Ich bin gerade aus Schlesien gekommen, deshalb schätze ich diese Ruhe hier, es lebt sich gut hier. Ja, das ist die Sühne dieser Stadt. Ich denke, es sollte mehr Werbung für die Stadt als die Stadt und nicht nur das Lager geben. Ich muss die Initiative ergreifen und erklären, dass das Lager nur eine Sühne für diese Stadt ist, man weiß nicht einmal wofür.
Es ist sehr gut hier, eine angenehme Atmosphäre, nicht viele Menschen, man kann sich hier immer ausruhen. Es ist eine ruhige Stadt, ich lade alle ein, man kann sich hier gut erholen.
Ganz offensichtlich haben sich die Oswiecimer mit der Vergangenheit ihrer Stadt arrangiert. Nur einmal werde ich ungewöhnlich scharf zurechtgewiesen, nämlich als ich von "Auschwitzern" und nicht von "Oswiecimern" spreche. Dann folge ich den Schildern "Museum KL Auschwitz" mit einem dicken Pfeil geradeaus. Vorbei an dreckbespritzten Häuserfassaden und am Bahnhof, dessen Stellwerksruinen von einer bewegten Zeit berichten. Nach wenigen hundert Metern, eigentlich am Rande der Stadt, gibt der Nebel die Umrisse des Lagers frei. Eine Trutzburg aus Betonzäunen und Stacheldraht, aus wuchtigen Klinkerbauten und Wachtürmen an allen Ecken und Kanten. Nur die langen Pappelreihen nehmen dem Lagerbau die Schärfe, verleihen ihm heute sogar den Hauch eines surrealen Parkes.
Ja, die Pappeln, sagt Kazimierz Smolen, und erinnert sich an die Zeit vor rund 65 Jahren:
Wenn ich sehe jetzt die Pappeln, die sind 25 Meter hoch, da geht mir in Erinnerung, wie wir sie gepflanzt haben. 40 war das, am Anfang, im September. Waren zwei Häftlinge, war Schaufel, die Pappeln waren ungefähr zwei Meter hoch. Der Adjutant von Kommandant hat geheißen Meier, die Häftlinge, damals waren nur Polen hier, nannten ihn Lalka, die Puppe, weil er so schöne Backen wie eine Frau gehabt hat. Er hat einen Schäferhund gehabt. Hund hat geheult, und wir wussten nicht, beißt er oder nicht. Und der hat uns befohlen, man muss sich das vorstellen, zwei Häftlinge, ungefähr 1,70 Größe, eine Pflanze zwei Meter hoch, also wir sollen klettern auf die Pappeln. Befehl war Befehl, Hund hat geheult, dann haben wir das nachgemacht. Also das war eine Szene wie im Zirkus, kann man sagen. Die Pflanzen sind jetzt 25 Meter, ich bin 1,70 geblieben.
Kazimierz Smolen war einer der ersten, die ins Konzentrationslager Auschwitz kamen. Mit der Häftlingsnummer 1327 hat er viereinhalb Jahre in der Hölle von Auschwitz gelebt - und vor allem überlebt. Untergebracht war er im Stammlager 1, im Lager für die politischen Häftlinge, manchmal aber auch in Auschwitz-Birkenau, dort also, wo die Nazis ihre eigentliche Todesfabrik mit Gaskammern und Krematorien errichtet hatten. Ja, vor allem in Birkenau hole ihn manchmal auch heute noch die Vergangenheit ein, erinnert sich Kazimierz Smolen an die manchmal eisige Kälte:
Wenn ich in Baracke in Birkenau bin. Ich hab gewohnt in Birkenau paar Wochen, nicht lange. Wie war das möglich. Wir waren doch nicht angezogen in Wolle oder Baumwolle. Das war nicht geheizt. Das kann man sich noch vorstellen. Aber was für Geruch war in solcher Baracke. Das kann man sich nicht vorstellen. Weil wir hatten doch keine Möglichkeit zu waschen, oder die einzige Wäsche war nicht gewechselt. Das war unmöglich, sich sauber zu halten. Das kann man in keinem Film diesen Geruch zeigen. Geruch kann man leider nicht zeigen.
Nicht aus dem Kopf geht Kazimierz Smolen auch das Jahr 1944, also die Zeit vor dem schon nahenden Kriegsende. Täglich seien neue Transporte angekommen, tagtäglich die Züge mit jüdischen Menschen, die in Birkenau zu Zehntausenden in die Gaskammern getrieben worden sind:
In 44 über 300.000 Juden aus Ungarn waren eingeliefert. Das waren Berge von Leichen. Wenn Wind war Richtung von Birkenau nach Auschwitz, da hat man hier gespürt diesen Geruch von verbrannten Leichen.
Am schlimmsten aber für ihn sei das Bild der jüdischen Kinder gewesen, meint Smolen und weist auf ein altes Foto, das seinerzeit die SS aufgenommen hatte. Verängstigt sitzen kleine Jungen und Mädchen zwischen Bäumen im Sand, manche mit einem Stück Brot in der Hand, dass ihnen die Mutter wohl noch bei der Abfahrt schnell zugesteckt hatte. Grausam sei das, einfach nur zynisch, unvorstellbar grausam, sagt Kazimierz Smolen mit einer Emotion, als sei das Foto erst vor einigen Stunden entstanden:
Man sieht eine Gruppe von stehenden Menschen, Männer oder Frauen, welche stehen und sitzen, in der ersten Reihe stehen kleine Kinder, ungefähr sechs Kinder, sehr klein, drei, vier Jahre alt. Natürlich wenn man nicht versteht, um was sich handelt, das ist dann, vielleicht zu viel gesagt, wie ein Picknick-Foto. Die Kinder, die in Objektiv schauen, sind traurig, weil sie haben Angst. Sie haben schon zu viel erlebt. Aber sie wissen nicht alle, die sie auf diesem Foto sind, dass sie stehen in Entfernung von ungefähr 50, 60 Metern von Gaskammer 5. Und warten drei, vier Stunden, bis die Leichen von Gaskammer 5 weggebracht. Und nachher waren sie von dieser Stelle, wo Foto steht geführt in Gaskammer.
Rund anderthalb Millionen Menschen haben die Nazis allein in Auschwitz umgebracht - davon über eine Million Juden, die aus allen besetzten Gebieten Europas in das Vernichtungslager gebracht worden waren. Bis heute lassen sich die genauen Opferzahlen nur schätzen, denn rund 75 Prozent eines jeden Transportes wurden ohne Registrierung sofort in die Gaskammern geschickt. Genaue Angaben gibt es keine.
Was bewegte einen Mann wie Kazimierz Smolen, frage ich mich, an den Ort des Martyriums zurückzukehren. Und nicht nur zurückzukehren, sondern als Museumsdirektor vom Konzentrationslager Auschwitz nahezu sein gesamtes Leben freiwillig hinter dem Stacheldraht des früheren Konzentrationslager zu verbringen? Er habe eine Mission zu erfüllen, sagt er, für alle, die hier waren, vor allem für die Hunderttausende, die nicht das Glück hatten, Auschwitz zu überleben.
Kurz darauf stehen wir wieder am Tor zum Stammlager 1, unter dem Schriftzug "Arbeit macht frei", vor dem Schlagbaum, der für so viele einen Abschied für immer bedeutete. Die Warnschilder, die Postentürme mit den Gestellen für schwere Maschinengewehre, und vor allem der restaurierte Hochspannungszaun vermitteln den Eindruck, dieses Lager sei erst vor Stunden verlassen worden.
Wir haben das gebaut. Das kann mich nur erinnern, dass vielmals, als wir diese Pfosten getragen haben, das ist Eisenbeton, das ist mindestens fünf Meter lang, denn das ist tief in der Erde. SS hat niemals geordnet die Gruppen, die das getragen haben nach Größe. Also ich war klein, diejenigen, die größer waren als ich, die haben das mehr getragen als ich, ich habe nicht getragen. Die sind meistens auch geschlagen, denn das war zu schwer. Jetzt wenn ich den Zaun sehe, da geht mir manchmal in Erinnerung, wie wir das gebaut haben
Ein paar Schritte vom Museumseingang entfernt, die Bücherkiste von Alina Kram. Der Laden ist nahezu das einzige Geschäft, dass in der Schutzzone um das frühere Lager überhaupt seine Pforten öffnen durfte. Viele kommen in ihr Geschäft, meint Alina, um Bücher oder Filme über das Vernichtungslager Auschwitz mitzunehmen. Und inzwischen erkenne sie die Herkunft ihrer Kunden auch ohne jedes Wort, ist die Verkäuferin überzeugt. - "Ja, was ist denn das typisch deutsche Verhalten?", frage ich und bringe Alina Kram damit nicht in Verlegenheit:
Die Gruppen, die hierher kommen, sind meistens so genannte Studienreisen, Schüler der Oberschulen und Studenten, und sie erleben das sehr stark mit. Interessant aber ist, dass ältere Menschen, die hereinkommen, "guten Tag' auf englisch sagen, und wenn ich sie frage, welche Bücher sie haben wollen, wollen sie die englische Fassung eines Buches. Aber letzten Endes geben sie mir ein deutsches Buch, also ich sehe, dass es die älteren Menschen als Deutsche noch belastet, sie ihre Herkunft verschweigen wollen. Vielleicht befürchten sie, wir werden sie schlecht aufnehmen, also sie sind bisschen unsicher. Die meisten Bücher aber kaufen deutsche Jugendliche. Die deutsche Jugend sucht nach der Wahrheit. Es gibt Gruppen, die jedes Jahr kommen und fragen, was haben Sie Neues, was haben Sie Neues?
Im Rathaus von Oswiecim wartet schon Janusz Marszalek, seit einigen Jahren Bürgermeister der Stadt. Sein Zimmer ist vollgepackt mit Papieren, Ablaufplänen und Organisationstafeln für die Gedenkfeiern am 27. Januar. Dieser Jahrestag sei für ihn das wichtigste Ereignis seiner gesamten Amtszeit, sagte Bürgermeister Marszalek, und nicht nur, weil viele Präsidenten und andere wichtige Leute ihr Kommen angekündigt hätten:
Wir müssen feststellen, was das Wichtigste dabei ist. Diese Menschen, die vor 60 Jahren die Befreiung noch erlebt haben. Und alle anderen, die das Glück nicht hatten und das Leben verloren haben. Dieses Opfer hat dazu gebracht, dass wir 60 Jahre nach dem schlimmsten Krieg bis jetzt Frieden haben. Und wir hoffen, dass der Frieden in Europa bleibt und sich auch auf die ganze Welt verbreitet.
Bürgermeister Marszalek erscheint als ein ganz ruhiger Mann. Sein gutes Deutsch, ja das habe er im Schwarzwald gelernt, als er sich dort nach SOS-Kinderdörfern erkundigt hat. Heute habe auch Oswiecim ein solches Dorf, erklärt Janusz Marzalek nicht ohne Stolz. Aber sein Amt lasse ihm kaum noch Zeit, die Kinder zu besuchen. Für seine Stadt Oswiecim führe er einen Überlebenskampf, und Marszalek meint damit nicht die Sorgen aller polnischen Kommunen:
Ehrlich muss ich sagen, dass das Schwierigste ist das eine, die meisten wissen nicht, was Oswiecim heißt. Alle wissen, was Auschwitz bedeutet. Und sehr viele Menschen von der ganzen Welt einmischen wollen in alles, was in der Stadt im Aufbau ist. Es sind im Moment ca. 42.000 Einwohner in der Stadt. Die Menschen sollen leben so frei, wie die Menschen, die Einwohner von Berlin, von München, Stuttgart oder von anderen Städten in Deutschland, Frankreich.
Marszalek, vor seiner Berufung zum Bürgermeister noch Unternehmer, hatte selbst für einen Eklat gesorgt. Er wollte in der 100 Meter breiten Schutzzone um das Lager einen Servicepunkt für Touristen mit einer Pizzeria, einem Blumengeschäft und Buchladen errichten. In einem Brandbrief aus Los Angeles protestierte das Simon-Wiesenthal-Center bei Polens Präsident Alexander Kwasniewski. Diese Pläne, so hieß es darin, seien ein weiterer Schritt auf dem unaufhaltsamen Weg zu einem eventuellen Disney-Land-Themenpark. Die Kontroverse traf Oswiecim zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Gemüter der Einwohner gerade wieder beruhigt hatten. Denn im Jahr 2001 wurde auf internationalen Druck hin bereits die einzige Diskothek in Oswiecim geschlossen - sie war untergebracht mitten im Stadtzentrum, in einer früheren Gerberei, in die Auschwitzhäftlinge zur Zwangsarbeit getrieben wurden. Jerzy Wroblewski, Direktor der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und mit dem Schutz des Andenkens der Holocaust-Opfer betraut, ergriff seinerzeit Partei für Stadt: Wenn man sich den Schlussfolgerungen des Wiesenthal-Centers anschließt, müsse man ganz Oswiecim vom Leben ausschließen, mahnte er alle Seiten zur Besonnenheit. Die Oswiecimer pochen nun auf ihr Recht, in Nachbarschaft des Lagers, ein, so weit es überhaupt möglich ist, ganz normales Leben zu führen.
Wir sind einfach eingesperrt, wir dürfen gar nichts. Wir dürfen nichts aufbauen, dort sollte ein Tennisplatz entstehen, das darf auch nicht sein.
Es gibt keine Arbeit, früher gab es Arbeit, und jetzt ist es schwer.
Ja, Lager ist Lager, Museum ist Museum, das soll sein für dieses traurige Gedenken, aber das soll nicht alles sein. Auch die Einwohner haben bestimmt dadurch verloren. Denn neben solchem Museum sollte ein wunderschönes Hotel aufgestellt werden. Es kommen Touristen, auch aus dem Ausland, sie übernachten in Krakau oder Kattowitz, und Oswiecim hat nichts davon.
Außer dass die Disco geschlossen wurde, ist es gut. Aber über uns hängt dieses Brandmal des Lagers. Oswiecim wird praktisch nur mit dem Lager assoziiert.
Für Bürgermeister Janusz Marszalek keine Einzelmeinung. Man dürfe den Oswiecimern nicht nur Knüppel zwischen die Beine werfen, meint er und zieht eine Statistik hervor:
In den 90er Jahren haben so viele Menschen Arbeitsstellen verloren durch die Einstellung von den höchsten Behörden in Polen und auch durch die Einstellung von den vielen Organisationen von der ganzen Welt. Das heißt im Raum um Museum sind 5.000 Arbeitsplätze abgeschafft worden. Die Firmen durften sich nicht entwickeln, haben keine Genehmigung bekommen.
Es ist auch die alte Pilecki-Siedlung. Da wohnen rund tausend Einwohner. Und es war geplant, dass diese Leute die Häuser verlassen sollten. Wenn nicht der Kampf und die Demonstrationen auf der Straße, Proteste, hätten die Menschen diese Wohnungen verloren.
Dann ist es wichtig, dass wir mit der Zeit in Dialog kommen. Also nur im Gespräch, im Dialog kann man den anderen erklären, dass in der Stadt Oswiecim am Rand der Stadt ist jetzt staatliches Museum KL Auschwitz-Birkenau.
Das ist für die so genannte ewige Zeit gesetzlich gesichert, dass man die schlimme schreckliche Geschichte von dem Zweiten Weltkriege erfahren kann, sehen kann, und das sollte als Mahnmal für uns alle gelten, dass so was nie wieder passiert. Aber trotzdem ist für Einwohner dieser Stadt ungerecht, dass man den Einwohner nicht normal leben lässt.
Der Dialog zwischen Polen und Deutschen wird auch in der Oswiecimer Begegnungsstätte der Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste gepflegt. Jugendgruppen aus beiden Ländern treffen sich hier, um die Vergangenheit zu verstehen und die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Seit 1986 ist das Versöhnungswerk in Oswiecim aktiv. Die Fragen, um die es immer wieder geht, bringt Betreuerin Elzbieta Pasternak auf den Punkt:
Was geschah in Auschwitz, und was war möglich. Und ob es wiederholbar ist. Diese Zeit, die die Jugendlichen hier verbringen, das ist eher Suche nach Antworten als Antworten finden.
Seit fast 20 Jahren also kommen jährlich rund 140 Jugendgruppen allein aus Deutschland nach Oswiecim, um der eigenen Geschichte nachzuspüren. Hat sich die Wahrnehmung der jungen Leute von Krieg und Verantwortung in dieser Zeit eigentlich verändert, will ich von Elzbieta Pasternak wissen:
Bei den deutschen Gruppen sehr präsent am Anfang, was ich oft gehört habe, das war die Schuldfrage der Deutschen gegenüber die Geschichte des eigenen Volkes. Jetzt höre ich immer öfter, unsere Generation ist nicht direkt schuld. Wir tragen die Verantwortung, wir sollen darüber wissen, aber wir können nichts dagegen machen. Also diese Schuldfrage ist nicht meine persönliche Schuldfrage.
Wie weit der Weg zur Aussöhnung gelegentlich ist, zeigte beispielsweise ein Projekt, in das, neben polnischen und deutschen, auch israelische Jugendliche einbezogen waren. Der erhoffte Dialog kam trotz guter Vorbereitung kaum zustande, erinnert sich Elzbieta Pasternak an emotionale Hürden, die für die jungen Israelis einfach nicht zu überwinden waren:
Wir hatten eine Begegnung mit israelischen Jugendlichen. Da haben wir als Lehrer gefragt: ‚"Berichtet bitte über die Reise durch Polen, was habt ihr gesehen und ob ihr euch mit polnischen Jugendlichen getroffen habt..." Und dann war die Antwort: "Es war eine Reise durch die Martyriumsstätten." - Also Treblinka, Majdanek und Auschwitz - zurück zu der Tragödie der eigenen Großväter und Großmütter. Polen ist ein großer Friedhof für die. Und sogar diese Generation identifiziert sich sehr, auch emotional, mit den Vorfahren.
Die nächste Generation Jugend ist es, auf die auch Oswiecims Bürgermeister Janusz Marszalek große Hoffnungen setzt. Jedes Jahr, erzählt Marszalek, kämen beispielsweise 20 Jugendliche von einer Betriebsberufsschule in Hannover nach Oswiecim, um bei den Sanierungsarbeiten am Auschwitz-Museum zu helfen:
Und die arbeiten zusammen mit den polnischen jungen Menschen in der Gedenkstätte KL Auschwitz-Birkenau. Nach zwei Wochen sind die jungen Menschen wie verändert. Die können sich vorstellen, was das bedeutet hat, was im Kriege im KL Auschwitz passiert ist. Es ist gut, wenn man sich mit der Geschichte befasst. Das bringt direkt die Menschen zu dem Friedensgedanken. Denn wenn man versteht, was das bedeutet, wenn man dem anderen die Ohrfeige gibt, oder wenn man bekommt. Wer nicht bekommen hat, der versteht den anderen nicht.
Das Bild des Lagers, das selbst 60 Jahre nach der Befreiung durch die Rote Armee nichts von seiner Bedrohlichkeit verloren hat, die Erzählungen von Kazimierz Smolen, für den der millionenfache Tod in Auschwitz viereinhalb Jahre allgegenwärtig war, gehen mir nicht aus dem Kopf. Wie sich der alte Mann, der Überlebende von Auschwitz, beim Abschied gegen den weiß-roten Schlagbaum am Lagereingang lehnt und mehr zu sich selbst als zu mir sagt:
Ich kann mir nicht vorstellen, wie das möglich war, dass ich hier gelebt habe. Aber man kann nicht die ganze Zeit wieder zurückgehen und weinen gleich dabei. Ich staune auch vielmals, wie war das möglich, dass in solchen Verhältnissen hab ich doch überlebt.