Fabian Schütze von der Berlin/Leipziger Elektro-Pop-Band A Forest fühlt sich nicht mehr wie ein Musiker. Deshalb will er raus aus dem Trott.
"Weg von diesem 'Alle achtzehn Monate ein Album', 5000-Euro-Promo, die Anzeigen kaufen, Interviews geben, Tour spielen, irgendwann das Geld wieder drin haben. Aber dann an dem Punkt bist du da, wo du das neue Album eigentlich schon schreiben musst."
Das ist die schöne neue Musikwelt aus der Sicht von Fabian Schütze: Labels rücken in den Hintergrund, der Musiker muss sich selbst managen, hat weniger Zeit für die Musik. Alben verkaufen sich schlechter, im Stream ist schließlich nahezu jeder Song hörbar. Und warum das alles? Na klar - wegen der Digitalisierung.
A Forest verkünden deshalb die neue digitale Band.
"Und dann nennen wir das halt auch Manifest, um es ein bisschen bigger zu machen."
"Die Bedingungen der Produktion und Distribution von Musik haben sich in den vergangenen 20 Jahren grundlegend verändert. Wir, als Künstler, Produzenten und Vermarkter, müssen neue, passendere Wege finden, Musik unter digitalen Bedingungen zu veröffentlichen."
Ein Manifest, viele Querverweise - Dirk von Gehlen, Dave Kusek & Gerd Leonhard, Max Weber - und die große Idee: Musik machen ohne Alben, aber mit dem Fan an der Hand. A Forest fassen damit digitale Strategien zusammen und zeigen, was digital alles möglich ist: Crowdfunding, Likes, Kommentare, Newsletter, die Homepage als eigenes Imperium mit Shop und: der Abschied vom Album.
"Man macht halt Werkschauen. Man hat jetzt zehn Lieder fertig, die du total gut findest und dann machst du die mal physisch, presst du die auf 'ne Schallplatte und dann nummerierst du die nur noch durch."
Ein Song ist nur eine Version
Eine Pop-Band ohne Alben, eigenartige Vorstellung. Doch die Tradition der Musikalben ist natürlich älter als die Digitalisierung. Im Internet ist ein Song mit einem Klick online. Warum also lange warten? Ein Song ist nie beendet, sondern immer nur eine Version innerhalb eines Prozesses. Die Fans hören zu, wenn A Forest einzelne Spuren eines Songs veröffentlichen, jeder kann remixen. Oder sie bewerten die Skizze eines Songs.
Bei A Forest ist der Fan nicht mehr Konsument, sondern Liker und Kommentierer - schaut zu, hört mit, kauft die "Werkschau" lange bevor sie erscheint.
"Die können halt auch sagen, hier, mach mal die Snair leiser. Oder in diesem Lied ist etwas grammatikalisch falsch. Weil man als Band nicht ständig alleine in diesem Proberaum sein kann."
A Forests Projekt demonstriert außerdem, was in digitalen Zeiten für Bands enorm wichtig geworden ist: Vermarktung für die eigene Sache. Ein simpler Pressetext reicht nicht mehr.
"Wir erzählen eine Geschichte. Und das wird immer wichtiger. Ich will keine Anzeigen kaufen für so eine Platte - das sind Unsummen für so eine Platte -, ich will auch keine Facebook-Promo kaufen. Ich will eine Platte, die offen und ehrlich ist. Das ist halt mein Marketing."
A Forest erfinden nichts neu, sondern bedienen sich an vielen einzelnen Ideen. Sie zeigen damit, was digital möglich ist und loten Grenzen aus. Eine Musikwelt ohne Alben - das wird wohl noch dauern. Vielleicht ist es aber ein Weg, den Kreislauf zu durchbrechen und endlich wieder Musiker zu sein.