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Die US-Republikaner
Immer schriller, immer extremer

In den USA liegen im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur bei den Republikanern derzeit mit Donald Trump und Ted Cruz zwei Politiker vorn, deren Positionen noch vor kurzer Zeit völlig inakzeptabel gewesen wären. Und viele im eher gemäßigten Flügel der Partei fragen sich, was ist nur passiert?

Von Rolf Büllmann |
    Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Las Vegas, Nevada.
    Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Las Vegas, Nevada. (dpa/picture alliance/Mike Nelson)
    "Die Geschichte des zeitgenössischen Konservatismus ist eine Geschichte von Enttäuschung und Betrug. Seit Barry Goldwater 1964 mussten republikanische Kandidaten Versprechen machen, die sie einfach nicht einhalten können - und das führt zu diesem Kreislauf von Enttäuschung und Radikalisierung", sagt E. J. Dionne, der gerade ein Buch über den Zustand der Republikaner veröffentlicht hat.
    Barry Goldwater, den er erwähnt, ist so etwas wie der Säulenheilige der amerikanischen Konservativen. Er hat sich strikt gegen sozialdemokratische Tendenzen in der amerikanischen Politik gestellt. Als Präsidentschaftskandidat 1964 stemmte er sich gegen Gewerkschaften und den Wohlfahrtsstaat, und forderte stattdessen einen weitgehenden Rückzug der Regierung aus dem öffentlichen Leben, er betonte die Freiheit des Einzelnen, die eben auch mit Selbstverantwortung einhergehe.
    Die Wähler immer wieder enttäuscht
    Goldwater unterlag krachend - machte aber den Weg frei für jüngere Konservative, die seiner Ideologie nahe standen - wie zum Beispiel Ronald Reagan. Der hielt 1964 eine Rede, mit der er Werbung machte für den Kandidaten Goldwater, gleichzeitig aber auch den Grundstein legte für seinen eigenen Erfolg - mit harscher Kritik am politischen Gegner: "Senator Clark aus Pennsylvania, auch so ein Befürworter des Liberalismus, definiert Liberalismus als 'die Befriedigung der Bedürfnisse der Massen, durch die volle Kraft einer zentralisierten Regierung'. Also ich für meinen Teil ärgere mich darüber, wenn ein Volksvertreter Sie und mich und die freien Menschen dieses Landes als 'die Massen' bezeichnet."
    EJ Dionne argumentiert nun, Vertreter dieser reinen konservativen Lehre hätten in den letzten Jahrzehnten immer wieder ihre Wähler enttäuscht. Es sei ihnen eben nicht gelungen, die Regierung zu verkleinern. Es sei ihnen nicht gelungen, die gesellschaftspolitischen Änderungen der 60er-Jahre rückgängig zu machen, es sei ihnen auch nicht gelungen, den Zustrom von Einwanderern zu stoppen - auch der "Tea Party" nicht. Deren Galionsfigur Michelle Bachman hatte noch Hoffnungen geweckt bei den Enttäuschten: "Eine eingeschränkte Regierung, starke Familien, freies Unternehmertum - das ist alles nicht neu, das sind die Werte, die seit der amerikanischen Revolution gelten. Aber es ist Zeit, höchste Zeit, wieder an diese Werte zu erinnern, und darum geht es der Tea Party."
    "So können wir uns als Gesellschaft nicht erfolgreich regieren"
    Aber auch die Tea Party konnte die Erwartungen, die selber geweckt hat, nicht erfüllen: "Es gab einfach viele Enttäuschungen, die am Ende zum Aufstieg von Donald Trump und zum Teil auch von Ted Cruz geführt haben. Wenn man immer wieder darüber klagt, dass die Grenze zu durchlässig ist, aber nichts dagegen tut, dann werden sich die Menschen irgendwann zu jemandem hinwenden, der ernst macht.
    Das Problem dabei: Die Positionen, die Politiker einnehmen müssen, um dieses Wählerpotenzial abzuschöpfen, werden immer extremer, je enttäuschter diese Wähler sind. Die Forderungen der Politiker werden immer schriller - wie hier bei Sarah Palin, 2008 Vizepräsidentschaftskandidatin, und mittlerweile Trump-Unterstützerin, die eine Revolution und ein Ende des - so wörtlich - "Establishments" fordert.
    Und deshalb - so Dionne, ein selbsterklärter Links-Liberaler, sei es auch für Nicht-Republikaner wichtig, was mit dieser Partei geschehe: "Liberalen muss das wichtig sein - ein Konservativismus, der so weit rechts angesiedelt ist, verhindert nämlich, dass wir als Gesellschaft uns erfolgreich regieren. Und ich würde argumentieren, dass unser Land nicht gleichmäßig auseinanderdriftet. Die Konservativen sind weiter nach rechts gerückt als die Liberalen und Progressiven nach links."
    "Vielleicht ist es irgendetwas in unserer modernen Zeit"
    Konservative Beobachter wie der Journalist Bill Kristol argumentieren, dass das Problem der Enttäuschten, die sich dem Außenseiter zuwenden, den Demokraten ja nicht fremd sein könne: Bernie Sanders Erfolg erkläre sich ja genau so. "Vielleicht ist es irgendetwas in unserer modernen Zeit, dass dazu führt, dass Politik nicht funktioniert, oder nicht so erfolgreich ist, wie sie sein könnte. Vielleicht ist es das Internet, das dazu führt, dass wir nicht dankbar sind für die Fortschritte, die es gibt, sondern uns nur auf das halb leere Glas konzentrieren."
    Die große Frage ist, ob dann ein Kandidat oder eine Kandidatin mit einer positiven Botschaft der Hoffnung überhaupt jemals wieder Erfolg haben kann, oder ob wir uns damit abfinden müssen, dass die Enttäuschten, Wütenden und Verärgerten die Politik prägen? Barack Obamas Wahlkampf mit Hope und Change scheint derzeit jedenfalls so altmodisch, dass es wirkt, als liege er viel länger zurück als nur acht Jahre.