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Dieter Lenzen ist gewählt - hat die Wahl aber noch nicht angenommen

Von der Spree an die Elbe, von FU Berlin an die Universität Hamburg? Es ist kein Geheimnis, dass die Hochschule der Hansestadt den amtierenden Präsidenten der FU Berlin, Dieter Lenzen, verpflichten möchte. Obwohl nun gewählt ist, ist ein Wechsel noch nicht sicher. Dennoch erweckt der neue Mann bereits hohe Erwartungen.

Von Verene Herb |
    "Die Universität Hamburg sei an dem Punkt, an dem die Freie Universität Berlin vor zehn Jahren war. Sie krankt an ihrem schlechten Image," - da gibt es für Dieter Lenzen nichts zu beschönigen. Nachdem er am Freitag vom Hochschulrat und dem akademischen Senat der Hamburger Universität zum Nachfolger der ehemaligen Präsidentin Monika Auweter-Kurtz gewählt wurde, geht er zu Beginn der Woche wieder seinen Pflichten als FU-Präsident nach, und war für ein Interview leider nicht zu erreichen. Der Berliner Zeitung sagte er am Wochenende, er sehe sich nun einer "neuen reizvollen Aufgabe" gegenüber. Die Politik in der Hansestadt freut sich, sollte der Erziehungswissenschaftler die Wahl zum Präsidenten annehmen, sagt Timo Friedrichs, der Sprecher der Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach:

    "Wir halten das für eine hervorragende Wahl. Herr Lenzen hat einen exzellenten Ruf. Er ist ja schon jahrelang Mitglied am Präsidium der Freien Universität in Berlin und hat diese Hochschule nach oben geführt. Ähnliches versprechen wir uns natürlich auch für Hamburg. Die beiden Hochschulen sind ja ungefähr vergleichbar von der Größe her. Von der Exzellenz noch nicht ganz so... ."
    Und das soll Dieter Lenzen nun richten. Doch ohne weiteres lässt sich der noch amtierende FU-Präsident nicht nach Hamburg locken: Er knüpft einige Bedingungen an seinen Wechsel: Hamburg müsse den politischen Willen mitbringen, die Universität voranzubringen und "eine bauliche Erneuerung unter Aufwendung erheblicher Finanzmittel einzuleiten."
    Benjamin Gildemeister, Vertreter der Studierenden im Akademischen Senat der Hamburger Universität kann das nur unterstützen:

    "Wir haben es jetzt anderthalb Jahre erlebt, dass die Stadt große Versprechungen gemacht hat: Sie will die Uni verlagern, sie will ganz viel Geld in die Hand nehmen... Wenn er genau da den Finger in die Wunde legt und sagt: Wir brauchen mehr Geld, sonst komme ich nicht und ich will das vereinbart haben, bringt uns das als Universität nen Riesenschritt weiter und überspringt gleich ein paar Jahre."

    Der Germanistikstudent hat Dieter Lenzen gewählt, nachdem dieser vier einhalb Stunden sein Konzept für die Universität Hamburg vorgestellt hat, und ist überzeugt, dass der FU-Präsident etwas bewegen wird, auch bei der Veränderung des Hamburger Hochschulgesetzes. Dieter Lenzen fordert vorab, dass Willensbildungsprozesse an der Universität wieder möglich werden, und läuft bei vielen Verantwortlichen damit offene Türen ein:

    "Auch da wirkt er als Katalysator in der Diskussion und hat da konkrete Vorstellungen auch zu einer Demokratisierung des Hochschulgesetzes. Zum Beispiel bei Berufungsverfahren. Was auch einige Leute im Akademischen Senat schließlich überzeugt hat, ihn zu wählen."

    Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Monika Auweter-Kurtz kenne Dieter Lenzen die Netzwerke an der Universität und ist ein Kommunikator, so Benjamin Gildemeister.
    Doch nicht jeder Studierende begrüßt Dieter Lenzens Wechsel nach Hamburg: Ähnlich der Vorwürfe in Berlin, befürchten einige in der Hansestadt, dass nun ein "neoliberaler Kahlschlag" zu erwarten sei, und die "Durchökonomisierung des Studiums" - was auch immer das bedeuten mag - weiter fortgeführt wird.

    Unterdessen hat die Debatte um die Nachfolge von Dieter Lenzen in der FU bereits begonnen. Die Vizepräsidentin Ursula Lehmkuhl sei im Gespräch, berichtet die Berliner Zeitung.

    An der Elbe indes wird es nun zu Gesprächen zwischen dem Senat und dem designierten Präsidenten der Universität kommen, wenn der Hochschulrat auch der Politik offiziell die Wahl von Dieter Lenzen bestätigt hat, so Timo Friedrichs, Sprecher der Wissenschaftsbehörde:

    "Dann werden wir Herrn Lenzen unverzüglich zu einem Gespräch nach Hamburg einladen. Wir möchten ihn natürlich auch kennenlernen. Wir waren bei seiner Vorstellung nicht dabei. Wir möchten natürlich auch von ihm hören, was ist seine Vorstellung. Wo muss die Universität Hamburg hingehen. Welchen Weg möchte er mit ihr beschreiten, wenn er denn die Wahl annimmt. Und wenn man dann übereinkommt, werden wir sicherlich auch über Verfahren und Details auch vom Vertrag her reden können."

    Sollten die Parteien sich einigen, so könnte Dieter Lenzen bereits in den ersten Monaten des kommenden Jahres nach Hamburg wechseln.