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Digitalpakt Deutschland
"Fünf Milliarden sind erst mal ein Riesenbrocken"

Damit die Schulen digitaler werden und mit dem technischen Wandel mithalten können, finanziert das Bundesbildungsministerium den milliardenschweren "Digitalpakt Deutschland". Dabei sei die technische Ausstattung der Schulen nur eine Seite, sagte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka im DLF. Auf der anderen Seite müsse die Aus- und Weiterbildung der Lehrer stehen.

Johanna Wanka im Gespräch mit Markus Dichmann |
    Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) am 29.01.2016 in Berlin bei der Pressekonferenz zur Evaluation "Wie geht es weiter mit der Exzellenz-Initiative für Wissenschaft und Forschung?"
    "Ohne passende Inhalte und Konzepte kann digitale Bildung nicht das leisten, was wir von ihr erwarten", so Wanka. (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    Markus Dichmann: Die einen bauen Roboter zusammen und lernen schon das coden, und die anderen sitzen vor einer neun Jahre alten Schrottmühle und kriegen Power Point beigebracht. Der Informatikunterricht in Deutschland ist sicherlich an manchen Stellen schon sehr ausgereift, an anderen aber, muss man sagen, unterirdisch. Ein Handlungsbedarf, den das Bundesbildungsministerium erkannt hat und deshalb mit fünf Milliarden Euro bis 2021 ein dickes digitales Programm finanziert namens "Digitalpakt Deutschland". Das besprechen wir jetzt mit der Bundesbildungsministerin Johanna Wanka. Guten Tag, Frau Wanka!
    Johanna Wanka: Hallo, guten Tag, Herr Dichmann!
    Dichmann: Steht es so schlecht um den Informatikunterricht in Deutschland, dass der Bund da eingreifen muss?
    Wanka: Es geht ja nicht nur um den Informatikunterricht, sondern es geht wirklich darum, dass die Schulen fit gemacht werden für die Zukunft, des 21. Jahrhunderts. Das heißt, es geht darum, dass sie Anschluss haben an die modernsten Möglichkeiten, die man dann im Unterricht, wenn man pädagogisch vernünftige Konzepte hat, einsetzen kann und nicht nur in der Informatik.
    "Auf der anderen Seite muss das entsprechende pädagogische Konzept stehen"
    Dichmann: Jetzt ist da die Rede von neuen Computern, wahrscheinlich auch Tablets für die Schulen, freiem WLAN auf dem Schulhof und in den Klassenzimmern. Technische Ausstattungen allein, Frau Wanka, kann ja aber nicht das Hilfsmittel sein oder das Heilmittel sein, denn wir wissen ja auch, dass es an Lehrern fehlt im Bereich Informatik und Technik und auch an Know-how unter den Lehrern, die den Unterricht heute schon geben.
    Wanka: Ja, da haben Sie völlig recht. Ohne passende Inhalte und Konzepte kann digitale Bildung nicht das leisten, was wir von ihr erwarten. Das heißt, die technische Ausstattung, die Infrastruktur ist nur eine Seite. Auf der anderen Seite muss das entsprechende pädagogische Konzept, die Aus- und Weiterbildung der Lehrer stehen.
    Dichmann: Und wo kommt das her?
    Wanka: Ja, ich möchte, dass wir mit den Ländern verhandeln, und dass das diese Dinge sind, die in Länderkompetenz sind, dass wir Geld für Infrastruktur zur Verfügung stellen und die Länder sicherstellen diese Veränderung in der Lehrerbildung und in der Aus- und Weiterbildung.
    Mit den Ländern verhandeln
    Dichmann: Darf man das Milliardenpaket denn eigentlich auch als freundliche Erinnerung an die Länder verstehen, dass da zu wenig getan wurde in den letzten Jahren?
    Wanka: Ich glaube, dass es eine gemeinsame Aufgabe ist, dass ein Land wie Deutschland mit einem hohen Bildungsstand auch im digitalen Zeitalter das beibehält, und deswegen muss es ein Interesse der Bundesländer, aber auch der Regierung sein, das zu realisieren. Wenn es die Möglichkeit gibt, pragmatisch zu unterstützen, dann sollte der Bund das tun.
    Dichmann: Jetzt haben wir allerdings wieder einmal das Problem, dass der Bund in Bildungsfragen aktiv wird, also im eigentlichen Hoheitsgebiet der Länder. Es riecht nach einem Verstoß gegen das Kooperationsverbot oder was denken Sie?
    Wanka: Das geht natürlich gar nicht, und ich bin ja eine Gegnerin dieser beabsichtigten Grundgesetzänderung. Hier ist es so, dass wir uns auf einen Artikel 91 c des Grundgesetzes stützen können, der genau eine solche Kooperation im digitalen Bereich und nur dort ermöglicht. Das heißt, das ist grundgesetzkonform.
    Dichmann: Also eine Ausnahme sozusagen in der Regel.
    Wanka: Es ist eine Ausnahme, es ist das, was das Grundgesetz gestattet. Ich bin pragmatisch – wenn wir dort eine Möglichkeit haben, nicht eine großartige Änderung brauchen, keine visionären Luftschlösser, sondern wirklich das, was auf dem Tisch liegt, nutzen, um eben schulische Bildung zu verstärken.
    Dichmann: Wird dem einen gegeben, Frau Wanka, fühlt sich der andere vernachlässigt, das ist wahrscheinlich immer so, und in dem Fall auch. Der deutsche Kulturrat hat schon beanstandet, dass hier eine Bevorzugung der Informatik, eine Bevorzugung technischer Fächer stattfindet, auf Kosten von Musik und Kunst. Ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
    "Ich verstehe den deutschen Kulturrat an der Stelle überhaupt nicht"
    Wanka: Also ich verstehe den deutschen Kulturrat an der Stelle überhaupt nicht, denn hier geht es darum, moderne Möglichkeiten in die Schule zu bringen, und das kann man zum Beispiel für den Musikunterricht wunderbar nutzen oder im Deutschunterricht. Wenn man dann einen Zugriff hat auf originale Schriftstellerlesungen und vieles andere, dann ist das doch eine Riesenmöglichkeit genau für diese Fächer. Das ist in keiner Weise irgendwas, was primär für technische oder naturwissenschaftliche Fächer gedacht ist, überhaupt nicht.
    Dichmann: Soweit bis 2021 mit dem digitalen Pakt – denken Sie dann noch an eine weitere Zukunft so eines Finanzierungsmodells?
    Wanka: Fünf Milliarden sind erst mal so ein Riesenbrocken – lassen Sie mich erst mal kämpfen, dass wir das schaffen!
    Dichmann: Johanna Wanka in "Campus und Karriere". Wir sprachen über den neuen Digitalpakt zwischen Bund und Ländern. Danke für das Gespräch, Frau Wanka!
    Wanka: Danke auch, Herr Dichmann!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.