Martin Zagatta: Das war keine Panne, das war Kalkül. Mit diesem Vorwurf beschwert sich der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer jetzt darüber, dass seine CSU bei der Vorstellung neuer Steuerpläne offenbar mit Absicht übergangen wurde, von der CDU und der FDP. So jedenfalls wird der CSU-Chef heute von der Süddeutschen Zeitung zitiert. Was steckt hinter diesem Streit?
Am Telefon ist Erwin Huber, der frühere CSU-Vorsitzende. Guten Tag, Herr Huber!
Erwin Huber: Hallo, ich grüße Sie.
Zagatta: Herr Huber, können Sie sich einen Reim darauf machen, wenn Horst Seehofer der CDU nun vorwirft, absichtlich übergangen worden zu sein von der CDU, alsodass das keine Panne war, sondern Kalkül? Warum sollte die CDU das machen mit ihnen?
Huber: Also zunächst einmal hohe Anerkennung für den Beitrag gerade jetzt, war sehr informativ. Zweitens: Es war richtig, was Horst Seehofer gemacht hat. Es ist in der Tat so, dass dieses Steuerkonzept, soweit es den Namen überhaupt verdient, von Schäuble und Rösler unausgegoren ist und dass es vor allem auch innerhalb der CDU von den Ministerpräsidenten gar nicht mitgetragen wird. Was nutzt denn ein Vorschlag, der innerhalb der CDU gar nicht einmal getragen wird? Und deshalb war es richtig, dass Horst Seehofer hier durch seinen Einsatz herbeigeführt hat, dass jetzt eine Denkpause und eine Prüfphase stattfindet, und dann am 6. November beim nächsten Koalitionsgipfel ein belastungsfähiges, aber auch mehrheitsfähiges Konzept vorgelegt wird.
Zagatta: Sollten Sie da über den Tisch gezogen werden, oder warum wurden Sie da so behandelt?
Huber: Ich glaube auch, dass hier Verhandlungstaktik eine große Rolle gespielt hat. Wolfgang Schäuble ist ja bekannt dafür, dass er für alle taktischen Finessen auch zu haben ist. Und man wollte hier im Grunde die Steuerpolitik vorweg rausnehmen, um aus einem Gesamt-Tableau, das zu verhandeln war, die CSU zu schwächen. Das war in der Tat ein unfreundlicher Akt, vor allem auch unserer Schwesterpartei CDU, gegen die CSU.
Zagatta: Aber solche Meinungsverschiedenheiten besprechen Schwestern doch eigentlich nicht öffentlich. Warum sucht die CSU für diesen Konflikt nun so bewusst die öffentliche Bühne?
Huber: Es ist offenbar nicht möglich, mit der CDU da intern zu einer Vereinbarung zu kommen. Wer so vorgeht mit der Überrolltaktik, der muss damit, mit der Reaktion der CSU rechnen. Wir sind kein Landesverband der CDU, sondern ein eigenständiger Koalitionspartner.
Nun darf ich also inhaltlich noch sagen: Wir sind dafür, die Steuerlast der Leistungsträger zu reduzieren. Da gibt es im Prinzip zwei Wege, nämlich einmal den Abbau der kalten Progression, und da muss man möglicherweise – und das wäre auch die Aufgabe von Finanzminister Schäuble – ein Auffangprogramm für Länder dazufügen, die das aus eigener Kraft nicht finanzieren können. Das heißt, Absenkung der Steuersätze plus ein Auffangprogramm für die Länder. Oder die zweite Möglichkeit wäre, einen Soli sozial auszugestalten, oder einen sozialen Soli zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass man die jetzigen Einkommensgrenzen, von denen der Soli an erhoben wird, deutlich anhebt und dann hätten wir auch eine Konzentration der Absenkung der Steuerlast auf die unteren Einkommen.
Zagatta: Da gibt es ja auch in der CDU noch ganz unterschiedliche Meinungen, auch Widerstand. Aber wie kann denn jetzt dieser Streit ausgeräumt werden, Herr Huber? Wer muss sich da entschuldigen? Man hat ja spekuliert über eine Entschuldigung der Kanzlerin, das wurde dementiert. Wer muss da jetzt die Initiative ergreifen? Sie haben sich ja auf den Finanzminister eingeschossen.
Huber: Ja, gut. Entschuldigung? Es geht ja nicht darum, dass man da meinetwegen einen Entschuldigungsbrief bekommt und sich dann an den Hut stecken kann, sondern es geht ja um Fortschritte in der Sache. Man sollte die Zeit jetzt nutzen, dass man innerhalb der Koalition ein sozial ausgewogenes, aber auch mehrheitsfähiges Steuerkonzept vorlegt. Es geht uns ja um die Sache und nicht um einen Streit, und deshalb wären die 14 Tage gut geeignet, in internen Gesprächen die jetzt nachzuholen, um dann eine Vorlage zu haben für den 6. November, die entscheidungsfähig ist. Also ein Überrollen der CSU wird jedenfalls nicht stattfinden, und wenn der Bundesfinanzminister Schäuble einräumt, dass er sich vergaloppiert hat und dass er zunächst einmal seine Hausaufgaben machen sollte, innerhalb der CDU auch zum Einvernehmen zu kommen, dann würde das auch nicht schaden.
Zagatta: Und dann – dann wären auch Steuersenkungen möglich? Angesichts, Herr Huber, noch kurz zum Schluss -, dann wären auch Steuersenkungen möglich? Angesichts dieser Schuldenkrise, die wir im Moment haben, halten das viele ja für, na ja, kaum umzusetzen.
Huber: Ich darf dazu nur zwei Zahlen sagen. Es geht uns ja nicht darum, dass wir vom Konsolidierungskurs weggehen. Die öffentliche Hand, Bund, Länder, Kommunen werden 2013 etwa 70 Milliarden im Jahr Steuern mehr einnehmen als 2010.
Zagatta: Damit könnte man gut Schulden abbauen!
Huber: Und da kann man im Grunde, sagen wir mal rund gesagt, 60 Milliarden für die Konsolidierung verwenden und dann sechs, sieben bis zehn Milliarden für eine Steuersenkung. Das heißt, 90 Prozent für die Konsolidierung und zehn Prozent zur Entlastung der Leistungsträger. Das wäre doch ein ganz gutes Verhältnis.
Zagatta: Und dann die CSU mit einbeziehen. Danke schön!
Huber: Bitte sehr.
Zagatta: Das war Erwin Huber, der frühere CSU-Vorsitzende. Herr Huber, herzlichen Dank für das Gespräch.
Huber: Keine Ursache!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Am Telefon ist Erwin Huber, der frühere CSU-Vorsitzende. Guten Tag, Herr Huber!
Erwin Huber: Hallo, ich grüße Sie.
Zagatta: Herr Huber, können Sie sich einen Reim darauf machen, wenn Horst Seehofer der CDU nun vorwirft, absichtlich übergangen worden zu sein von der CDU, alsodass das keine Panne war, sondern Kalkül? Warum sollte die CDU das machen mit ihnen?
Huber: Also zunächst einmal hohe Anerkennung für den Beitrag gerade jetzt, war sehr informativ. Zweitens: Es war richtig, was Horst Seehofer gemacht hat. Es ist in der Tat so, dass dieses Steuerkonzept, soweit es den Namen überhaupt verdient, von Schäuble und Rösler unausgegoren ist und dass es vor allem auch innerhalb der CDU von den Ministerpräsidenten gar nicht mitgetragen wird. Was nutzt denn ein Vorschlag, der innerhalb der CDU gar nicht einmal getragen wird? Und deshalb war es richtig, dass Horst Seehofer hier durch seinen Einsatz herbeigeführt hat, dass jetzt eine Denkpause und eine Prüfphase stattfindet, und dann am 6. November beim nächsten Koalitionsgipfel ein belastungsfähiges, aber auch mehrheitsfähiges Konzept vorgelegt wird.
Zagatta: Sollten Sie da über den Tisch gezogen werden, oder warum wurden Sie da so behandelt?
Huber: Ich glaube auch, dass hier Verhandlungstaktik eine große Rolle gespielt hat. Wolfgang Schäuble ist ja bekannt dafür, dass er für alle taktischen Finessen auch zu haben ist. Und man wollte hier im Grunde die Steuerpolitik vorweg rausnehmen, um aus einem Gesamt-Tableau, das zu verhandeln war, die CSU zu schwächen. Das war in der Tat ein unfreundlicher Akt, vor allem auch unserer Schwesterpartei CDU, gegen die CSU.
Zagatta: Aber solche Meinungsverschiedenheiten besprechen Schwestern doch eigentlich nicht öffentlich. Warum sucht die CSU für diesen Konflikt nun so bewusst die öffentliche Bühne?
Huber: Es ist offenbar nicht möglich, mit der CDU da intern zu einer Vereinbarung zu kommen. Wer so vorgeht mit der Überrolltaktik, der muss damit, mit der Reaktion der CSU rechnen. Wir sind kein Landesverband der CDU, sondern ein eigenständiger Koalitionspartner.
Nun darf ich also inhaltlich noch sagen: Wir sind dafür, die Steuerlast der Leistungsträger zu reduzieren. Da gibt es im Prinzip zwei Wege, nämlich einmal den Abbau der kalten Progression, und da muss man möglicherweise – und das wäre auch die Aufgabe von Finanzminister Schäuble – ein Auffangprogramm für Länder dazufügen, die das aus eigener Kraft nicht finanzieren können. Das heißt, Absenkung der Steuersätze plus ein Auffangprogramm für die Länder. Oder die zweite Möglichkeit wäre, einen Soli sozial auszugestalten, oder einen sozialen Soli zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass man die jetzigen Einkommensgrenzen, von denen der Soli an erhoben wird, deutlich anhebt und dann hätten wir auch eine Konzentration der Absenkung der Steuerlast auf die unteren Einkommen.
Zagatta: Da gibt es ja auch in der CDU noch ganz unterschiedliche Meinungen, auch Widerstand. Aber wie kann denn jetzt dieser Streit ausgeräumt werden, Herr Huber? Wer muss sich da entschuldigen? Man hat ja spekuliert über eine Entschuldigung der Kanzlerin, das wurde dementiert. Wer muss da jetzt die Initiative ergreifen? Sie haben sich ja auf den Finanzminister eingeschossen.
Huber: Ja, gut. Entschuldigung? Es geht ja nicht darum, dass man da meinetwegen einen Entschuldigungsbrief bekommt und sich dann an den Hut stecken kann, sondern es geht ja um Fortschritte in der Sache. Man sollte die Zeit jetzt nutzen, dass man innerhalb der Koalition ein sozial ausgewogenes, aber auch mehrheitsfähiges Steuerkonzept vorlegt. Es geht uns ja um die Sache und nicht um einen Streit, und deshalb wären die 14 Tage gut geeignet, in internen Gesprächen die jetzt nachzuholen, um dann eine Vorlage zu haben für den 6. November, die entscheidungsfähig ist. Also ein Überrollen der CSU wird jedenfalls nicht stattfinden, und wenn der Bundesfinanzminister Schäuble einräumt, dass er sich vergaloppiert hat und dass er zunächst einmal seine Hausaufgaben machen sollte, innerhalb der CDU auch zum Einvernehmen zu kommen, dann würde das auch nicht schaden.
Zagatta: Und dann – dann wären auch Steuersenkungen möglich? Angesichts, Herr Huber, noch kurz zum Schluss -, dann wären auch Steuersenkungen möglich? Angesichts dieser Schuldenkrise, die wir im Moment haben, halten das viele ja für, na ja, kaum umzusetzen.
Huber: Ich darf dazu nur zwei Zahlen sagen. Es geht uns ja nicht darum, dass wir vom Konsolidierungskurs weggehen. Die öffentliche Hand, Bund, Länder, Kommunen werden 2013 etwa 70 Milliarden im Jahr Steuern mehr einnehmen als 2010.
Zagatta: Damit könnte man gut Schulden abbauen!
Huber: Und da kann man im Grunde, sagen wir mal rund gesagt, 60 Milliarden für die Konsolidierung verwenden und dann sechs, sieben bis zehn Milliarden für eine Steuersenkung. Das heißt, 90 Prozent für die Konsolidierung und zehn Prozent zur Entlastung der Leistungsträger. Das wäre doch ein ganz gutes Verhältnis.
Zagatta: Und dann die CSU mit einbeziehen. Danke schön!
Huber: Bitte sehr.
Zagatta: Das war Erwin Huber, der frühere CSU-Vorsitzende. Herr Huber, herzlichen Dank für das Gespräch.
Huber: Keine Ursache!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.