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Diesel-Urteil
Städte prüfen Fahrverbote - Hamburg prescht vor

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Fahrverbote für Dieselautos in Städten sind als letztes Mittel zur Luftverbesserung rechtens. Mehrere Städte prüfen bereits Fahrverbote. Hamburg reagierte als erstes - und kündigt bereits für April auf zwei besonders belasteten Straßenabschnitten Einschränkungen an.

    21.02.2018, Hamburg: Ein Lastwagen fährt im Stadtteil Altona in der Stresemannstraße an einer Luftmessstation vorbei.
    Eine Luftmesstation in der Hamburger Stresemannstraße. (dpa / Daniel Bockwoldt)
    Der Senat der Hansestadt teilte mit, dass mit der Entscheidung der Verwaltungsrichter die bereits im Sommer 2017 im Luftreinhaltplan beschlossenen Verkehrsbeschränkungen in Kraft treten könnten. Betroffen seien Abschnitte der Max-Brauer-Allee für PKW und LKW mit einer Abgasnorm älter als Euro VI sowie Abschnitte der Stresemannstraße für Diesel-LKW älter als Euro VI.
    In Berlin will der Senat bis Jahresende prüfen, ob es ab 2019 Fahrverbote in der Hauptstadt geben soll. In Stuttgart könnte es für ältere Diesel schon Ende 2018 erste Beschränkungen geben.
    Bundeskanzlerin Merkel rechnet indes nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Diesel-Fahrverboten nur mit begrenzten Folgen. Es gehe um einzelne Städte, in denen noch mehr gehandelt werden müsse, und nicht um ganz Deutschland und alle Autobesitzer, sagte Merkel in Berlin.
    Bundesregierung will Fahrverbote vermeiden
    Bundesumweltministerin Hendricks erklärte, das Gericht habe Rechtsklarheit geschaffen. Es habe das Recht der Bürger auf saubere Luft bekräftigt. Die SPD-Politikerin betonte, sie habe weiter das Ziel, Fahrverbote zu vermeiden. Es gebe andere Wege, um die Schadstoffgrenzen einzuhalten.
    Generell will die Bundesregierung Diesel-Fahrverbote vermeiden. Der geschäftsführende Verkehrsminister Christian Schmidt, CSU, sagte in Berlin, es müssten möglichst schnell Vorkehrungen ergriffen werden, damit die Stickoxid-Grenzwerte in den Städten eingehalten würden. Dabei gehe es unter anderem um die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet, CDU, wandte sich ebenfalls gegen Fahrverbote. Ganz Düsseldorf zu sperren, sei nicht verhältnismäßig. Die Bezirksregierung Düsseldorf will Diesel-Fahrverbote bis mindestens 2020 in der NRW-Landeshauptstadt vermeiden. "Es gibt keinen Automatismus, dass in Düsseldorf Fahrverbote verhängt werden", sagte Regierungsvizepräsident Roland Schlapka.
    "Keine Rücksicht auf Kommunen"
    Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) kritisierte das Urteil. Damit sei das Problem auf die Kommunen abgeladen worden, sagte Geisel. Das Leipziger Gericht habe keine Rücksicht darauf genommen, mit welch hohem administrativen und nahezu unlösbarem Aufwand Fahrverbote verbunden seien.
    Der deutsche Städte- und Gemeindebund bezeichnet es als "Irrglauben", mit der Bestätigung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge durch das Bundesverwaltungsgericht sei eine Lösung des Schadstoffproblems gefunden. Es sei ein falscher Eindruck, dass sich mit möglichst viel Regulierung und Verboten die Stickoxid-Belastung in den betroffenen Städten reduzieren lasse, sagte Hauptgeschäftsführer Landsberg. Der Mittelstandsverband BVMW sieht im Diesel-Urteil eine Gefährdung für die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen. Verbandschef Ohoven warnt, Fahrverbote kämen einer Enteignung von Betriebsvermögen bei vielen Firmen gleich.
    NABU: "Autoindustrie hat sich verzockt"
    Der Chef der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte, man erlebe hier ein Debakel für die Politik der Großen Koalition, die sich einseitig auf die Seite der Autoindustrie geschlagen habe. Resch sprach von "einem ganz großen Tag für saubere Luft in Deutschland". Der Naturschutzbund NABU begrüßt das Urteil. "Die Autoindustrie hat sich böse verzockt", sagte Geschäftsführer Miller.
    "Das ist eine Absage an generelle Fahrverbote", erklärte hingegen Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie. Die Städte müssten die Belange der Betroffenen bei ihren Luftreinhalteplänen berücksichtigen. Die Politik müsse alles unternehmen, um einen Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen in den Städten zu vermeiden. Zielführend wäre eine bundeseinheitliche Regelung.
    Obwohl die Luftbelastung mit Stickoxiden in vielen Städten deutlich zurückgegangen ist, überschreiten laut Umweltbundesamt weiter rund 70 Kommunen die Grenzwerte. Deutschland droht deswegen auch eine Klage der EU-Kommission.
    (tzi/ig/hba/db)