Schon 1972 hat Jorgen Randers, der heute auch dem Nachhaltigkeitsrat der British Telekom und des US-Konzerns Dow Chemical angehört, am ersten Bericht an den Club of Rome mit dem Titel die "Grenzen des Wachstums" mitgearbeitet. Damals wurde in dem viel beachteten Bericht an den informellen Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Wirtschaftsführern davor gewarnt, dass der Planet bereits in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts an seine physischen Grenzen geraten werde. Der neue Bericht – der im Mai bereits auf Englisch erschien - modifiziert das damalige Niedergangsszenario: Die Weltbevölkerung wird demnach nur auf 8,1 Milliarden Menschen – statt wie 1972 prognostiziert auf mehr als neun Milliarden - anwachsen und ab 2040 sogar schrumpfen. Außerdem setzt der norwegische Herausgeber neue Schwerpunkte: Die zunehmende Urbanisierung und vor allem die CO2-Emissionen, die im ersten Bericht noch so gut wie keine Rolle spielten. Jorgen Randers:
"We are now 40 years down the line climate gas emissions… …absorbed in the worlds oceans and forests.
"40 Jahre sind seitdem vergangen, und es ist offensichtlich, dass die Welt bereits das Limit überschritten hat. 1972 haben unsere Kritiker gesagt, die menschliche Gesellschaft wird nicht so dumm sein und die Welt in eine Situation der Nicht-Nachhaltigkeit bringen. Aber dort sind wir angekommen. Der einfachste Beweis: Heute wird doppelt so viel Treibhausgas emittiert, wie die Ozeane und Wälder absorbieren können."
Randers und seine Koautoren – wie etwa Thomas Gladwin, US-amerikanischer Professor für Nachhaltigkeitsmanagement beschreiben ein Bedrohungsszenario.
"Die Welt wird ein sehr gefährlicher Ort sein. Der Globale Norden wird Billionen von Dollar in Sicherheitsmaßnahmen investieren, um unerwünschte Einwanderung zu verhindern und sich gegen die Bedrohung durch kriminelle Banden und Terroristen zu wappnen."
Der Bericht, das ist eine seiner großen Schwächen, ist vor allem aus dem Blickwinkel des Nordens geschrieben. Randers bemüht zwar verschiedenen Regionalanalysen und unterscheidet dabei zwischen Europa, den USA, den Schwellenländern, China und den sogenannten Entwicklungsländern. Neben Jorgen Randers kommen jedoch in den zu zahlreichen Einzelaspekten eingeschobenen Unterkapiteln fast ausschließlich westliche Wissenschaftler und, auch das ist neu gegenüber dem Bericht von 1972, zahlreiche Unternehmensberater zu Wort. Klimawandel und Armut benennen sie einhellig als die bedeutendsten Probleme der Zukunft. Bei den Lösungsansätzen verheddern sie sich jedoch in Widersprüche. So singen etwa mehrere Autoren ein Loblied auf soziale und ökologische Unternehmensverantwortung, während ausgerechnet der Investmentmanager Carlos Joly, der schon für verschiedene Fonds in Europa und als UN-Berater gearbeitet hat, damit abrechnet.
"Soziale Verantwortung der Unternehmen, verantwortliche Kapitalanlagen, freiwillige Ökoeffizienz, Emissionshandel und romantisierender Umweltschutz werden für die gewaltige Klimaherausforderung keine Lösung bringen, genauso wenig wie der Globale Pakt der vereinten Nationen, die Agenda 21 und die Millenniums-Entwicklungsziele für die Armut auf der Welt […]. Freiwillige Selbstregulierung der Märkte ist ein gescheitertes Dogma der 1990er und 2000er Jahre."
Jorgen Randers selbst nimmt dabei eine Zwitterposition ein. Nachhaltigkeitsrhetorik allein reicht ihm offensichtlich nicht, er stellt auch konkrete Forderungen an den reichen Norden.
"Bauen Sie in den armen Ländern ein Energiesystem mit geringen Treibhausgasemissionen auf – bezahlt von der reichen Welt."
Randers betont zu Recht immer wieder, dass es bei solchen Forderungen vor allem ein Problem zu überwinden gilt: Das kurzfristige Denken in der Politik.
"Stärken Sie die Fähigkeit, global schnell zu handeln. Anstrengungen, die Lebensbedingungen unserer Enkel zu verbessern, müssen beschleunigt werden. Mit anderen Worten: Wir müssen eine Lösung für die extreme Kurzsichtigkeit im Kapitalismus und in der Demokratie finden, um ein System zu installieren, das die langfristigen Herausforderungen meistern kann."
In einem Beitrag für den Berliner Tagesspiegel vom vergangenen Juni sprach Jorgen Randers von einem, Zitat, "wohlwollenden Diktator", mit dessen Hilfe er die Kurzfristigkeit der Politik überwinden möchte. Das hat ihm damals einige kritische Kommentare eingebracht, die ihn als Gegner der Demokratie geißelten. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Denn seine Kritik an der Demokratie bezieht sich nicht darauf, dass ihr parlamentarisch-repräsentatives System längst von einer starken Liäson zwischen Wirtschaft und Politik unterhöhlt ist. Für Randers sind hingegen, so schreibt er in seinem Buch, die Wähler das Problem – und die Politiker ihre getriebenen Opfer.
"Der Handlungsspielraum der Politiker ist durch die Kurzsichtigkeit der Wähler stark eingeschränkt. […] Die einzigen politischen Institutionen, die ihren Wählern eine vorausschauende Politik aufzwingen konnten, sind die Europäische Union und die Kommunistische Partei Chinas. Wahrscheinlich liegt es daran, dass beide nicht so direkt der demokratischen Kontrolle unterstehen wie die meisten Politiker."
Die Reaktion auf die englischsprachige Ausgabe im Mai hat bereits deutlich gemacht: Der Bericht erregt heute lang nicht mehr so große Aufmerksamkeit wie sein Vorgänger. Vielleicht ist das einer Verweigerungshaltung geschuldet, sich mit den wichtigen Problemen der Menschheit zu befassen. Vielleicht ist es aber auch, dem Buch selbst zuzuschreiben. Es appelliert zwar an die Moral und erstellt einige nachdenkliche Prognosen, erscheint aber ansonsten wie ein Selbstbedienungsladen, in dem scheinbar für jeden etwas dabei ist: für den Manager, der seinen Konzern mit Nachhaltigkeitssiegeln schmücken will bis hin zum radikalen Umweltschützer, der sich in seiner Kapitalismuskritik bestätigt sieht. Mehr Entschiedenheit und inhaltliche Auseinandersetzung auch unter den Autoren hätte dem Bericht sicher nicht geschadet.
Jorgen Randers: "2052. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre". Oekom Verlag München, 432 Seiten, 24,95 Euro.
"We are now 40 years down the line climate gas emissions… …absorbed in the worlds oceans and forests.
"40 Jahre sind seitdem vergangen, und es ist offensichtlich, dass die Welt bereits das Limit überschritten hat. 1972 haben unsere Kritiker gesagt, die menschliche Gesellschaft wird nicht so dumm sein und die Welt in eine Situation der Nicht-Nachhaltigkeit bringen. Aber dort sind wir angekommen. Der einfachste Beweis: Heute wird doppelt so viel Treibhausgas emittiert, wie die Ozeane und Wälder absorbieren können."
Randers und seine Koautoren – wie etwa Thomas Gladwin, US-amerikanischer Professor für Nachhaltigkeitsmanagement beschreiben ein Bedrohungsszenario.
"Die Welt wird ein sehr gefährlicher Ort sein. Der Globale Norden wird Billionen von Dollar in Sicherheitsmaßnahmen investieren, um unerwünschte Einwanderung zu verhindern und sich gegen die Bedrohung durch kriminelle Banden und Terroristen zu wappnen."
Der Bericht, das ist eine seiner großen Schwächen, ist vor allem aus dem Blickwinkel des Nordens geschrieben. Randers bemüht zwar verschiedenen Regionalanalysen und unterscheidet dabei zwischen Europa, den USA, den Schwellenländern, China und den sogenannten Entwicklungsländern. Neben Jorgen Randers kommen jedoch in den zu zahlreichen Einzelaspekten eingeschobenen Unterkapiteln fast ausschließlich westliche Wissenschaftler und, auch das ist neu gegenüber dem Bericht von 1972, zahlreiche Unternehmensberater zu Wort. Klimawandel und Armut benennen sie einhellig als die bedeutendsten Probleme der Zukunft. Bei den Lösungsansätzen verheddern sie sich jedoch in Widersprüche. So singen etwa mehrere Autoren ein Loblied auf soziale und ökologische Unternehmensverantwortung, während ausgerechnet der Investmentmanager Carlos Joly, der schon für verschiedene Fonds in Europa und als UN-Berater gearbeitet hat, damit abrechnet.
"Soziale Verantwortung der Unternehmen, verantwortliche Kapitalanlagen, freiwillige Ökoeffizienz, Emissionshandel und romantisierender Umweltschutz werden für die gewaltige Klimaherausforderung keine Lösung bringen, genauso wenig wie der Globale Pakt der vereinten Nationen, die Agenda 21 und die Millenniums-Entwicklungsziele für die Armut auf der Welt […]. Freiwillige Selbstregulierung der Märkte ist ein gescheitertes Dogma der 1990er und 2000er Jahre."
Jorgen Randers selbst nimmt dabei eine Zwitterposition ein. Nachhaltigkeitsrhetorik allein reicht ihm offensichtlich nicht, er stellt auch konkrete Forderungen an den reichen Norden.
"Bauen Sie in den armen Ländern ein Energiesystem mit geringen Treibhausgasemissionen auf – bezahlt von der reichen Welt."
Randers betont zu Recht immer wieder, dass es bei solchen Forderungen vor allem ein Problem zu überwinden gilt: Das kurzfristige Denken in der Politik.
"Stärken Sie die Fähigkeit, global schnell zu handeln. Anstrengungen, die Lebensbedingungen unserer Enkel zu verbessern, müssen beschleunigt werden. Mit anderen Worten: Wir müssen eine Lösung für die extreme Kurzsichtigkeit im Kapitalismus und in der Demokratie finden, um ein System zu installieren, das die langfristigen Herausforderungen meistern kann."
In einem Beitrag für den Berliner Tagesspiegel vom vergangenen Juni sprach Jorgen Randers von einem, Zitat, "wohlwollenden Diktator", mit dessen Hilfe er die Kurzfristigkeit der Politik überwinden möchte. Das hat ihm damals einige kritische Kommentare eingebracht, die ihn als Gegner der Demokratie geißelten. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Denn seine Kritik an der Demokratie bezieht sich nicht darauf, dass ihr parlamentarisch-repräsentatives System längst von einer starken Liäson zwischen Wirtschaft und Politik unterhöhlt ist. Für Randers sind hingegen, so schreibt er in seinem Buch, die Wähler das Problem – und die Politiker ihre getriebenen Opfer.
"Der Handlungsspielraum der Politiker ist durch die Kurzsichtigkeit der Wähler stark eingeschränkt. […] Die einzigen politischen Institutionen, die ihren Wählern eine vorausschauende Politik aufzwingen konnten, sind die Europäische Union und die Kommunistische Partei Chinas. Wahrscheinlich liegt es daran, dass beide nicht so direkt der demokratischen Kontrolle unterstehen wie die meisten Politiker."
Die Reaktion auf die englischsprachige Ausgabe im Mai hat bereits deutlich gemacht: Der Bericht erregt heute lang nicht mehr so große Aufmerksamkeit wie sein Vorgänger. Vielleicht ist das einer Verweigerungshaltung geschuldet, sich mit den wichtigen Problemen der Menschheit zu befassen. Vielleicht ist es aber auch, dem Buch selbst zuzuschreiben. Es appelliert zwar an die Moral und erstellt einige nachdenkliche Prognosen, erscheint aber ansonsten wie ein Selbstbedienungsladen, in dem scheinbar für jeden etwas dabei ist: für den Manager, der seinen Konzern mit Nachhaltigkeitssiegeln schmücken will bis hin zum radikalen Umweltschützer, der sich in seiner Kapitalismuskritik bestätigt sieht. Mehr Entschiedenheit und inhaltliche Auseinandersetzung auch unter den Autoren hätte dem Bericht sicher nicht geschadet.
Jorgen Randers: "2052. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre". Oekom Verlag München, 432 Seiten, 24,95 Euro.