28. Juni 2024
Die Wirtschaftspresseschau

Thema in den Kommentaren ist das Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe zu Werbung mit dem Begriff "klimaneutral".

Verschiedene Artikel, wie Toffifee und Katjes liegen auf dem Kassenband eines Supermarktes in Deutschland.
Der Fruchtgummihersteller Katjes hatte in einer Fachzeitung mit der Aussage geworben, das Unternehmen produziere seit 2021 alle Produkte klimaneutral. (dpa / picture alliance / Michael Piepgras)
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU notiert:
"Die Führung des Süßigkeiten-Herstellers Katjes ist mit dem Anzeigenspruch 'seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral' gewaltig auf die Nase gefallen. Der BGH hat dem Unternehmen eine solche pauschale, nicht mit genauen Informationen unterfütterte Werbung untersagt. Für den fairen Wettbewerb und den Verbraucherschutz ist das Urteil wichtig. Denn die Kundschaft sollte in der Tat bei den vielen Anbietern angeblich klimafreundlicher Produkte und Dienstleistungen erkennen können, ob Emissionen tatsächlich reduziert oder nur nachträglich 'kompensiert' wurden. Das kann durchaus Kaufentscheidungen beeinflussen."
"Fakt ist: Katjes hat mit dem Werbeclaim Verbraucher an der Nase herumgeführt", heißt es in der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG:
"Reduktion und Kompensation sind schließlich zwei verschiedene Dinge. Und es genügt nicht, sich – wie Katjes – hinter der Erklärung zu verstecken, Verbraucher wüssten, dass mit dem Versprechen auch Ausgleichszahlungen gemeint sein können. Eine fadenscheinige Behauptung."
"Werbung sollte klar und verständlich sein", findet die STUTTGARTER ZEITUNG:
"Letztlich geht es doch um die Frage: Wo endet Ökomarketing – und wo beginnt Greenwashing, also dass Produkte umweltfreundlicher dargestellt werden, als sie eigentlich sind? Das Urteil bedeutet einen wichtigen Schritt hin zu mehr Transparenz und trifft auch andere Branchen und Unternehmen."
"Gerade der Begriff 'klimaneutral' wird im Marketing inflationär gebraucht", kritisiert die Zeitung ND.DER TAG:
"Bei Katjes und vielen anderen ist die Produktion aber keineswegs emissionsfrei. Sie bezahlen für Kompensationsprojekte, die ziemlich in Verruf geraten sind, da die Klimaschutzwirkung oft nur auf dem Papier steht. Daher ist es gut, wenn der Verbraucher mehr erfährt. Noch besser wäre es, wenn der Gesetzgeber dem einen Riegel vorschieben würde und dem gummiartigen Begriff eine feste Definition verordnet."
"Mehr Transparenz kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die sogenannte Kompensation von Treibhausgas manchmal Zauberei ähnelt", gibt die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg zu bedenken:
"So ist es üblich, heutige Emissionen in Nordeuropa mit Abgaseinsparung in Südafrika zu verrechnen, die dort in Zukunft stattfinden soll. Ob das über große räumliche und zeitliche Entfernungen funktioniert, weiß niemand. Die Vermeidung von Treibhausgas muss vor allem hier stattfinden. Die Menge lässt sich nicht einfach durch Ausgleich neutralisieren – man muss sie verringern."