Corona-Krise, alle Schüler zu Hause, Fernunterricht übers Internet – doch wie genau? Nadja Wintermeyer, Leiterin der Burkhard-von-Hohenfels-Grundschule in Sipplingen am Bodensee:
"Also generell in der Krise zeigen sich die Problematiken, die schon da waren. Und diese fehlende Digitalisierung ist eines der Probleme. Im Moment, Stand jetzt, sind wir noch in der Steinzeit."
"Auf der anderen Seite haben wir jetzt eine Beschleunigung von Entscheidungen!", stellt ein paar Kilometer weiter Hans Weber, Direktor des Gymnasiums Überlingen, fest. Allerdings:
"Gewünscht hätten wir uns natürlich, dass unsere Überlegungen zu Cloud-Plattformen, an denen wir schon seit Monaten arbeiten, einen entscheidenden Schritt weiter gewesen wären."
Verlorene Jahre bei der Digitalpakt-Realisierung
Kurzum: In der Corona-Krise rächen sich Versäumnisse bei der Digitalisierung der Schulen. Das sieht auch Udo Beckmann so, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung:
"Wenn wir mal zurückdenken, dass es von der ersten Ankündigung bis zur tatsächlichen Ankündigung des Digitalpaktes zwei Jahre gedauert hat, dann können wir an dieser Stelle zwei Jahre verloren haben."
Und: Die Umsetzung des Digitalpaktes verläuft immer noch äußerst holprig. So steht es in der Forsa-Umfrage über die Zufriedenheit der deutschen Schulleiter. Demnach fühlt sich nur knapp über die Hälfte aller befragten Schulleiterinnen und Schuleiter gut informiert darüber, wie Mittel aus dem Digitalpakt überhaupt abgerufen werden.
Umständliche Umsetzung, doppelte Arbeit
Auch Schulleiterin Nadja Wintermeyer empfindet das Verfahren als umständlich und intransparent:
"Wir waren schon lange dran an der Umsetzung des Digitalpaktes Schule. Aber vor zwei Jahren den Medienentwicklungsplan und die ganzen notwendigen Schritte gemacht, und jetzt hat man diese elektronische Online-Plattform erfunden, wo man das wieder von neuem eingeben muss. Für mich ist das unnötige zusätzliche Arbeit. Und das verzögert das Ganze."
Zufriedenheit der Schulleiter nimmt deutlich ab
Kein Einzelfall, wie aus der vom Verband Bildung und Erziehung heute vorgelegten Umfrage hervorgeht. Demnach ging es im vergangenen Jahr ganz allgemein mit der Zufriedenheit der Schulleiter im Land ziemlich bergab, so Verbandsvorsitzender Udo Beckmann:
"Sehr gerne üben nur noch 42 Prozent der Schulleiter ihren Beruf aus. Das ist ein deutlicher Rückgang von 16 Prozentpunkten seit dem letzten Jahr. Daneben steigt der Anteil derjenigen signifikant, die eher ungern zur Arbeit gehen, um sieben Prozent."
Personalmangel ist Hauptbelastungsfaktor
Hauptursachen dieser großen Unzufriedenheit der Schulleiter: Steigender Verwaltungsaufwand, ein ständig wachsendes Aufgabenwachstum und - wie es in dem Forsa-Papier heißt - der Umstand, dass die Politik bei ihren bildungspolitischen Entscheidungen den tatsächlichen Schulalltag nicht beachte. Ganz wichtig auch: 76 Prozent aller befragten Schulleiterinnen und Schulleiter sehen die Überbelastung des Lehrerkollegiums als einen der größten Belastungsfaktoren an. Es fehle an Personal, meint auch Hans Weber, Schulleiter des Gymnasiums Überlingen:
"Da würde man sicher eine Personalreserve an den Schulen wünschen, eine Reserve. Man braucht diese Lehrerreserven an den Schulen in einem relativ hohen Maß. Denn sonst hat man eine Lehrkraft übrig, aber nicht mit der Lehrbefähigung für das Fach, das gerade zu ersetzen ist."
Schulen könnten auch nach Ostern geschlossen bleiben
Daneben geht aus den Ergebnissen der Umfrage hervor, dass nur an der Hälfte aller Schulen so genannte "multiprofessionelle Teams" gibt. Dabei unterstützen neben den Lehrern auch Erzieherinnen und Erzieher, Sozialarbeiter und Schulpsychologen die Schulleitungen bei ihren Aufgaben.
Schließlich die Frage: Wie geht es weiter an den Schulen im Zuge der Corona-Krise? Der VBE-Vorsitzende rechnet derzeit damit, dass die Schulen auch im Zeitraum nach Ostern noch geschlossen bleiben:
"Wir müssen nur auch hier aufpassen, dass die Herangehensweise in den einzelnen Ländern zu stark auseinander driftet, sondern dass man die Maßnahmen gemeinsam abstimmt, so dass es zu einem möglichst einheitlichen bundesweiten Vorgehen kommt."