Mögliche FPÖ-Regierung
Die wichtige Rolle des österreichischen Bundespräsidenten bei der Regierungsbildung

Nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche zwischen der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ und zuvor auch mit den liberalen Neos in Österreich steht jetzt eine Koalition unter der rechten FPÖ im Raum. Warum der Bundespräsident hierbei eine wichtige Rolle spielt.

    Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen
    Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Archivbild). (IMAGO / Andreas Stroh )
    Staatschef Van der Bellen erklärte, nach dem Aus der Koalitions-Gespräche und dem angekündigten Rückzug des bisherigen Kanzlers und ÖVP-Chefs Nehammer, dass er sich zum Start der neuen Woche mit FPÖ-Chef Kickl treffen werde. Die rechte Partei war bei der vergangenen Wahl zwar stärkste Kraft geworden, Van der Bellen hatte allerdings nicht, wie sonst üblich, die stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt, sondern die zweitplatzierte ÖVP.
    In den Sondierungsgesprächen habe sich bestätigt, dass niemand mit der FPÖ unter Parteichef Kickl koalieren wolle, erklärte Van der Bellen im Oktober. Die Parteichefs von ÖVP und SPÖ hätten dem Präsidenten erklärt, dass sie aus Sorge um die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht mit der FPÖ regieren wollten, ergänzte Van der Bellen. Sie hätten auch die Moskau-freundliche Haltung der FPÖ, die fehlende Abgrenzung zu Rechtsextremen und die Bedenken ausländischer Geheimdienste als Gründe genannt. Nun erklärte der Bundespräsident, die Stimmen in der ÖVP gegen eine Koalition mit der FPÖ seien inzwischen leiser geworden.

    Regierungsbildung in Österreich: Wichtige Rolle des Bundespräsidenten

    In Österreich komme dem Bundespräsidenten eine etwas aktivere Rolle bei der Regierungsbildung zu als in Deutschland, sagt Wien-Korrespondentin Silke Hahne im Deutschlandfunk. Normalerweise sei es so, dass dieser nach Gesprächen mit den Parteien einen Auftrag zur Regierungsbildung vergebe. Das sei aber nicht zwingend. Die Parteien könnten auch an ihm vorbei eine Parlamentsmehrheit bilden und ihn dann darüber informieren. Das habe es in Österreich auch schon gegeben.
    Bei der Ernennung des Bundeskanzlers sei der Präsident "verfassungsmäßig völlig frei", heißt es auf dem Internetauftritt des Bundespräsidenten - und könnte also theoretisch jede Person mit der Regierungsbildung beauftragen, die zum Nationalrat wählbar ist. Dies dürfte in der Praxis allerdings nicht vorkommen, da das Parlament der Regierung jederzeit das Misstrauen aussprechen könnte und der Bundespräsident sie daraufhin des Amtes entheben müsste. Daher hätten bisher alle Bundespräsidenten die Mehrheitsverhältnisse im Parlament in ihre Überlegungen bei der Ernennung des Bundeskanzlers einfließen lassen.
    Diese Nachricht wurde am 05.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.