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Dieselalarm
Kontroverse um den Kraftstoff

Am Diesel hängt viel: Arbeitsplätze stehen auf der Kippe. Große und kleine Kunden ziehen sich aus der Antriebstechnologie zurück. Städte könnten gerichtlich zu Fahrverboten gezwungen werden. Die Autoindustrie ist auf Schlingerkurs, die Verbraucher sind verunsichert. Die Politik sucht nach Kompromissen.

Moderation: Nadine Lindner |
    Ein rotes Miniaturauto, umgeben von Rauch
    Durch die Kontroverse um den Kraftstoff sind viele Verbraucher verunsichert. (imago/Christian Ohde)
    "Zur Diskussion" bringt die Standpunkte zur Zukunft des Diesel an einen Tisch.
    Es diskutierten:
    • Oliver Krischer, MdB Bündnis 90/Die Grünen
    • Alexander Möller, Geschäftsführung ADAC e.V.
    • Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer Städte- und Gemeindebund
    • Gerald Traufetter, Der Spiegel
    "Deutschland hinkt bei E-Mobilität hinterher"
    Der Grünen-Politiker Oliver Krischer gibt den Diesel-Motoren keine große Zukunft mehr. "Ich war selber Diesel-Fahrer und fühle mich getäuscht und betrogen, ich fahre jetzt ein Elektro-Auto." Aus den Berliner Ministerien höre er immer wieder "der Diesel stirbt von unten" , was heiße, dass sich das Umrüsten bei kleineren, weniger teuren Modellen nicht mehr lohne und nur noch teurere Diesel-Autos übrig bleiben würden. Auf die Auto-Industrie sei er nicht gut zu sprechen, so Krischer, denn sie habe "nur mit Tricksen und Täuschen Vorgaben erfüllt". Ihm gehe es nicht um Diesel-"Bashing". Deutschland hinke aber hinterher, denn weltweit gebe es einen Strukturwandel in der Motorenindustrie, einen Trend hin zu E-Autos. "Deutschland sollte sich da an die Spitze stellen, das findet aber nicht statt", kritisierte Krischer.
    Er sei aber optimistisch, es werde am Ende viel schneller gehen, als wir es heute glauben: "Im Jahr 2030 werden wir lachen über die heutige Diskussion über die Zukunft der Verbrennungsmotoren". Diesel-Fahrverbote, wie sie in Städten wie München oder Stuttgart erwogen werden, könne man vermeiden, wenn die vorhandenen Diesel-Flotten rasch umgerüstet würden. Dass die Deutsche Post keinen deutschen Auto-Konzern gefunden habe, der ihr eine E-Auto-Flotte bauen kann und nun deshalb selbst E-Autos herstelle, sein ein Armutszeugnis für die deutsche Auto-Industrie, so der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer.
    "Lebensader Innenstadt ist gefährdet"
    Fahrverbote in deutschen Städten seien nicht im Sinne der Kommunen, so Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Es sei auch noch nicht klar, ob solche Verbote rechtens seien, dies werde zurzeit gerichtlich geprüft. Es reiche nicht, nur über private Diesel-Fahrzeuge nachzudenken. Schließlich würde ein Diesel-Fahrverbot auch Autos von Behörden wie Polizei oder Feuerwehr und auch Lieferanten betreffen. "Die Lebensader Innenstadt ist gefährdet." Die Diskussion um Diesel-Fahrzeuge sei eine Scheindiskussion, weil die Feinstaub-Belastung durch potenzielle Verbote nicht abnehme. Landsberg plädierte für eine Verkehrswende: "Der Individualverkehr in den Städten hat keine Zukunft. Muss man trotz vernünftigem ÖPNV eigentlich samstags mit dem Auto in City fahren und dann in langen Schlangen vor Parkhäusern stehen?" Selbst wenn es eine große Nachrüstung bei Diesel-Autos gebe, könne dies bei zu hohen Grenzwerten dennoch zu Fahrverboten führen. Ihm fehle in Deutschland noch ein Bushersteller, der Elektro-Busse produziere, so Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund.
    "Industrie muss Umrüstungskosten tragen"
    Die wenigsten Autofahrer können es sich nicht leisten, von Diesel auf E-Auto umrüsten, beklagte Alexander Möller, Mitglied der ADAC-Geschäftsführung. "Unter unseren Mitgliedern herrscht große Verunsicherung. Wir raten: Bewahren Sie Ruhe und kaufen Sie am besten nichts. Wir hoffen, dass es bald Entscheidungen gibt, auf die sich die Autofahrer verlassen können." Ihn störe, dass die Diskussion um Diesel-Fahrzeuge oft auf das Spannungsfeld Gesundheit vs. Klimaschutz reduziert werde. Sein Verband sei gespannt auf die neuen Euro 6d-Diesel-Fahrzeuge, die im Herbst auf den Markt kommen. E-Autos würden seiner Meinung nach nicht das Platzproblem in den Innenstädten lösen. Viele Pendler seien auf Autos angewiesen, weil sie Busse und Bahnen für zu unzuverlässig hielten. Speziell im ländlichen Raum sei das Auto unverzichtbar. Der ADAC frage sich, "ab wann sich Europa vom Verbrennungsmotor verabschieden könne, ab wann das alles für uns funktioniert." Wer die Kosten der Umrüstungen trägt, sei für ihn klar: "Die Industrie muss dafür aufkommen, auch wenn es ihr nicht gefällt." Sie müsse auch eine Garantie auf die Umrüstungsmaßnahmen geben, so der ADAC-Vertreter Alexander Möller.
    "Trend geht weg vom Diesel-Auto"
    Gerald Traufetter vom Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat beobachtet, dass schon deutlich weniger Diesel-Fahrzeuge gekauft werden, seit der Abgasskandal aufgekommen ist. Dies sei vor allem in Städten wie Stuttgart, in denen Fahrverbote drohen, der Fall. "Auch Großkunden wie die Allianz oder die Deutsche Bahn sind inzwischen zurückhaltender beim Kauf von Diesel-Fahrzeugen für ihre Flotten." Das sei ein schlimmes Signal für die deutschen Autobauer wie BMW oder Mercedes. Traufetter hat bei weltweiten Recherchen festgestellt: "Der Trend geht weg vom Diesel-Auto." Er kritisierte, dass es die Hersteller hierzulande versäumt hätten, sich, anders als etwa die Japaner, auf Hybrid-Autos zu konzentrieren. Er glaube, dass es ein Problem werden könnte, dass die Auto-Industrie eine Nachrüstung anbieten muss, die die Kunden nichts kostet, so der Spiegel-Journalist Gerald Traufetter.