Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm meint: "Die Welt des globalen, regelbasierten Freihandels endet stückchenweise. Schon unter Bidens Vorgänger Donald Trump hatten die USA als jahrzehntelanger Champion des Freihandels den Rückwärtsgang eingelegt. In Folge des Ukraine-Kriegs mehren sich auch in Europa die Stimmen, die den Handel mit China einschränken und bislang in der Volksrepublik hergestellte Güter wieder in Europa produzieren wollen – aus Sorge vor einem möglichen Angriff Chinas auf Taiwan. So zeichnen sich drei – USA, Europa, China – Handelsplätze mit jeweils einem eigenen Wirtschaftskreislauf ab, wo es vorher nur einen gab. All das macht die deutschen Absatzmärkte kleiner und die Produktionsbedingungen teurer."
Die WIRTSCHAFTSWOCHE schreibt über günstige Versandhändler aus China wie Temu und Shein: "Die Geschwindigkeit, mit der sie vorgehen, ist bemerkenswert: Täglich werden Tausende neuer Produkte angeboten. Temu ist innerhalb von zwei Jahren in mehr als 60 Länder expandiert. Shein reagiert auf seiner Webseite in Echtzeit auf die Nachfrage: Bei hohem Interesse produziert das Unternehmen die gefragten Artikel direkt nach. Mit diesem Modell fluten die asiatischen Anbieter Europa derzeit mit Paketen. Dabei profitieren sie insbesondere von einer Regelung: Derzeit müssen für Päckchen unter einem Warenwert von 150 Euro bei der Einfuhr keine Zollgebühren bezahlt werden. Billig-Händlern wie Temu und Shein, die diesen Wert nur selten überschreiten, kommt das zugute – während der deutsche Staat und die anderen europäischen Länder Millionen verlieren und der Einzelhandel unter den nicht zu unterbietenden Preisen ächzt. Jetzt will die EU eingreifen und die 150-Euro-Zollfreigrenze abschaffen."
Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bleibt der Aufschwung am Standort Deutschland aus: "Zigfach angekündigt, aber noch immer nicht gekommen - der ausbleibende Konjunkturaufschwung in Deutschland erinnert an das Warten auf Godot in Samuel Becketts berühmten Theaterstück. Der im Mai nur stagnierende Ifo-Index passt in dieses Bild: Volkswirte sind überrascht und erwarten stärkeres Wachstum nun erst im zweiten Halbjahr. Der Grund für die Hängepartie sind die privaten Verbraucher. Verunsichert durch Corona, Krieg und Inflation nutzen die Deutschen ihre deutlich steigenden Realeinkommen nicht für Urlaube, Restaurantbesuche oder Autokäufe. Sie bunkern ihr Geld lieber und treiben die in Deutschland ohnehin traditionell hohe Sparquote auf fast 15 Prozent - das ist so viel wie zuletzt in der Hochphase der Pandemie."