Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG wirkt die Zinssenkung fast wie inszeniert:
"Unmittelbar vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank für Oktober korrigiert das europäische Statistikamt Eurostat die September-Inflationsraten für einzelne Euroländer und den Euroraum als Ganzes nach unten. Bei 1,7 Prozent lag die Inflationsrate jetzt nur noch, also doch deutlich unterhalb des EZB-Ziels von zwei Prozent. Auch wenn es wichtig ist, eine Rückkehr der Inflationswelle zuverlässig auszuschließen, scheint der Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte nach unten aktuell angemessen. Nur: Ein gutes Zeichen ist er nicht. Die niedrige Inflationsrate reflektiert nicht nur den Rückgang der Preise für Energie auf Jahressicht, die trotzdem noch nicht billig ist. Die niedrige Rate speist sich auch zu Teilen aus der Wirtschaftsflaute."
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER analysiert die Auswirkungen der neuen Geldpolitik für die Bundesrepublik:
"Die deutsche Wirtschaftsleistung schrumpft. Die Staatsbank KfW hat eben erst gemeldet, dass die Neuvergabe von Krediten an Unternehmen weiter zurückgeht und dass bis zum Jahresende bei den Investitionsausgaben der Firmen kaum Impulse zu erwarten sind. Die Probleme, die dahinterliegen, sind vielfältig: Bürokratie und Fachkräftemangel, natürlich das extrem dicke Brett der Transformation in Richtung Klimaneutralität nebst hohen Energiepreisen. Die Ampelregierung hat hier viele überraschende Haken geschlagen, die nicht die Wirtschaft, sondern deren Verunsicherung gefördert haben. Doch bei genauerer Betrachtung fehlt es in Europa nicht nur Deutschland an wirtschaftlicher Kraft. Ökonomen befürchten inzwischen tektonische Verschiebungen im gesamten Euro-Raum. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert, dass die Staatsschulden Italiens 2025 wieder über die Schwelle von 140 Prozent gemessen am nationalen Bruttoinlandsprodukt steigen. Für Frankreich werden mehr als 110 Prozent erwartet – erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent."
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder unterstreicht, dass die strukturellen Probleme hierzulande durch die Zinssenkung nicht gelöst seien:
"Die Hausaufgaben für die Bundesregierung bleiben ebenso groß wie unerledigt: Bürokratiekosten abbauen, Lohnnebenkosten senken und die marode Infrastruktur auf Vordermann bringen. Die Zinssenkung kann hier eine Hilfe sein, aber nicht die Lösung."