Bundesverfassungsgericht
Die Wahlrechtsreform und die Folgen - weshalb Linke und CSU geklagt haben

Die von der Ampel-Koalition eingeführte Reform des Bundeswahlgesetzes ist in Teilen verfassungswidrig. Das geht aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hervor, das bereits online einsehbar war. Ein Überblick über die Reform und das Urteil.

    Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichts
    Das Bundesverfassungsgericht (picture alliance / dpa / Uli Deck)

    Warum gibt es die Reform und was ist vorgesehen?

    Der Deutsche Bundestag ist in den vergangenen Wahlperioden immer voller geworden. Seine gesetzliche Größe liegt bei 598 Sitzen. Tatsächlich sind es zurzeit aber 736 Sitze, also 138 mehr als vorgesehen. Grund dafür sind die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate. Diese sorgten bisher immer dann für eine Vergrößerung des Bundestages, wenn Parteien über Direktmandate der Erststimmen mehr Sitze im Bundestag erlangten als ihnen eigentlich nach den Zweitstimmen zustanden.
    Die Ampel-Koalition stieß daher im vergangenen Jahr eine Gesetzesreform an, mit der unter anderem eine Verkleinerung des Bundestags auf dauerhaft 630 Abgeordnete erreicht werden soll. Dafür soll unter anderem auf Überhang- und Ausgleichsmandate verzichtet werden. Gestrichen wird auch die sogenannte Grundmandatsklausel. Sie besagt, dass Parteien, die drei oder mehr Direktmandate erringen, auf jeden Fall in den Bundestag einziehen, auch wenn sie weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten haben.
    Die Reform ist seit Juni 2023 in Kraft. Sie gilt bereits bei der nächsten Bundestagswahl im kommenden Jahr.

    Warum haben CSU und Linke geklagt?

    Mit der verabschiedeten Wahlrechtsreform mussten vor allem CSU und Linke um ihren Einzug in den Bundestag bangen. Die Linke hatte bei der Bundestagswahl 2021 bundesweit 4,9 Prozent erreicht und wäre damit an der Fünfprozenthürde gescheitert. Gleichzeitig holte die Partei aber drei Direktmandate und konnte dank der Grundmandatsklausel doch noch in den Bundestag einziehen.
    Die CSU kam bei der vergangenen Bundestagswahl auf 5,2 Prozent der Zweitstimmen - also nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde. Bei den Erststimmen gewann die CSU hingegen 45 Wahlkreise in Bayern. Der Einzug in den Bundestag wird durch die Reform also vor allem für kleinere und regionale Parteien erschwert.
    Beide Parteien hatten gegen die Reform geklagt. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sprach von einer "Wahlmanipulation". Linken-Politiker Gysi sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "In der jetzigen Form versucht die Ampel, das Wahlrecht so zu ändern, dass zwei Oppositionsparteien nach Hause geschickt werden - die CSU und die Linke."

    Wie geht es nach dem Urteil weiter?

    Nachdem das Gericht Änderungen verlangt hat, wird sich die Ampel-Koalition nach eigenen Angaben in der Lage sehen, diese noch vor der kommenden Wahl umzusetzen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Steffen, erklärte der Funke Mediengruppe, die Zeit sei zwar knapp, aber eine Anpassung der Reform noch durchführbar. Für die kommende Wahl könnte dies auch über eine Ersatzregelung erfolgen.
    Feste Fristen dafür, wie lange vor einem Wahltermin die Reform in Kraft sein muss, gibt es nicht. Nach bisheriger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts muss sie aber "so rechtzeitig abgeschlossen sein, dass sich die Parteien bei der Aufstellung ihrer Kandidaten auf die neue Rechtslage einstellen können". Nach Empfehlung des Bundeskabinetts soll die nächste Bundestagswahl am 28. September 2025 stattfinden.
    Diese Nachricht wurde am 30.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.