Archiv

Digitalsteuer
Frankreich prescht vor

Frankreich wartet nicht länger auf die EU und will im Alleingang eine Umsatzsteuer auf Internetkonzerne einführen. Die Internetriesen Google, Amazon, Facebook und Apple, die im Vergleich zu anderen Unternehmen wenig Steuern zahlen, sollen zur Kasse gebeten werden.

Von Jürgen König |
Der französische Finanzminister Bruno Le Maire.
Der französische Finanzminster Bruno Le Maire hat heute seine Steuerpläne im Kabinett vorgestellt (AFP/Smialowski)
Ein deutsch-französischer Kompromissvorschlag zur Digitalsteuer sah noch Anfang Dezember eine Umsatzsteuer von drei Prozent auf Online-Werbeerlöse vor. Nachdem die 28 EU-Finanzminister sich darauf nicht einigen konnten, scheint das französische Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der EU zumindest bei diesem Thema nicht mehr sehr groß zu sein: Beim nächsten Brüsseler Treffen am 12. März werde es wieder keinen Beschluss geben, davon ist Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire überzeugt; seit Monaten bereitet er den französischen Alleingang vor:
"Ich würde sagen, jeder versteht, dass wir uns das Geld da holen wollen, wo es ist. Man kann jetzt nicht mehr mit dem Steuerrecht des 20. Jahrhunderts arbeiten. Wodurch entsteht heute Wertschöpfung? Durch Daten! Die wir anderen überlassen, allein dadurch, dass wir täglich unser Smartphone benutzen, Computer und so weiter. Das wird entweder gar nicht besteuert oder um 14 Punkte weniger als die Bäckerei, der Buchladen, die Fleischerei an der Ecke – das ist zutiefst ungerecht!"
Steuer rückwirkend ab 1. Januar
Der Gesetzentwurf sieht vor, Unternehmen zu besteuern, deren weltweiter Jahresumsatz mit digitalen Produkten mindestens 750 Millionen Euro beträgt, 25 Millionen Euro müssen in Frankreich erwirtschaftet worden sein. Die Steuer soll drei Prozent der digitalen Umsätze betragen und rückwirkend ab 1. Januar 2019 gelten. Erwartet werden jährliche Steuereinnahmen von rund 500 Millionen Euro. Schon im Vorfeld bekam Bruno Le Maire viel Kritik zu hören.
Regierungen wie Verbände der Internetwirtschaft fordern gleiche und nachvollziehbare Regeln für alle und entsprechend ein international abgestimmtes Vorgehen. Frankreich hat in diesem Jahr die G7-Präsidentschaft inne, beim Gipfeltreffen im Sommer in Biarritz, da ist sich Bruno Le Maire sicher, werde eine in Frankreich bereits geltende Digitalsteuer ein exzellentes Thema für die europäische Tagesordnung sein:
"Wir müssen vorankommen! Wir brauchen eine europäische Richtlinie zur Besteuerung der großen Digital-Unternehmen und wir werden beim G7-Gipfel die entscheidende Frage stellen. Nicht nur: wie besteuert man diese Unternehmen, sondern vor allem: wie bekämpft man Steuerhinterziehung in diesem Sektor? Wie beendet man Praktiken, die inakzeptabel und dabei völlig legal sind!? Wir wollen diese Steuerhinterziehung beenden, gegen die unsere Bürger auf die Straße gehen!"
Auch Entgegenkommen an Gelbwesten
Damit deutete Bruno Le Maire einen weiteren Grund dafür an, warum Frankreich gerade jetzt vorprescht. Es brauchte die heftigen Proteste der Gelbwesten gegen die vorherrschende Steuerungerechtigkeit, um wirklich aktiv zu werden: Es ist kein Zufall, dass der Alleingang Frankreichs erklärt wurde, kurz nachdem Staatspräsident Macron am 10. Dezember zehn Milliarden Euro für Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeiten bereitgestellt hatte. Mit den Steuermillionen der Digitalkonzerne würde Macron nicht nur die Staatskasse auffüllen, sondern auch eine zentrale Forderung der Gelbwesten bedienen. Beides kommt ihm sehr gelegen.