Jochen Steiner: 222 Kilometer strampelten die Radsportler heute bei der Tour de France durch Südfrankreich. Davor ging es über die Pyrenäen. Fast übermenschlich, was diese Sportler leisten können. Immer wieder hört man: "Das können die ohne Doping gar nicht packen!". Bei der Tour im letzten Jahr wurde ein russischer Fahrer mit einem sogenannten Diuretikum im Urin erwischt, vor wenigen Tagen fiel die A-Probe des Luxemburgers Fränk Schleck positiv aus, auch hier was es ein Diuretikum. Diuretika und weitere Doping-Substanzen - auch bei den anstehenden Olympischen Spielen in London werden sie ein Thema sein. Vor der Sendung habe ich mit Professor Mario Thevis vom Zentrum für präventive Doping-Forschung an der Deutschen Sporthochschule Köln gesprochen und ich habe ihn gefragt, was Diuretika überhaupt für Doping-Substanzen sind.
Mario Thevis: Diuretika zählen in erster Linie zu den sogenannten maskierenden Substanzen. Sie haben an sich keinen leistungssteigernden Effekt, können aber die Einnahme von anderen Substanzen verschleiern, indem der Organismus, der Körper mehr Wasser ausscheidet und dementsprechend die Konzentration verbotener Substanzen im Urin verdünnt. In anderen Sportarten, abseits des Ratsports, wo Gewichtsklassen eine Rolle spielen, hat es schon einige Fälle gegeben, in denen Sportler versucht haben, über eine vermehrte Wasserausscheidung Gewicht zu reduzieren – ein bis zwei Kilogramm, um in ihrer vorgesehenen Gewichtsklasse auch antreten zu können.
Steiner: Wie können denn diese Diuretika nachgewiesen werden bei Tests?
Thevis: Diuretika werden in jeder Kontrolle grundsätzlich getestet. Das heißt, die Urinprobe durchläuft ein Analyseverfahren, in dem alle uns bekannten Diuretika und deren Stoffwechselprodukte erfasst werden. Das funktioniert über konventionelle Methoden, die hier unter der Bezeichnung Massenspektrometrie laufen.
Steiner: Sind diese Nachweise denn sicher?
Thevis: Diese Nachweise sind absolut eindeutig. Das heißt, vom Ergebnis des Analysenberichts sind meiner Meinung nach keine Zweifel zu hegen. Die Eindeutigkeit der Aussagen sind absolut gewährleistet.
Steiner: Wie hören ja immer von der A- und B-Probe. In diesem Fall – bei den Diuretika: Wie unterscheiden sich die Proben denn voneinander?
Thevis: Zwischen A- und B-Probe sollte es eigentlich keinen Unterschied geben. Es sind die gleichen Urine, die zu einem Zeitpunkt in zwei verschiedene Flaschen abgefüllt wurden und mithilfe eines Siegelverschlusses verschlossen werden. Die A-Probe wird in Abwesenheit des Athleten geöffnet und analysiert. Und falls es dort zu einem auffälligen Befund kommt, hat der Athlet das Recht, die B-Probe zu öffnen und eine Wiederholungsanalyse zu beantragen, bei der die Überprüfung des Siegels, das heißt, die Integrität der Probe, nochmals überprüft wird.
Steiner: Ein anderes Dopingmittel, das häufiger im Zusammenhang mit der Tour de France genannt wird, ist Epo – das Hormon Erythropoetin. Das bewirkt, dass das Blut mehr Sauerstoff aufnehmen kann, die Ausdauer wird dadurch dann erhöht. Da lieferte der Urintest lange Zeit keine wirklich eindeutigen Ergebnisse. Hat sich das mittlerweile geändert?
Thevis: Das hat sich in den letzten Jahren sehr stark geändert. Es wurden zahlreiche Verbesserungen an den Epo-Nachweisverfahren durchgeführt. Es sind zusätzliche, ergänzende Tests entwickelt worden. Und hier würde ich sagen, besteht überhaupt kein Zweifel, wenn es einen positiven Befund gibt, dass dieser auch auf die Einnahme von künstlichen Epo-Formen zurückzuführen ist.
Steiner: Um Epo nachzuweisen, wird eben auch der Urin untersucht. Was wird da genau gemacht?
Thevis: Es wird Urin aufkonzentriert. Die Mengen an Epo in Urin sind sehr gering. Das heißt, wir müssen hier, im Vergleich zu anderen Proben und Analyseverfahren, etwa das Zehnfache Volumen in Anspruch nehmen, um ausreichende Epo-Mengen zu erhalten. Diese werden dann mithilfe der sogenannten isolektrischen Fokussierung – das ist ein Verfahren, auf das wir hier besser nicht näher eingehen werden – isoliert und von körperfremdem Epo separiert.
Steiner: Das war ja lange Zeit das Problem - das körperfremde Epo nicht eindeutig von dem körpereigenen identifizieren zu können. Und das ist jetzt sicher?
Thevis: Das ist jetzt sicher. Es gibt zwei Verfahren, die das unabhängig voneinander darlegen können. Und nur, wenn beide auch genau dieses Kriterien erfüllen, geht man davon aus, dass man hier einen positiven Befund vorliegen hat.
Steiner: Jetzt stehen ja auch die Olympischen Spiele in London vor der Tür. Vor dem Zusammenhang machte eine Meldung Schlagzeilen, dass einige von 3000 eingefrorenen Urinproben von 2004 – das waren die Olympischen Spiele in Athen – nochmals analysiert wurden mit neuen Methoden. Was sind das für Methoden?
Thevis: Innerhalb der letzten acht Jahre haben sich zahlreiche Nachweisverfahren deutlich verbessert. Es sind auch neue Substanzen nachweisbar geworden, die wir 2004 noch gar nicht erfassen konnten. Und das betrifft ein sehr großes Spektrum an Substanzen, an Substanzklassen, die auf der Verbotsliste der Welt-Antidopingagentur zu finden sind. Angefangen von Stimulanzien, über anabole Wirkstoffe. Epo, was eben bereits angesprochen wurde. Andere Peptidhormone. Es hat sich eine ganze Menge getan, und es würde natürlich ein sehr interessantes Bild ergeben, wenn wir diese neuen Methoden auf bereits genommene und damals gelagerte Proben anwenden können.
Steiner: Jetzt haben Sie gesagt, die Methoden werden immer besser. Aber hinken diese Methoden nicht doch den immer gewiefteren Einsatzmöglichkeiten neuer Dopingmittel hinterher?
Thevis: Das ist richtig. Wir werden sicherlich nicht auf Augenhöhe sein. Allerdings greift da genau das Instrument, was wir eben angesprochen haben – nämlich die Langzeitlagerung. Das heißt, wir haben mehr Zeit als der Sportler wahrscheinlich annimmt, wenn er denn zu Dopingmitteln greift, um Nachweisverfahren zu entwickeln, um zu sanktionieren, wenn denn verbotenen Mittel in den Blut- oder Urinkontrollen aufgefunden werden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen
Mario Thevis: Diuretika zählen in erster Linie zu den sogenannten maskierenden Substanzen. Sie haben an sich keinen leistungssteigernden Effekt, können aber die Einnahme von anderen Substanzen verschleiern, indem der Organismus, der Körper mehr Wasser ausscheidet und dementsprechend die Konzentration verbotener Substanzen im Urin verdünnt. In anderen Sportarten, abseits des Ratsports, wo Gewichtsklassen eine Rolle spielen, hat es schon einige Fälle gegeben, in denen Sportler versucht haben, über eine vermehrte Wasserausscheidung Gewicht zu reduzieren – ein bis zwei Kilogramm, um in ihrer vorgesehenen Gewichtsklasse auch antreten zu können.
Steiner: Wie können denn diese Diuretika nachgewiesen werden bei Tests?
Thevis: Diuretika werden in jeder Kontrolle grundsätzlich getestet. Das heißt, die Urinprobe durchläuft ein Analyseverfahren, in dem alle uns bekannten Diuretika und deren Stoffwechselprodukte erfasst werden. Das funktioniert über konventionelle Methoden, die hier unter der Bezeichnung Massenspektrometrie laufen.
Steiner: Sind diese Nachweise denn sicher?
Thevis: Diese Nachweise sind absolut eindeutig. Das heißt, vom Ergebnis des Analysenberichts sind meiner Meinung nach keine Zweifel zu hegen. Die Eindeutigkeit der Aussagen sind absolut gewährleistet.
Steiner: Wie hören ja immer von der A- und B-Probe. In diesem Fall – bei den Diuretika: Wie unterscheiden sich die Proben denn voneinander?
Thevis: Zwischen A- und B-Probe sollte es eigentlich keinen Unterschied geben. Es sind die gleichen Urine, die zu einem Zeitpunkt in zwei verschiedene Flaschen abgefüllt wurden und mithilfe eines Siegelverschlusses verschlossen werden. Die A-Probe wird in Abwesenheit des Athleten geöffnet und analysiert. Und falls es dort zu einem auffälligen Befund kommt, hat der Athlet das Recht, die B-Probe zu öffnen und eine Wiederholungsanalyse zu beantragen, bei der die Überprüfung des Siegels, das heißt, die Integrität der Probe, nochmals überprüft wird.
Steiner: Ein anderes Dopingmittel, das häufiger im Zusammenhang mit der Tour de France genannt wird, ist Epo – das Hormon Erythropoetin. Das bewirkt, dass das Blut mehr Sauerstoff aufnehmen kann, die Ausdauer wird dadurch dann erhöht. Da lieferte der Urintest lange Zeit keine wirklich eindeutigen Ergebnisse. Hat sich das mittlerweile geändert?
Thevis: Das hat sich in den letzten Jahren sehr stark geändert. Es wurden zahlreiche Verbesserungen an den Epo-Nachweisverfahren durchgeführt. Es sind zusätzliche, ergänzende Tests entwickelt worden. Und hier würde ich sagen, besteht überhaupt kein Zweifel, wenn es einen positiven Befund gibt, dass dieser auch auf die Einnahme von künstlichen Epo-Formen zurückzuführen ist.
Steiner: Um Epo nachzuweisen, wird eben auch der Urin untersucht. Was wird da genau gemacht?
Thevis: Es wird Urin aufkonzentriert. Die Mengen an Epo in Urin sind sehr gering. Das heißt, wir müssen hier, im Vergleich zu anderen Proben und Analyseverfahren, etwa das Zehnfache Volumen in Anspruch nehmen, um ausreichende Epo-Mengen zu erhalten. Diese werden dann mithilfe der sogenannten isolektrischen Fokussierung – das ist ein Verfahren, auf das wir hier besser nicht näher eingehen werden – isoliert und von körperfremdem Epo separiert.
Steiner: Das war ja lange Zeit das Problem - das körperfremde Epo nicht eindeutig von dem körpereigenen identifizieren zu können. Und das ist jetzt sicher?
Thevis: Das ist jetzt sicher. Es gibt zwei Verfahren, die das unabhängig voneinander darlegen können. Und nur, wenn beide auch genau dieses Kriterien erfüllen, geht man davon aus, dass man hier einen positiven Befund vorliegen hat.
Steiner: Jetzt stehen ja auch die Olympischen Spiele in London vor der Tür. Vor dem Zusammenhang machte eine Meldung Schlagzeilen, dass einige von 3000 eingefrorenen Urinproben von 2004 – das waren die Olympischen Spiele in Athen – nochmals analysiert wurden mit neuen Methoden. Was sind das für Methoden?
Thevis: Innerhalb der letzten acht Jahre haben sich zahlreiche Nachweisverfahren deutlich verbessert. Es sind auch neue Substanzen nachweisbar geworden, die wir 2004 noch gar nicht erfassen konnten. Und das betrifft ein sehr großes Spektrum an Substanzen, an Substanzklassen, die auf der Verbotsliste der Welt-Antidopingagentur zu finden sind. Angefangen von Stimulanzien, über anabole Wirkstoffe. Epo, was eben bereits angesprochen wurde. Andere Peptidhormone. Es hat sich eine ganze Menge getan, und es würde natürlich ein sehr interessantes Bild ergeben, wenn wir diese neuen Methoden auf bereits genommene und damals gelagerte Proben anwenden können.
Steiner: Jetzt haben Sie gesagt, die Methoden werden immer besser. Aber hinken diese Methoden nicht doch den immer gewiefteren Einsatzmöglichkeiten neuer Dopingmittel hinterher?
Thevis: Das ist richtig. Wir werden sicherlich nicht auf Augenhöhe sein. Allerdings greift da genau das Instrument, was wir eben angesprochen haben – nämlich die Langzeitlagerung. Das heißt, wir haben mehr Zeit als der Sportler wahrscheinlich annimmt, wenn er denn zu Dopingmitteln greift, um Nachweisverfahren zu entwickeln, um zu sanktionieren, wenn denn verbotenen Mittel in den Blut- oder Urinkontrollen aufgefunden werden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen