28. Februar 2024
Die Wirtschaftspresseschau

Erneut kommentiert wird die umstrittene Wahl der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy.

Porträt von Prof. Dr. Veronika Grimm, Mitglied der Wirtschaftsweisen.
Veronika Grimm, Mitglied der Wirtschaftsweisen, offiziell genannt "Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung" (picture alliance / Flashpic / Jens Krick)
"Solche Doppelposten haben immer ein gewisses Geschmäckle", schreibt die TAZ:
"Zugegeben: Rein juristisch gesehen ist es Grimms gutes Recht, den Aufsichtsratsposten anzunehmen. Es ist auch menschlich nachvollziehbar, dass sie den mit jährlich 120.000 Euro dotierten Job angenommen hat. Und das Sachverständigenratsgesetz verbietet den Gremienmitgliedern Aufsichtsratsposten nicht. Insofern liegt der Ball jetzt beim Gesetzgeber. Er hat die klare Aufgabe, das Gesetz zu ändern und künftige Interessenskonflikte zu verhindern."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG heißt es:
"Absurd ist die Behauptung konservativer Politiker, die Weisenmehrheit wolle Grimm über das Siemens-Energy-Thema herausdrängen, weil sie als Einzige die Politik der Regierung kritisiere. Sie stilisieren Grimm zur Märtyrerin, weil ihnen die neue Meinungspluralität des Weisengremiums gegen den Strich geht. Jahrzehntelang argumentierte die Mehrheit der Sachverständigen schematisch konservativ-marktliberal für Schuldenbremsen und gegen Mindestlöhne. Seit einigen Jahren ist der Rat erfrischend weniger ausrechenbar und argumentiert mehr an der Sache entlang. Mal will er Reiche wegen der Energiekrise einen stärkeren Beitrag leisten lassen, schlägt aber gleichzeitig pragmatisch vor, die Atomkraftwerke etwas länger laufen zu lassen. Dass der Rat nun lieber ökonomisch als schematisch argumentiert, ist ein Fortschritt. Insofern befanden sich die Weisen auf einem guten Weg, ein wertvolleres Beratergremium zu werden – bis zum Siemens-Eklat."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG blickt auf die Arbeitsmarktpolitik und vermisst dabei den Fokus auf die Wirtschaft:
"Seit eineinhalb Jahrzehnten läuft es so: Ob Mindestlohnerhöhung und Arbeitszeitbürokratie, Werkvertrags- und Zeitarbeitsverbote oder steigende Abgabenlasten - kein Protest Betroffener kann die dominierende Verbots- und Regulierungspolitik erschüttern; allenfalls wurden belastete Betriebe hier und da mit staatlichen Fördermitteln beruhigt. Nur, so hält man das Ladensterben in den Innenstädten und den Abbau einfacher Einstiegsarbeitsplätze nicht auf. Aber was tut Arbeitsminister Heil? Er stellt gerade bedauernd fest, dass die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen hierzulande noch nicht so laufe wie erhofft. Es brauche eben Zeit, bis die beschlossenen Förderrezepte wirkten. Und bis dahin? Er ruft Unternehmen auf, bitte mehr Flüchtlinge einzustellen und ihr Potential zu nutzen. Die Rückkehr zu einer Politik, die sich auch für Chancen und Potentiale der Unternehmen interessiert, steht weiterhin aus."