"Ich lebe wie hinter einer Mauer". So schildern Borderline-Patienten oft ihr eigenes Erleben. Sie haben eine innere Schutzwand zur Außenwelt aufgerichtet, weil sie Angst davor haben, von anderen Menschen verletzt zu werden. Die Folge sind brüchige Beziehungen. Entweder versuchen Borderline-Patienten, die Mauer zur Außenwelt radikal zu durchbrechen, indem sie andere Personen idealisieren. Oder sie wenden sich abrupt von ihnen ab und ziehen sich in ihre spannungsgeladene Innenwelt zurück. Offenbar, schließen daraus Psychologen, haben Borderline-Patienten Schwierigkeiten mit der Empathie, mit dem Einfühlungsvermögen in andere Menschen. Ganze Therapieprogramme bauen darauf auf. Ein naheliegender Schluss, meint Isabel Dziobek vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, der aber nicht angemessen überprüft wurde.
"Interessanterweise gab es bisher noch gar keine Studien, die sich die Empathie angeschaut haben bei Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung, das heißt eigentlich: der Schritt C ist gemacht, bevor Schritt A eigentlich gemacht wurde."
Also überprüfte Isabel Dziobek diese These. In Kooperation mit der psychiatrischen Klinik an der Berliner Charité zeigte sie 30 Borderline-Patienten und 30 Kontrollpersonen Fotografien von Menschen: Mal schauten diese ängstlich, mal traurig, mal hoch erfreut.
"Und wir fragen zunächst, was fühlt die Person auf dem Foto und nachdem die Personen ihre Antwort gegeben hat, geben wir Feedback über die richtige Antwort: Im nächsten Schritt fragen wir die Probanden 'Was fühlst du als Reaktion auf dieses Bild, wie viel Mitleid empfindest du?', aber auch 'Wie erregt bist du oder wie aufgewühlt, wenn du dieses Foto siehst?' Und so haben wir auf diese Weise die kognitive und die emotionale Empathie voneinander getrennt."
Mit Hilfe der Magnetresonanztomographie beobachtete die Forschergruppe, was im Gehirn der Versuchspersonen vor sich ging. Schon bei der kognitiven Empathie, der Frage, ob Borderline-Patienten die Gefühle anderer Menschen überhaupt erkennen können, schnitten diese etwas schlechter ab. Je dramatischer ihre Erinnerungen an die eigene Vergangenheit waren, desto schlechter konnten sie benennen, was die Menschen auf den Fotografien fühlten. Noch gravierender fielen die Unterschiede bei der emotionalen Empathie aus. Sie betrafen eine Hirnregion, die innere Körperzustände und -erregungen repräsentiert: die so genannte "Insel".
"Wenn es darum geht, mitzufühlen mit den Personen in den Fotografien, finden wir eine wesentlich höhere Inselaktivierung bei den Patienten, die darauf hindeutet, dass tatsächlich da nicht so gut abgegrenzt wird zu solchen Fotografien, dass diese Erregung also überspringt auf den Betrachter sozusagen. Interessanterweise berichten die Patienten aber nicht über mehr Empathie, die sind wahrscheinlich so beschäftigt damit, ihre eigene Erregung runterzuhalten, diese unmittelbar emotionale Ansteckung ist so groß, dass sie sich gar nicht mehr richtig auf die andere Person einlassen können."
Die Borderline-Patienten sind bereits übererregt, wenn sie positive Gefühle bei anderen Menschen wahrnehmen. Bei negativen Gefühlen wie Angst oder Trauer steigert sich das noch.
"Ein Symptom der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist auch: Dissoziationen, nämlich eine Ablösung von sich selbst, von seinem eigenen Körper und es kann natürlich sein, dass das auch daher kommt, weil der Grundlevel der Erregung erst mal anders und höher ist."
Für Isabel Dziobek zeigen diese Ergebnisse erstmals genauer, worin das Empathiedefizit von Borderline-Patienten besteht: sie können sich nicht in andere Menschen einfühlen, ohne dabei emotional überschwemmt zu werden. Das könnte erklären, warum sich Borderline-Patienten so schwer damit tun, eine sinnvolle Grenze zwischen sich und anderen zu ziehen. Die Berliner Forschungen belegen, wie wichtig es für Borderline-Patienten ist, eine reife Empathie zu entwickeln - ohne Angst vor dem Anderen.
"Interessanterweise gab es bisher noch gar keine Studien, die sich die Empathie angeschaut haben bei Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung, das heißt eigentlich: der Schritt C ist gemacht, bevor Schritt A eigentlich gemacht wurde."
Also überprüfte Isabel Dziobek diese These. In Kooperation mit der psychiatrischen Klinik an der Berliner Charité zeigte sie 30 Borderline-Patienten und 30 Kontrollpersonen Fotografien von Menschen: Mal schauten diese ängstlich, mal traurig, mal hoch erfreut.
"Und wir fragen zunächst, was fühlt die Person auf dem Foto und nachdem die Personen ihre Antwort gegeben hat, geben wir Feedback über die richtige Antwort: Im nächsten Schritt fragen wir die Probanden 'Was fühlst du als Reaktion auf dieses Bild, wie viel Mitleid empfindest du?', aber auch 'Wie erregt bist du oder wie aufgewühlt, wenn du dieses Foto siehst?' Und so haben wir auf diese Weise die kognitive und die emotionale Empathie voneinander getrennt."
Mit Hilfe der Magnetresonanztomographie beobachtete die Forschergruppe, was im Gehirn der Versuchspersonen vor sich ging. Schon bei der kognitiven Empathie, der Frage, ob Borderline-Patienten die Gefühle anderer Menschen überhaupt erkennen können, schnitten diese etwas schlechter ab. Je dramatischer ihre Erinnerungen an die eigene Vergangenheit waren, desto schlechter konnten sie benennen, was die Menschen auf den Fotografien fühlten. Noch gravierender fielen die Unterschiede bei der emotionalen Empathie aus. Sie betrafen eine Hirnregion, die innere Körperzustände und -erregungen repräsentiert: die so genannte "Insel".
"Wenn es darum geht, mitzufühlen mit den Personen in den Fotografien, finden wir eine wesentlich höhere Inselaktivierung bei den Patienten, die darauf hindeutet, dass tatsächlich da nicht so gut abgegrenzt wird zu solchen Fotografien, dass diese Erregung also überspringt auf den Betrachter sozusagen. Interessanterweise berichten die Patienten aber nicht über mehr Empathie, die sind wahrscheinlich so beschäftigt damit, ihre eigene Erregung runterzuhalten, diese unmittelbar emotionale Ansteckung ist so groß, dass sie sich gar nicht mehr richtig auf die andere Person einlassen können."
Die Borderline-Patienten sind bereits übererregt, wenn sie positive Gefühle bei anderen Menschen wahrnehmen. Bei negativen Gefühlen wie Angst oder Trauer steigert sich das noch.
"Ein Symptom der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist auch: Dissoziationen, nämlich eine Ablösung von sich selbst, von seinem eigenen Körper und es kann natürlich sein, dass das auch daher kommt, weil der Grundlevel der Erregung erst mal anders und höher ist."
Für Isabel Dziobek zeigen diese Ergebnisse erstmals genauer, worin das Empathiedefizit von Borderline-Patienten besteht: sie können sich nicht in andere Menschen einfühlen, ohne dabei emotional überschwemmt zu werden. Das könnte erklären, warum sich Borderline-Patienten so schwer damit tun, eine sinnvolle Grenze zwischen sich und anderen zu ziehen. Die Berliner Forschungen belegen, wie wichtig es für Borderline-Patienten ist, eine reife Empathie zu entwickeln - ohne Angst vor dem Anderen.