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Digitale Kompetenz
Besuch in Facebooks neuem Berliner Lernzentrum

Facebook steht unter Druck: Das größte soziale Netzwerk der Welt soll mehr tun gegen Hass und Falschmeldungen. Jetzt hat das Unternehmen in Berlin ein Lernzentrum eröffnet, in dem Nutzer den Umgang mit digitalen Werkzeugen lernen sollen.

Von Philip Banse |
    Das Digitale Lernzentrum von Facebook in Berlin.
    Das Digitale Lernzentrum von Facebook in Berlin. (picture alliance / Kay Nietfeld/dpa)
    "So da steht jetzt 'installieren'. Wenn die was kosten würde, dann würde da 1,30 Euro stehen oder 2,50 Euro. Wenn da nur installieren steht, bedeutet das, dass das eine kostenfrei App ist. Klicken Sie mal auf installieren."
    Die 72 Jahre alte Frau möchte ihren Namen nicht im Radio hören. Mit fünf anderen Senioren sitzt sie im 7. Stock eines gläsernen Bürohauses, Blick auf den Potsdamer Platz, Berlin: das Lernzentrum in der Berliner Niederlassung von Facebook. Die Senioren beugen sich über ihre Tablets und lassen sich heute drei Stunden lang erklären, wie sie Apps installieren oder mit Google Maps navigieren.
    "Es stellt sich raus, dass es immer mehr jetzt haben, auch Bekannte und so, alle haben ein Tablet, alle haben ein Smartphone. Und dann dachte ich ja, das ist vielleicht ganz hilfreich."
    "Sie haben Ihre erste App runtergeladen."
    "Wir bieten hier in Berlin jetzt ganz neu an, das 'Einmaleins der Tablets und Smartphones für Menschen 65+'."
    Sagt Dagmar Hirche vom Verein "Wege aus der Einsamkeit".
    "Das machen wir in Hamburg schon seit zweieinhalb Jahren, haben wir schon 1.000 Senioren in Hamburg gehabt. Thema: Wie nehmen wir alte Menschen mit in die digitale Welt?"
    "Digitale Kompetenzen stärken"
    Facebook habe sie gefragt, ob sie ihre Kurse nicht einmal pro Woche im neuen Lernzentrum anbieten wolle: drei Räume in der Berliner Facebook-Niederlassung, 211 Quadratmeter, hell, einladend mit schnellem Internet. Der in die Kritik geratene Internetkonzern will diese Räume Initiativen zur Verfügung stellen, die digitale Kompetenzen stärken, sagt Eva-Maria Kirschsieper, die bei Facebook Deutschland für Kontakte zur Politik zuständig ist, also etwa Heiko Maas erklärt, was Facebook gegen Hass, Lügen und Falschmeldungen auf seiner Plattform machen will. Dabei setzt das Unternehmen vor allem darauf, dass Nutzer selbst Verantwortung übernehmen.
    "Einer unserer Partner vermittelt auch Medienkompetenz und ich glaube, das ist in dieser ganzen Diskussion extrem wichtig, dass die Menschen auch in die Lage versetzt werden, das zu analysieren und damit richtig umzugehen, was sie online und offline sehen."
    Facebook bietet Kurse nicht selbst an, das soziale Netzwerk versteht sich als Plattform, die Infrastruktur stellt, keine Inhalte produziert.
    "Dann bei Los wahrscheinlich, oder?"
    Die sechs Senioren im Smartphone-Kurs sind noch mit recht grundlegenden Fragen beschäftigt. Joachim Letsch, 66 Jahre, aus Berlin, hat gerade gelernt, wie er mit Google Maps nach Hause navigieren kann:
    "Ich wusste zwar, dass diese Sachen technisch alle machbar sind, aber wie es konkret geht, habe ich eben heute hier erst erfahren."
    Lässt sich ihr Senioren-Verein von Facebook instrumentalisieren, damit sich das soziale Netzwerk in einer aufgeheizten politischen Debatte gut darstellen kann? Kurs-Leiterin Dagmar Hirche:
    "Mir geht es um die Sache. Ich kann alte Menschen mit in die digitale Welt nehmen. Facebook spielt in unserer Runde überhaupt gar keine Rolle. Aber ich habe diesen kostenfreien Raum, ich kann das in Berlin kostenfrei anbieten. Ich sehe, dass der Bedarf da ist. Wenn sie es instrumentaleren - außer in den Pressemitteilungen zur Eröffnung haben sie mit unserem Verein noch keine Werbung gemacht."
    Webakademie für journalistische Kenntnisse
    Drei weitere Projekte nutzen das Lernzentrum: Das stiftungsfinanzierte Recherche-Büro "correctiv", das für Facebook auch Falschmeldungen aufspüren soll, wird hier seine "Reporterfabrik" betreiben: eine Web-Akademie, in der Journalisten und Nicht-Journalisten journalistische Kenntnisse schärfen. In der "Digitalwerkstatt" eines Spielzeugherstellers wiederum sollen Kinder den Umgang mit digitalen Werkzeugen lernen. Schließlich hat die die ReDi School für digitale Integration ihr Büro im Lernzentrum eingerichtet. Dieses Projekt bietet Programmierkurse für geflüchtete Menschen.
    "Hello, I am Maher Ismaail from Syria, I am Android programmer, I came to Germany one year ago."
    Maher Ismaail ist 29 Jahre alt und kommt aus Damaskus. Nach einer monatelangen Flucht lernte er in Berlin Leute von der ReDi School für digitale Integration kennen. Ismaail ist einer von bisher 200 Absolventen der Schule.
    "Als ich nach Deutschland kam, dachte ich: Was mache ich hier? Aber jetzt hier in Berlin mit diesem Team, die haben uns Hoffnung gegeben. Sie haben uns Firmen vorgestellt und ich habe jetzt sehr viele Kontakte zu großen Unternehmen. Es war ein sehr guter Start hier für mich, ich kann mir nichts Besseres vorstellen."
    Facebooks Lernzentrum bietet ein wenig Raum für sinnvolle Projekte, die Menschen befähigen, sich selbst bestimmter in der digitalen Welt zu bewegen. Als Facebooks Antwort auf ungezählte Hass-Texte und Falschmeldungen taugen die drei Räume am Potsdamer Platz allerdings nicht.