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Die Zukunft unseres Urlaubs

Immer mehr Pauschalreisen sind keine klassischen Pauschalreisen mehr, sagt Helmut Wachowiak von der Internationalen Hochschule Bad Honnef anlässlich des Führungswechsels beim Reisekonzern TUI. Die Branche wandele sich, Urlaub werde individueller - und könnte künftig spürbar teurer werden.

Das Gespräch führte Benjamin Hammer |
    Benjamin Hammer: Touristik Union International – das ist die lange Form von TUI, dem größten Reisekonzern Europas. Doch wo Touristik draufsteht, ist nicht nur Touristik drin. So ist die TUI noch immer am eher ungeliebten Logistiker Hapag-Lloyd beteiligt. Heute hat die TUI neue Geschäftszahlen vorgelegt, sich auf der Hauptversammlung den Investoren gestellt und der neue Chef hat sich vorgestellt: Friedrich Joussen. Dem alten Chef wird kaum nachgetrauert.
    Die Branche, in der TUI agiert, sie befindet sich im Umbruch. Darüber habe ich vor der Sendung mit Helmut Wachowiak gesprochen, er ist Professor für Tourismus-Management an der Internationalen Hochschule Bad Honnef, und ich habe ihn zunächst zum neuen TUI-Chef Joussen befragt. Der kommt aus der Mobilfunk-Branche, hatte mit Tourismus bisher nichts zu tun. Ob das gut geht?

    Helmut Wachowiak: Also ich denke, generell bedarf es bei der Führung von Großkonzernen weniger jetzt der detaillierten Fachkenntnisse als vielmehr der Kompetenz, sehr schnell zu verstehen und auch komplexe Prozesse und Entscheidungswege zu moderieren, sicherlich auch gute Kompromisse erzielen zu können zwischen den verschiedenen Interessen in einem solchen Konzern, und ich denke, dass auch gestandene Touristiker heute immer mehr, sage ich mal, hinzulernen müssen, weil sich doch die Branche enorm wandelt.

    Hammer: Schauen wir mal auf die großen Touristik-Konzerne in Deutschland wie zum Beispiel TUI. Die haben in der Vergangenheit ja viel Geld mit klassischen Pauschalreisen verdient, also Flug, Transfer, Hotel in einem Paket. Wie ist da die Tendenz? Machen die Deutschen das weiterhin gerne?

    Wachowiak: Ja! Der Anteil der individuellen Reiseorganisation steigt schon stetig. Derzeit liegt er bei den Urlaubsreisen, wenn wir jetzt nur die Reisen nimmt, die jetzt wirklich in den Urlaub gehen, jetzt nicht irgendwie ein Bahn-Ticket etc., ungefähr bei 60 Prozent. Das heißt umgekehrt: Ungefähr 40 Prozent aller Reisen sind schon noch diese klassischen Pauschalreisen. Ich denke aber, man muss mehr und mehr sehen, dass immer mehr Pauschalreisen keine klassischen Pauschalen mehr sind. Man hat nicht einfach nur irgendwie ein Produkt von der Stange, sondern man hat heutzutage auch immer mehr individuelle Komponenten, und insofern ist die Pauschalreise von heute eigentlich mehr und mehr ein Paket, was sozusagen sekundengenau dann zusammengestellt wird, wenn sich die persönlichen Wünsche der Kunden äußern.

    Hammer: Das Internet, das spielt ja da auch eine Rolle, was Sie gerade angesprochen haben. Das hat die Reisebranche ja kräftig durcheinandergewirbelt. Früher bin ich ins Reisebüro gegangen, musste mühsam die Kataloge der verschiedenen Veranstalter durchforsten, heute reicht ein Klick im Internet und alles wird verglichen. Können sich die großen Konzerne wie TUI da überhaupt noch behaupten?

    Wachowiak: Ja! Nach wie vor ist das Reisebüro immer noch die Anlaufstelle Nummer eins, wenn es um die Reisebuchung geht. Das vergisst man ja häufig, wenn es um die Diskussion Internet und Online geht. Also es ist schon so, dass das Reisebüro immer noch der Anlaufpunkt Nummer eins ist. Es ist aber auch richtig, dass der Online-Vertrieb schon mächtig aufholt. Wenn man aber jetzt diese großen Reisekonzerne wie die TUI nimmt, aber sicherlich auch die REWE oder Thomas Cook, die haben einfach eine sehr, sehr große traditionelle Markterfahrung und immer sehr, sehr langjährige Unternehmensbeziehungen zu den Hotels, oder auch zu den Airlines. Damit haben wir unter dem Strich schon die Möglichkeit, dass der Einkauf in sehr großem Stil zu besseren Konditionen führt, und insofern ergibt sich hier durchaus auch die Frage, ob beispielsweise solche Konzerne – es wird ja immer gesagt, dass die vielleicht manchmal ein bisschen teurer sind -, ob das wirklich so ist.

    Hammer: Jetzt habe ich gerade im Internet mal nach aktuellen Reisen geguckt und vor allem nach aktuellen Preisen. Da gibt es zum Beispiel eine Woche Ägypten im Fünf-Sterne-Hotel inklusive Flug für 339 Euro. Verdient da überhaupt irgendjemand noch bei solchen Preisen Geld?

    Wachowiak: Ja, da sprechen Sie ein ganz klassisches Problem in der Touristik an. Generell operiert die Branche wirklich mit niedrigen bis teilweise minimalen Umsatzrenditen. Es gibt sicherlich Ausnahmen, aber prinzipiell funktioniert damit eigentlich das große Geschäftsmodell der Touristik entsprechend nur dann, wenn man auch hohe Buchungszahlen generiert. Man kennt das aber auch bei den Flugpreisen. Solch ein günstiges Beispiel, wie Sie jetzt gerade genannt haben, das ist sicherlich nicht die Regel. Branchenkenner gehen sogar eher davon aus, dass es in Zukunft sogar zu einem spürbaren Anstieg im Preisniveau von Reisen kommen wird.

    Hammer: Sie sprechen die Zukunft an. Wie muss sich ein Touristik-Konzern denn Ihrer Meinung nach aufstellen, damit er erfolgreich für die Zukunft gerüstet ist?

    Wachowiak: Ich denke, sicherlich muss man sich permanent an neue Trends anpassen. Man muss sicherlich die Kundenwünsche kennen. Man muss zunehmend mehr sich die neuen technologischen Möglichkeiten zu eigen machen. Aber vielleicht aus meiner Sicht das zentrale Thema für die Zukunft ist einfach das Thema Qualität, Qualitätssicherung. Man muss sich vorstellen: Der Kunde bleibt ja bei negativen Erlebnissen nicht mehr wie früher anonym, sondern kann heutzutage über Online-Bewertungsportale, soziale Netzwerke etc. seine Erfahrungen mit großer Streuwirkung weitergeben. Und wenn man als Tourismus-Unternehmen das nicht als Risiko begreift, sondern sagt, Mensch, das ist eigentlich eine Chance generell, weil ich sozusagen dann auch mit guten Leistungen zufriedene Kunden bekommen kann, dann ist das ja automatisch auch die allerbeste Werbung.

    Hammer: TUI und andere Reisekonzerne in Zeiten des Wandels – das war Helmut Wachowiak von der Internationalen Hochschule Bad Honnef, ein Gespräch, das wir vor der Sendung aufgezeichnet haben.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.