanität, die Undergroundszene.