Archiv


"Die WADA ist unfair"

In der kommenden Woche diskutieren Vertreter des Internationalen Olympische Komitees (IOC) und der internationalen Sportverbänden über die Welt-Anti-Doping-Agentur. Die Sportfunktionäre fühlen sich durch die Kritik der WADA ungerecht behandelt.

Von Robert Kempe |
    In der Tat trat die Welt-Anti-Doping-Agentur in den letzten Monaten energischer gegenüber Sportverbänden auf und adressierte Missstände in deren Anti-Doping-Arbeit. In der Causa Armstrong ging man offen ins Gericht mit dem skandalumtosten Weltradsportverband UCI und seinem Präsidenten Pat McQuaid – Vizepräsident der olympischen Sommersportverbände. Im Fokus stand auch der Präsident der Vereinigung Francesco Ricci Bitti zugleich Chef des Tennisweltverbandes ITF. Denn im Training testet die ITF ihre Topathleten nur sehr selten. Doch im Sport hört man Kritik bekanntlich ungern. Die Äußerungen der WADA seien unfair gewesen, so Francesco Ricci Bitti.

    "Die WADA ist eine Organisation, die zu 50 Prozent von den Olympischen Verbänden und zu 50 Prozent von den Regierungen der Länder finanziert wird. Darüber hinaus aber geben die Verbände noch viel mehr für eigene Anti-Doping-Programme aus. Daher mag ich es überhaupt nicht, wenn der Sport zur Zielscheibe wird. Es gibt viel mehr Faktoren, die das System ineffektiv machen."

    Die Sportverbände kritisieren die WADA in ihrem Brief an IOC-Chef Rogge auch dafür, dass nur wenige Dopingsünder erwischt werden. In der Tat: Gut 250.000 Dopingkontrollen gibt es jährlich weltweit. Die Quote der Überführten liegt bei unter einem Prozent.

    Doch: Die WADA führt kaum Dopingkontrollen durch. Der Hauptteil liegt in der Verantwortung nationaler Anti-Doping-Organisationen. Die internationalen Sportverbände führen bis zu 15 Prozent der weltweiten Tests selbst durch. Die Auftraggeber – im Regelfall also nicht die WADA - bestimmen auch nach welchen Substanzen im Labor gesucht wird.

    Richard Pound, Gründungspräsident der Welt-Anti-Doping-Agentur, leitete zuletzt eine Arbeitsgruppe, die die Effektivität des Dopingkontrollsystems untersuchen sollte. Seinen Abschlussbericht stellte er neulich den WADA-Gremien vor. Pound kommt darin zu der wenig überraschenden Einschätzung, dass Sportverbände, das IOC und die WADA immer noch zu wenig tun um gewiefte Doper aus dem Verkehr zu ziehen. Auf die Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe angesprochen sagte Richard Pound dem WDR-Magazin sport-inside:

    "Die Hauptverantwortung bleibt bei den Sportverbänden selbst oder den Nationalen Organisationen. Die machen ganz klar keinen guten Job. Also wenn sie die Fälle von Cannabis-Konsum abziehen, dann werden heute weniger Doper überführt als 1985."

    1999 wurde die WADA gegründet um die Dopingbekämpfung von den Interessenskonflikten der Sportverbände zu befreien. Doch unabhängig kann die Agentur in deren Gremien Vertreter aus Politik und Sport sitzen, kaum agieren. Zudem wird im November ein neuer Präsident gewählt. Die WADA-Präsidentschaft wechselt zwischen Sport und Politik. John Fahey, ehemaliger australischer Finanzminister, wird abgelöst. Der neue Präsident kommt aus der olympischen Bewegung.
    Präsident Fahey erhielt bei der Sitzung des WADA-Stiftungsrats vor wenigen Tagen die Rückendeckung der Regierungsvertreter. Als ein Vertreter der Europäischen Union, sitzt der luxemburgische Sportminister Romain Schneider seit kurzem in diesem Gremium. Im Hinblick auf das Treffen am Dienstag habe man klar gemacht, dass man hinter der Position der WADA stehe, so Schneider.

    "Die einzelnen Staaten, dass sind insgesamt 15 gewesen, die einen Brief unterzeichnet haben, den die französische Sportministerin – Vertreterin im Exekutiv-Komitee auch bei der WADA - beim Präsidenten abgegeben hat. Wo sie noch einmal mit Nachdruck darauf hinweisen, dass die WADA ein starkes Instrument sein soll. Das zusammen von dem Sport-Movement und den Regierungen gefördert werden muss."

    Davon ist in den letzten Wochen wenig zu sehen. Der Alleingang des Sports zeigt: Der Kampf gegen Doping ist derzeit eher ein Kampf um Macht und Einfluss.