Fidel Castro, der Unverwüstliche. Als er 1959 in Kuba an die Macht kam, regierte in Deutschland noch Konrad Adenauer. Elf US-Präsidenten hat der Comandante seit dem miterlebt. Und über Gerüchte seiner Gegner, dass er wahrscheinlich bereits tot ist, machte er sich schon vor Jahren lustig:
"Da sie kein Glück hatten, erklären sie mich immer wieder für schwer krank oder tot. Das Problem ist nur: Wenn ich wirklich sterbe, wird es niemand glauben."
84 Jahre wird Castro am Freitag. In dem Alter war Adenauer noch in Hochform – und auch der Comandante läuft sich langsam wieder warm. Lange war von ihm nichts zu hören oder zu sehen – außer ein paar traurigen Bildern im Trainingsanzug. Ein von Krankheit gezeichneter Mann.
Und jetzt beinah täglich Auftritte. Mal diskutiert er mit Jugendlichen, mal trifft er Veteranen und trägt wie früher eine olivgrüne Jacke. Eine Biografie stellt er vor über die Jahre des revolutionären Kampfes. Und dann ist da noch das große Fernsehinterview, in dem sich Fidel vor allem mit seinem alten Feind, den USA, befasst:
"Die Militärausgaben der USA erhöhen sich ständig. Sie geben mehr aus als alle Länder zusammen. Ihr Spiel ist nicht sauber, sie sagen nie die Wahrheit."
Wegen seiner Krankheit hat Castro schon seit 2006 keine Staatsämter mehr ausgeübt. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Raul ist seit 2008 auch offiziell Präsident Kubas. Aber Fidel ist immer noch erster Sekretär der Kommunistischen Partei. Und mit seinen vielen Auftritte in den letzten Wochen signalisiert er zumindest eins: Er ist noch da. Und gegen seinen Willen dürfte nicht viel laufen in Kuba.
Dabei befindet sich das Land in einer schweren Krise – zum einem wirtschaftlich. Die Ernten sind zurückgegangen, vor allem beim Zucker. Den größten Teil der Nahungsmittel muss Kuba importieren. Aber es fehlen Divisen. Ausländische Firmen, die mit Kuba Handel betreiben, berichten von Zahlungsschwierigkeiten.
Ein Grund dürfte sein, dass Kubas wichtigster Verbündeter, das Venezuela des Hugo Chavez, selbst in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt. Auch in Caracas sitzt das Geld nicht mehr so locker.
Dazu kommt die politische Ermüdung. Vor zwanzig Jahren ist die sozialistische Welt zusammengebrochen – aber Kubas Führung macht im Wesentlichen weiter wie gehabt. Selbst treue Anhänger der Revolution mahnen inzwischen Veränderungen an. Etwa der Sänger Silvio Rodriguez, einer der wichtigsten Poeten des politischen Liedes in Lateinamerika:
"Ich glaube weiter an die Revolution. Aber die Revolution ist an einigen Punkten alt geworden. Und um die Menschen weiter zu gewinnen, um die Errungenschaften zu sichern, ist es notwendig, einige Aspekte zu evolutionieren."
Veränderungen zeichnen sich nun aber ab. Etwa in der Wirtschaft. Zum einen sollen die Kubaner die Möglichkeit erhalten, unter Auflagen Kleinbetriebe mit eigenen Angestellten zu gründen. Mehr Platz also für die Privatwirtschaft.
Zum anderen will die Regierung die Zahl der Staatsangestellten deutlich reduzieren, da viele von ihnen nicht gebraucht würden. Das könnte für Unruhe sorgen. Präsident Raul Castro warb vor dem kubanischen Parlament für die Reformen:
"Wir haben keinen Zweifel an der Unterstützung der Arbeiter- und Bauernklasse und der anderen Sektoren für unsere Maßnahmen. Ohne Effizienz können wir nicht die Löhne verbessern, unsere Exporte steigern und die Lebensmittelproduktion erhöhen. Ohne Produktivität sind wir nicht in der Lage, die enormen Kosten unseres sozialistischen Systems aufrecht zu erhalten."
Veränderungen in der Wirtschaftspolitik – aus der Not geboren. Aber auch politisch ist etwas in Bewegung. Kuba hat damit begonnen, 52 Oppositionelle aus dem Gefängnis zu entlassen – ein Großteil von ihnen wurde bereits nach Spanien ausgeflogen.
Die kubanische Führung kommt damit dem Westen und Menschenrechtsgruppen entgegen - die hatten seit Jahren die Freilassung der Dissidenten gefordert.
Als Gegenleistung dürfte Kuba jetzt Zugeständnisse des Westens erwarten – vor allem aus Europa. Kredite und Wirtschaftshilfe könnten die größte Not auf der Insel lindern. Unklar ist aber, ob die EU-Länder sich darauf einlassen werden.
Trotzdem: Beobachter staunen. In Kuba scheint sich plötzlich etwas zu bewegen, während gleichzeitig Fidel Castro wieder auftaucht – der allerdings schweigt zu all den Veränderungen.
Zwei Erklärungsmuster gibt es nun: Die einen Kuba-Experten glauben, dass es eine echte Arbeitsteilung gibt zwischen den Castro-Brüdern. Raul versucht vorsichtige Reformen, und Fidel signalisiert Zustimmung durch bloße Anwesenheit.
Andere Kuba-Experten sehen eher einen Richtungsstreit. Fidel gegen Raul. Heinz Dieterich, linker Soziologie-Professor in Mexiko-Stadt und politischer Weggefährte von Raul Castro, glaubt, dass die Brüder unterschiedlicher Meinung sind:
"Ich denke, dass zum Beispiel die Möglichkeit, Agrarland zu pachten, die es vorher nicht gab, dass Fidel da Gefahren drin sieht. Auch die Freigabe bestimmter kleinunternehmerischer Tätigkeit und so weiter, weil das natürlich Elemente der Marktwirtschaft sind. Und jede Marktwirtschaft führt zu größeren Ungleichheiten, Anhäufung von Reichtum. Und Raul meiner Meinung nach sieht das auch, sagt aber, wir haben keine Alternative, wir müssen den Pakt mit dem Teufel machen, mit der Marktwirtschaft, um die Wirtschaft zu beleben, weil sonst uns die Leute davonlaufen."
Ganz gleich, was nun stimmt. Ob Fidel wiederaufgetaucht ist, um Reformen zu bremsen - oder doch um seinen Bruder zu unterstützen. Eine Abkehr vom Sozialismus will wohl keiner der Castros. Vielmehr geht es darum, das kubanische System in seinen Grundzügen zu erhalten.
Eins muss man Fidel, dem Unverwüstlichen sicher abnehmen kurz vor seinem 84. Geburtstag. An die Revolution glaubt er immer noch. Und an den Sozialismus auch.
"Da sie kein Glück hatten, erklären sie mich immer wieder für schwer krank oder tot. Das Problem ist nur: Wenn ich wirklich sterbe, wird es niemand glauben."
84 Jahre wird Castro am Freitag. In dem Alter war Adenauer noch in Hochform – und auch der Comandante läuft sich langsam wieder warm. Lange war von ihm nichts zu hören oder zu sehen – außer ein paar traurigen Bildern im Trainingsanzug. Ein von Krankheit gezeichneter Mann.
Und jetzt beinah täglich Auftritte. Mal diskutiert er mit Jugendlichen, mal trifft er Veteranen und trägt wie früher eine olivgrüne Jacke. Eine Biografie stellt er vor über die Jahre des revolutionären Kampfes. Und dann ist da noch das große Fernsehinterview, in dem sich Fidel vor allem mit seinem alten Feind, den USA, befasst:
"Die Militärausgaben der USA erhöhen sich ständig. Sie geben mehr aus als alle Länder zusammen. Ihr Spiel ist nicht sauber, sie sagen nie die Wahrheit."
Wegen seiner Krankheit hat Castro schon seit 2006 keine Staatsämter mehr ausgeübt. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Raul ist seit 2008 auch offiziell Präsident Kubas. Aber Fidel ist immer noch erster Sekretär der Kommunistischen Partei. Und mit seinen vielen Auftritte in den letzten Wochen signalisiert er zumindest eins: Er ist noch da. Und gegen seinen Willen dürfte nicht viel laufen in Kuba.
Dabei befindet sich das Land in einer schweren Krise – zum einem wirtschaftlich. Die Ernten sind zurückgegangen, vor allem beim Zucker. Den größten Teil der Nahungsmittel muss Kuba importieren. Aber es fehlen Divisen. Ausländische Firmen, die mit Kuba Handel betreiben, berichten von Zahlungsschwierigkeiten.
Ein Grund dürfte sein, dass Kubas wichtigster Verbündeter, das Venezuela des Hugo Chavez, selbst in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt. Auch in Caracas sitzt das Geld nicht mehr so locker.
Dazu kommt die politische Ermüdung. Vor zwanzig Jahren ist die sozialistische Welt zusammengebrochen – aber Kubas Führung macht im Wesentlichen weiter wie gehabt. Selbst treue Anhänger der Revolution mahnen inzwischen Veränderungen an. Etwa der Sänger Silvio Rodriguez, einer der wichtigsten Poeten des politischen Liedes in Lateinamerika:
"Ich glaube weiter an die Revolution. Aber die Revolution ist an einigen Punkten alt geworden. Und um die Menschen weiter zu gewinnen, um die Errungenschaften zu sichern, ist es notwendig, einige Aspekte zu evolutionieren."
Veränderungen zeichnen sich nun aber ab. Etwa in der Wirtschaft. Zum einen sollen die Kubaner die Möglichkeit erhalten, unter Auflagen Kleinbetriebe mit eigenen Angestellten zu gründen. Mehr Platz also für die Privatwirtschaft.
Zum anderen will die Regierung die Zahl der Staatsangestellten deutlich reduzieren, da viele von ihnen nicht gebraucht würden. Das könnte für Unruhe sorgen. Präsident Raul Castro warb vor dem kubanischen Parlament für die Reformen:
"Wir haben keinen Zweifel an der Unterstützung der Arbeiter- und Bauernklasse und der anderen Sektoren für unsere Maßnahmen. Ohne Effizienz können wir nicht die Löhne verbessern, unsere Exporte steigern und die Lebensmittelproduktion erhöhen. Ohne Produktivität sind wir nicht in der Lage, die enormen Kosten unseres sozialistischen Systems aufrecht zu erhalten."
Veränderungen in der Wirtschaftspolitik – aus der Not geboren. Aber auch politisch ist etwas in Bewegung. Kuba hat damit begonnen, 52 Oppositionelle aus dem Gefängnis zu entlassen – ein Großteil von ihnen wurde bereits nach Spanien ausgeflogen.
Die kubanische Führung kommt damit dem Westen und Menschenrechtsgruppen entgegen - die hatten seit Jahren die Freilassung der Dissidenten gefordert.
Als Gegenleistung dürfte Kuba jetzt Zugeständnisse des Westens erwarten – vor allem aus Europa. Kredite und Wirtschaftshilfe könnten die größte Not auf der Insel lindern. Unklar ist aber, ob die EU-Länder sich darauf einlassen werden.
Trotzdem: Beobachter staunen. In Kuba scheint sich plötzlich etwas zu bewegen, während gleichzeitig Fidel Castro wieder auftaucht – der allerdings schweigt zu all den Veränderungen.
Zwei Erklärungsmuster gibt es nun: Die einen Kuba-Experten glauben, dass es eine echte Arbeitsteilung gibt zwischen den Castro-Brüdern. Raul versucht vorsichtige Reformen, und Fidel signalisiert Zustimmung durch bloße Anwesenheit.
Andere Kuba-Experten sehen eher einen Richtungsstreit. Fidel gegen Raul. Heinz Dieterich, linker Soziologie-Professor in Mexiko-Stadt und politischer Weggefährte von Raul Castro, glaubt, dass die Brüder unterschiedlicher Meinung sind:
"Ich denke, dass zum Beispiel die Möglichkeit, Agrarland zu pachten, die es vorher nicht gab, dass Fidel da Gefahren drin sieht. Auch die Freigabe bestimmter kleinunternehmerischer Tätigkeit und so weiter, weil das natürlich Elemente der Marktwirtschaft sind. Und jede Marktwirtschaft führt zu größeren Ungleichheiten, Anhäufung von Reichtum. Und Raul meiner Meinung nach sieht das auch, sagt aber, wir haben keine Alternative, wir müssen den Pakt mit dem Teufel machen, mit der Marktwirtschaft, um die Wirtschaft zu beleben, weil sonst uns die Leute davonlaufen."
Ganz gleich, was nun stimmt. Ob Fidel wiederaufgetaucht ist, um Reformen zu bremsen - oder doch um seinen Bruder zu unterstützen. Eine Abkehr vom Sozialismus will wohl keiner der Castros. Vielmehr geht es darum, das kubanische System in seinen Grundzügen zu erhalten.
Eins muss man Fidel, dem Unverwüstlichen sicher abnehmen kurz vor seinem 84. Geburtstag. An die Revolution glaubt er immer noch. Und an den Sozialismus auch.