Digitaler Euro
Das Geld aus dem virtuellen Portemonnaie

Der digitale Euro soll die europäische Gemeinschaftswährung fit für die Zukunft machen. Für die Verbraucher könnte er viele Vorteile haben. Kritiker befürchten, dass das Bargeld abgeschafft werden soll - und auch die Datensicherheit wird diskutiert.

    Euro-Münzen regnen herab und verschwinden in einer digitalen Sphäre.
    Der digitale Euro soll so sicher sein wie Bargeld - und dadurch attraktiv für die Verbraucher sein. (picture alliance / dpa / Knut Niehus)
    Aller Voraussicht nach wird es in einigen Jahren ein neues europäisches Zahlungsmittel geben: den digitalen Euro. Man kann dann nicht mehr nur mit Bargeld oder einer Kreditkarte bezahlen, sondern auch mit Geld aus einem digitalen Portemonnaie. Der digitale Euro hat im Vergleich mit anderen digitalen Zahlungsmitteln einige Vorteile für Verbraucher. Wie er letztlich im Detail ausgestaltet werden soll, wird aber noch diskutiert. Kritiker fürchten, dass mit ihm das Bargeld abgeschafft werden soll.

    Inhalt

    Was ist der digitale Euro?

    Der digitale Euro ist ein elektronisches Zahlungsmittel und soll so sicher und benutzerfreundlich wie Bargeld werden. Die EU-Kommission plant, ihn als gesetzliches Zahlungsmittel einzustufen – was bedeutet, dass ihn alle Unternehmen, Händler und Geschäfte im Euro-Währungsraum annehmen müssten.
    Ausgegeben würde der digitale Euro von der Europäischen Zentralbank (EZB). Verbraucher müssten dort ein Konto eröffnen und könnten das Geld dann in einer digitalen Geldbörse speichern, zum Beispiel auf dem Smartphone.
    Einmal gespeichert, kann man mit dem digitalen Euro dann bezahlen, sowohl online bei einem Internethändler als auch offline, etwa im nächsten Supermarkt.

    Wie unterscheidet sich der digitale Euro von anderem digitalen Geld?

    Digitales Geld gibt es bereits. Wenn man zu Hause die Online-Banking-App öffnet, findet man dort ja keine Münzen oder Banknoten, sondern nur eine Zahl, die ein Guthaben repräsentiert.
    Das Geld, das Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Bank oder einem Zahlungsdienstleister auf dem Konto haben, unterscheidet sich dennoch grundsätzlich von digitalem Bargeld, wie es jetzt für den Euro in Vorbereitung ist.
    Das Geld auf einem Bankkonto ist Geld, das die Bank ihrem Kunden schuldet. Dieses „Buchgeld“ existiert nur digital in der Bilanz der Bank. Sollte die Bank pleitegehen, ohne dass es eine Einlagensicherung gibt, wäre das Geld weg.
    Das ist einer der Gründe, warum viele Menschen während Finanzkrisen zum Bankautomaten rennen und das Geld auf ihrem Konto, das Buchgeld, in Bargeld umtauschen. Mit einem Euro-Schein hält man dann ein Wertpapier - eine Verbindlichkeit der Europäischen Zentralbank - in den Händen.

    Die EZB kann nicht pleitegehen

    Der Wert der Euro-Scheine und Münzen, mit denen im Euro-Raum der Zahlungsverkehr abgewickelt wird, wird von der EZB garantiert – da die Zentralbank nicht pleitegehen kann, ist diese Form des Geldes besonders sicher.
    Diese Sicherheit würde auch für einen digitalen Euro gelten, was ihn für Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiv machen dürfte. Wie das Bargeld soll auch die digitale Variante des Euro barrierefrei und grenzüberschreitend funktionieren.
    Noch größer als zu dem digitalen Geld auf Bankkonten sind die Unterschiede zwischen digitalem Euro und Kryptowährungen wie Bitcoin. Während der digitale Euro von der EZB ausgegeben wird, steht hinter Kryptowährungen niemand, der den Wert garantiert.
    Aufgrund von dezentralen Strukturen in der Herstellung und Verwaltung des virtuellen Geldes gelten Bitcoins als sehr datensicher, sie lassen sich von Behörden kaum nachverfolgen.
    Doch ihr Wert bleibt dem freien Spiel der Märkte überlassen und schwankt stark: Kostete ein Bitcoin Anfang 2023 noch 18.000 Dollar, waren es im Juli 31.000 Dollar. Bei einem Crash der Währung kann es allerdings auch zum Totalverlust kommen.

    Warum will die EZB den digitalen Euro einführen?

    Im Grundsatz geht es darum, den Euro zukunftssicher zu machen. Die europäische Gemeinschaftswährung ist nach dem Dollar das meistgenutzte Zahlungsmittel weltweit. Wenn die USA zuerst eine digitale Währung einführten, würde das den Euro entscheidend schwächen. Zudem will die EZB ein digitales Zahlungsmittel schaffen, das in öffentlicher Hand ist und nicht wie Apple Pay oder Paypal im Besitz von Privatunternehmen außerhalb der EU. Das soll die europäische Unabhängigkeit stärken.
    Mit ihren Plänen reagieren EU-Kommission und EZB auch auf den zunehmenden Bedeutungsschwund von Bargeld: Die Zahl der Geldautomaten in der EU ist binnen fünf Jahren um 50.000 gesunken, in den Niederlanden akzeptieren schon heute viele Apotheken kein Bargeld mehr. In diese Lücke soll der digitale Euro stoßen - so sicher wie Bargeld, aber eben auch in elektronischer Form verfügbar.

    Welche Vorteile bietet der digitale Euro für Verbraucher und Händler?

    Ein weiteres Argument der EU-Kommission für den digitalen Euro ist, dass er unkomplizierter zu handhaben sei als andere elektronische Zahlungsmittel. Während Jugendliche zum Beispiel keine Kreditkarte bekommen, könnten sie im Internet mit dem digitalen Euro bezahlen. Auch für Ältere oder Behinderte soll die Registrierung leichter als bei den gängigen Bezahldiensten sein.
    Mit der Girocard, dem elektronischen Zahlungsmittel der deutschen Banken und Sparkassen, das aktuell noch die meisten Bürgerinnen und Bürger nutzen, stößt man im Alltag hingegen auf Barrieren: Mit ihr kann man beispielsweise nicht überall reibungs- und kostenlos im europäischen Ausland bezahlen - geschweige denn Geld abheben. Auch bei Online-Käufen wird die Girocard oft nicht akzeptiert – meist benötigt man zusätzlich eine Debit- oder Kreditkarte und muss dafür auf US-amerikanische Anbieter wie VISA oder Mastercard zurückgreifen.

    Überall einsetzbar und kostenfrei

    Aus Verbrauchersicht ist die zerstückelte europäische Zahlungsverkehrslandschaft ein Problem – und der digitale Euro wäre eine mögliche Lösung, meint Anna Martin, Finanzreferentin beim Europäischen Verbraucherverband. Denn dieser wäre ein Zahlungsmittel, „das man überall einsetzen kann“. Zusätzlich wäre der Einsatz auch noch kostenfrei. „Und die Regeln werden von öffentlichen Institutionen gesetzt" - nicht von privaten Unternehmen.
    Auch der Handel – also Geschäfte, Kaufhäuser und Online-Händler – könnten von der Einführung eines solchen Zahlungssystems profitieren. Denn derzeit muss der Handel Gebühren entrichten, wenn der Kunde digital bezahlt.

    Wann soll der digitale Euro eingeführt werden?

    Laut der EU-Kommission kommt der digitale Euro frühestens 2028. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel glaubt, dass wir „in etwa vier Jahren mit dem digitalen Euro bezahlen können“. Ein vorliegender Gesetzesvorschlag der EU-Kommission für die Digitalversion der Gemeinschaftswährung muss noch mit den EU-Staaten und dem EU-Parlament abgestimmt werden. Der EZB-Rat hat inzwischen aber grünes Licht für den digitalen Euro gegeben. Hieran schließt sich nun eine längere Vorbereitungsphase an, bis die EZB dann entscheidet, ob sie den digitalen Euro in Umlauf bringt.

    Welche Kritik gibt es am digitalen Euro?

    Seit über den digitalen Euro nachgedacht wird, gibt es Befürchtungen, dass er das Bargeld ersetzen soll. Um diese Ängste zu zerstreuen, hat die EU-Kommission zeitgleich mit dem Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro einen Vorschlag eingebracht, der sicherstellen soll, dass Bargeld weiterhin breit akzeptiert wird. So sollen die Gebühren an Geldautomaten transparenter werden und Einzelhändler Münzen und Scheine wechseln müssen, ohne dass die Kunden etwas kaufen.
    In einem Gastbeitrag, der in mehreren europäischen Zeitungen veröffentlicht wurde, betonten der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis, und EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta die Bedeutung von Bargeld. Kommission und EZB würden alles daransetzen, dass Bargeld auch weiterhin in allen Mitgliedsländern der EU verfügbar sei, schrieben sie.

    Mehr Schutz für die Privatsphäre bei Online-Zahlungen

    Auch die Datensicherheit wird beim digitalen Euro diskutiert. Vor allem bei Online-Zahlungen müsse die Privatsphäre besser geschützt werden, heißt es vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Hier müsse die EU noch nachbessern, fordert Vorständin Ramona Pop: „Damit der digitale Euro das Datensammeln stoppt. Anonymität beim digitalen Bezahlen ist wichtig.“
    Zwar will die EZB den digitalen Euro technisch so gestalten, dass die individuellen Vorgänge in den elektronischen Geldbörsen der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht von ihr gelesen werden können. Aber noch steht das Regelwerk nicht endgültig und es ist nicht klar, wie Verbraucherverbände und EU-Institutionen darauf achten können, dass der Datenschutz wirklich nicht auf der Strecke bleibt.

    ahe, beb