10. Dezember 2024
Die Wirtschaftspresseschau

Kommentiert wird der Stahlgipfel von Bundeskanzler Scholz mit Branchenvertretern, Betriebsräten und Gewerkschaften.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M) empfängt Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte der Stahlbranche zu einem Branchengespräch im Bundeskanzleramt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M) bei einem Treffen mit Branchenvertretern der deutschen Stahlindustrie in Berlin. (Kay Nietfeld / dpa / Kay Nietfeld)
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vermutet:
"Der Plausch im Kanzleramt war in erster Linie eine Wahlkampfveranstaltung. Die Gäste werden trotzdem gerne gehört haben, dass Scholz Unterstützung gelobte. Erfreulich und sinnvoll ist etwa das Versprechen, beim Thema Wasserstoff pragmatisch zu sein. Die Stahl- oder auch die Chemieindustrie sollen in den kommenden Jahren Erdgas, Kohle und Öl aus den Fabriken verbannen und ihre Produkte stattdessen mithilfe von klimafreundlich erzeugtem – sogenanntem grünen – Wasserstoff herstellen. Dafür müssen allerdings zunächst Pipelines, Importterminals, Speicher und Maschinen gebaut werden. Hier geht es in Deutschland und überhaupt in Europa viel zu langsam voran."
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU findet:
"Das Sterben der deutschen Stahlindustrie tut weh. Klangvolle Namen wie Hoesch, Klöckner und Mannesmann sind verschwunden, weitere könnten folgen. Vor allem die Zukunft von Thyssenkrupp ist ungewiss. Der Essener Konzern hat die Konsolidierung jahrelang vorangetrieben, inzwischen aber ist er selbst ein Sanierungsfall. Der Mutterkonzern will das Stahlgeschäft loswerden, allein allerdings gilt die Sparte als kaum überlebensfähig. Stahl in Deutschland leidet an Überkapazitäten, hohen Energiepreisen und ausländischer Billigkonkurrenz. Eine weitere Konsolidierung der Branche ist unvermeidbar."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG argumentiert:
"Deutschland muss zwar vielleicht nicht jede Industrie im Land halten, aber der deutsche Stahl hat eine Zukunft. Er muss sie sogar haben, Stichwort: Zeitenwende. Die Rüstungsindustrie, das sieht auch Noch-Kanzler Olaf Scholz so, muss sich unabhängig von anderen Ländern auf heimisch produzierten Stahl verlassen können. Außerdem sehen Wirtschaftsexperten im Maschinen- und Anlagenbau sogar noch Wachstumspotenzial, genau in den Branchen also, die ebenfalls auf Stahl angewiesen sind."
Die WIRTSCHAFTSWOCHE ist sich sicher:
"Um die Lage der Stahlindustrie zu verbessern, gibt es viel zu tun – auch für die Unternehmen selbst. Niedrigere Netzentgelte werden vor allem den Stahl bei Thyssenkrupp kurzfristig nicht retten. Sie wären aber wichtig für die anderen Unternehmen, die schon jetzt von den Strompreisen abhängig sind. Deshalb sollte sich die Union hier durchringen, auf die rot-grünen Vorschläge einzugehen, noch vor der heißen Phase des Wahlkampfs. Diesen Teilerfolg kann die Union Scholz auch locker gönnen. Denn um sich als oberster Stahlkocher profilieren zu können, dafür ist Scholz’ Pose auch mit einem Zuschuss zu den Netzentgelten zu unglaubwürdig."