28. November 2024
Die Wirtschaftspresseschau

In den Wirtschaftskommentaren der Zeitungen geht es einmal mehr um Volkswagen - allerdings diesmal nicht um Werkschließungen und Stellenabbau, sondern um den Verkauf des Werks in der chinesischen Provinz Xinjiang, das wegen Menschenrechtsverstößen in der Region umstritten war.

Eine Metallabsperrung versperrt die Einfahrt zum Werk von Volkswagen im westchinesischen Urumqi (Xinjiang).
Das VW-Werk in Urumqi in China, das Foto ist aus dem Jahr 2014. (picture alliance / dpa / Stephan Scheuer)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG spricht von einem überfälligen Schritt:
"Jetzt geben VW und sein chinesischer Partner SAIC das Werk in Urumtschi an einen anderen einheimischen Investor ab, ebenso eine Teststrecke in der Region. Wirtschaftlich ist das kaum bedeutend, und für die Handvoll Uiguren, die dort arbeitet, könnte sich die Lage unter dem neuen Eigner sogar verschlechtern. Trotzdem: Mit der Präsenz vor Ort haben sich die Wolfsburger zum Feigenblatt gemacht und der Kommunistischen Partei Argumente geliefert, wonach Missstände in Xinjiang nur Propaganda des Westens sind. BASF ist aus dem Gebiet abgezogen, VW musste folgen."
Das HANDELSBLATT kommentiert:
"Dass VW nach dem Chemiekonzern BASF nun seine Aktivitäten in Xinjiang aufgibt, dürfte vor allem auf den wachsenden Druck der Investoren zurückzuführen sein. Erste Fondsgesellschaften hatten die Aktie von VW bereits aus ihren Nachhaltigkeitsfonds gestrichen. Langfristig wäre auch der politische Druck auf VW weiter gewachsen, insbesondere auf dem für den Konzern wichtigen US-Markt. Für Trump und seine Leute – die ohnehin kritisch auf die große Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China blicken – hätte VWs Engagement in Xinjiang eine große Angriffsfläche geboten."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt zur Entscheidung von Volkswagen:
"Alles hat rein 'wirtschaftliche Gründe'. Wer’s glaubt. Als das Werk geplant wurde, ahnte in Wolfsburg noch niemand von dem kulturellen Genozid, den Peking in wenigen Jahren lostreten würde. Auch später gaben sich die Volkswagenspitzen immer ahnungslos, wenn sie von westlichen Medien darauf angesprochen wurden. Rückgrat war bei Volkswagen schon immer Mangelware, wenn man sich das historische Erbe voller Menschenrechtsverletzungen anschaut."
Und die FRANKFURTER RUNDSCHAU bemerkt:
"Dass VW nun aus dem Engagement herauskommt, hat mit dem Druck des Kapitalmarkts zu tun. Der Indexanbieter MSCI versah VW zeitweise mit einer Warnung. Aus VW-Sicht war das mehr als ein Makel und zwang zu Veränderung. Die gibt es nun, und das ist ein Erfolg der öffentlichen Debatte. Allerdings darf man bezweifeln, dass irgendein Uigure etwas davon hat. Im Gegenteil: Ohne den weltweiten Fokus auf VW wird es wohl noch stiller werden um das Leben im Polizeistaat."