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Dieselfahrverbote
"Deutsche Automobilindustrie ist nicht geschont worden"

Der ehemalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat sich im Dlf gegen ein mögliches bundesweit geregeltes Dieselfahrverbot ausgesprochen. Man wolle den Kommunen die Möglichkeit geben, das selbst zu regeln - nur die würden "sich ziemlich anstellen", sagte Ramsauer.

Peter Ramsauer im Gespräch mit Sandra Schulz |
    Der CSU-Politiker Peter Ramsauer
    Der CSU-Politiker Peter Ramsauer (Imago)
    Sandra Schulz: Am Telefon ist Peter Ramsauer, erfahrener CSU-Wirtschaftspolitiker im Bundestag und von 2009 bis 2013 auch Bundesverkehrsminister. Schönen guten Morgen!
    Peter Ramsauer: Guten Morgen aus Berlin!
    Schulz: Diese Probleme mit der verbotenen schlechten Luft in deutschen Städten, die gibt es ja nun wirklich in fast allen Bundesländern. Hätte sich da nicht längst von Berlin aus was tun müssen?
    Ramsauer: Es wird so getan – und das zeigt auch gerade Ihre Frage -, als sei in der Vergangenheit nichts geschehen. Ich höre in der ganzen komplexen Debatte ein ganz wesentliches Argument leider nicht, nämlich dass seit 1990 die Belastung mit Stickoxiden um 70 Prozent reduziert worden ist. Es geht jetzt um weitere 30 Prozent. Wir werden nicht auf null kommen.
    Schulz: Ja, Herr Ramsauer, aber was Sie dabei jetzt verschweigen ist der Punkt, dass die Stickoxide …
    Ramsauer: Ja, ich weiß. Das wollen Sie nicht hören.
    Schulz: Na doch! Deswegen haben wir Sie ja angerufen.
    Ramsauer: Ja dann lassen Sie mich doch aussprechen.
    Schulz: Herr Ramsauer, lassen Sie mich kurz die Einordnung machen.
    Ramsauer: Nein, ich bin bei Ihrer Antwort, die Sie von mir erwarten. 70 Prozent weniger seit 1990.
    Schulz: 70 Prozent gedrosselt, aber wir sind trotzdem noch bei einer hundertprozentigen Überschreitung teilweise in München, Herr Ramsauer.
    Ramsauer: Das sollte ja gerade kommen, aber Sie gehören zu diesen Journalisten, die die Wahrheiten nicht hören wollen. – 70 Prozent reduziert und der Aufwand für jedes weitere Prozent Richtung hundert steigt natürlich exponentiell an mit einer ganzen Reihe von Folgeschäden. Und jetzt kommt natürlich Ihr Argument, dass partiell erhebliche Belastungen vorhanden sind …
    Schulz: Genau, und zwar in Höhe von 100 Prozent, Herr Ramsauer.
    Ramsauer: …und deswegen sind die Schritte, und deswegen sind die Vorschläge, die Christian Schmidt als amtierender Verkehrsminister gemacht hat, völlig richtig, an diese Einzelbelastungen heranzugehen, und dazu sollen die Gemeinden, weil die genau wissen, wo es am meisten fehlt, die Ermächtigung erhalten.
    Schulz: Jetzt würde ich aber doch den Vorschlag zum Verfahren machen, dass ich die eine oder andere Frage auch in unser Gespräch einflechten kann, weil wir ja zum Interview verabredet sind. – Ich wollte jetzt gerne noch mal die Relativierung anbringen. Sie sagen ja, die Stickoxid-Werte, die sind viel besser, als sie früher waren, aber sie sind an den neuralgischen Punkten teilweise immer noch um 100 Prozent über dem Grenzwert. Das sehen Sie nicht als Problem?
    Ramsauer: Natürlich ist das ein Problem. Die Bundesregierung und mein Kollege Christian Schmidt sehen das genauso. Genau deshalb ist es auch richtig, den Kommunen die Möglichkeiten zu geben, an diesen neuralgischen Punkten Regelungen zu ermöglichen. Denn die Kommunen wissen sehr viel genauer, wo es an ihrem Straßennetz fehlt. Nicht der Bund weiß das. Deswegen wenden wir uns gegen generelle Fahrverbote, die der Bund regelt, sondern wollen den Kommunen die Möglichkeiten geben.
    "Die Kommunen scheuen sich, selbst zu regeln"
    Schulz: Aber die Kommunen, Herr Ramsauer, weisen doch aber genau an dem Punkt darauf hin, wenn sie punktuelle Fahrverbote an einzelnen Straßen haben, dass das überhaupt nicht zu handhaben ist, weil bei einem Auto nicht zu erkennen ist, ist es ein Diesel, ist es ein Euro-fünf-, ein Euro-sechs-Diesel. Von den Kommunen kommt ja gerade der Vorschlag nach der blauen Plakette.
    Ramsauer: Das kommt auch aus dem Grund, weil die Kommunen sich scheuen, das ist ein altes Problem, selbst zu regeln. Aber Sie können doch nicht - Nehmen wir das Beispiel München her und Sie sprechen von der blauen Plakette. Sie würden im Falle der bayerischen Landeshauptstadt München mit der blauen Plakette etwa 300.000 Fahrzeuge völlig von der Stadt ausschließen, wenn Sie pauschal regeln würden. 300.000 Fahrzeuge, die jeden Tag Dienstleistungen erbringen müssen, die als Pendler hineinfahren müssen, die Lieferungen tätigen müssen und vieles mehr. In der Stadt München, um bei dem Beispiel zu bleiben, ist ein Engpass aber die Landshuter Allee, wo wir punktuell diese Überschreitungen haben. Hier punktuell zu regeln, ist ohne weiteres möglich. Das ist das eine. Das andere sind eine Reihe von Maßnahmen, lenkende Maßnahmen auch im Nahverkehr, die alle derzeit im nationalen Forum Diesel erörtert werden. Der Bund will ja den Kommunen helfen, aber die Kommunen stellen sich auch ziemlich an.
    "Wichtig ist, dass der Druck auf die deutsche Automobilindustrie bleibt"
    Schulz: Da bin ich mir aber sehr sicher, dass die bayerische Landeshauptstadt auch kluge Ausnahmegenehmigungen erteilen würde für Lieferanten, für Handwerker, für Unternehmen, für Kleinunternehmen, die das sicherlich auch bräuchten. – Lassen Sie uns den Schritt weitergehen in der Diskussion. Es gibt ja viele Verbraucher, die sich jetzt melden, die den Eindruck haben, dass die Politik in Berlin die Automobilindustrie lange, viel zu lange mit Samthandschuhen angefasst hat. Das ist auch eine Rückmeldung, die uns hier von vielen Hörern erreicht. Was antworten Sie darauf?
    Ramsauer: Da antworte ich darauf, dass das die Reaktion auf eine veröffentlichte Meinung ist. Ich kenne die Argumentation der Grünen, die Kollegin Baerbock, die wir gerade gehört haben. Ich kenne die Haltungen der unseligen Deutschen Umwelthilfe, die ihren Namen zu Unrecht trägt, wie ich meine.
    Wichtig ist, dass der Druck auf die deutsche Automobilindustrie bleibt, und nach meiner Meinung und aus meiner Erfahrung auch aus über vier Jahren Verkehrsministertätigkeit ist die deutsche Automobilindustrie in keiner Weise geschont worden, sondern hier sind die Daumenschrauben immer fest angezogen gewesen, und nicht umsonst hätte die deutsche Autoindustrie den besten Ruf weltweit in der gesamten weltweiten Automobilwirtschaft.
    "Einführung des Euro-sechs-Diesels bei LKW war ein ganz schmerzhafter Schritt"
    Schulz: Mit Druck meinen Sie jetzt in dem Fall, dass schon lange bekannt war, dass die Abgaswerte ja vollkommen unterschiedlich sind, auf dem Prüfstand und im Vergleich zur Realität, dass man da lange zugeschaut hat. Das meinen Sie mit Druck?
    Ramsauer: Zu diesen Fragen hat ja der Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag, bei dem ich auch verhört wurde, alles Notwendige gesagt. Ja, das war Druck. Ich gebe Ihnen auch gerne ein Beispiel. Die Einführung des Euro-sechs-Diesels bei LKW, das war für die LKW-Hersteller in Deutschland ein ganz schmerzhafter Schritt. Aber der ist durchgezogen worden und heute spricht kein Mensch mehr darüber. Ohne massiven Druck der Politik wäre es zu diesem Schritt nicht gekommen, und so gibt es eine ganze Reihe von Beispielen, eine durchgehende Verkehrspolitik, die den Druck nicht mindert, zu noch besseren Abgasnormen, egal bei welcher Art von Verbrennungsmotor zu kommen.
    Schulz: Wobei gerade in diesem Untersuchungsausschuss ja klar wurde, dass schon ab 2009 die Deutsche Umwelthilfe x-mal um Termine bei Ihnen gebeten hat, damals in Ihrer Rolle als Verkehrsminister, und schlichtweg nicht vorgelassen wurde. Auch das würden Sie subsummieren unter Druck auf die Automobilindustrie?
    Ramsauer: Da rate ich Ihnen, mal die Papiere genau nachzulesen, weil das, was Sie hier behaupten, schlicht und einfach nicht stimmt.
    Schulz: Habe ich gemacht.
    Ramsauer: Dann haben Sie zu wenig gelesen.
    Schulz: Das ist das Archiv des Bundestages, das da meine Quelle ist. Kann jeder nachlesen.
    Ramsauer: Natürlich. Aber ich weiß immer noch besser, was ich selbst getan und nicht getan habe. Damals natürlich haben die Herrschaften die Termine bekommen im Hause. Nur kann niemand, auch nicht ein Herr Resch erwarten, wenn ein Minister neu ins Amt kommt und etwa 200 Verbände mit ihren Hauptgeschäftsführern und Präsidenten Termine wollen, dass er der Allererste ist, der aufschlägt, einer, der nichts anderes im Sinn hat, als zu prozessieren.
    "Was ich heute erwarte, weiß ich selbst nicht genau"
    Schulz: Es ist die Rede davon, dass da über 100 Anfragen kamen und dass man vorgelassen wurde zu Ihrem damaligen Staatssekretär Andreas Scheuer. Ich sage es noch mal: Meine Quelle ist das Archiv der Seite Bundestag.de. Vielleicht ist das dann Ihrerseits auch noch mal die Nachfrage wert. Aber das war jetzt sicherlich für unsere Hörer auch noch mal interessant zu hören. – Was erwarten Sie heute?
    Ramsauer: Gute Frage.
    Schulz: Danke.
    Ramsauer: Ich weiß es selbst nicht genau. Sonst würde sich möglicherweise unser Gespräch erübrigen. Aber bei der Anmoderation wurde ja schon deutlich, mit welchem hoch komplexen und verminten Gelände wir es zu tun haben. Wie es bei Gerichtsentscheidungen ist: Man ist nicht sicher. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie auch erwähnt wurde. Entweder man gibt das Ganze zum Europäischen Gerichtshof, oder man verweist es zurück zu den bisherigen Gerichten, oder man gibt statt oder man weist ab. In vielen Fällen ist es am Ende so, dass die Richter Hinweise geben, die dann für den Bund oder die Kommunen als weiterer Leitfaden dienen sollen.
    Schulz: Der CSU-Wirtschaftspolitiker und frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer heute Morgen hier bei uns im Deutschlandfunk im Interview. Haben Sie ganz herzlichen Dank.
    Ramsauer: Aber sehr gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.