Peter Kapern: Die Bundesregierung hat heute die größten deutschen Konzerne einmal mehr ins Gebet genommen. Arbeitsministerin von der Leyen, Familienministerin Schröder und Wirtschaftsminister Rösler haben gemeinsam die Vorstände, die Personalvorstände der DAX-Unternehmen vorgeladen, um ihnen die Forderung nach einer Frauenquote in ihren Führungsgremien schmackhaft zu machen. Die Konzerne ihrerseits haben den Ministern erklärt, wie sie ohne Zwang mehr Frauen den Weg in die Führungsetagen ebnen wollen. Mitgehört hat Gabriele Sons, die Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Guten Tag, Frau Sons.
Gabriele Sons: Ich grüße Sie, Herr Kapern!
Kapern: Frau Sons, sind Sie zufrieden mit dem, was die Personalchefs der DAX-Konzerne da heute in Berlin präsentiert haben?
Sons: Ja, ich denke, man kann mit dem auf jeden Fall zufrieden sein. Das ist ein erster guter Schritt. Man muss einfach bedenken, die Unternehmen, die haben alle sehr unterschiedliche Voraussetzungen. Der eine hat ganz viele Frauen auch in unteren Positionen, da ist es ein bisschen leichter, Frauen dann auch in Führungspositionen zu bringen; andere wiederum, die brauchen Ingenieure im Vorstand und haben aber die Ingenieure schon unten nicht in den ganz normalen Referenten- oder Teamleiter-Positionen. Wie will man sie dann in den Vorstand bekommen?
Kapern: Nun haben Sie ja gerade mitbekommen, dass die Beobachter skeptisch macht, dass die DAX-Personalvorstände dort ganz allgemein von mehr Führungskräften, mehr weiblichen Führungskräften gesprochen haben. Das öffnet ja sozusagen der Interpretation oder der Statistik Tür und Tor, da muss man ja die Führungskraft nur weit genug runterdefinieren, um dann eine bestimmte Statistik erfüllen zu können. Da wird dann auch gleich die Leiterin einer Putzkolonne zur Führungskraft, oder?
Sons: Na die Putzkolonne kann natürlich auch groß sein.
Kapern: Sie kann aber auch klein sein!
Sons: Sie kann aber auch klein sein, da haben Sie sicherlich recht. Aber ich würde das Thema vielleicht noch mal von einer anderen Seite betrachten. Führungskräfte - die müssen ja irgendwo niedrig anfangen -, die sind doch die Voraussetzung, dass ich später jemand für den Vorstand habe, denn wenn ich eine Vorstandsposition besetzen will, oder auch eine Aufsichtsratsposition, dann brauche ich gestandene Führungskräfte mit einer großen operativen Erfahrung, die auch wirklich vorher schon mal sich bewiesen haben. Ich kann ja niemand aus dem Nichts in eine Vorstandsposition hieven, so jemand muss scheitern.
Kapern: Aber, Frau Sons, Frauen sind doch nicht erst seit gestern berufstätig. Diese, wie soll ich sagen, Qualifikation zur Führungskompetenz, die hätten sie Frauen doch schon in den vergangenen Jahrzehnten verpassen können.
Sons: Das hätte man machen können. Das setzt aber auch voraus, dass die Frauen tatsächlich da sind, auch bereit sind, in diese Führungspositionen zu gehen. Und wenn sie sich anschauen unser gesellschaftliches Umfeld: Bei uns ist es doch gesellschaftlich so, dass eine Mutter schnell als Rabenmutter bezeichnet wird, wenn sie sagt, sie geht arbeiten, neben den Kindern. Man sagt heute bei uns auch noch häufig: "Ich kann mir leisten, dass meine Frau nicht arbeiten gehen muss." Deswegen haben wir ganz viele, die auch wirklich zu Hause bleiben. Also wir müssen ein gesellschaftliches Umfeld haben, was dafür sorgt, dass Frauen auch wirklich da sind, arbeiten wollen, nicht zu lange rausgehen in der Zeit, in der sie Kinder haben, damit sie dann den Anschluss nicht versäumen und in Führungspositionen dann auch weiter wachsen können.
Kapern: Also Frauen wollen gar nicht führen? Ist das nicht eine feine Ausrede?
Sons: Ich glaube, es gibt sehr, sehr viele Frauen, die führen wollen. Wir müssen das Umfeld schaffen, das dann passt. Das heißt zum Beispiel auch, ich brauche eine Ganztagsbetreuung. Die muss gut sein, die muss auch bezahlbar sein, damit Frauen zurückgehen in ihren Beruf und auch wissen, dass die Kinder gut versorgt sind.
Kapern: Damit schieben Sie die Verantwortung für mehr Frauen in Führungspositionen dann wieder dem Staat zu?
Sons: Ich würde sagen, nicht nur dem Staat. Es ist die Gesellschaft, die verantwortlich ist, wir müssen das wollen, die Frauen müssen das wollen. Es ist die Politik, die für die Ganztagsbetreuung sorgen muss, und es sind natürlich auch die Unternehmen, die Voraussetzungen schaffen müssen, dass Frauen da bleiben, dass sie gefördert werden, dass sie in Führungspositionen auch tatsächlich gehen. Und wenn man in einem Unternehmensumfeld das Gefühl hat, dort nicht gerne gesehen zu sein in einer Führungsfunktion, dann wird es nicht funktionieren. Aber wenn sie die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie anschauen - und für die stehe ich ja hier -, da haben wir insgesamt nur 20 Prozent überhaupt Frauen, die in diesen Unternehmen arbeiten. Von diesen 20 Prozent wiederum sind nur 15 Prozent Akademikerinnen. Da ist nur ein sehr, sehr kleiner Pool da, der überhaupt eine Qualifikation hätte, um später Vorstand zu werden.
Kapern: Wie hoch ist denn der Anteil der Frauen in den Chefetagen der Unternehmen, die Sie vertreten?
Sons: Viel zu klein ist der Anteil. Die Unternehmen müssen noch viel weiblicher werden. Wir haben im Schnitt zehn Prozent in Führungspositionen in den Chefetagen, und was ganz interessant ist: Wir hatten kürzlich eine Umfrage unter unseren Unternehmen gemacht und dort festgestellt, dass sich die kleineren Unternehmen, die bis 50 oder bis 100 Mitarbeiter, offensichtlich sehr viel leichter tun, Frauen auch in Führungspositionen zu bringen, denn dort ist insgesamt im Unternehmen der Anteil so zwischen 23 bis 25 Prozent, und dieser Anteil landet dann auch oben in den Chefetagen, was bei den Großkonzernen leider ein bisschen anders ist. Da kommen dann nur noch acht, neun oder zehn Prozent oben an.
Kapern: Aber wenn der Anteil von Frauen in den Führungspositionen immer noch viel zu niedrig ist, wie Sie selbst sagen, da könnte doch Zwang ein bisschen hilfreich sein?
Sons: Zwang kann hilfreich sein, Zwang kann aber auch Unsinn sein und schaden. Wenn sie Frauen, nur weil sie Frauen sind, in eine Führungsposition oder gar in einen Vorstand erheben und diese Frauen scheitern dann, weil die Qualifikation nicht gepasst hat, dann ist das eher ein abschreckendes Beispiel und man schadet der ganzen Sache.
Kapern: Aber da beißt sich doch die Katze jetzt wieder in den Schwanz, Frau Sons. Warum haben sie in den vergangenen Jahrzehnten die Frauen nicht ausreichend qualifiziert, damit sie passen?
Sons: Die Frauen, die Sie qualifizieren wollen, die müssen auch tatsächlich da sein, und wenn nur jeder fünfte Mitarbeiter im Betrieb eine Frau ist, dann hat man da schon nicht so viele Auswahlmöglichkeiten. Wenn diese Frau dann Kinder bekommt, aus dem Betrieb verschwindet, dann nach Jahren zurückkommt und nur Teilzeit arbeiten will, dann wird das natürlich schwieriger.
Kapern: Nun haben wir ja eben in dem Bericht in Informationen am Mittag (MP3-Audio)Beitrag von Andreas Baum gehört, dass es im Prinzip, was eine gesetzliche Quote angeht, eine Blockade innerhalb der Bundesregierung gibt, weil da unterschiedliche Positionen einfach nicht unter einen Hut zu bringen sind. Das muss Sie doch eigentlich erfreuen, oder?
Sons: Mich erfreut es, wenn es keine gesetzliche Quote gibt, weil ich einfach eine gesetzliche Quote für Unsinn halte. Von daher ist das sicherlich ein gutes Ergebnis. Trotzdem - und das ist mir besonders wichtig: Wir müssen weiblicher werden in den Unternehmen bis hoch in die obersten Führungspositionen rein. Und das nach den unterschiedlichen Voraussetzungen, die unsere Branchen einfach mit sich bringen.
Kapern: Gabriele Sons war das, die Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören, Frau Sons.
Sons: Ich danke Ihnen! Tschüß!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Gabriele Sons: Ich grüße Sie, Herr Kapern!
Kapern: Frau Sons, sind Sie zufrieden mit dem, was die Personalchefs der DAX-Konzerne da heute in Berlin präsentiert haben?
Sons: Ja, ich denke, man kann mit dem auf jeden Fall zufrieden sein. Das ist ein erster guter Schritt. Man muss einfach bedenken, die Unternehmen, die haben alle sehr unterschiedliche Voraussetzungen. Der eine hat ganz viele Frauen auch in unteren Positionen, da ist es ein bisschen leichter, Frauen dann auch in Führungspositionen zu bringen; andere wiederum, die brauchen Ingenieure im Vorstand und haben aber die Ingenieure schon unten nicht in den ganz normalen Referenten- oder Teamleiter-Positionen. Wie will man sie dann in den Vorstand bekommen?
Kapern: Nun haben Sie ja gerade mitbekommen, dass die Beobachter skeptisch macht, dass die DAX-Personalvorstände dort ganz allgemein von mehr Führungskräften, mehr weiblichen Führungskräften gesprochen haben. Das öffnet ja sozusagen der Interpretation oder der Statistik Tür und Tor, da muss man ja die Führungskraft nur weit genug runterdefinieren, um dann eine bestimmte Statistik erfüllen zu können. Da wird dann auch gleich die Leiterin einer Putzkolonne zur Führungskraft, oder?
Sons: Na die Putzkolonne kann natürlich auch groß sein.
Kapern: Sie kann aber auch klein sein!
Sons: Sie kann aber auch klein sein, da haben Sie sicherlich recht. Aber ich würde das Thema vielleicht noch mal von einer anderen Seite betrachten. Führungskräfte - die müssen ja irgendwo niedrig anfangen -, die sind doch die Voraussetzung, dass ich später jemand für den Vorstand habe, denn wenn ich eine Vorstandsposition besetzen will, oder auch eine Aufsichtsratsposition, dann brauche ich gestandene Führungskräfte mit einer großen operativen Erfahrung, die auch wirklich vorher schon mal sich bewiesen haben. Ich kann ja niemand aus dem Nichts in eine Vorstandsposition hieven, so jemand muss scheitern.
Kapern: Aber, Frau Sons, Frauen sind doch nicht erst seit gestern berufstätig. Diese, wie soll ich sagen, Qualifikation zur Führungskompetenz, die hätten sie Frauen doch schon in den vergangenen Jahrzehnten verpassen können.
Sons: Das hätte man machen können. Das setzt aber auch voraus, dass die Frauen tatsächlich da sind, auch bereit sind, in diese Führungspositionen zu gehen. Und wenn sie sich anschauen unser gesellschaftliches Umfeld: Bei uns ist es doch gesellschaftlich so, dass eine Mutter schnell als Rabenmutter bezeichnet wird, wenn sie sagt, sie geht arbeiten, neben den Kindern. Man sagt heute bei uns auch noch häufig: "Ich kann mir leisten, dass meine Frau nicht arbeiten gehen muss." Deswegen haben wir ganz viele, die auch wirklich zu Hause bleiben. Also wir müssen ein gesellschaftliches Umfeld haben, was dafür sorgt, dass Frauen auch wirklich da sind, arbeiten wollen, nicht zu lange rausgehen in der Zeit, in der sie Kinder haben, damit sie dann den Anschluss nicht versäumen und in Führungspositionen dann auch weiter wachsen können.
Kapern: Also Frauen wollen gar nicht führen? Ist das nicht eine feine Ausrede?
Sons: Ich glaube, es gibt sehr, sehr viele Frauen, die führen wollen. Wir müssen das Umfeld schaffen, das dann passt. Das heißt zum Beispiel auch, ich brauche eine Ganztagsbetreuung. Die muss gut sein, die muss auch bezahlbar sein, damit Frauen zurückgehen in ihren Beruf und auch wissen, dass die Kinder gut versorgt sind.
Kapern: Damit schieben Sie die Verantwortung für mehr Frauen in Führungspositionen dann wieder dem Staat zu?
Sons: Ich würde sagen, nicht nur dem Staat. Es ist die Gesellschaft, die verantwortlich ist, wir müssen das wollen, die Frauen müssen das wollen. Es ist die Politik, die für die Ganztagsbetreuung sorgen muss, und es sind natürlich auch die Unternehmen, die Voraussetzungen schaffen müssen, dass Frauen da bleiben, dass sie gefördert werden, dass sie in Führungspositionen auch tatsächlich gehen. Und wenn man in einem Unternehmensumfeld das Gefühl hat, dort nicht gerne gesehen zu sein in einer Führungsfunktion, dann wird es nicht funktionieren. Aber wenn sie die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie anschauen - und für die stehe ich ja hier -, da haben wir insgesamt nur 20 Prozent überhaupt Frauen, die in diesen Unternehmen arbeiten. Von diesen 20 Prozent wiederum sind nur 15 Prozent Akademikerinnen. Da ist nur ein sehr, sehr kleiner Pool da, der überhaupt eine Qualifikation hätte, um später Vorstand zu werden.
Kapern: Wie hoch ist denn der Anteil der Frauen in den Chefetagen der Unternehmen, die Sie vertreten?
Sons: Viel zu klein ist der Anteil. Die Unternehmen müssen noch viel weiblicher werden. Wir haben im Schnitt zehn Prozent in Führungspositionen in den Chefetagen, und was ganz interessant ist: Wir hatten kürzlich eine Umfrage unter unseren Unternehmen gemacht und dort festgestellt, dass sich die kleineren Unternehmen, die bis 50 oder bis 100 Mitarbeiter, offensichtlich sehr viel leichter tun, Frauen auch in Führungspositionen zu bringen, denn dort ist insgesamt im Unternehmen der Anteil so zwischen 23 bis 25 Prozent, und dieser Anteil landet dann auch oben in den Chefetagen, was bei den Großkonzernen leider ein bisschen anders ist. Da kommen dann nur noch acht, neun oder zehn Prozent oben an.
Kapern: Aber wenn der Anteil von Frauen in den Führungspositionen immer noch viel zu niedrig ist, wie Sie selbst sagen, da könnte doch Zwang ein bisschen hilfreich sein?
Sons: Zwang kann hilfreich sein, Zwang kann aber auch Unsinn sein und schaden. Wenn sie Frauen, nur weil sie Frauen sind, in eine Führungsposition oder gar in einen Vorstand erheben und diese Frauen scheitern dann, weil die Qualifikation nicht gepasst hat, dann ist das eher ein abschreckendes Beispiel und man schadet der ganzen Sache.
Kapern: Aber da beißt sich doch die Katze jetzt wieder in den Schwanz, Frau Sons. Warum haben sie in den vergangenen Jahrzehnten die Frauen nicht ausreichend qualifiziert, damit sie passen?
Sons: Die Frauen, die Sie qualifizieren wollen, die müssen auch tatsächlich da sein, und wenn nur jeder fünfte Mitarbeiter im Betrieb eine Frau ist, dann hat man da schon nicht so viele Auswahlmöglichkeiten. Wenn diese Frau dann Kinder bekommt, aus dem Betrieb verschwindet, dann nach Jahren zurückkommt und nur Teilzeit arbeiten will, dann wird das natürlich schwieriger.
Kapern: Nun haben wir ja eben in dem Bericht in Informationen am Mittag (MP3-Audio)Beitrag von Andreas Baum gehört, dass es im Prinzip, was eine gesetzliche Quote angeht, eine Blockade innerhalb der Bundesregierung gibt, weil da unterschiedliche Positionen einfach nicht unter einen Hut zu bringen sind. Das muss Sie doch eigentlich erfreuen, oder?
Sons: Mich erfreut es, wenn es keine gesetzliche Quote gibt, weil ich einfach eine gesetzliche Quote für Unsinn halte. Von daher ist das sicherlich ein gutes Ergebnis. Trotzdem - und das ist mir besonders wichtig: Wir müssen weiblicher werden in den Unternehmen bis hoch in die obersten Führungspositionen rein. Und das nach den unterschiedlichen Voraussetzungen, die unsere Branchen einfach mit sich bringen.
Kapern: Gabriele Sons war das, die Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören, Frau Sons.
Sons: Ich danke Ihnen! Tschüß!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.