Die französische Regierung macht ernst: Ende November hat sie ihre umstrittene Digitalsteuer scharfgestellt. Große Digitalunternehmen müssen dort nun auf ihre Umsätze drei Prozent mehr an Steuern bezahlen. Betroffen sind Firmen, die weltweit mit digitalen Aktivitäten mindestens 750 Millionen Euro im Jahr umsetzen und davon mehr als 25 Millionen in Frankreich. Mit anderen Worten: Es geht vor allem um amerikanische Großkonzerne wie Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft.
"Die großen Digitalkonzerne sind in der Tat seit etwa zehn Jahren im Fokus der Kritik", sagt Wolfgang Schön, Direktor am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen. Die Europäische Union wirft den großen US-Konzernen seit Jahren vor, in großem Umfang Steuern zu vermeiden. Das französische Parlament hatte seine Digitalsteuer daher schon Mitte 2019 eingeführt. Sie wurde aber zunächst ausgesetzt, weil die USA mit Gegenmaßnahmen drohten.
"Frankreich hat unsere Unternehmen besteuert. Das hätten sie nicht tun sollen. Wir besteuern unsere Unternehmen – das machen nicht sie. Ich habe Frankeich gewarnt. Ich habe gesagt, wir werden Steuern oder Zölle auf Wein einführen. Daran arbeiten wir jetzt." Sagte der scheidende US-Präsident Donald Trump im Sommer 2019.
Internationale Steuerverhandlungen stocken
Immerhin einigten sich Frankreich und die USA darauf, erst einmal die Verhandlungen auf internationaler Ebene abzuwarten. Auch dort wird nämlich über neue Steuerregeln diskutiert, im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD. Aber die Verhandlungen stocken.
"Wir sollten eine Einigung bis Juli vorlegen. Und lasst es uns direkt sagen: Wir haben im Juli nicht geliefert und wir können auch heute keine finale Einigung vorlegen", sagte Pascal Saint-Amans, der Leiter des OECD-Zentrums für Steuerpolitik und -verwaltung im Oktober. Noch länger warten aber wollte Frankreich nicht, und schickte kurz darauf doch die ersten Steuerbescheide an die Konzerne – aller US-Drohungen zum Trotz. Prompt kündigte auch Kanada vor wenigen Tagen eine Digitalsteuer an.
"Wir sollten eine Einigung bis Juli vorlegen. Und lasst es uns direkt sagen: Wir haben im Juli nicht geliefert und wir können auch heute keine finale Einigung vorlegen", sagte Pascal Saint-Amans, der Leiter des OECD-Zentrums für Steuerpolitik und -verwaltung im Oktober. Noch länger warten aber wollte Frankreich nicht, und schickte kurz darauf doch die ersten Steuerbescheide an die Konzerne – aller US-Drohungen zum Trotz. Prompt kündigte auch Kanada vor wenigen Tagen eine Digitalsteuer an.
Nahezu unversteuerte Gewinne in europäischen Ländern
Die Frage, wie man große Technologieunternehmen dazu bringt, angemessen Steuern zu bezahlen, beschäftigt die internationale Staatengemeinschaft seit Jahren. Besonders prominent geworden ist zum Beispiel der Fall Apple: Wie ein EU-Bericht zeigt, konnte das Unternehmen seinen sogenannten Körperschaftssteuersatz in Europa von einem Prozent im Jahr 2003 auf 0,005 Prozent im Jahr 2014 drücken. Die Körperschaftssteuer ist die Steuer, die bei Unternehmen auf den Gewinn erhoben wird. Die EU fordert daher von Apple 13 Milliarden Euro an Steuern nach. Und andere Unternehmen stehen ebenfalls in der Kritik.
"Und das hängt mit dem Geschäftsmodell zusammen", erklärt Steuerexperte Wolfgang Schön vom Max-Planck-Institut. "Das Geschäftsmodell der großen Digitalunternehmen besteht darin, dass sie ihre Wertschöpfung nicht in erster Linie mit Fabriken, mit Waren, mit körperlicher Arbeit zubringen, sondern mit immateriellen Gütern, mit Algorithmen, aber zum Beispiel auch mit berühmten Marken wie Apple. Und diese immateriellen Güter kann man auf der ganzen Welt verteilen. Man kann sie insbesondere in steuerlich günstige Staaten bringen, zum Beispiel nach Irland, oder nach Luxemburg oder in die Niederlande. Man kann sie aber auch in Steueroasen parken, auf den Cayman Inseln oder auf Nauru."
Das geht zum Beispiel, indem ein amerikanischer Konzern, der in Deutschland hohe Gewinne macht, teure Lizenzgebühren an eine weitere Tochterfirma überweist, die in einer Steueroase sitzt. Dadurch fällt der Gewinn auf dem Papier nicht mehr in Deutschland an, kann also hierzulande nicht versteuert werden – in der Steueroase aber wird die Tochterfirma ebenfalls nicht zur Kasse gebeten. Der Gewinn bleibt also nahezu unversteuert.
Gewerbesteuer bringt Mittelständlern im Vergleich Nachteile
Staaten in Europa gehen dadurch nicht nur Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verloren. Die Steuertricks verschaffen US-Unternehmen auch einen unfairen Vorteil im globalen Wettbewerb. Dass sie deutlich weniger Steuern zahlen als zum Beispiel deutsche Mittelständler, ist ein Grund, warum sie ihre Produkte günstiger anbieten können, sagt Ludwig Veltmann vom Mittelstandsverbund.
"Wenn man sehr, sehr günstige steuerliche Bedingungen hat und sich an der Wohlfahrt eines Landes damit praktisch gar nicht beteiligt, dann hat man sicherlich sehr, sehr schnell die Situation, dass diejenigen, die vor Ort sind und die letztendlich das Gemeinwohl finanzieren müssen, durch ihre Gewerbesteuer, das hier vieles ins Ungleichgewicht gerät."
Der Mittelstandsverbund vertritt rund 230 000 deutsche Mittelständler, darunter Einzelhändler wie Intersport oder hagebau. Aus Sicht von Ludwig Veltmann tragen die Steuertricks der Konzerne mit zu einer bedrohlichen Entwicklung bei. Läden müssen schließen, Innenstädte sterben aus, wichtige Arbeitsplätze gerade auch in ländlichen Regionen gehen verloren.
"Wenn man sehr, sehr günstige steuerliche Bedingungen hat und sich an der Wohlfahrt eines Landes damit praktisch gar nicht beteiligt, dann hat man sicherlich sehr, sehr schnell die Situation, dass diejenigen, die vor Ort sind und die letztendlich das Gemeinwohl finanzieren müssen, durch ihre Gewerbesteuer, das hier vieles ins Ungleichgewicht gerät."
Der Mittelstandsverbund vertritt rund 230 000 deutsche Mittelständler, darunter Einzelhändler wie Intersport oder hagebau. Aus Sicht von Ludwig Veltmann tragen die Steuertricks der Konzerne mit zu einer bedrohlichen Entwicklung bei. Läden müssen schließen, Innenstädte sterben aus, wichtige Arbeitsplätze gerade auch in ländlichen Regionen gehen verloren.
Drei Prozent Steuerlast vs. 30 Prozent
Und nicht nur klassische Branchen wie der Einzelhandel leiden unter der unfairen Konkurrenz. Die gleiche Kritik übt Oliver Grün, der mit dem Bundesverband IT-Mittelstand die mittelständische Digitalwirtschaft in Deutschland vertritt:
"Es gibt zum Beispiel die Berichte, das ist eine Schätzung von Bloomberg, dass Microsoft ungefähr drei Prozent auf alle Gewinne in Europa Steuern zahlt. Und wenn wir jetzt mal den IT-Mittelstand nehmen oder eben Digitalunternehmen, die in Europa sitzen, zahlen im Schnitt 30 Prozent Steuern auf ihre Erträge. Das heißt also, die zahlen zehn Mal mehr Steuern als Microsoft. Und wenn sie dann zu erfolgreich werden, dann kommt Microsoft und kauft die einfach auf, von den ganzen Steuern, die sie gehortet haben und nicht bezahlen mussten."
"Es gibt zum Beispiel die Berichte, das ist eine Schätzung von Bloomberg, dass Microsoft ungefähr drei Prozent auf alle Gewinne in Europa Steuern zahlt. Und wenn wir jetzt mal den IT-Mittelstand nehmen oder eben Digitalunternehmen, die in Europa sitzen, zahlen im Schnitt 30 Prozent Steuern auf ihre Erträge. Das heißt also, die zahlen zehn Mal mehr Steuern als Microsoft. Und wenn sie dann zu erfolgreich werden, dann kommt Microsoft und kauft die einfach auf, von den ganzen Steuern, die sie gehortet haben und nicht bezahlen mussten."
OECD will Digitalunternehmen dort besteuern, wo ihre Nutzer sitzen
Dass sich etwas ändern muss, darin sind sich viele einig. Die Frage ist nur: Was? Die Verhandlungen auf OECD-Ebene gehen längst nicht mehr nur darum, wie man große Unternehmen davon abhält, Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verschieben. Die Debatte zieht inzwischen weit größere Kreise. Steuerfachmann Wolfgang Schön vom Max-Planck-Institut:
"Die ganze Sache verschiebt sich. Wir erleben im Moment eine Situation, in der es gar nicht mehr nur darum geht, missbräuchliche Steuergestaltung anzugreifen. Es geht jetzt sehr grundsätzlich darum, ob nicht die Staaten, wo die Märkte sind, wo die Kunden sind, wo die User sind, ob die einen größeren Anteil am Kuchen bekommen sollen."
"Die ganze Sache verschiebt sich. Wir erleben im Moment eine Situation, in der es gar nicht mehr nur darum geht, missbräuchliche Steuergestaltung anzugreifen. Es geht jetzt sehr grundsätzlich darum, ob nicht die Staaten, wo die Märkte sind, wo die Kunden sind, wo die User sind, ob die einen größeren Anteil am Kuchen bekommen sollen."
Dazu muss man wissen: Bisher werden Unternehmensgewinne immer dort versteuert, wo Unternehmen physisch vertreten sind – also Fabriken betreiben oder Niederlassungen haben. Das macht in einer analogen Welt auch Sinn. Denn um zum Beispiel Autos in Asien zu verkaufen, brauchen Unternehmen vor Ort zumindest ein Minimum an Infrastruktur. Digitalunternehmen dagegen brauchen keine physischen Niederlassungen. In der OECD wird daher nun darüber diskutiert, ob man die Besteuerungsregeln insgesamt verändert. Unternehmen würden dann nicht mehr dort besteuert, wo sie mit Niederlassungen vertreten sind, sondern überall dort, wo ihre Nutzer sitzen.
OECD plant auch eine globale Mindeststeuer
Gut 135 Staaten diskutieren aktuell in der OECD darüber, wie ein neues, faireres Steuersystem aussehen könnte. Geplant sind zwei Säulen: Die Säule eins soll dafür sorgen, dass Gewinne künftig verstärkt in den sogenannten Marktstaaten versteuert werden – also überall dort, wo Konzerne stark aktiv sind. Ergänzend dazu will die OECD als Säule zwei eine sogenannte globale Mindeststeuer einführen. Das soll dafür sorgen, dass jeder Konzern weltweit zumindest ein Minimum an Steuern zahlt und Gewinne nicht mehr in Steueroasen verschoben werden.
"Die Idee ist hierbei in großen Konzernen, wann immer es eine Tochter oder Mutter, irgendjemanden in der Konzernkette gibt, der sehr geringe Steuern zahlt, dass andere Töchter und Mütter nachsteuern können." sagt Deborah Schanz, Professorin für Steuerlehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Verschiebe also ein Konzern einen Teil seiner Gewinne in ein Niedrigsteuerland, sollen andere Länder, in denen der Konzern ebenfalls vertreten ist, ihren Anteil am Gewinn höher versteuern dürfen – solange bis der Mindeststeuersatz erreicht ist, erklärt Schanz. Im Detail ausgearbeitet sind diese Pläne noch nicht. Das wollte die OECD eigentlich bis zum Sommer hinbekommen, dann wurde daraus Jahresende und jetzt will sie bis Mitte 2021 liefern.
Der Konflikt hinter dem Konflikt: Industrie- gegen Schwellenländer
Was die Verhandlungen schwierig mache, sei, dass es bei der geplanten Reform im Kern um eine Machtverschiebung zwischen Schwellenländern und Industriestaaten gehe, erklärt Wolfgang Schön vom Max-Planck-Institut:
"Was richtig verstanden werden muss: Wir reden nicht nur über einen Steuerkonflikt zwischen den USA und Europa bei den digitalen Leistungen. Sondern wir reden über einen weltweiten Konflikt zwischen exportierenden und importierenden Staaten über die Frage, wer darf die Gewinne aus dem grenzüberschreitenden Handel besteuern."
Viele Schwellenländer zum Beispiel, in denen internationale Konzerne oft keine Niederlassungen, aber viele Nutzer haben, würden von der Reform profitieren. Für die Bundesregierung dagegen wäre die Bilanz gemischt: Zwar wäre es für Deutschland einerseits gut, wenn US-Konzerne durch die globale Mindeststeuer mehr Steuern zahlen müssten. Eine grundsätzliche Verschiebung der Besteuerung hin zu den Nutzern würde für Deutschland andererseits aber auch Nachteile bringen. Denn diese soll – so ist es von der OECD vorgesehen – nicht nur reine Tech-Konzerne treffen, sondern auch viele andere exportierende Unternehmen, sagt Schön.
"Also, das kommt alles drunter. Das sind so die klassischen Tech-Konzerne von Facebook über Apple bis Google. Und wir reden auf der anderen Seite über die Konsumgüterindustrie bis hin zu etwa Pkw."
"Was richtig verstanden werden muss: Wir reden nicht nur über einen Steuerkonflikt zwischen den USA und Europa bei den digitalen Leistungen. Sondern wir reden über einen weltweiten Konflikt zwischen exportierenden und importierenden Staaten über die Frage, wer darf die Gewinne aus dem grenzüberschreitenden Handel besteuern."
Viele Schwellenländer zum Beispiel, in denen internationale Konzerne oft keine Niederlassungen, aber viele Nutzer haben, würden von der Reform profitieren. Für die Bundesregierung dagegen wäre die Bilanz gemischt: Zwar wäre es für Deutschland einerseits gut, wenn US-Konzerne durch die globale Mindeststeuer mehr Steuern zahlen müssten. Eine grundsätzliche Verschiebung der Besteuerung hin zu den Nutzern würde für Deutschland andererseits aber auch Nachteile bringen. Denn diese soll – so ist es von der OECD vorgesehen – nicht nur reine Tech-Konzerne treffen, sondern auch viele andere exportierende Unternehmen, sagt Schön.
"Also, das kommt alles drunter. Das sind so die klassischen Tech-Konzerne von Facebook über Apple bis Google. Und wir reden auf der anderen Seite über die Konsumgüterindustrie bis hin zu etwa Pkw."
Digitalsteuer könnte Verluste für deutsche Exportwirtschaft bedeuten
Schließlich wäre eine Steuer ausschließlich für Technologieunternehmen mit den USA kaum zu machen. Dennoch unterstützt die Bundesregierung die Verhandlungen auf internationaler Ebene und zwar aus folgendem Kalkül heraus, sagt Schön.
"Deutschland ist bereit, eventuelle Verluste bei der Exportwirtschaft hinzunehmen, dass nämlich die Gewinne aus deutschen Exporten in den Kundenstaaten besteuert werden, wenn im Gegenzug der Steuerwettbewerb zulasten des Standorts Deutschland eingeschränkt wird."
US-Rückzug aus OECD-Verhandlungen unter US-Präsident Trump
Ein Knackpunkt in den Verhandlungen bleibt aber bisher die Position der Vereinigten Staaten. Das Weiße Haus hat lange eine sogenannte Safe Harbour-Lösung gefordert. Unternehmen sollen also selbst entscheiden können, ob sie sich dem neuen Steuersystem anschließen oder nicht. Das würde die Wirkung der Steuerreform deutlich mindern. Weil die US-Regierung damit nicht durchkam, hat sie sich im Juni vorerst ganz aus den Verhandlungen zurückgezogen.
"Das ist eine Provokation der gesamten OECD-Staaten. Wir standen kurz vor einer Einigung. Dabei ist die Digitalbranche wohl die einzige Branche, die enorm von der Coronakrise profitiert. Von daher ist es auch eine Provokation aller Menschen weltweit, die davon ausgehen, dass es legitim ist, dass Digitalunternehmen ihre Steuern zahlen", sagte der französische Wirtschafts- und Finanzminister* Bruno LeMaire daraufhin dem Sender France Inter.
"Das ist eine Provokation der gesamten OECD-Staaten. Wir standen kurz vor einer Einigung. Dabei ist die Digitalbranche wohl die einzige Branche, die enorm von der Coronakrise profitiert. Von daher ist es auch eine Provokation aller Menschen weltweit, die davon ausgehen, dass es legitim ist, dass Digitalunternehmen ihre Steuern zahlen", sagte der französische Wirtschafts- und Finanzminister* Bruno LeMaire daraufhin dem Sender France Inter.
Finanzminister Scholz bremste Sonderumsatzsteuer
Weil die Verhandlungen mit den USA so schleppend liefen, überlegt die EU schon seit Längerem, das Problem der ungleichen Besteuerung von Technologiekonzernen wie Google, Facebook und Co. allein anzugehen. Im Sommer 2018 kündigten Deutschland und Frankreich an, sich gemeinsam für eine EU-Digitalsteuer stark zu machen. Geplant war eine Art Sonderumsatzsteuer auf digitale Umsätze – also zum Beispiel auf Umsätze, die Google und Co. durch Online-Werbung machen. Doch daraus wurde nichts. Auch, weil Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD, aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der USA, in den Verhandlungen gebremst habe, sagt Sven Giegold, der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament.
"Olaf Scholz hatte von Anfang an eine Hasenfüßigkeit in dieser Frage. Denn die Vereinigten Staaten von Amerika haben eine große Steuerreform gemacht, für die sich Trump in Amerika hat feiern lassen. Da wurde nie in Europa um Erlaubnis gefragt. Das hat Europa sehr viel Geld gekostet, die dortigen Steuerreformen, die dafür gesorgt haben, dass ein größerer Teil der Umsätze amerikanischer Großunternehmen in Amerika versteuert werden. Umgekehrt, in dem Moment als Europa digitale Großunternehmen mit ihren europäischen Umsätzen besteuern wollte, haben Deutschland und auch Olaf Scholz unterstützt: Das machen wir erstmal nicht. Dann müssen wir erstmal auf globaler Ebene um Erlaubnis fragen und dort verhandeln."
Lösung auf OECD-Ebene nicht vor Mitte 2021
Die EU beschloss also, erst noch einmal abzuwarten, ob nicht im Rahmen der OECD-Verhandlungen doch eine Lösung mit den USA gelinge würde. Und die Hängepartie drohe sich zu wiederholen, kritisiert Giegold.
"Denn Deutschland und auch Herr Scholz haben Frankreich versprochen bis Ende des Jahres, wenn man bis dahin zu keiner Einigung mit Amerika kommt, dann geht Europa voran. Und jetzt wird dieses Versprechen wieder gebrochen und man wird jetzt auf der OECD-Ebene wieder ein halbes Jahr lang länger verhandeln."
"Denn Deutschland und auch Herr Scholz haben Frankreich versprochen bis Ende des Jahres, wenn man bis dahin zu keiner Einigung mit Amerika kommt, dann geht Europa voran. Und jetzt wird dieses Versprechen wieder gebrochen und man wird jetzt auf der OECD-Ebene wieder ein halbes Jahr lang länger verhandeln."
Frankreich schafft mit nationaler Digitalsteuer Fakten
Die französische Regierung hat daher nun mit ihrer nationalen Digitalsteuer Fakten geschaffen. Deborah Schanz von der Universität München sieht solche nationalen Vorstöße allerdings kritisch. Sie hält es unter anderem für falsch, dass die Digitalsteuer in Frankreich am Umsatz ansetzt und nicht am Gewinn, wie es die OECD-Lösung vorsieht:
"Bei der Umsatzsteuer, der zusätzlichen, der Digitalsteuer, ist natürlich das Problem, dass man sich das leicht vorstellen kann bei Unternehmen, die gigantische Gewinne machen. Dass man sagt, ein Teil der Umsätze wird dann eben besteuert, dann ist der Gewinn ein bisschen kleiner, das sieht unproblematisch aus. Aber die wird natürlich erhoben, wann immer die Mindestschwelle überschritten wird, auf den Umsatz unabhängig davon, ob Gewinn da ist. Das heißt, auch andere Konzerne, die natürlich damit getroffen werden, europäische Konzerne zum Beispiel müssten diese Steuer abführen, egal ob sie sogar Verluste machen oder ob sie nur geringe Gewinnmargen haben. Und der Gewinn könnte dann auch komplett aufgefressen werden durch diese Steuer."
"Bei der Umsatzsteuer, der zusätzlichen, der Digitalsteuer, ist natürlich das Problem, dass man sich das leicht vorstellen kann bei Unternehmen, die gigantische Gewinne machen. Dass man sagt, ein Teil der Umsätze wird dann eben besteuert, dann ist der Gewinn ein bisschen kleiner, das sieht unproblematisch aus. Aber die wird natürlich erhoben, wann immer die Mindestschwelle überschritten wird, auf den Umsatz unabhängig davon, ob Gewinn da ist. Das heißt, auch andere Konzerne, die natürlich damit getroffen werden, europäische Konzerne zum Beispiel müssten diese Steuer abführen, egal ob sie sogar Verluste machen oder ob sie nur geringe Gewinnmargen haben. Und der Gewinn könnte dann auch komplett aufgefressen werden durch diese Steuer."
Konzerne legen Digitalsteuer auf Kunden um, wie in Österreich
Befürworter von Digitalsteuern halten dagegen, dass sich das verhindern lasse, indem man die Steuer nur für sehr große Unternehmen verpflichtend mache, wie es in Frankreich auch der Fall ist. Ein weiterer Punkt, der häufiger als Kritik an nationalen Digitalsteuern genannt wird, ist, dass Technologie-Konzerne die Steuern relativ leicht auf ihre Kunden umlegen können. In Österreich zum Beispiel hat Google nach der Einführung der Digitalsteuern einfach die Preise für Online-Anzeigen erhöht. Grünen-Politiker Sven Giegold geht aber davon aus, dass die Steuer dennoch wirkt:
"Natürlich werden Steuern auch umgelegt. Aber in dem Moment herrscht eben wieder fairer Wettbewerb. Wenn die Google-Ads etwas teurer werden, werden wieder mehr Kunden überlegen, ob sie nicht woanders Werbung schalten und vielleicht die lokalen Medien unterstützen statt übermäßig im digitalen Raum entsprechend aktiv zu sein."
Vor allem aber hält Giegold Frankreichs Schritt für eine notwendige Maßnahme, um den Druck auf Digitalkonzerne zu erhöhen – und so wieder Schwung in die Verhandlungen bei EU und OECD zu bringen.
"Frankreich hat jetzt jahrelang auf Deutschland gewartet und Rücksicht genommen. Dass irgendwann ein französischer Präsident auch zeigen muss, dass er nicht nur bellt, sondern auch beißt, ist doch nachvollziehbar."
"Natürlich werden Steuern auch umgelegt. Aber in dem Moment herrscht eben wieder fairer Wettbewerb. Wenn die Google-Ads etwas teurer werden, werden wieder mehr Kunden überlegen, ob sie nicht woanders Werbung schalten und vielleicht die lokalen Medien unterstützen statt übermäßig im digitalen Raum entsprechend aktiv zu sein."
Vor allem aber hält Giegold Frankreichs Schritt für eine notwendige Maßnahme, um den Druck auf Digitalkonzerne zu erhöhen – und so wieder Schwung in die Verhandlungen bei EU und OECD zu bringen.
"Frankreich hat jetzt jahrelang auf Deutschland gewartet und Rücksicht genommen. Dass irgendwann ein französischer Präsident auch zeigen muss, dass er nicht nur bellt, sondern auch beißt, ist doch nachvollziehbar."
Unklar, wie sich USA unter Biden positionieren werden
Insgesamt sind sich die meisten Experten dennoch einig: Am sinnvollsten wäre eine Lösung auf internationaler Ebene im Rahmen der OECD. Ob die gelingt, hängt stark davon ab, wie sich die USA nun unter ihrer neuen Regierung des Demokraten Joe Biden positionieren. Steuerfachmann Wolfgang Schön warnt vor zu hohen Erwartungen:
"Man weiß nicht, in welchem Umfang jetzt die USA bereit sein werden nach der Wahl von Joe Biden, sich hier zu verändern. Das wird der Präsident auch gar nicht allein entscheiden können, denn er braucht eine Zustimmung im Senat."
"Man weiß nicht, in welchem Umfang jetzt die USA bereit sein werden nach der Wahl von Joe Biden, sich hier zu verändern. Das wird der Präsident auch gar nicht allein entscheiden können, denn er braucht eine Zustimmung im Senat."
Vor Mitte 2021 – so viel ist klar – wird es auf OECD-Ebene keinen Beschluss geben. Noch offen ist, wie nun die EU reagiert. Wird sie nun doch selbst aktiv, weil die OECD sich immer noch nicht geeinigt hat? Oder warten die Politiker in Brüssel weiter ab? Grünen-Politiker und Europaparlamentsabgeordneter Sven Giegold:
"Ich höre, dass man sich informell schon geeinigt hat, dass vor Mitte nächsten Jahres gar nichts passieren wird an Ergebnis. Ich muss allerdings sagen, dass ich in dieser Situation grundsätzlich erstmal Verständnis für diejenigen habe, die sagen, man soll jetzt nicht sofort Digitalsteuern einführen. Einfach deshalb, weil es für ganz verschiedene Fragen wichtig ist, dass Joe Biden Erfolg hat."
"Ich höre, dass man sich informell schon geeinigt hat, dass vor Mitte nächsten Jahres gar nichts passieren wird an Ergebnis. Ich muss allerdings sagen, dass ich in dieser Situation grundsätzlich erstmal Verständnis für diejenigen habe, die sagen, man soll jetzt nicht sofort Digitalsteuern einführen. Einfach deshalb, weil es für ganz verschiedene Fragen wichtig ist, dass Joe Biden Erfolg hat."
Google und Facebook wollten sich zu den verschickten Steuerbescheiden in Frankreich gegenüber dem Deutschlandfunk nicht äußern. Auch aus dem Weißen Haus gab es zunächst noch keine Reaktion. Doch dass die USA nationale und auch EU-weite Digitalsteuern einfach hinnehmen werden, gilt auch unter einem neuen, weniger konfrontativen Präsidenten als unwahrscheinlich.
* Anmerkung der Redaktion: Die politische Funktion von Bruno LeMaire wurde korrigiert.