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Digital-Scham
Datenschützer über die Grenzen der Digitalisierung

Datenschutzbeauftragte sprechen über Digital-Scham: Sie kritisieren den Ressourcenverbrauch, der mit der Digitalisierung einher geht. Denn Server und Supercomputer verbrauchen Energie und Internet-User hinterlassen einen ökologischen Fußabdruck.

Von Peter Welchering |
Ein Rechenzentrum, in dem Server aufeinandergestapelt sind
Rechenzentren, Supercomputer und die Produktion von Hardware verbrauchen Energie und Ressourcen (Photothek/Imago)
Die betrieblichen Probleme beim Umgang mit den Daten und beim Schutz der Privatsphäre von Kunden und Mitarbeitern standen auf der Herbstkonferenz der hauptberuflichen Datenschützer im Vordergrund. Und dabei ging es natürlich auch um eine Bestandsaufnahme, was die europäische Datenschutzgrundverordnung gebracht hat. Denn immerhin gilt sie seit Mai 2018 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbindlich. Thomas Spaeing, Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes der Datenschutzbeauftragten Deutschlands, zieht da eine insgesamt positive Bilanz mit einer Einschränkung:
"Wir erleben in den Unternehmen, dass man sagt: Wunderbar, wir können hier noch eine weitere Möglichkeit auftun, zum Kunden Vertrauen aufzubauen und zu zeigen, dass wir es hier ehrlich meinen. Also, in der Wirtschaft erlebe ich das eigentlich anders, als es in der Politik getrieben wird. Und das ist eine ganz spannende Auseinanderentwicklung."
In den Unternehmen wird die Datenschutzgrundverordnung also durchaus als Chance erfahren. In der Politik sieht das anders aus. Da wird Datenschutz oftmals noch immer als Innovationsbremse gescholten. Und das hatte in den 12 bis 18 Monaten nach Geltung der Datenschutzgrundverordnung auch Auswirkungen. Thomas Spaeing:
"Was die Presse da getrieben hat und teilweise auch getriggert durch die Politik, sehr dramatisch darzustellen, das hat sich auch in die Praxis durchgeschlagen. Das heißt in dem Unternehmen tatsächlich war auch die Welle da: Ist ja ein Wahnsinn, was wir alles tun müssen. Das hat sich inzwischen beruhigt. Inzwischen haben alle verstanden: Das ist hier ein ganz normales Thema. Das kann man genau wie alle anderen Themen, die wir im Unternehmen so bewältigen müssen, Compliance-Themen, Umweltschutz et cetera, kann man das auch systematisch bearbeiten. Was damals da so getrieben wurde, war ja ohnehin in der Regel, wenn man das Wort einmal benutzen darf: Fake news. Denn es war ja gar nicht so. Also das, was dargestellt wurde, war eine Verzerrung der Realität, und die wurde dann genutzt, um dieses Thema Datenschutz in Misskredit zu stellen."
Weniger Kontrolle aufgrund von zu wenig Personal
Da mussten auch die Datenschutzbeauftragten der Länder gegensteuern. Der Beratungsaufwand in Sachen Datenschutzgrundverordnung war hoch. Deshalb mussten die Landesdatenschutzbehörden sogar ihre Kontrollen etwas zurückfahren. Alles war mit dem Personalbestand eben nicht zu machen. Die Kontrolltätigkeit muss aber wieder verstärkt werden, meint Helga Block, Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen:
"Was eigentlich auch zu unserem Kerngeschäft gehört, nämlich Kontrollen durchzuführen, plötzlich irgendwo aufzuscheinen und zu sagen: Wir wollen uns das und das anschauen. Oder über eine Branche hinweg bestimmte Dinge zu prüfen, das haben wir auch in der Vergangenheit gemacht. Das ist etwas, dazu sind wir nicht verpflichtet, aber es wäre sinnvoll, es zu machen."
Digital-Scham wegen Ressourcenverbrauch
Und noch ein Thema kam während der Herbstkonferenz in die Diskussion: Die Digital-Scham. Petra Grimm, Professorin für Digitale Ethik an der Hochschule der Medien in Stuttgart, hatte "Digital-Scham" in ihrem Eröffnungsvortrag in Nürnberg am Mittwoch erwähnt. Und sie meinte damit in Anspielung auf die Flug-Scham, dass immer mehr Menschen den Ressourcenverbrauch kritisieren, der durch Digitalisierung entsteht. Das haben die Teilnehmer an der Herbstkonferenz der Datenschützer aufgegriffen. Der Energieverbrauch der Supercomputer und Serverfarmen, der Ressourcenverbrauch für die Produktion von Smartphones, Tablets und PCs muss mit bedacht werden muss. So meinten denn auch einige Datenschutzbeauftragte: Bisher haben wir uns um die Daten derer gekümmert, die beispielsweise im Internet surfen. Wir müssen uns aber auch um deren CO2-Ausstoß und den ökologischen Fußabdruck kümmern. Das heißt auch, dass über Grenzen der Digitalisierung gesprochen werden muss. Es müsse darüber debattiert werden muss, welchen Ressourcenverbrauch wir für welchen Prozess der Digitalisierung zulassen wollen.