"Die anderen Staaten der Region haben Öl, wir haben Wasser."
Fortschritt und Wohlstand versprach der türkische Staatspräsident Turgut Özal, als seine Regierung begann, das Wasser von Euphrat und Tigris zu stauen. Die beiden Ströme Mesopotamiens sollten auf türkischem Boden von ihrer Quelle bis zur Grenze nach Syrien und Irak in eine Kette von Staubecken umgebaut werden. In der ärmsten Provinz Südostanatolien sollte so eine blühende Landwirtschaft entstehen.
Am 25. Juli 1992 nahm Staatspräsident Özal den Atatürk Staudamm feierlich in Betrieb. Als erster und größter von 22 Dämmen ist er das Herzstück des Südostanatolienprojekts, kurz GAP. Zehn Jahre lang hatten die Bauarbeiten am drittgrößten Staudamm der Welt gedauert. Über 880 Quadratkilometer, erstreckt sich der künstliche See, das entspricht etwa der Größe Berlins. Auf der 300 Meter hohen Staumauer prangt in Riesenlettern das Motto des Republikgründers Kemal Atatürk:
"Glücklich ist, wer sich ein Türke nennen darf."
Ein Viertel des gesamten türkischen Strombedarfs wird nach amtlichen Angaben hier produziert – elf Milliarden Kilowattstunden im Jahr. Für den Bau wurden über 50.000 Menschen, hauptsächlich Kurden, umgesiedelt, ohne dass sie angemessen entschädigt worden wären, erklärt Heike Drillisch von "Gegenströmung", einer regierungsunabhängigen Initiative, die sich mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen von Staudämmen beschäftigt.
"Am Atatürk-Staudamm sind Zehntausende von Menschen umgesiedelt worden, beziehungsweise in vielen Fällen einfach vertrieben worden und dann erhielten sie so minimale Entschädigungen, dass ihnen nichts übrig blieb, als in den Slums der umliegenden Großstädte irgendwie zu überleben."
Profitiert haben einige wenige Großgrundbesitzer. Für die werden 1500 Quadratkilometer Land bewässert. In Tunneln wird das angestaute Wasser in die vormals karge Gegend von Sanliurfa und in die Harran-Ebene geleitet, sodass dort heute bis zu drei Baumwollernten möglich sind. Der ökologische Preis hierfür ist hoch, bilanziert der Journalist Mehmet Farac, der das Südostanatolien-Projekt von Beginn an verfolgt hat.
"Wir haben anfangs aus Unwissenheit zu viel gewässert. ... Schon eine Woche, nachdem das Wasser eingeleitet wurde, kam es in der Umgebung von Sanliurfa zu einer deutlichen Zunahme von Insekten und Schädlingen. Erste Malaria-Fälle traten auf. Dann begann es plötzlich mitten im Juli zu regnen. Das hatte es bisher noch nie gegeben. Und dann stieg die Luftfeuchtigkeit von fünf auf 40 Prozent. Das macht die Hitze unerträglich."
Nationale und internationale Proteste wuchsen. Immer wieder stockte der Weiterbau, vor allem als die internationalen Geldgeber ausstiegen. Deutschland, Österreich und die Schweiz zogen ihre Bürgschaften zurück, weil sie einen Krieg mit den Nachbarländern befürchteten. Mit ihren Staudämmen kann die Türkei dem Irak und Syrien buchstäblich das Wasser abdrehen. Auch Präsident Süleyman Dermirel, hielt am Kurs seines Vorgängers Özal fest.
"Wir haben das Recht, mit unserem Wasser zu tun oder zu lassen, was uns beliebt. Der Schnee, der auf unsere Berge fällt, gehört nicht den Arabern. Dieses Wasser ist unser Wasser."
Momentan ist dieser Konflikt beigelegt. Die Türkei garantiert Syrien in einem Abkommen eine Mindestmenge Euphratwasser. Doch gegen die Art, wie die Türkei mit ihrem kulturellen Erbe umgeht, hat sich ebenfalls internationaler Widerstand formiert, berichtet Heike Drillisch von "Gegenströmung". Für die Euphrat Staustufe Birecik unterhalb des Atatürk-Staudamms wurde im Jahr 2000 die antike Stadt Zeugma geopfert. Der Ilisu-Staudamm soll spätestens 2013 in Betrieb gehen. Dafür muss die alte Felsenstadt Hasankeyf überflutet werden.
"Seit 10.000 Jahren ist der Ort besiedelt und voll von kostbaren Monumenten. ... Dazu kommt, dass ... Hasankeyf ... davon lebt, von dieser einmaligen Verbundenheit von Natur und Kultur. Die Stadt ist ja in das Steilufer des Tigris reingehauen, mit einem Felsgang von der oberen Festung bis an den Fluss. Und ... das kann man nicht rekonstruieren."
Die türkische Regierung ist entschlossen, weiterhin alle Einsprüche zu ignorieren, so wie sie sich bisher von Widerständen nicht hat aufhalten lassen. Für sie ist das Staudamm-Projekt nach wie vor ein Sinnbild für Fortschritt, Unabhängigkeit und Wohlstand.
Fortschritt und Wohlstand versprach der türkische Staatspräsident Turgut Özal, als seine Regierung begann, das Wasser von Euphrat und Tigris zu stauen. Die beiden Ströme Mesopotamiens sollten auf türkischem Boden von ihrer Quelle bis zur Grenze nach Syrien und Irak in eine Kette von Staubecken umgebaut werden. In der ärmsten Provinz Südostanatolien sollte so eine blühende Landwirtschaft entstehen.
Am 25. Juli 1992 nahm Staatspräsident Özal den Atatürk Staudamm feierlich in Betrieb. Als erster und größter von 22 Dämmen ist er das Herzstück des Südostanatolienprojekts, kurz GAP. Zehn Jahre lang hatten die Bauarbeiten am drittgrößten Staudamm der Welt gedauert. Über 880 Quadratkilometer, erstreckt sich der künstliche See, das entspricht etwa der Größe Berlins. Auf der 300 Meter hohen Staumauer prangt in Riesenlettern das Motto des Republikgründers Kemal Atatürk:
"Glücklich ist, wer sich ein Türke nennen darf."
Ein Viertel des gesamten türkischen Strombedarfs wird nach amtlichen Angaben hier produziert – elf Milliarden Kilowattstunden im Jahr. Für den Bau wurden über 50.000 Menschen, hauptsächlich Kurden, umgesiedelt, ohne dass sie angemessen entschädigt worden wären, erklärt Heike Drillisch von "Gegenströmung", einer regierungsunabhängigen Initiative, die sich mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen von Staudämmen beschäftigt.
"Am Atatürk-Staudamm sind Zehntausende von Menschen umgesiedelt worden, beziehungsweise in vielen Fällen einfach vertrieben worden und dann erhielten sie so minimale Entschädigungen, dass ihnen nichts übrig blieb, als in den Slums der umliegenden Großstädte irgendwie zu überleben."
Profitiert haben einige wenige Großgrundbesitzer. Für die werden 1500 Quadratkilometer Land bewässert. In Tunneln wird das angestaute Wasser in die vormals karge Gegend von Sanliurfa und in die Harran-Ebene geleitet, sodass dort heute bis zu drei Baumwollernten möglich sind. Der ökologische Preis hierfür ist hoch, bilanziert der Journalist Mehmet Farac, der das Südostanatolien-Projekt von Beginn an verfolgt hat.
"Wir haben anfangs aus Unwissenheit zu viel gewässert. ... Schon eine Woche, nachdem das Wasser eingeleitet wurde, kam es in der Umgebung von Sanliurfa zu einer deutlichen Zunahme von Insekten und Schädlingen. Erste Malaria-Fälle traten auf. Dann begann es plötzlich mitten im Juli zu regnen. Das hatte es bisher noch nie gegeben. Und dann stieg die Luftfeuchtigkeit von fünf auf 40 Prozent. Das macht die Hitze unerträglich."
Nationale und internationale Proteste wuchsen. Immer wieder stockte der Weiterbau, vor allem als die internationalen Geldgeber ausstiegen. Deutschland, Österreich und die Schweiz zogen ihre Bürgschaften zurück, weil sie einen Krieg mit den Nachbarländern befürchteten. Mit ihren Staudämmen kann die Türkei dem Irak und Syrien buchstäblich das Wasser abdrehen. Auch Präsident Süleyman Dermirel, hielt am Kurs seines Vorgängers Özal fest.
"Wir haben das Recht, mit unserem Wasser zu tun oder zu lassen, was uns beliebt. Der Schnee, der auf unsere Berge fällt, gehört nicht den Arabern. Dieses Wasser ist unser Wasser."
Momentan ist dieser Konflikt beigelegt. Die Türkei garantiert Syrien in einem Abkommen eine Mindestmenge Euphratwasser. Doch gegen die Art, wie die Türkei mit ihrem kulturellen Erbe umgeht, hat sich ebenfalls internationaler Widerstand formiert, berichtet Heike Drillisch von "Gegenströmung". Für die Euphrat Staustufe Birecik unterhalb des Atatürk-Staudamms wurde im Jahr 2000 die antike Stadt Zeugma geopfert. Der Ilisu-Staudamm soll spätestens 2013 in Betrieb gehen. Dafür muss die alte Felsenstadt Hasankeyf überflutet werden.
"Seit 10.000 Jahren ist der Ort besiedelt und voll von kostbaren Monumenten. ... Dazu kommt, dass ... Hasankeyf ... davon lebt, von dieser einmaligen Verbundenheit von Natur und Kultur. Die Stadt ist ja in das Steilufer des Tigris reingehauen, mit einem Felsgang von der oberen Festung bis an den Fluss. Und ... das kann man nicht rekonstruieren."
Die türkische Regierung ist entschlossen, weiterhin alle Einsprüche zu ignorieren, so wie sie sich bisher von Widerständen nicht hat aufhalten lassen. Für sie ist das Staudamm-Projekt nach wie vor ein Sinnbild für Fortschritt, Unabhängigkeit und Wohlstand.