Die Gewerkschaft schlägt Alarm. Denn der Wandel hin zu stärkerer Digitalisierung und die Transformation der Industrie in das elektromobile Zeitalter wird viele Jobs in Frage stellen. "Ich nehme hier nur als Beispiel heraus die Automobilindustrie. Dann sehen wir, dass wir hier einen deutlich negativen Trend haben, was die mittelfristige Beschäftigungsentwicklung anbelangt: Mehr als 50 Prozent gehen von einer negativen Beschäftigungsentwicklung aus. Und die repräsentieren auch deutlich mehr Beschäftigte", sagt Rudolf Luz, im IG-Metall-Vorstand zuständig für Betriebspolitik. Allein in der Autoindustrie könnten nach Schätzung der IG-Metall 150.000 Arbeitsplätze wegfallen. Elektronische Antriebe brauchen viel weniger Teile als herkömmliche Verbrennungsmotoren. Und diese Zahl gefährdeter Arbeitsplätzen sei noch konservativ geschätzt. Denn auch in Zulieferbetrieben werde die Nachfrage nach Motorteilen nachlassen.
IG Metall: Keine Personalplanung ohne Strategie
Der Transformationsatlas der IG-Metall ist eine Bestandsaufnahme zur Frage, wie weit sich die Unternehmen auf die anstehende Transformation, also den digitalen und ökologischen Wandel, eingestellt haben. Befragt hat die IG-Metall 2000 Betriebe mit insgesamt rund 1,7 Millionen Beschäftigten. Geantwortet haben Betriebsräte und Vertrauensleute in den Unternehmen. Deswegen fordert IG-Metall-Chef Jörg Hofmann die Unternehmen auf, sich stärker mit dem Wandel zu beschäftigen und sich besser auf ihn einzustellen: "Wenn ich nicht weiß, was übermorgen, in zwei Jahren, in vier Jahren, in zehn Jahren mein Geschäftsmodell ist, dann ist die Frage, welche Personalbedarfsplanung und wohin qualifiziere ich, auch nicht zu beantworten ist. Das heißt: Ohne Strategie zur Bewältigung der Transformation, sind die Folgethemen schwer zu beantworten und die Frage: "Hast du eine Strategie", ist eine Frage, die Beschäftigte und Betriebsräte zu recht stellen".
Gewerkschaft fordert Fonds und Weiterbildungsmaßnahmen
In ihrer Untersuchung stellen die Gewerkschafter allerdings auch fest, dass die Unternehmen ganz unterschiedlich weit sind mit ihren Strategien. Ein Ergebnis ihrer Befragungen ist dennoch, dass knapp die Hälfte der Unternehmen, vor allem mittelständische Betriebe, kaum oder nur unzureichend auf die anstehenden Umwälzungen vorbereitet sind. Zum Abfedern jedenfalls der mutmaßlichen Jobverluste fordern die Arbeitsnehmervertreter etwa Strukturfonds für besonders stark betroffene Regionen, Kurzarbeitergeld gekoppelt mit Weiterbildungsmaßnahmen oder Investitionen in die Infrastruktur, beispielsweise in Ladestationen.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank, findet das grundsätzlich nicht abwegig: "Sicherlich, in Deutschland haben wir einen großen Nachholbedarf bei elektrischer Mobilität, bei Digitalisierung. Da muss Geld in die Hand genommen werden, um zu investieren. Das kann nicht nur der Staat machen, das muss auch die Privatwirtschaft machen, da können aber auch Steueranreize geschaffen werden. Da ist wirklich eine große Palette von Nachholbedarf, die wir in Deutschland schnell schließen sollten, wenn wir nicht in fünf oder zehn Jahren wieder kranker Mann Europas sein wollen". Jedenfalls ist klar: Die Transformation in die digitale und ökologische Zukunft wird viele Veränderungen mit sich bringen und die Arbeitnehmer wollen die Form dieser Transformation mitgestalten.