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Digitalpakt
"Lehrer wollen digitale Medien stärker einsetzen"

Die Lehrer blickten laut einer Befragung des Digitalverbands Bitkom sehr hoffnungsfroh auf den Digitalpakt, erklärte Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder im Dlf. Die Mehrheit der Lehrer fordere sogar verpflichtende Angebote. Doch es fehle noch immer an Infrastruktur und Fortbildung.

Bernhard Rohleder im Gespräch mit Manfred Götzke |
Gruppe Schüler sitzt auf einer Treppe und kommuniziert mit Tablet-PCs und Smartphones | Verwendung weltweit, Keine Weitergabe an Wiederverkäufer. | dpa / picture alliance / imageBROKER
Smartphones sollen sinnvoll als Unterrichtsmittel eingesetzt werden, auch das gehört zur digitalen Erziehung in Schulen (imageBROKER)
Manfred Götzke: Der Digitalpakt, seit gut zwei Wochen ist er jetzt tatsächlich beschlossen, fünf Milliarden Euro bekommen die Schulen in Deutschland für die digitale Infrastruktur, also Glasfaserkabel, Whiteboards, Tablets, Software. Aber reichen die fünf Milliarden aus, um die 40.000 Schulen in Deutschland auf den aktuellen Stand der Lerntechnik zu bringen? Und was kann digitaler Unterricht überhaupt leisten? Mit diesen Fragen hat sich der Digitalverband Bitkom in einer Studie beschäftigt, genauer gesagt, er hat die Lehrer dazu befragen lassen. Über die Ergebnisse möchte ich jetzt mit Bernhard Rohleder sprechen, er ist Bitkom-Hauptgeschäftsführer. Hallo, Herr Rohleder!
Bernhard Rohleder: Hallo, Herr Götzke!
Götzke: Geben sich die Lehrer mit den Digitalpakt-Mitteln, fünf Milliarden Euro, zufrieden?
Rohleder: Ja, zunächst einmal freuen sie sich über das Geld und freuen sich auch über die Initiative. Man sagt den Lehrern ja häufig nach, dass sie sehr technikdistanziert, auch technikkritisch wären und würden am liebsten alles beim Alten lassen, und die Studie, die wir gemacht haben, zeigt: Genau das Gegenteil ist der Fall. Lehrer möchten gerne sehr viel intensiver mit digitalen Medien arbeiten und sehen hier sehr hoffnungsfroh auf den Digitalpakt und wünschen sich eher, dass noch mehr kommt als fünf Milliarden Euro.
Noch keine flächendeckende Verfügbarkeit
Götzke: Also Sie sagen ganz klar: Die fünf Milliarden Euro reichen nicht, weil der Stand der Infrastruktur in den Schulen so desaströs ist?
Rohleder: Ja, es geht um Infrastruktur auf der einen Seite, es geht um Endgeräte auf der anderen Seite, aber mindestens ebenso wichtig, vielleicht sogar wichtiger ist die Frage: Welche Lehr- und Lerninhalte haben wir denn digital angeboten und wie kompetent sind denn Lehrerinnen und Lehrer, wenn es um den Umgang, um den Einsatz von digitalen Technologien geht? Auch da wünschen sich die Lehrerinnen und Lehrer mehr, mehr Fortbildung, mehr Weiterbildung in Sachen digitaler Unterricht. Und 78 Prozent gehen sogar so weit, dass sie sagen: Diese Angebote sollten verpflichtend werden, sodass sie jeder Lehrer wahrnehmen muss.
Götzke: Sie haben die Lehrerinnen und Lehrer ja auch gefragt, wie sie die digitale Ausstattung der Schulen momentan benoten. Rausgekommen ist eine Drei minus beziehungsweise Vier plus. Warum diese schlechte Note?
Rohleder: Ja, die Lehrer sehen tatsächlich, dass in ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld, also an den Schulen, an denen sie aktiv sind, zwar viele Geräte vorhanden sind, aber oft sind es dann Einzelgeräte oder es gibt Klassensätze, wo dann die Klassen oder die Lehrer sich drum balgen, oder man hat die Situation, dass man einzelne Technikräume hat, aber man hat eben nicht die flächendeckende Verfügbarkeit, die man braucht, um durchgängig mit digitalen Mitteln zu unterrichten. Das ist das eine. Und man vermisst dann aber natürlich auch einen entsprechenden technischen Support, wenn man was nicht funktioniert, und natürlich dann auch die einschlägigen Angebote der Schulung im Umgang mit diesen neuen Technologien.
Götzke: Was ich interessant fand in Ihrer Untersuchung, ist, dass die Lehrer die Geräte, die ohnehin da sind, also Handys und Tablets der Schüler, so gut wie gar nicht einsetzen. Woran liegt das?
Rohleder: Ja, wir kennen die Gründe noch nicht genau, aber es ist tatsächlich so, dass am allerwenigsten eingesetzt werden Smartphones, und wir wissen aus anderen Untersuchungen, die wir gemacht haben, dass inzwischen bei den Neun- bis Zehnjährigen mehr als 90 Prozent der Schüler ein Smartphone haben. Die meisten bringen es auch mit in die Schule, aber halten es eben unter der Schulbank. Und wir würden da uns schon wünschen, dass man die Technologien, die nun mal da sind, nutzt, um sie eben auch ganz offiziell und sinnvoll im Unterricht als Unterrichtsmedium einzusetzen und ein bisschen wegzukommen da aus dem Bereich, wo Schüler es einfach einsetzen, um unter der Schulbank dann zu whatsappen oder zu snapchatten.
Selber mitdenken und Autokorrektur abstellen
Götzke: Sie haben in Ihrer Studie auch sich mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen digitale Hilfsmittel auf die Kompetenzen der Schüler haben könnten, wenn sie denn mal irgendwann eingesetzt werden sollten. Das, was die Lehrer da gesagt haben, das lässt ja eher erschrecken: 90 Prozent fürchten, dass die Schreibfertigkeit der Schüler leiden könnte. Sollte man es da nicht eher lassen?
Rohleder: Ja, also Lehrer sehen beides, und zwar mit sehr starken Werten in dieser Umfrage … Sie sehen natürlich auch, dass man individueller auf die Schüler eingehen kann, sie sehen, dass der Unterricht motivierender wird, sie sehen, dass man mit diesen neuen Medien auch auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt besser vorbereiten kann. Aber sie fürchten auch, dass die Schreibfähigkeit nachlässt. Da gibt es letztlich ein ganz einfaches Mittel: die Autokorrektur, die Rechtschreib-Autokorrektur ausstellen, sodass Schüler sich eben nicht darauf verlassen können, sondern dass sie gezwungen sind, selbst mitzudenken und richtig zu schreiben und sich dann im Zweifel auch vom Lehrer korrigieren zu lassen.
Götzke: Überwiegen denn bei den Lehrerinnen und Lehrern die positiven Aspekte, was die Kompetenzen angeht?
Rohleder: Ja, die Lehrer wollen ja digitale Medien stärker einsetzen und das würden sie dann nicht wollen, wenn sie vermuten müssten, dass sie damit nur mehr Arbeit haben und letztlich weniger beim Schüler, bei der Schülerin ankommt. Aber das Gegenteil ist der Fall: Lehrer sehen, dass sie in ihren Aufgaben entlastet werden, dass die Software viel übernimmt, was sie bislang übernehmen mussten, dass es individuellere Lehrangebote für die Schüler gibt und sie sich damit mehr auf so eine förderwürdige oder auf besonders problematische Schülerinnen und Schüler konzentrieren können und einfach wieder näher an die Schülerinnen herankommen.
Götzke: Sagt Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer von Bitkom, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.