Ein Umweltschützer, der sich oft wie ein einsamer Rufer in der Wüste fühlt:
"Hier gab es immer eine traditionelle Landwirtschaft, mit Gerste in den Tälern und Wein und Kaktusfeigen an den Hängen. Aber das war nicht so rentabel wie die Gewächshäuser. Heute will jeder reich werden. Mit fünf Ernten im Jahr oder mit der Bodenspekulation. Jeder interessiert sich nur für Geld - und der Rest ist egal."
Und ein Bürgermeister, der in der Wüste nach Wirtschaft und Entwicklung ruft:
"Die Desertifikation erschreckt uns nicht. Wir sind diese Trockenheit gewohnt. Mit Hilfe der EU und der spanischen Regierung ist in Carboneras die Meerwasserentsalzungsanlage gebaut worden. Das Mittelmeer vor unserer Haustür müssen wir nutzen. Dafür gibt es den menschlichen Erfindungsgeist, die Technologie und die Wirtschaft."
Werbespots des spanischen Umweltministeriums gegen das unachtsame Grillen, gegen die Vernichtung von tausenden Hektar Land durch Waldbrände sieht man auch in diesem Jahr tagtäglich im Fernsehen. Der Sommer 2006 beschert Spanien wieder eine historische Dürre - die dritte in Folge. Ein Hinweis darauf, dass die Versteppung im Süden Europas weiter um sich greift. Am schlimmsten auf der Iberischen Halbinsel. Der weltweite Klimawandel spielt zwar ein Rolle - grandiose Wasserverschwendung, die oft absichtlich gelegten Brände und gigantische Bauprojekte sind aber hausgemachte Gründe. Die Folge: Verödung ganzer Landstriche, die so genannte Desertifikation.
Und so mag man der lärmenden Baustelle vor dem "Zentrum für Desertifikationsforschung" in Valencia einen gewissen symbolischen Charakter zubilligen. Die wichtigste Forschungseinrichtung Spaniens widmet sich den Ursachen der zerstörerischen Wüstenbildung seit Juan Luis Rubio sie gegründet hat. Auf ihn hört man nicht gerne, denn seine Botschaft ist ernüchternd: Ein Drittel Spaniens sei inzwischen ernsthaft von der Wüstenbildung bedroht, 10 Prozent der spanischen Erde schon jetzt verloren.
"Hier gab es immer eine traditionelle Landwirtschaft, mit Gerste in den Tälern und Wein und Kaktusfeigen an den Hängen. Aber das war nicht so rentabel wie die Gewächshäuser. Heute will jeder reich werden. Mit fünf Ernten im Jahr oder mit der Bodenspekulation. Jeder interessiert sich nur für Geld - und der Rest ist egal."
Und ein Bürgermeister, der in der Wüste nach Wirtschaft und Entwicklung ruft:
"Die Desertifikation erschreckt uns nicht. Wir sind diese Trockenheit gewohnt. Mit Hilfe der EU und der spanischen Regierung ist in Carboneras die Meerwasserentsalzungsanlage gebaut worden. Das Mittelmeer vor unserer Haustür müssen wir nutzen. Dafür gibt es den menschlichen Erfindungsgeist, die Technologie und die Wirtschaft."
Werbespots des spanischen Umweltministeriums gegen das unachtsame Grillen, gegen die Vernichtung von tausenden Hektar Land durch Waldbrände sieht man auch in diesem Jahr tagtäglich im Fernsehen. Der Sommer 2006 beschert Spanien wieder eine historische Dürre - die dritte in Folge. Ein Hinweis darauf, dass die Versteppung im Süden Europas weiter um sich greift. Am schlimmsten auf der Iberischen Halbinsel. Der weltweite Klimawandel spielt zwar ein Rolle - grandiose Wasserverschwendung, die oft absichtlich gelegten Brände und gigantische Bauprojekte sind aber hausgemachte Gründe. Die Folge: Verödung ganzer Landstriche, die so genannte Desertifikation.
Und so mag man der lärmenden Baustelle vor dem "Zentrum für Desertifikationsforschung" in Valencia einen gewissen symbolischen Charakter zubilligen. Die wichtigste Forschungseinrichtung Spaniens widmet sich den Ursachen der zerstörerischen Wüstenbildung seit Juan Luis Rubio sie gegründet hat. Auf ihn hört man nicht gerne, denn seine Botschaft ist ernüchternd: Ein Drittel Spaniens sei inzwischen ernsthaft von der Wüstenbildung bedroht, 10 Prozent der spanischen Erde schon jetzt verloren.
Die Wüste wächst unaufhaltsam - Düstere Botschaften vom Klimaforscher
Der Straßenbau vor dem Zentrum für Desertifikationsforschung in Valencia hat symbolischen Charakter. Ungezügelte Bauindustrie, neben der Wasserverschwendung in Tourismussiedlungen und Landwirtschaft und die vielen Wald- und Buschbränden - das sind die drei Hauptverursacher für Desertifikation in Spanien. Alle drei finden sich in Valencia schnell. Die wichtigste Forschungseinrichtung Spaniens zum Thema ist gerade zehn Jahre alt geworden. Ihr Gründer ist Juan Luis Rubio. Er ist so etwas wie der einsame Rufer in der Wüste, neben seiner wissenschaftlichen Arbeit veröffentlicht er auch immer wieder Aufrufe zur Sensibilisierung vor den Gefahren der Desertifikation. Zwei Drittel Spaniens sind bedroht, 10 Prozent der spanischen Erde schon jetzt verloren.
José Luis Rubio taucht kurz hinter Bergen von Papier hervor, reicht zum Gruß die Hand, entschuldigt sich, dass er beschäftigt ist und setzt sich schnell wieder vor den Computer. Das klingt nach einem zerstreuten Professor.
Nach einer Weile setzt sich der schlanke 46-Jährige an den runden Tisch. Desertifikation, Ausbreitung der Wüsten, die Sahara hinter den Pyrenäen sind die Schlagworte, mit denen die Situation in Spanien beschrieben wird.
" Der Begriff Ausbreitung der Wüsten heißt, eine existierende Wüste dehnt sich aus, je nachdem, wie sich die Feuchtigkeit und die Niederschläge entwickeln. Aber Desertifikation bedeutet, Gegenden werden zu Wüsten, die klimatologisch gesehen gar keine sind. Dem Mittelmeer droht keine Sahara: Wir werden extreme Landschaften erleben, steril, unfruchtbar, aber anders, als wir uns eine Wüste vorstellen. "
Spaniens Wirtschaft boomt seit nun zehn Jahren weit über dem europäischen Durchschnitt. Aber jeden Sommer brennen auch die Wälder, immer mehr Touristensiedlungen und Golfplätze entstehen, und niemand in Europa verletzt so sehr das Kyoto-Abkommen zur Vermeidung des Klimawandels, wie Spanien. Der Professor schlägt die Beine übereinander, glättet die weiße leichte Baumwollhose und lehnt sich zurück:
" Das muss man im europäischen Rahmen sehen. Im Laufe der Jahrhunderte basierte die wirtschaftliche Entwicklung auf unserem Kontinent auf Naturzerstörung. Im Jahr 2000 auf dem EU-Gipfel in Lissabon erklärten wir Europäer zwar für uns den Beginn der Wissensgesellschaft. Aber in Wahrheit geht es in die umgekehrte Richtung: Unser Energiebedarf steigt, wir verpesten die Luft, zerstören, konsumieren. Ein fürchterlicher Widerspruch. Das passiert auch in Spanien, aber Europa hat es vorgemacht. "
Die Wissenschaft hat in Spanien einen schweren Stand, die Politik hört kaum auf die eigentlichen Experten. José Luis Rubio geht es nicht anders. Trotzdem hat er in 30 Jahren Desertifikations-Forschung kein einziges Mal ans Aufhören gedacht. Der Boden ist längst viel mehr, als nur ein Forschungsobjekt:
" Ich bin neugierig. Die Abläufe in der Natur sind faszinierend, man kann sie ein Leben lang erforschen. Das ist meine Berufung. Der Mutterboden ist eine dünne, bescheidene Schicht, manchmal nur 10 Zentimeter dick. Aber er ist die Grundlage von 90 Prozent unserer Nahrungsmittel. Er ist die Haut unserer Erde, empfindlich für Schwankungen von Temperatur und Feuchtigkeit, und in Spanien hat diese Haut viele Wunden und trocknet an vielen Stellen aus. "
Der Professor steht auf und führt durchs Institut. Er hat es 1996 gegründet. Er zeigt auf Bodenproben und Computerbildschirme voller Zahlenkolonnen.
Im für den Forschungszweig Waldbrände reservierten Labor wartet ein kolumbianischer Doktorat auf eine Stickstoffanalyse, hört dabei Musik und checkt seine E-Mails. Mit den Waldbränden begann Rubio seine Forschungen:
" Innerhalb von Minuten verschwindet die im Laufe von Jahrhunderten gespeicherte Energie der Sonne. Paff. Dann kommen die Folgeschäden: Der Boden hält den Regen nicht mehr zurück, Wassermassen stürzen die Berge hinab, überschwemmen Wohngebiete, Straßen, die Felder, Menschen sterben. "
Es sind keine Horrorvisionen. An die Nachrichten von Feuersbrünsten, Sturzbächen in den Bergen und Überschwemmungen in Küstennähe haben sich die Spanier längst gewöhnt. In manchen Gegenden versiegen die Brunnen, Meerwasser dringt ein, die Böden versalzen. Da helfen auch keine Meerwasserentsalzungsanlagen. Der Rundgang ist beendet:
" Es gibt diese optimistische Haltung, die Technik werde das lösen. Natürlich, irgendeine Lösung wird schon gefunden werden, aber zu welchem Preis? Was wird dabei kaputt gemacht, wie viel Energie verschleudert? Die empfindliche Umwelt braucht technisch intelligente Antworten, Innovation, neue Energiequellen, moderne Systeme zum Wassersparen und -aufbereiten, intelligente Anbaumethoden. Darin stecken große Chancen. Wir sollten sie nutzen. "
Mehr Wasser, mehr Zukunft - Vision für eine Region, die vom Rest Spaniens vergessen schien? Der Schriftstellers Juan Goytisolo hat sich ein Bild davon gemacht. In den fünfziger Jahren, als er durch das damalige Armenhaus Andalusien reiste. Mit mehr Technik und Kapital könne sich das ändern, schrieb Goytisolo zu jener Zeit. Alles hat sich verändert: der Süden hat den Anschluss an den reichen Norden längst geschafft. Mit boomendem Tourismus, Bau- und Landwirtschaft trägt die Mittelmeer-Region inzwischen ihren Teil zum ungebremsten Wirtschaftswachstum Spaniens bei. Aber zu welchem Preis?
"Wir überqueren einen wüstenartigen Gebirgszug. Inmitten dieser Ödnis steht auf den verfallenen Mauern einer Hütte der dramatische Hilferuf dieser Gegend: MEHR BÄUME, MEHR WASSER. Es ist die Losung des Nationalen Instituts für Siedlungswesen und ich werde sie noch öfters entlang der Pfade und Wege sehen, an Häusern und Berghängen. In Almeria gibt es keine Bäume, weil es nicht regnet und es regnet nicht, weil es keine Bäume gibt."
Valencia und Murcia waren schon seit der Zeit des muslimischen El Andalus die Obst- und Gemüsegärten der iberischen Halbinsel. Trotz ihrer traditionellen Trockenheit. Natürlich gewachsene Wüste, die allerdings nicht viel für das Überleben von Menschen hergab. Die Kaktusfeige zum Beispiel, die voller Stacheln, aber doch süß und saftig ist. Aber eben kein Massenprodukt. Tomate, Gurke und Paprika dagegen ließen sich mit modernsten Anbaumethoden in großen Mengen kultivieren und exportieren. Die besten Tomaten gehen heute im Winter nach London oder Oslo, dort wird am meisten bezahlt. Die industrielle Agrarwirtschaft hat Spaniens Süden endlich reich gemacht.
Doch wo der Wohlstand wuchs, sank der Grundwasserspiegel gefährlich ab. Heute mehrt sich mit den Folgen der fortschreitenden Bodenerosion die Kritik an den Landwirten. Zu Unrecht wie Antonio Carmona meint. Der Gemüsebauer lebt in Los Albaricoques, einem Dorf in der Provinz Almeria, das wie viele andere vom Aufschwung profitiert hat.
José Luis Rubio taucht kurz hinter Bergen von Papier hervor, reicht zum Gruß die Hand, entschuldigt sich, dass er beschäftigt ist und setzt sich schnell wieder vor den Computer. Das klingt nach einem zerstreuten Professor.
Nach einer Weile setzt sich der schlanke 46-Jährige an den runden Tisch. Desertifikation, Ausbreitung der Wüsten, die Sahara hinter den Pyrenäen sind die Schlagworte, mit denen die Situation in Spanien beschrieben wird.
" Der Begriff Ausbreitung der Wüsten heißt, eine existierende Wüste dehnt sich aus, je nachdem, wie sich die Feuchtigkeit und die Niederschläge entwickeln. Aber Desertifikation bedeutet, Gegenden werden zu Wüsten, die klimatologisch gesehen gar keine sind. Dem Mittelmeer droht keine Sahara: Wir werden extreme Landschaften erleben, steril, unfruchtbar, aber anders, als wir uns eine Wüste vorstellen. "
Spaniens Wirtschaft boomt seit nun zehn Jahren weit über dem europäischen Durchschnitt. Aber jeden Sommer brennen auch die Wälder, immer mehr Touristensiedlungen und Golfplätze entstehen, und niemand in Europa verletzt so sehr das Kyoto-Abkommen zur Vermeidung des Klimawandels, wie Spanien. Der Professor schlägt die Beine übereinander, glättet die weiße leichte Baumwollhose und lehnt sich zurück:
" Das muss man im europäischen Rahmen sehen. Im Laufe der Jahrhunderte basierte die wirtschaftliche Entwicklung auf unserem Kontinent auf Naturzerstörung. Im Jahr 2000 auf dem EU-Gipfel in Lissabon erklärten wir Europäer zwar für uns den Beginn der Wissensgesellschaft. Aber in Wahrheit geht es in die umgekehrte Richtung: Unser Energiebedarf steigt, wir verpesten die Luft, zerstören, konsumieren. Ein fürchterlicher Widerspruch. Das passiert auch in Spanien, aber Europa hat es vorgemacht. "
Die Wissenschaft hat in Spanien einen schweren Stand, die Politik hört kaum auf die eigentlichen Experten. José Luis Rubio geht es nicht anders. Trotzdem hat er in 30 Jahren Desertifikations-Forschung kein einziges Mal ans Aufhören gedacht. Der Boden ist längst viel mehr, als nur ein Forschungsobjekt:
" Ich bin neugierig. Die Abläufe in der Natur sind faszinierend, man kann sie ein Leben lang erforschen. Das ist meine Berufung. Der Mutterboden ist eine dünne, bescheidene Schicht, manchmal nur 10 Zentimeter dick. Aber er ist die Grundlage von 90 Prozent unserer Nahrungsmittel. Er ist die Haut unserer Erde, empfindlich für Schwankungen von Temperatur und Feuchtigkeit, und in Spanien hat diese Haut viele Wunden und trocknet an vielen Stellen aus. "
Der Professor steht auf und führt durchs Institut. Er hat es 1996 gegründet. Er zeigt auf Bodenproben und Computerbildschirme voller Zahlenkolonnen.
Im für den Forschungszweig Waldbrände reservierten Labor wartet ein kolumbianischer Doktorat auf eine Stickstoffanalyse, hört dabei Musik und checkt seine E-Mails. Mit den Waldbränden begann Rubio seine Forschungen:
" Innerhalb von Minuten verschwindet die im Laufe von Jahrhunderten gespeicherte Energie der Sonne. Paff. Dann kommen die Folgeschäden: Der Boden hält den Regen nicht mehr zurück, Wassermassen stürzen die Berge hinab, überschwemmen Wohngebiete, Straßen, die Felder, Menschen sterben. "
Es sind keine Horrorvisionen. An die Nachrichten von Feuersbrünsten, Sturzbächen in den Bergen und Überschwemmungen in Küstennähe haben sich die Spanier längst gewöhnt. In manchen Gegenden versiegen die Brunnen, Meerwasser dringt ein, die Böden versalzen. Da helfen auch keine Meerwasserentsalzungsanlagen. Der Rundgang ist beendet:
" Es gibt diese optimistische Haltung, die Technik werde das lösen. Natürlich, irgendeine Lösung wird schon gefunden werden, aber zu welchem Preis? Was wird dabei kaputt gemacht, wie viel Energie verschleudert? Die empfindliche Umwelt braucht technisch intelligente Antworten, Innovation, neue Energiequellen, moderne Systeme zum Wassersparen und -aufbereiten, intelligente Anbaumethoden. Darin stecken große Chancen. Wir sollten sie nutzen. "
Mehr Wasser, mehr Zukunft - Vision für eine Region, die vom Rest Spaniens vergessen schien? Der Schriftstellers Juan Goytisolo hat sich ein Bild davon gemacht. In den fünfziger Jahren, als er durch das damalige Armenhaus Andalusien reiste. Mit mehr Technik und Kapital könne sich das ändern, schrieb Goytisolo zu jener Zeit. Alles hat sich verändert: der Süden hat den Anschluss an den reichen Norden längst geschafft. Mit boomendem Tourismus, Bau- und Landwirtschaft trägt die Mittelmeer-Region inzwischen ihren Teil zum ungebremsten Wirtschaftswachstum Spaniens bei. Aber zu welchem Preis?
"Wir überqueren einen wüstenartigen Gebirgszug. Inmitten dieser Ödnis steht auf den verfallenen Mauern einer Hütte der dramatische Hilferuf dieser Gegend: MEHR BÄUME, MEHR WASSER. Es ist die Losung des Nationalen Instituts für Siedlungswesen und ich werde sie noch öfters entlang der Pfade und Wege sehen, an Häusern und Berghängen. In Almeria gibt es keine Bäume, weil es nicht regnet und es regnet nicht, weil es keine Bäume gibt."
Valencia und Murcia waren schon seit der Zeit des muslimischen El Andalus die Obst- und Gemüsegärten der iberischen Halbinsel. Trotz ihrer traditionellen Trockenheit. Natürlich gewachsene Wüste, die allerdings nicht viel für das Überleben von Menschen hergab. Die Kaktusfeige zum Beispiel, die voller Stacheln, aber doch süß und saftig ist. Aber eben kein Massenprodukt. Tomate, Gurke und Paprika dagegen ließen sich mit modernsten Anbaumethoden in großen Mengen kultivieren und exportieren. Die besten Tomaten gehen heute im Winter nach London oder Oslo, dort wird am meisten bezahlt. Die industrielle Agrarwirtschaft hat Spaniens Süden endlich reich gemacht.
Doch wo der Wohlstand wuchs, sank der Grundwasserspiegel gefährlich ab. Heute mehrt sich mit den Folgen der fortschreitenden Bodenerosion die Kritik an den Landwirten. Zu Unrecht wie Antonio Carmona meint. Der Gemüsebauer lebt in Los Albaricoques, einem Dorf in der Provinz Almeria, das wie viele andere vom Aufschwung profitiert hat.
Bauer nicht Umweltsünder
Warum Landwirt Carmona sich missverstanden fühlt
Warum Landwirt Carmona sich missverstanden fühlt
Die Kneipe von Los Albaricoques ist schon früh gut besucht. Bauern nehmen ihren ersten Café, essen getoastetes Weißbrot mit Olivenöl, manch einer trinkt auch schon den ersten Brandy. Der Ton unter den Bauern ist trotzdem herzlich geblieben.
Einer von ihnen ist Antonio Carmona, den alle nur bei seinem Nachnamen rufen. Etwa 1 Meter 70 groß, schwarze Locken, kräftige Arme, aus dem Hemd dichte Brustbehaarung. Pechschwarz auch die Augen.
" Das ist "El Hornillo". Hier wurde früher vor allem Gerste und Weizen angebaut. Aber in den 70er Jahren kam die Landflucht. Die Leute verließen die Felder und zogen in die Städte. Es fehlte zunehmend das Wasser. "
Carmona hat es eilig, er will zu seinen Gewächshäusern. Mit den ausbleibenden Niederschlägern führten die Landwirte in den sechziger Jahren die Bewässerungslandwirtschaft ein: Tomaten, Paprika, Gurken. "Wir bauen hier die besten Tomaten Spaniens an", versichert er. Ganz in der Nähe beginnt die Wüste von Almería, aber hier hält Carmona den Boden für besonders fruchtbar:
" Schon die Alten sagten, dass hier das gleiche Volumen Weizen mehr auf die Waage brachte, als der Weizen aus anderen Regionen. Dass das Korn mehr Zucker hat und hochwertiger ist. "
Das Gewächshaus ist riesig. Rechts und links Tomatenstauden, so weit das Auge reicht. Der Wind reibt die Plastikplanen aneinander und verursacht ein eigentümliches Rauschen.
" Das Plastik verhindert vor allem, dass der Wind die Tomaten beschädigt. Sonst würden sich die Pflanze im Wind bewegen, die Tomaten aufreißen. Auch Regen kann den Tomaten schaden. Das Gewächshaus verhindert das, ermöglich aber dennoch eine ausreichende Belüftung. Es ist nicht wesentlich wärmer als draußen, aber wir haben 75 Prozent Luftfeuchtigkeit, draußen sind es 40 Prozent. Das ist der Unterschied, das besondere Mikroklima. "
Carmona ist in seinem Element: Er rudert mit den Armen, zeigt nach oben auf die Kanalrohre zum Auffangen des Regenwassers, auf die Seiten mit den geöffneten Fenstern und rüttelt an den Pflanzen. 43 Jahre ist er alt, noch nie hat er etwas anderes gemacht als Tomaten anzupflanzen, keinen einzigen Tag Urlaub.
Er läuft zu einer Pflanze, kniet sich und gräbt im Boden. Er räumt erst Steine, dann Sand beiseite, bis der Mutterboden zu sehen ist:
" Der Sand erhält dem Boden sein Mikroklima, verhindert, dass er sich aufheizt und nachts zu stark abkühlt. Darunter die Muttererde. Schau. Hier werden keine Fungizide versprüht. Wenn neu gepflanzt wird, bekommt der Boden ökologischen Humus. Der Boden ist durchsetzt mit Würmern, die ihn belüften. Das hilft auch den Wurzeln der Pflanzen. "
Carmona ist kein Ökobauer. Aber er entspricht auch nicht dem Klischee vom rücksichtslosen spanischen Landwirt, der sich nicht um die Natur schert. Glaubhaft erzählt er von biologischer Schädlingsbekämpfung, Pflanzenextrakten und seinen Kampf um jeden Regentropfen. Er zeigt er auf drei große Becken voll mit aufgefangenem Regenwasser. Vorwürfe der Umweltschützer, diese intensive Landwirtschaft fördere die Versalzung der Brunnen und die Bodenerosion in Almería kann er nicht verstehen:
" Wir sind hier doch in der besten Region für hochwertige Tomaten. Der Boden ist gut, er stirbt nie. Diese Lügengeschichten von Leuten, die nicht wissen, wovon sie reden. Der Mutterboden stirbt nur, wenn wir es zulassen. Der Boden benötigt nur Wasser zum Leben. Dieser Boden hier lebt! "
" Wenn wir den Boden nicht mehr bearbeiten, dann bekommen wir hier die Desertifikation. Ich rede nicht von Landwirtschaft an Hängen, sondern auf flachem Land. Wenn der Boden gepflügt wird, beginnt er zu leben. Es entstehen Lebensräume für Kaninchen und Vögel. Der Boden nimmt das Wasser besser auf. Sonst würde hier nur Heiligenkraut wachsen, und das nimmt den restlichen Pflanzen den Lebensraum. "
Sich selbst überlassenes Land ist für den Bauern totes Land. Und doch kritisiert er die Landwirte im Süden der Provinz. Dort stehen anders als in Los Albaricoques die Gewächshäuser dicht gedrängt beieinander. Das fördert die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen, sagt Carmona. Er versteht durchaus, dass der Mensch die Erde mit seinem Hunger nach Energie, Wasser und Boden auch überfordern kann. Den eigentlichen Skandal sieht er in der ruinösen Vermarktung.
" Heutzutage hat mit wenig angebauter Fläche sein Auskommen. Aber die Europäische Union muss verhindern, dass das ganze Geld bei den Zwischenhändlern hängen bleibt. Die Erzeugerpreise sinken und die in den Märkten steigen. Auf diese Weise müssen wir Bauern immer mehr und mehr und mehr produzieren. Das ist nicht länger haltbar. Mehr, mehr, mehr. Nein - wir wollen nur einen gerechten Preis. "
Nicht weit von den High-Tech-Gewächshäusern liegt eine andere, zumeist noch unberührte Welt. Der Parque Natural Cabo de Gata, der Naturpark an der südöstlichsten Spitze Spaniens. Mehrere hundert Quadratkilometer intakter Wüsten-Vegetation wie es sie noch vor Jahrzehnten überall im Hinterland der Mittelmeer-Küste gegeben hat. Damals machte sich der Schriftsteller Juan Goytisolo auf den Weg nach Nijar. In eine einzigartige Landschaft, die ihren armen Bewohnern allerdings alles abverlangte: Goytisolo hielt seine Eindrücke von Landschaft und Lebensbedingungen fest. "Campos de Nijar", was soviel bedeutet wie Landschaft von Nijar, erzählt vom Überlebenskampf als Fischer, Töpfer oder aber als Tagelöhner in den Goldminen:
"Der Mann hat ein unbeschwertes , offenes Lachen. Er hat die Hemdsärmel hochgekrempelt und kreuzt die Arme über der Brust. Er zeigt auf die Goldwaschanlagen und sagt
‚Sie können mit ihnen auf der Ladefläche fahren'
Es sind acht oder neuen Mann, schmutzig und schlecht rasiert, mit abgetragenen Hemden und stark geflickten Hosen. Bei einem schauen die Zehen aus den Leinenschuhen heraus, ein anderer hat die Hose mit einer Schnur festgebunden Der Chauffeur erklärt, dass ich aus Barcelona komme und ich fühle seinen Blick auf mir. Die Katalanen sind in der Gegend ein wenig die Amerikaner.
‚Wenn ich in Katalonien lebte, würde ich mich nicht in Almeria sehen lassen und wenn sie mich totschlügen...'
Einer mit großem Schnurrbart leckt sich die Lippen. Ich lasse meine Zigarettenschachtel Marke Ideales rumgehen Diese Männer haben ein nobles Aussehen. Eine Würde, die auch ein Zwei-Tage-Bart und alte abgetragene Kleider nicht verdecken können."
Cabo de Gata - die Wüstenschönheit mit ihren unberührten Stränden gilt inzwischen auch als bedroht. Der letzte unverletzte, unbebaute Landstrich an Spaniens Mittelmeerküste könnte sich gut eignen für weitere Zweitwohnungen am Meer. Oder weitere Gewächshäuser. Jedenfalls, wenn es nach dem Willen mancher Bürgermeister der Region ginge.
Im Rathaus von Nijar, zu dem der größte Teil des Naturparks Cabo de Gata gehört, regiert seit bald einem Vierteljahrhundert Bürgermeister Joaquin Garcia. Garcia hat die Auswanderungswelle als Folge der Armut miterlebt. Heute ist er ein populärer Mann, denn er tut alles, um seiner Gemeinde zu weiterem Wohlstand zu verhelfen. Kritiker allerdings werfen ihm unter anderem vor, er weise immer neue Baugebiete aus.
Einer von ihnen ist Antonio Carmona, den alle nur bei seinem Nachnamen rufen. Etwa 1 Meter 70 groß, schwarze Locken, kräftige Arme, aus dem Hemd dichte Brustbehaarung. Pechschwarz auch die Augen.
" Das ist "El Hornillo". Hier wurde früher vor allem Gerste und Weizen angebaut. Aber in den 70er Jahren kam die Landflucht. Die Leute verließen die Felder und zogen in die Städte. Es fehlte zunehmend das Wasser. "
Carmona hat es eilig, er will zu seinen Gewächshäusern. Mit den ausbleibenden Niederschlägern führten die Landwirte in den sechziger Jahren die Bewässerungslandwirtschaft ein: Tomaten, Paprika, Gurken. "Wir bauen hier die besten Tomaten Spaniens an", versichert er. Ganz in der Nähe beginnt die Wüste von Almería, aber hier hält Carmona den Boden für besonders fruchtbar:
" Schon die Alten sagten, dass hier das gleiche Volumen Weizen mehr auf die Waage brachte, als der Weizen aus anderen Regionen. Dass das Korn mehr Zucker hat und hochwertiger ist. "
Das Gewächshaus ist riesig. Rechts und links Tomatenstauden, so weit das Auge reicht. Der Wind reibt die Plastikplanen aneinander und verursacht ein eigentümliches Rauschen.
" Das Plastik verhindert vor allem, dass der Wind die Tomaten beschädigt. Sonst würden sich die Pflanze im Wind bewegen, die Tomaten aufreißen. Auch Regen kann den Tomaten schaden. Das Gewächshaus verhindert das, ermöglich aber dennoch eine ausreichende Belüftung. Es ist nicht wesentlich wärmer als draußen, aber wir haben 75 Prozent Luftfeuchtigkeit, draußen sind es 40 Prozent. Das ist der Unterschied, das besondere Mikroklima. "
Carmona ist in seinem Element: Er rudert mit den Armen, zeigt nach oben auf die Kanalrohre zum Auffangen des Regenwassers, auf die Seiten mit den geöffneten Fenstern und rüttelt an den Pflanzen. 43 Jahre ist er alt, noch nie hat er etwas anderes gemacht als Tomaten anzupflanzen, keinen einzigen Tag Urlaub.
Er läuft zu einer Pflanze, kniet sich und gräbt im Boden. Er räumt erst Steine, dann Sand beiseite, bis der Mutterboden zu sehen ist:
" Der Sand erhält dem Boden sein Mikroklima, verhindert, dass er sich aufheizt und nachts zu stark abkühlt. Darunter die Muttererde. Schau. Hier werden keine Fungizide versprüht. Wenn neu gepflanzt wird, bekommt der Boden ökologischen Humus. Der Boden ist durchsetzt mit Würmern, die ihn belüften. Das hilft auch den Wurzeln der Pflanzen. "
Carmona ist kein Ökobauer. Aber er entspricht auch nicht dem Klischee vom rücksichtslosen spanischen Landwirt, der sich nicht um die Natur schert. Glaubhaft erzählt er von biologischer Schädlingsbekämpfung, Pflanzenextrakten und seinen Kampf um jeden Regentropfen. Er zeigt er auf drei große Becken voll mit aufgefangenem Regenwasser. Vorwürfe der Umweltschützer, diese intensive Landwirtschaft fördere die Versalzung der Brunnen und die Bodenerosion in Almería kann er nicht verstehen:
" Wir sind hier doch in der besten Region für hochwertige Tomaten. Der Boden ist gut, er stirbt nie. Diese Lügengeschichten von Leuten, die nicht wissen, wovon sie reden. Der Mutterboden stirbt nur, wenn wir es zulassen. Der Boden benötigt nur Wasser zum Leben. Dieser Boden hier lebt! "
" Wenn wir den Boden nicht mehr bearbeiten, dann bekommen wir hier die Desertifikation. Ich rede nicht von Landwirtschaft an Hängen, sondern auf flachem Land. Wenn der Boden gepflügt wird, beginnt er zu leben. Es entstehen Lebensräume für Kaninchen und Vögel. Der Boden nimmt das Wasser besser auf. Sonst würde hier nur Heiligenkraut wachsen, und das nimmt den restlichen Pflanzen den Lebensraum. "
Sich selbst überlassenes Land ist für den Bauern totes Land. Und doch kritisiert er die Landwirte im Süden der Provinz. Dort stehen anders als in Los Albaricoques die Gewächshäuser dicht gedrängt beieinander. Das fördert die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen, sagt Carmona. Er versteht durchaus, dass der Mensch die Erde mit seinem Hunger nach Energie, Wasser und Boden auch überfordern kann. Den eigentlichen Skandal sieht er in der ruinösen Vermarktung.
" Heutzutage hat mit wenig angebauter Fläche sein Auskommen. Aber die Europäische Union muss verhindern, dass das ganze Geld bei den Zwischenhändlern hängen bleibt. Die Erzeugerpreise sinken und die in den Märkten steigen. Auf diese Weise müssen wir Bauern immer mehr und mehr und mehr produzieren. Das ist nicht länger haltbar. Mehr, mehr, mehr. Nein - wir wollen nur einen gerechten Preis. "
Nicht weit von den High-Tech-Gewächshäusern liegt eine andere, zumeist noch unberührte Welt. Der Parque Natural Cabo de Gata, der Naturpark an der südöstlichsten Spitze Spaniens. Mehrere hundert Quadratkilometer intakter Wüsten-Vegetation wie es sie noch vor Jahrzehnten überall im Hinterland der Mittelmeer-Küste gegeben hat. Damals machte sich der Schriftsteller Juan Goytisolo auf den Weg nach Nijar. In eine einzigartige Landschaft, die ihren armen Bewohnern allerdings alles abverlangte: Goytisolo hielt seine Eindrücke von Landschaft und Lebensbedingungen fest. "Campos de Nijar", was soviel bedeutet wie Landschaft von Nijar, erzählt vom Überlebenskampf als Fischer, Töpfer oder aber als Tagelöhner in den Goldminen:
"Der Mann hat ein unbeschwertes , offenes Lachen. Er hat die Hemdsärmel hochgekrempelt und kreuzt die Arme über der Brust. Er zeigt auf die Goldwaschanlagen und sagt
‚Sie können mit ihnen auf der Ladefläche fahren'
Es sind acht oder neuen Mann, schmutzig und schlecht rasiert, mit abgetragenen Hemden und stark geflickten Hosen. Bei einem schauen die Zehen aus den Leinenschuhen heraus, ein anderer hat die Hose mit einer Schnur festgebunden Der Chauffeur erklärt, dass ich aus Barcelona komme und ich fühle seinen Blick auf mir. Die Katalanen sind in der Gegend ein wenig die Amerikaner.
‚Wenn ich in Katalonien lebte, würde ich mich nicht in Almeria sehen lassen und wenn sie mich totschlügen...'
Einer mit großem Schnurrbart leckt sich die Lippen. Ich lasse meine Zigarettenschachtel Marke Ideales rumgehen Diese Männer haben ein nobles Aussehen. Eine Würde, die auch ein Zwei-Tage-Bart und alte abgetragene Kleider nicht verdecken können."
Cabo de Gata - die Wüstenschönheit mit ihren unberührten Stränden gilt inzwischen auch als bedroht. Der letzte unverletzte, unbebaute Landstrich an Spaniens Mittelmeerküste könnte sich gut eignen für weitere Zweitwohnungen am Meer. Oder weitere Gewächshäuser. Jedenfalls, wenn es nach dem Willen mancher Bürgermeister der Region ginge.
Im Rathaus von Nijar, zu dem der größte Teil des Naturparks Cabo de Gata gehört, regiert seit bald einem Vierteljahrhundert Bürgermeister Joaquin Garcia. Garcia hat die Auswanderungswelle als Folge der Armut miterlebt. Heute ist er ein populärer Mann, denn er tut alles, um seiner Gemeinde zu weiterem Wohlstand zu verhelfen. Kritiker allerdings werfen ihm unter anderem vor, er weise immer neue Baugebiete aus.
Eifrige Rufer in der Wüste
Wenn der Bürgermeister Unternehmer und Touristen in seine Region holt
Wenn der Bürgermeister Unternehmer und Touristen in seine Region holt
Bürgermeister Joaquín García übt sein Amt von einem dunklen, schweren massiven kastilischen Schreibtisch aus, wie sie in Spanien noch bis in die 60er Jahre üblich waren. Es dringt nicht viel Licht durch die Fenster, im Arbeitszimmer ist es darum angenehm kühl. Kühl gibt sich auch der Bürgermeister:
" Sie müssen verstehen, dass ich als Bürgermeister meine Stadt verteidigen muss. Wenn die Wähler ihre Stadt jemandem anvertrauen, dann muss er für ihre Interessen kämpfen. Hier kommen Leute von außerhalb und wollen uns vorschreiben, was wir zu machen haben. Das geht nicht. Diese drei oder vier Pseudo-Umweltschützer von der Universität. Wenn man nicht alles genauso macht, wie sie wollen, ist alles schlecht. "
Die defensive Haltung kommt nicht von ungefähr. Umweltschützer werfen García wie so vielen Bürgermeistern der Gegend rechtswidrige Ausweisungen von Baugebieten und Vetternwirtschaft vor. So mancher seiner Gegner würde selbst gerne im Schutzgebiet Cabo de Gata bauen, kontert er. García fordert, der Schutz der Natur dürfe die wirtschaftliche Entwicklung seiner Stadt nicht bremsen:
" Als Berlin oder Paris gewachsen sind, verschwanden auch Wälder. Und jetzt sagt man uns, wir sollen alles bewahren. Wir wollen ja gerne, aber wir sind nicht bereit, unsere Heimat erneut zu verlassen, wieder auszuwandern. Wenn sich eine umweltverträgliche Industrie hier ansiedeln möchte, bitte sehr, sie wäre willkommen. Aber was wir bisher erreicht haben, verdanken wir alleine dem Schweiß der Frauen und Männer dieser Gegend. Und den Einwanderern. "
Der 56-Jährige spielt mit einer Visitenkarte auf dem Schreibtisch. Er erinnert an die Vergangenheit seiner Region, an die Armut. Dem setzt er die Entwicklung von Landwirtschaft und Fremdenverkehr entgegen, woran er persönlich schließlich großen Anteil hat. Seit 24 Jahren ist er im Amt. Und er hat Großes vor: Er hat der andalusischen Regionalregierung einen neuen Bebauungsplan vorgeschlagen, mit neuen Bauflächen für Einheimische und Urlauber. Die Gegend boomt derzeit, das müsse er ausnutzen für die mageren Zeiten, betont er.
" Die Desertifikation erschreckt uns nicht. Wir sind diese Trockenheit gewohnt. Fast alle haben hier ihre Depots für das aufgefangene Regenwasser. Und es gibt ja die Technik. Mit Hilfe der EU und der spanischen Regierung ist in Carboneras die Meerwasserentsalzungsanlage gebaut worden. Das Mittelmeer vor unserer Haustür müssen wir nutzen. Dafür gibt es den menschlichen Erfindungsgeist, die Technologie und die Wirtschaft. "
Und darauf verlässt er sich. - Joaquín García entspannt sich und lehnt sich in seinen lederbezogenen Stuhl zurück. Er redet von der Globalisierung und von den einfachen Bauern, die sich damit überfordert fühlen, und von den Gesundheitszentren, Schulen und sogar einem Theater, deren Bau sich aber nur lohnen würde, wenn mehr Menschen in den versprengten Siedlungen seiner Kommune lebten. Er spreche als Bürgermeister, sagt er immer wieder, - als sei er privat ein ganz anderer:
" Ich als Joaquin García denke, der Naturpark ist das Beste, was uns passieren konnte. Meinetwegen müssten wir gar nichts mehr bauen. Wenn meine Leute irgendwie Arbeitsplätze bekommen. Aber als Bürgermeister habe ich mit den Ladenbesitzern zu tun, mit den Bauern. Jeder hat da seine eigene Lebensphilosophie. Der einfache Familienvater fragt mich, was er schon zerstört, wenn er für seinen Sohn neben seinem Grundstück 80 Quadratmeter bebaut. Soll ich das verbieten? Das versteht nicht jeder. "
Sonne, Wärme, Sand und Meer - unverzichtbare Koordinaten auf dem Konjunkturbarometer Spaniens. Ein Drittel des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet das Land allein durch Fremdenverkehr und Bautätigkeit. Und so ist die Versuchung groß, mit Hotelanlagen und Ferienwohnungen auch vor Naturschutzgebieten nicht Halt zu machen.
Umweltbewegungen mit einer politischen Lobby wie in Deutschland gibt es in Spanien nicht. Noch nicht. Der Widerstand gegen solche Pläne formiert sich langsam, aber stetig. Einer, der sich mit Zähigkeit gegen die Umweltsünden und -Sünder an der Küste zur Wehr setzt, ist Mario Sanz. Sanz arbeitet als letzter Wärter des Leuchtturmes von Carboneras, östlich des Cabo de Gata. So lebt er nahe an und mit der Natur.
" Sie müssen verstehen, dass ich als Bürgermeister meine Stadt verteidigen muss. Wenn die Wähler ihre Stadt jemandem anvertrauen, dann muss er für ihre Interessen kämpfen. Hier kommen Leute von außerhalb und wollen uns vorschreiben, was wir zu machen haben. Das geht nicht. Diese drei oder vier Pseudo-Umweltschützer von der Universität. Wenn man nicht alles genauso macht, wie sie wollen, ist alles schlecht. "
Die defensive Haltung kommt nicht von ungefähr. Umweltschützer werfen García wie so vielen Bürgermeistern der Gegend rechtswidrige Ausweisungen von Baugebieten und Vetternwirtschaft vor. So mancher seiner Gegner würde selbst gerne im Schutzgebiet Cabo de Gata bauen, kontert er. García fordert, der Schutz der Natur dürfe die wirtschaftliche Entwicklung seiner Stadt nicht bremsen:
" Als Berlin oder Paris gewachsen sind, verschwanden auch Wälder. Und jetzt sagt man uns, wir sollen alles bewahren. Wir wollen ja gerne, aber wir sind nicht bereit, unsere Heimat erneut zu verlassen, wieder auszuwandern. Wenn sich eine umweltverträgliche Industrie hier ansiedeln möchte, bitte sehr, sie wäre willkommen. Aber was wir bisher erreicht haben, verdanken wir alleine dem Schweiß der Frauen und Männer dieser Gegend. Und den Einwanderern. "
Der 56-Jährige spielt mit einer Visitenkarte auf dem Schreibtisch. Er erinnert an die Vergangenheit seiner Region, an die Armut. Dem setzt er die Entwicklung von Landwirtschaft und Fremdenverkehr entgegen, woran er persönlich schließlich großen Anteil hat. Seit 24 Jahren ist er im Amt. Und er hat Großes vor: Er hat der andalusischen Regionalregierung einen neuen Bebauungsplan vorgeschlagen, mit neuen Bauflächen für Einheimische und Urlauber. Die Gegend boomt derzeit, das müsse er ausnutzen für die mageren Zeiten, betont er.
" Die Desertifikation erschreckt uns nicht. Wir sind diese Trockenheit gewohnt. Fast alle haben hier ihre Depots für das aufgefangene Regenwasser. Und es gibt ja die Technik. Mit Hilfe der EU und der spanischen Regierung ist in Carboneras die Meerwasserentsalzungsanlage gebaut worden. Das Mittelmeer vor unserer Haustür müssen wir nutzen. Dafür gibt es den menschlichen Erfindungsgeist, die Technologie und die Wirtschaft. "
Und darauf verlässt er sich. - Joaquín García entspannt sich und lehnt sich in seinen lederbezogenen Stuhl zurück. Er redet von der Globalisierung und von den einfachen Bauern, die sich damit überfordert fühlen, und von den Gesundheitszentren, Schulen und sogar einem Theater, deren Bau sich aber nur lohnen würde, wenn mehr Menschen in den versprengten Siedlungen seiner Kommune lebten. Er spreche als Bürgermeister, sagt er immer wieder, - als sei er privat ein ganz anderer:
" Ich als Joaquin García denke, der Naturpark ist das Beste, was uns passieren konnte. Meinetwegen müssten wir gar nichts mehr bauen. Wenn meine Leute irgendwie Arbeitsplätze bekommen. Aber als Bürgermeister habe ich mit den Ladenbesitzern zu tun, mit den Bauern. Jeder hat da seine eigene Lebensphilosophie. Der einfache Familienvater fragt mich, was er schon zerstört, wenn er für seinen Sohn neben seinem Grundstück 80 Quadratmeter bebaut. Soll ich das verbieten? Das versteht nicht jeder. "
Sonne, Wärme, Sand und Meer - unverzichtbare Koordinaten auf dem Konjunkturbarometer Spaniens. Ein Drittel des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet das Land allein durch Fremdenverkehr und Bautätigkeit. Und so ist die Versuchung groß, mit Hotelanlagen und Ferienwohnungen auch vor Naturschutzgebieten nicht Halt zu machen.
Umweltbewegungen mit einer politischen Lobby wie in Deutschland gibt es in Spanien nicht. Noch nicht. Der Widerstand gegen solche Pläne formiert sich langsam, aber stetig. Einer, der sich mit Zähigkeit gegen die Umweltsünden und -Sünder an der Küste zur Wehr setzt, ist Mario Sanz. Sanz arbeitet als letzter Wärter des Leuchtturmes von Carboneras, östlich des Cabo de Gata. So lebt er nahe an und mit der Natur.
Einsamer Rufer in der Wüste
Wenn der Umweltaktivist dem Bauen im Naturpark zuschauen muss
Wenn der Umweltaktivist dem Bauen im Naturpark zuschauen muss
Stürmisch begrüßen Bubi und Clarita Mario, als er die Tür öffnet. Der große schlanke 39-Jährige überprüft mit einem kurzen Blick die Anlagen, streichelt dann seine "Mädchen", wie er sagt, und gibt ihnen Kekse. Ein streunender Rüde schaut ängstlich zur Tür herein. Mario stellt ihm etwas zu essen vors Haus.
Er fährt die Serpentinen den Berg herunter, durchquert Carboneras mit seiner großen Zementfabrik. Einige Kilometer danach steigt die Straße an.
" Siehst Du das Schild? Hier beginnt der Naturpark. Und nach der Kurve jetzt dieses Monster. Da hängen sie dann noch dieses Schild dran: Zu 100 Prozent legal. Seit 4 Jahren bauen sie schon daran. "
Das Hotel von El Algarrobico ist wirklich nicht schön. Ein weiß gestrichener hässlicher Betonklotz lehnt die Rückseite seiner 20 Stockwerke an den Berg an. Auf diese Weise haben alle Zimmer Meerblick. Gigantische Treppen wurden dafür in den Fels hineingesprengt. Mario biegt in einen kleinen Weg ab, der zum Strand hinunterführt. Vor dem Hotel bleibt er stehen:
" Wir dachten schon lange, dass sie hier etwas bauen wollten. Vor vier Jahren feierten sie mit dem Bürgermeister dann die Grundsteinlegung. Im Schutzgebiet. Als dann die Baumaschinen kamen, rief ich die Polizei. So begann unser Kampf. Die Stadt wollte uns die Pläne nicht zeigen, der Ombudsmann der andalusischen Regionalregierung intervenierte. Erst jetzt hat ein Gericht den Bau gestoppt. Und das Hotel ist praktisch fertig. "
Ein wenig unheimlich wirkt der verlassene Bau. Er soll demnächst abgerissen werden. Eigentlich müsste der Verursacher auch den Schaden an der Natur reparieren, aber der Fels hinter dem Hotel wird die treppen-artigen Schneisen wohl nicht mehr los.
" Das sollte nur der Auftakt für weitere Bebauungen sein. Später sollten mehrere Hotels in diesem Stil und Wohnsiedlungen folgen. Dann hätte man die Karte des Schutzgebietes entsprechend geändert. "
Schon in Madrid habe er immer aufbegehrt. Mario lacht. Trotz des Humors ist deutlich zu spüren, die ständigen Auseinandersetzungen mit den Behörden reiben ihn auf. Er erzählt, wie in Carboneras öffentliches Brachland zu drei Euro pro Quadratmeter an Bauunternehmer verscherbelt und anschließend zum Baugebiet deklariert wurde. Dann zeigt er auf einige Gewächshäuser in der Ferne:
" Dort sprengen sie den Hügeln die Spitzen ab, um ihre Treibhäuser errichten zu können. Das sieht man dort sehr gut. Dort wird nie mehr etwas wachsen. Das ist dann richtige Wüste. Das sind die Gewächshäuser von Campo de Nijar. "
Mario steigt aus. Ein Weg führt durch verlassene Felder. Es hat im April viel geregnet, das alte Korn ist hoch gewachsen. Eine Schlange kreuzt den Weg, ein paar Meter weiter ein Chamäleon. Verglichen mit den Regionen Murcia im Norden und Málaga im Süden wirkt Cabo de Gata wie eine wohltuenede Insel mit einem Ökosystem im Gleichgewicht. Aber Mario spürt vor allem die Bedrohung dieses sensiblen Flecken Erde. An einem Hang bleibt er stehen:
" Da unten ist Aguamarga. Nach dem jetzt beantragten Bebauungsplan zufolge würde das Dorf vier mal so groß werden, wie es jetzt ist. Aber das ist doch nur eine kleine Bucht, wie soll das gehen? Das wäre dann voller als Benidorm. "
Sogar die EU-Kommission ermittelt inzwischen wegen das Projekts. Ein Fortschritt. Denn früher interessierte sich die EU kaum für solche Fälle. Die Umweltschützer könnten auch den Baustopp des Hotels in Carboneras als Erfolg verbuchen. Und bei den vergangenen Kommunalwahlen kam die von ihnen unterstützte Liste auf acht Prozent. Aber selbst darüber ist Mario enttäuscht. Er blickt auf das alte Dorf zu seinen Füßen:
" Hier gab es immer eine traditionelle Landwirtschaft, mit Gerste in den Tälern und Wein und Kaktusfeigen an den Hängen. Aber das war nicht so rentabel wie die Gewächshäuser. Heute will jeder reich werden. Mit fünf Ernten im Jahr oder mit der Bodenspekulation. Es genügt nicht mehr, ein Auskommen zu haben und im Einklang mit der zu leben. Jeder interessiert sich nur für Geld - und der Rest ist egal. "
"Als ich den Weg zum Leuchtturm hinaufgehe, verändert sich die Landschaft. Das Gebirge stürzt senkrecht zum Meer ab und die Wellen nagen wütend an seinen Kanten.
In dem Maße, wie die Straße ansteigt, in dem Maße erweitert sich auch der Horizont. Die Sonne scheint, hat aber ihre Kraft verloren. Die Meeresströmungen bilden Bänder, die die blaue, unbewegliche Masse in Streifen teilen, und die Klippen an der Küste tauchen wie Walrösser auf, mit Schaum bekränzt."
So wie der Obst- und Gemüseanbau, so sind auch die Hotel- und Siedlungskomplexe ausgerechnet in den Gegenden Spaniens angesiedelt, wo es besonders trocken ist. Rund 3,5 Millionen Hektar Land müssen inzwischen künstlich bewässert werden. Ausladende Anlagen mit ihren Golfplätzen gelten als Symbol der Verschwendung der lebenswichtigen Ressource Wasser. Experten haben errechnet, dass allein ein Golfareal jährlich den Inhalt von 370 olympischen Schwimmbecken verbraucht. Dazu kommen die Pestizideinsätze auf den Greens und die Bedrohung der Artenvielfalt im Küsten-Biotop.
Dennoch planen die Regionalbehörden zahlreiche neue Golfplätze, die finanzkräftige Touristen ins Land bringen. Im "Valle del Este" ist das bereits Wirklichkeit. Das Golf-Ressort, im Norden Almerias, sorgt im Luxushotel sowie in 1700 weiteren Appartments und Reihenhäusern für das Wohl seiner sportiven Bewohner.
Er fährt die Serpentinen den Berg herunter, durchquert Carboneras mit seiner großen Zementfabrik. Einige Kilometer danach steigt die Straße an.
" Siehst Du das Schild? Hier beginnt der Naturpark. Und nach der Kurve jetzt dieses Monster. Da hängen sie dann noch dieses Schild dran: Zu 100 Prozent legal. Seit 4 Jahren bauen sie schon daran. "
Das Hotel von El Algarrobico ist wirklich nicht schön. Ein weiß gestrichener hässlicher Betonklotz lehnt die Rückseite seiner 20 Stockwerke an den Berg an. Auf diese Weise haben alle Zimmer Meerblick. Gigantische Treppen wurden dafür in den Fels hineingesprengt. Mario biegt in einen kleinen Weg ab, der zum Strand hinunterführt. Vor dem Hotel bleibt er stehen:
" Wir dachten schon lange, dass sie hier etwas bauen wollten. Vor vier Jahren feierten sie mit dem Bürgermeister dann die Grundsteinlegung. Im Schutzgebiet. Als dann die Baumaschinen kamen, rief ich die Polizei. So begann unser Kampf. Die Stadt wollte uns die Pläne nicht zeigen, der Ombudsmann der andalusischen Regionalregierung intervenierte. Erst jetzt hat ein Gericht den Bau gestoppt. Und das Hotel ist praktisch fertig. "
Ein wenig unheimlich wirkt der verlassene Bau. Er soll demnächst abgerissen werden. Eigentlich müsste der Verursacher auch den Schaden an der Natur reparieren, aber der Fels hinter dem Hotel wird die treppen-artigen Schneisen wohl nicht mehr los.
" Das sollte nur der Auftakt für weitere Bebauungen sein. Später sollten mehrere Hotels in diesem Stil und Wohnsiedlungen folgen. Dann hätte man die Karte des Schutzgebietes entsprechend geändert. "
Schon in Madrid habe er immer aufbegehrt. Mario lacht. Trotz des Humors ist deutlich zu spüren, die ständigen Auseinandersetzungen mit den Behörden reiben ihn auf. Er erzählt, wie in Carboneras öffentliches Brachland zu drei Euro pro Quadratmeter an Bauunternehmer verscherbelt und anschließend zum Baugebiet deklariert wurde. Dann zeigt er auf einige Gewächshäuser in der Ferne:
" Dort sprengen sie den Hügeln die Spitzen ab, um ihre Treibhäuser errichten zu können. Das sieht man dort sehr gut. Dort wird nie mehr etwas wachsen. Das ist dann richtige Wüste. Das sind die Gewächshäuser von Campo de Nijar. "
Mario steigt aus. Ein Weg führt durch verlassene Felder. Es hat im April viel geregnet, das alte Korn ist hoch gewachsen. Eine Schlange kreuzt den Weg, ein paar Meter weiter ein Chamäleon. Verglichen mit den Regionen Murcia im Norden und Málaga im Süden wirkt Cabo de Gata wie eine wohltuenede Insel mit einem Ökosystem im Gleichgewicht. Aber Mario spürt vor allem die Bedrohung dieses sensiblen Flecken Erde. An einem Hang bleibt er stehen:
" Da unten ist Aguamarga. Nach dem jetzt beantragten Bebauungsplan zufolge würde das Dorf vier mal so groß werden, wie es jetzt ist. Aber das ist doch nur eine kleine Bucht, wie soll das gehen? Das wäre dann voller als Benidorm. "
Sogar die EU-Kommission ermittelt inzwischen wegen das Projekts. Ein Fortschritt. Denn früher interessierte sich die EU kaum für solche Fälle. Die Umweltschützer könnten auch den Baustopp des Hotels in Carboneras als Erfolg verbuchen. Und bei den vergangenen Kommunalwahlen kam die von ihnen unterstützte Liste auf acht Prozent. Aber selbst darüber ist Mario enttäuscht. Er blickt auf das alte Dorf zu seinen Füßen:
" Hier gab es immer eine traditionelle Landwirtschaft, mit Gerste in den Tälern und Wein und Kaktusfeigen an den Hängen. Aber das war nicht so rentabel wie die Gewächshäuser. Heute will jeder reich werden. Mit fünf Ernten im Jahr oder mit der Bodenspekulation. Es genügt nicht mehr, ein Auskommen zu haben und im Einklang mit der zu leben. Jeder interessiert sich nur für Geld - und der Rest ist egal. "
"Als ich den Weg zum Leuchtturm hinaufgehe, verändert sich die Landschaft. Das Gebirge stürzt senkrecht zum Meer ab und die Wellen nagen wütend an seinen Kanten.
In dem Maße, wie die Straße ansteigt, in dem Maße erweitert sich auch der Horizont. Die Sonne scheint, hat aber ihre Kraft verloren. Die Meeresströmungen bilden Bänder, die die blaue, unbewegliche Masse in Streifen teilen, und die Klippen an der Küste tauchen wie Walrösser auf, mit Schaum bekränzt."
So wie der Obst- und Gemüseanbau, so sind auch die Hotel- und Siedlungskomplexe ausgerechnet in den Gegenden Spaniens angesiedelt, wo es besonders trocken ist. Rund 3,5 Millionen Hektar Land müssen inzwischen künstlich bewässert werden. Ausladende Anlagen mit ihren Golfplätzen gelten als Symbol der Verschwendung der lebenswichtigen Ressource Wasser. Experten haben errechnet, dass allein ein Golfareal jährlich den Inhalt von 370 olympischen Schwimmbecken verbraucht. Dazu kommen die Pestizideinsätze auf den Greens und die Bedrohung der Artenvielfalt im Küsten-Biotop.
Dennoch planen die Regionalbehörden zahlreiche neue Golfplätze, die finanzkräftige Touristen ins Land bringen. Im "Valle del Este" ist das bereits Wirklichkeit. Das Golf-Ressort, im Norden Almerias, sorgt im Luxushotel sowie in 1700 weiteren Appartments und Reihenhäusern für das Wohl seiner sportiven Bewohner.
Der Ball ist rund und der Rasen grün
Das Golf-Ressort in der Wüste und die grandiose Wasserverschwendung
Das Golf-Ressort in der Wüste und die grandiose Wasserverschwendung
" Das hier ist ein Golf-Ressort. Der Begriff bedeutet, alles ist innerhalb der Anlage vorhanden. Ein Supermarkt, Geschäfte, Bars. Man muss die Anlage nicht verlassen. Wir haben auch eine ökumenische Kirche, .... etwa, wenn jemand heiraten möchte. "
Hotelmanager Víctor Tomei ist stolz auf seine Anlage und führt gerne durch sein Reich. Knapp 1 Meter 60 ist er groß, Peruaner japanischer Abstammung Arandes zeigt Konferenz-Säle, großzügige Hotelzimmer, den Kids-Club, der gestressten Eltern alles abnimmt, das Spaß- und Fitness-Center, wo man sich nach dem letzten Abschlag die Schulter in Heilschlamm packen lassen kann. Die vielen großen Fenster weißen alle in eine Richtung: Den 18-Loch-Platz und dahinter das Mittelmeer. Víctor Tomei hat die Schuhe schon geschnürt. Für einen passionierten Golf-Spieler wirkt das hier wie ein Traumjob.
" Das glauben alle. Aber vom Schreibtisch sieht das anders aus. Man hat ständig zu tun und kommt selbst kaum zu spielen. Was ich großartig finde ist das Grün des Golfplatzes. Das entspannt ungemein. Du schaust aus dem Fenster und es geht Dir gut. Es freut mich, die Leute nach dem Golf zufrieden zu sehen. Es ist eine andere Arbeit. "
Víctor Tomei holt sich ein Elektro-Auto, mit dem die Golfer normalerweise von Loch zu Loch ziehen. Das Navigationssystem funktioniert gerade nicht, aber er vergisst seinen Ärger darüber schnell. Mit durchgedrücktem Pedal rast der Mann über den Platz. Ein Areal ohne Herausforderungen, doch das täuscht:
" Wunderbar hier: Du hast hier den Abschlag und dort das Green. Sonst nichts. Aber trotzdem gehen hier alle Bälle verloren, alle. Weil der Platz plötzlich eng wird. Das ist schon sehr gut ausgedacht. Jemand mit einem Handicap von 36 kann man hier ganz gut spielen. Aber er darf kein Risiko eingehen, zumindest nicht beim ersten Mal. "
Wie ein Teppich liegt der Rasen da, tiefgrün, ein Kontrast zur umgebenden zur gebirgigen Wüstenlandschaft Almerías. An einzelnen Stellen sind die heimische Agave, Büsche oder einige Olivenbäume als Hindernisse integriert. Ocker und Rot dominieren die Fassaden der Hotelanlage und die weiteren 1.300 Wohnungen ringsum. Keine Betonklötze, aber doch Fremdkörper. Plötzlich rennt ein Kaninchen vor dem Wagen her, verschwindet nach ein paar Metern wieder im Busch:
" Am Anfang war das hier noch viel wilder. Da liefen hier noch große Eidechsen quer über den Golfplatz. Jetzt sind immer noch viele Kaninchen da. Sie kommen immer so gegen halb sieben raus, wenn es kühler wird. "
Eidechsen verlieren sich nun nicht mehr auf dem Platz, dafür alle neun Minuten neue Golfer. Victor spricht weiter mit großer Begeisterung von den kleinen Nickligkeiten, mit denen der Platz die Spieler ärgert, von doppelten Bunkern und Golfbahnen, die sich wie Flaschenhälse verengen. Die Debatte um die Verträglichkeit von Golfplätzen in ariden Gegenden wie hier in Almería, über das absinkende Trinkwasser und die Verwüstung der Landschaft kennt er nicht:
" Wir haben hier einen Brunnen. Der liefert das gesamte Wasser für die Beregnung des Platzes wie auch das Trinkwasser für das Ressort. Das Trinkwasser muss jedoch aufbereitet werden. Es gab auch gar keine Proteste. Hier war doch vorher nichts, nicht mal Landwirtschaft. Hier war einfach nur Wüste. "
Diese Wüste fängt erst jenseits der Drahtzäune des Ressorts wieder an. Der Wagen fährt langsam einen Hang hinauf, wieder dem Hotel entgegen. Victor erzählt, wie er in Peru mit dem Golf begann, von seiner Studienzeit in Barcelona, als er einen Aufbaustudiengang in Unternehmensführung besuchte und dort eine Arbeit über ein Golfprojekt schrieb. Nach dem erfolgreichen Abschluss arbeitete er einige Zeit in Barcelona, bemühte sich aber dann um diese Arbeit auf einem Golfplatz. Er redet von der Philosophie der Golfanlage, es könnte aber auch seine eigene sein:
" Das Golfen steht im Mittelpunkt. Der Golf-Sport ist das Zentrum von allem. Das Hotel ist wie ein Dienstleister für den Platz, für die Spieler. "
Spaniens elender Süden, so sagt es Juan Goytisolo, war vom Rest des Landes abgeschnitten, niemand interessierte sich dafür, fast schon Afrika. Damals in den fünfziger und sechziger Jahren. Aber, so deutet es sich bereits in Goytisolos literarischem Streifzug "Campos de Nijar" an - das Blatt sollte sich wenden, mit mehr Technik und mehr Kapital - und noch ohne die Konsequenzen für Mensch und Umwelt einzukalkulieren.
"'Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Berg. Von dort hat man eine wunderbare Aussicht.'
‚Wie gefällt es Ihnen?', fragt Don Ambrosio, als wir oben angelangt sind. Schreiend, wegen des Windes, sage ich, dass es sehr schön sei. Das Dorf strahlt eine traurige Schönheit aus, unerreichbar für viele, was zweifellos die Sammler sentimentaler Landschaften enttäuschen wird. Don Ambrosio steckt seine Daumen zwischen die Hosenträger und betrachtet zufrieden sein Reich.
‚An dem Tag, an dem sie die besagte Straße bauen, werden die Häuser das vierfache wert sein. Im Sommer könnte ich sie dann an Touristen vermieten.'"
Spanien müsste sich Sorgen machen um sein Klima, um sein ökologisches Gleichgewicht, um sein knappes, aber eben lebenswichtiges Gut: Wasser. Noch ist das Gegenteil der Fall. Die sozialistische Regierung unter José Luis Rodriguez Zapatero setzt nun auf den Bau weiterer Anlagen zur Meerwasser-Entsalzung. Sie sollen den schlimmsten Mangel im Süden lindern oder gar beheben. Umwelt-Experten sind aber auch da skeptisch: die Süßwasserfabriken zerstören das Gleichgewicht der Arten im Meer, sagen sie.
Gesetze gegen Wasservergeudung und illegale Brunnenbohrungen oder Lizenzen für den kontrollierten Wasserverbrauch gibt es bereits seit Jahren. Was fehlt, ist eine flächendeckende Kontrolle. Die wenigen Beamten der Wasserbehörde haben alle Hände voll zu tun und nur mäßige Erfolgserlebnisse.
Spuren im Sand
Der Beamte der Wasserbehörde und die Grenzen der Kontrolle
Der Beamte der Wasserbehörde und die Grenzen der Kontrolle
" Das ist eine Avocadoplantage. Hier der Wasserzähler. .... 641.280 Hektokubikmeter ist der Stand. Das ist viel. Dieser Brunnen hat sein Limit bald erreicht. "
Wasserpolizist Juan Miguel Reina notiert sich den Zählerstand. Der Landwirt hat die für das gesamte Jahr genehmigte Fördermenge schon im Sommer fast ausgeschöpft. Das gibt ein Bußgeld, sagt der Beamte, aber vom Beschuldigten ist nichts zu sehen.
" Meist bewässern die Bauern eine viel größere Fläche als genehmigt. Wenn sich der hier an die genehmigten fünf Hektar halten würde, dürfte es überhaupt keine Probleme geben. Wenn er natürlich 40 Hektar bewässert. "
Juan Miguel Reina klappt den Ordner zusammen und schließt das Tor wieder ab. Mit seinen Stiefeln, der blauen Uniform, der großen Sonnenbrille und der kräftigen Statur sieht er wirklich aus wie ein Polizist. Aber auch wenn sie in Andalusien "Wasserpolizisten" genannt werden. Sie sind nur Beamte der Wasserbehörde, ihre einzigen Waffen sind ein Block, Kugelschreiber und ein Mobiltelefon, das bald auch noch Sparmaßnahmen zum Opfer fallen soll. Seit 16 Jahren macht der gelernte Schlosser diesen Job, erzählt er auf der Fahrt. Heute ist er 38. Die Arbeit draußen gefällt ihm. Viele Kleingärtner haben einen Brunnen und melden ihn inzwischen an. Damit leiste auch er seinen Beitrag gegen das Absinken und Versalzen des Grundwassers, sagt er, aber eigentlich wäre mehr zu tun:
" Wenn ich ehrlich bin: Wir sammeln Daten, überprüfen Zählerstände und schauen, dass die Brunnen angemeldet sind. Jeder kann einen Brunnen beantragen. Eine Familie mit kleinem Gärten bekommt das auch genehmigt. Eine große Plantage hat es schwieriger. Hier in Málaga gibt es dafür keine Lizenzen mehr. Aber eigentlich wären die Politiker gefordert. Man müsste mehr Wasser sparen - vor allem auf den Feldern. Und dann wird auch noch so viel gebaut. All diese Siedlungen brauchen Wasser. Ich frage mich immer wieder: Woher? "
Dann klagt über die Arbeitsbedingungen. Die Behörde habe zu wenig Mitarbeiter, demnächst wolle die Regionalregierung seine Überstunden nicht mehr bezahlen - ein Kampf gegen Windmühlen. Er fährt durch ein Dorf, vorbei an Wohnsiedlungen mit grünen Wiesen. Draußen brennt die Sonne, die Klimaanlage des Autos gibt ihr bestes. Vor einer Werbetafel für eine neue Wohnsiedlung mit Golfplatz biegt der Beamte ab und bleibt vor einer Straße stehen.
" Das hier ist ein Fluss. Arroyo Garcés heißt er. Genau hier wird die Zufahrtsstraße für die neue Siedlung oben auf dem Hügel errichtet. Wenn es regnet kommt das Wasser von dort genau hier herunter. Hier rechts war das ursprüngliche Flussbett. "
" Hier die Anzeige vom 4. Juli vor einem Jahr. Und hier die erste vom 14. Oktober 2004. Jetzt sagen mir die von der Leitstelle, ich solle noch mal überprüfen, ob sich nichts verändert hat. "
Der Wasserpolizist steigt mit der Kamera aus dem Auto und fotografiert die Arbeiten, die neue Straße, den Gehweg, die Laternen. Eigentlich ist die Bebauung der trockenen Flussbetten strengstens verboten. Im Falle heftiger Regenfälle sammeln sich schnell große Wassermassen an, die die Hänge hinabstürzen und alles mitreißen, was sich ihnen in den Weg stellt. Immer wieder kommt es dabei auch zu Todesfällen. Juan Miguel Rena steigt wieder ins Auto und schüttelt mit dem Kopf.
" Fälle wie diesen habe ich viele. Im Büro stapeln sich Anzeigen vom Jahr 2000, von 2002 oder 2003. Zu meinem Revier gehören 10 Gemeinden, einschließlich Málaga. "
Juan Migel Reina telefoniert mit einem Kleingärtner. Der Mann hat einen Brunnen angemeldet, der Beamte will gleich hin fahren. Über einen kurvigen Feldweg geht es zu einem Wochenendhäuschen in den Hügeln über Malaga. Die Aussicht über die andalusische Küste ist überwältigend.
Reina legt das satellitengestützte Ortungsgerät auf den Brunnen, notiert sich die Koordinaten und die Tiefe des Brunnens, 182 Meter. Drei PS ist die Pumpe stark. - Nein, das kostet nichts, die Bewässerung des kleinen Garten wird ohne Probleme genehmigt, versichert Reina dem Mann und erklärt ihm, er müsse sich aber unbedingt einen Zähler besorgen. Dann fragt er nach weiteren Brunnen in der Nähe?
" Pozos cerca? "
" Nun ja, da ist der da unten, den haben Sie ja schon bei der Fahrt hierher gesehen. Dann ist da noch der da drüben. Und da oben ist auch noch einer, und auf der anderen Seite des Hügels auch. Ich glaube, meiner ist der einzige legale. "
Einen weiteren beantragten Brunnen schaut sich Rena noch an, dann ist es Mittag. Jetzt muss er die Gutachten schreiben. Auf einem Parkplatz stellt er den Wagen hab, die Klimaanlage läuft weiter. Der Wasserpolizist fragt sich, ob die Überlastung seiner Behörde nicht sogar beabsichtigt ist, wenn sich die Verfahren so lange hinziehen:
" Jetzt haben wir gerade mal zwei Brunnen gesehen. Einen weiteren kontrolliert, eine Anzeige bearbeitet. Dann kommt auch manchmal der Auftrag, etwas ganz dringendes vorzuziehen. Für mehr reicht die Zeit nicht. Und dann siehst Du, dass wieder irgendwo illegal in einem Flussbett gebaut wurde. Wir sind einfach zu wenig Leute. Von Tarifa bis Nerja sind wir nur zehn Beamte. Was wir brauchen ist mehr Personal. "
Literatur:
Juan Goytisolo - Campos de Nijar (Originaltitel)
Winfried-Jenior-Verlag Kassel 2006
Die deutsche Übersetzung hat noch keinen endgültigen Titel. Das Buch erscheint im Dezember 2006.