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Digitalisierung in Schulen
Kein einheitliches Online-Konzept für Schulen in Deutschland

Bund und Länder wollen die Digitalisierung an Schulen voranbringen – und dafür 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Doch bevor das Geld fließt, müssen Schulen sogenannte Medienkonzepte vorlegen. Die Vorgaben und Handreichungen der Länder für ihre Schulen sind dabei höchst unterschiedlich.

Von Claudia van Laak |
In einem Klassenzimmer sitzen Kinder die an Tablets arbeiten.
Während des Lockdowns hat laut der Umfrage einer Elterninitiative nur die Hälfte der Schülerinnen und Schüler qualifizierten Digitalunterricht erhalten. Das soll nun anders werden (Eyeem / Maskot)
Schulen, Lehrer und Schüler sollen angesichts der Coronakrise kurzfristig deutlich stärker finanziell bei der Digitalisierung unterstützt werden. Das ist das Ergebnis eines Bund-Länder-Treffens von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den zuständigen Ministerinnen und Minister der Länder sowie Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und SPD-Chefin Saskia Esken.
Die Pandemie habe der Entwicklung von Formen des digitalen Lernens neue Dringlichkeit verliehen, so Regierungssprecher Steffen Seibert. Während des Lockdowns hat laut der Umfrage einer Elterninitiative nur die Hälfte der Schülerinnen und Schüler qualifizierten Digitalunterricht erhalten. Es gebe nun den gemeinsamen Willen, schnellstmöglich alle Schulen an das schnelle Internet anzuschließen, Schülern zu Hause einen bezahlbaren Zugang zum Internet zu ermöglichen und Lehrer mit Endgeräten auszustatten.

Was ist das Ergebnis des Bund-Länder-Treffens?

Es war ein informelles Treffen, aber die Vereinbarungen sind dafür ziemlich konkret. Es soll ein Paket von etwa 500 Millionen Euro geschnürt werden. Jeder Lehrer, jede Lehrerin soll damit einen Dienstlaptop erhalten, alle Schülerinnen und Schüler sollen einen günstigen Internetzugang bekommen.
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Zusätzlich sollen alle Schulen zügig ans schnelle Internet angeschlossen werden. Man sei entschlossen, der Sache einen Schub zu geben, so SPD-Chefin Saskia Esken. Dass das auch dringend nötig ist, zeigt die Umfrage einer Elterninitiative. Der zufolge hat nämlich nur die Hälfte der Schülerinnen und Schüler im Lockdown einen qualifizierten Digitalunterricht erhalten, die andere Hälfte hatte nur Arbeitsblätter per E-Mail bekommen, die dann ausgedruckt und bearbeitet werden mussten. Tatsächlich haben nicht alle Lehrkräfte eine dienstliche E-Mail-Adresse.

Hilft jetzt ein weiterer Geldsegen?

Geld allein hilft da nicht, wie man bei dem milliardenschweren Digitalpakt sieht: Je nach Bundesland fließt da das Geld höchst unterschiedlich ab. Sachsen ist da wohl besonders schnell: Von 250 Millionen Euro sind bereits 221 Millionen bewilligt, also etwa 90 Prozent.
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Zusätzliche 500 Millionen Euro wollen Bund und Länder den Schulen für die Digitalisierung zur Verfügung stellen. Davon könnten vor allem Brennpunktschulen profitieren.
In Berlin hingegen fließen die Millionen nicht nur sehr zögerlich ab, der rot-rot-grün regierte Senat hat auch noch nicht einmal einen Auftrag für die Anbindung der Schulen an ein leistungsfähiges Breitbandnetz erteilt. Das hängt mit einem Zuständigkeits-Wirrwarr zusammen. Für die Lehrkräfte ist in Berlin das Land zuständig, für die Schulbauten die zwölf Bezirke. Der Schwarze Peter wird da gerne hin und her geschoben, in diesem Fall auch zwischen der Bildungsverwaltung und dem zentralen IT-Dienstleister des Landes. Geld genug ist also vorhanden, mit dem Ausgeben aber hapert es.

Haben die Schulen schon Konzepte für den Online-Unterricht?

Die Schulen müssen sogenannte Medienkonzepte vorlegen, erst dann gibt es auch Geld aus dem Digitalpakt. Die Situation ist auch dort von Land zu Land höchst unterschiedlich.
Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat eine ausführliche Handreichung für Schulleitungen und Lehrkräfte veröffentlicht. Die Ausgangsfrage lautet: Wie verknüpft man sinnvoll Präsenz- und Distanzunterricht? Das ist genau die Frage, vor der momentan alle Schulen, alle Lehrkräfte stehen. Wenn sie zum Beispiel Klassen teilen müssen, um Abstände einzuhalten oder wenn - wie jetzt schon wieder geschehen - ganze Schulen wegen Corona schließen müssen, oder ganze Klassen nach Hause geschickt werden, weil es Verdachtsfälle gibt.
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Was in diesem Zusammenhang auffällt: Fast jede Schule, jedes Bundesland versucht, das Rad neu zu erfinden. Einerseits verständlich. Im Frühjahr kam der Lockdown ja quasi über Nacht, da war jede Schule auf sich allein gestellt. Aber jetzt könnte man das durchaus besser bündeln.

Wie geht es jetzt weiter?

Die informell getroffenen Vereinbarungen müssen konkret umgesetzt werden. Dafür braucht es nun Kabinettsbeschlüsse und Beschlüsse der Kultusministerkonferenz und auch die Haushälter müssen sich darüber beugen. Die wichtige Frage dabei: Wer zahlt wie viel? Was davon die Länder übernehmen und was der Bund, das muss noch ausgehandelt werden.