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Digitalpakt an Schulen
"Wir brauchen WLAN in allen Klassenräumen"

Claudia Bogedan, Präsidentin der Kultusministerkonferenz der Länder, möchte die Digitalkompetenz von Schülern verbessern. Im Rahmen des sogenannten Digitalpakts sollen sie zum Beispiel lernen, "selber einen Algorithmus zu erstellen", sagte Bogedan im DLF. Schüler sollten mit Medien "aktiv, gestaltend und kreativ" umgehen können.

Claudia Bogedan im Gespräch mit Michel Böddeker |
    Die Bremer Senatorin für Bildung und Kinder Claudia Bogedan (SPD)
    Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Claudia Bogedan, wünscht sich, dass Schüler "in der Lage sind, eigene innovative Geschäftsideen im Bereich der Digitalisierung zu entwickeln". (dpa/picture alliance/Ingo Wagner)
    Michael Böddeker: Fünf Milliarden Euro für die digitale Bildung in Deutschland: Das hat das Bundesbildungsministerium kürzlich in Aussicht gestellt im sogenannten Digitalpakt – wir haben darüber berichtet –, und das sollte jetzt auch möglichst schnell in die Tat umgesetzt werden, sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund. Und warnt zugleich, der Digitalpakt drohe zur Luftnummer zu werden, wenn das nicht zügig im Bundeshaushalt verankert wird. Bis gestern lief in Saarbrücken der IT-Gipfel. Dort hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka das Angebot noch einmal bekräftigt. Über das Thema habe ich mit Claudia Bogedan gesprochen. Als Präsidentin der Kultusministerkonferenz KMK steht sie auf der Seite der Länder. Frau Wanka sagt, das Angebot ist da. Was sagen jetzt die Länder?
    Claudia Bogedan: Wir freuen uns. Wir freuen uns über das tolle Angebot, und ich kann nur sagen, der DGB hat recht: Entscheidend ist jetzt, dass das Geld auch tatsächlich im Haushalt verankert wird, damit wir schnell die Umsetzung kommen. Frau Wanka hat ja als zweite Bedingung formuliert, dass die Länder eine Strategie und ein Konzept brauchen, und dieses Konzept werden wir am 8. Dezember in Berlin verabschieden. Wir haben zwölf Monate intensiv in einem offenen und transparenten Prozess unter Beteiligung der Kommunen und anderer Stakeholder, der Wissenschaft und der Wirtschaft, eine Strategie entwickelt, die genau ein solches Konzept vorlegt, wo wir zeigen, was brauchen Kinder zukünftig an Kompetenzen, um in der digitalen Welt bestehen zu können.
    "In Deutschland sind längst nicht alle Schulen ans Breitband angeschlossen"
    Bödekker: Über diese Strategie wollen wir auch gleich noch sprechen. Zunächst mal noch zum IT-Gipfel, der gerade geendet ist: Gab es da denn schon Gespräche zwischen den Ländern und dem Bildungsministerium, also wo steht dieser Digitalpakt jetzt gerade?
    Bogedan: Die Länder werden ja jetzt am 8. Dezember zusammenkommen und ihre Strategie verabschieden. Und im Januar sind Gespräche dann mit der Bundesbildungsministerin geplant. Und dann, hoffe ich, kommen wir ganz schnell tatsächlich auch in die Umsetzung.
    Bödekker: Reicht die Zeit denn noch vor der Bundestagswahl? Es geht dann ja dann auch mit dem Wahlkampf schon los.
    Bogedan: Entscheiden können wir ja schnell. Also, wie gesagt, unsere Konzepte liegen auf dem Tisch, wir haben einen Kompetenzrahmen entwickelt, an dem wir uns abarbeiten werden in den Ländern. Und damit ist klar, in welche Richtung die Länder sich eben jetzt aufmachen. Und das heißt ganz klar, wir haben den Primat des Pädagogischen gesetzt, und da sind wir uns mit der Bundesbildungsministerin auch einig.
    Bödekker: Das bedeutet, es ist den Ländern auch wichtig, dass dieses Geld kommt und dass dieses Konzept umgesetzt wird?
    Bogedan: Das ist sehr, sehr wichtig, dann tatsächlich. Wenn wir in der Bildung, in der digitalen Welt weiter voranschreiten wollen, dann brauchen wir eine gute Infrastruktur. Und das heißt ganz konkret, wir brauchen WLAN in allen Klassenräumen, in allen Schulen. Das heißt, wir brauchen einen Breitbandausbau. In Deutschland sind längst nicht alle Schulen ans Breitband angeschlossen.
    Bödekker: Wie sehen eigentlich die Rückmeldungen aus von Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Ländern auf die Ankündigung des Digitalpakts? Zum einen soll es mehr Geld geben vom Bund eben für die digitale Ausrüstung in den Schulen, aber es kann ja auch sein, dass dann mehr Kosten auf die Länder zukommen, nämlich, wenn das Ganze verstetigt werden soll. Also die Technik einmal einzuführen kostet Geld, aber sie dann zu warten und auf dem neuesten Stand zu halten ja vielleicht auch. Gibt es da Bedenken?
    Bogedan: Ich kann nicht von Bedenken sprechen, sondern das ist genau einer der Knackpunkte, die wir sicherlich im Januar mit Frau Wanka werden erörtern müssen. Ich hatte ja eben schon gesagt, es wird dann einen gemeinsamen Termin geben mit der Bundesministerin und den Länderministern. Und eine, sicherlich, der Fragen wird sein, wie geht es weiter. Und diese Frage wird insbesondere nicht nur die Länder interessieren, sondern sicherlich auch die Kommunen, die als Schulträger natürlich auch für diese Infrastruktur verantwortlich sind.
    Bödekker: Sie haben eben schon angesprochen, dass es eine digitale Strategie geben soll, die Anfang Dezember vorgestellt werden wird. Das ist schon sehr bald. Sie haben lange daran gearbeitet. Geben Sie doch schon mal einen Ausblick – wie soll diese digitale Strategie aussehen?
    Bogedan: Das Zentrale ist, dass wir uns mit allen 16 Ländern auf einen gemeinsamen Kompetenzrahmen verständigt haben. Und dieser Kompetenzrahmen wird zukünftig eben dann für alle Fächer bestimmen, wie digitale Inhalte, wie Kinder und Jugendliche auf die Digitalisierung vorbereitet werden. Und das Versprechen oder die Selbstverpflichtung lautet, dass alle Schülerinnen und Schüler, die zum Sommer 2018 eingeschult werden, die Schule verlassen sollen und diese Kompetenzen mitnehmen sollen. Das heißt, wir müssen die Lehrpläne für alle Fächer uns anschauen, wir werden schauen müssen, wie wir die Lehramtsausbildung verändern können. Wie wir aber auch kurzfristig in der Weiterbildung und Fortbildung für die Lehrkräfte erreichen können, dass alle die Kompetenzen dann auch besitzen, unsere Schülerinnen und Schüler auf diesem Weg zu begleiten.
    Ziel ist "nicht nur eine gute und kritische Nutzung der Medien"
    Bödekker: Kompetenzen, Kompetenzrahmen – das klingt noch etwas abstrakt. Können Sie es noch etwas besser veranschaulichen? Also wie soll das genau aussehen im Schulunterricht?
    Bogedan: Gerne. Also eine Kompetenz, von der wir uns wünschen, dass Schülerinnen und Schüler sie zukünftig haben, ist, dass sie verstehen, was ein Algorithmus ist, wie dieser wird. Und aber auch in der Lage sind, selber einen Algorithmus zu erstellen. Das heißt ganz konkret, dass wir verstehen, dass wenn Google, wenn Sie eine Frage aufrufen bei Google, die Ergebnisse, die ich bekomme und die, die meine Freundin eben sich anschaut, eben nicht die gleichen sind, weil die Ergebnisse aufgrund eines Algorithmus unterschiedlich vorgefiltert werden. Das nicht nur zu wissen, ist ein entscheidender Punkt, sondern das auch wirklich erkennen zu können und selber gestalten zu können. Denn unser Ziel ist es, dass Kinder und Jugendliche eben nicht nur eine gute und kritische Nutzung der Medien hinbekommen, sondern tatsächlich aktiv und gestaltend und auch kreativ damit umgehen können. Das ist eine weitere Kompetenz, von der wir uns wünschen, dass sie nämlich auch in der Lage sind, eigene innovative Geschäftsideen im Bereich der Digitalisierung zu entwickeln.
    Bödekker: Sollen diese Kompetenzen dann in allen Schulfächern entwickelt werden, oder gibt es dann vielleicht auch spezielle Fächer? Es wird oft über den Informatikunterricht gesprochen – wäre das noch eine Möglichkeit?
    Bogedan: Genau. Wir haben auf der Länderebene tatsächlich gesagt, das Format, wie diese Kompetenzen vermittelt werden, das muss jeweils in den Ländern passförmig zu den Traditionen, die es bislang gibt, umgesetzt werden. Man wird sicherlich an der einen oder anderen Stelle ergänzende Unterrichtsinhalte brauchen, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg sich ja jetzt gerade entschieden hat, ein zusätzliches Fach Informatik in der ersten Klasse einzuführen. Andernorts gibt es bereits Unterricht in Medienkompetenz in einzelnen Fächern. Und andernorts wird es Teil vielleicht des Sachkundeunterrichts werden. Gleichzeitig wollen wir aber auch, dass es genauso im Deutsch-, Englisch-, Mathe- und Kunstunterricht eine Rolle spielt. Denn gleichzeitig sehen wir, dass es vermittelte Kompetenzen braucht, im Umgang auch, in der eigenen Nutzung der digitalen Technologien, um andere Bildungsziele auch zu erreichen. Das heißt, wir wollen auch die digitalen Technologien als ein Handwerkszeug nutzen, um gute und bessere Bildung in Deutschland zu machen.
    Bödekker: Soweit Claudia Bogedan, die Präsidentin der Kultusministerkonferenz zum geplanten Digitalpakt und der digitalen Strategie der Länder.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.