Die gebühren-finanzierten nationalen Radio- und TV-Angebote der BBC müssen weiter sparen. Aber der BBC World Service erlebt eine neue Blüte: er erhält 100 Millionen britische Pfund extra staatliche Finanzierung. In den nächsten fünf Jahren werden damit zwölf neue Sprachdienste für Afrika und Asien aufgebaut und vor allem - digitale Projekte. 1200 Mitarbeiter werden neu eingestellt, innerhalb von drei Wochen mit BBC-Standards vertraut gemacht und mit der neuen Top-Priorität, die James Montgomery, der Director für Digitale Entwicklung umsetzen will:
"Mobile ist DAS Thema. Zwei Drittel aller user von BBC News kommen über mobile Geräte. Das heißt unsere Produkte, unsere Art Geschichten zu erzählen und unsere Arbeitsabläufe müssen sich darauf ausrichten."
"translate" macht Inhalte aus 29 Sprachen verfügbar
Rund 200 Techniker, darunter alleine 90 Webentwickler arbeiten an Anwendungen, um Arbeitsvorgänge zu vereinfachen. Der neueste Hit, der gerade im World Service erprobt wird, ist "Stitch": ein Webinterface, das verschiedenste Video- und Grafik-Templates vorhält und das Erstellen von Webvideos für Facebook, Twitter und Instagram schneller und individueller macht. Ein weiterer hausgemachter Erfolg: eine gegenüber Googles Übersetzungssoftware "translate" erheblich verbesserte, computergestützte Spracherkennung und -übersetzung. Dadurch wird der Inhalt aus derzeit 29 Sprachen des World Service BBC-intern für alle verfügbar. Robin Pembrooke leitet die Teams, die diese und weitere Tools entwickelt haben:
"Ich denke, den größten Effekt auf das Publikum hat die Entwicklung der Live Nachrichtenseiten rund um breaking news wie Wahlen oder das EU-Referendum. Damit erreichen wir ein riesiges Publikum, manchmal mehr als im TV - bis zu zwei Millionen User, die zuschauen und sich engagieren."
Die BBC hat auch keine Angst vor Social Bots. Seit März nutzt sie selbst einen: Die Politik-Redaktion hat einen Facebook Messenger aufgesetzt, dessen Algorithmus für die bevorstehenden Wahlen in Großbritannien programmiert wurde. Individuelle Fragen von Usern können damit maschinell beantwortet werden.
Individualisiert - Antworten auf Zuruf erhalten
Das passt zu einem weiteren Trend: Das Publikum will's individualisierter. Mehr als sechs Millionen BBC-Nutzer erhalten inzwischen personalisierte Inhalte. Und das nächste große Thema steht laut James Montgomery schon ins Haus bzw. im Haus:
"Worüber jeder in der Organisation spricht, das sind sprachgesteuerte Interfaces wie Google Home und Amazone Alexa. Die BBC hat zum Beispiel viele Radio-Inhalte und die Gelegenheit, damit neue Audio- und Videoerfahrungen zu schaffen, das wird sehr aufregend."
"Gibt’s neue Wirtschaftsnachrichten bei der BBC?" dieses und anderes kann jeder Google Home- oder Alexa-Besitzer nun jederzeit fragen und - Antworten gewissermaßen auf Zuruf erhalten.
Mit den Ausspielmöglichkeiten steigen die Anforderungen an die 20.000 BBC Mitarbeiter, die die Inhalte erstellen. Sie müssen also ständig dazulernen. Interne Fortbildung wird wichtiger - und muss sich neue Wege ausdenken. Mark James leitet den journalistischen Zweig der BBC Academy:
"Ich glaube, wir müssen mit der Industrie zusammen arbeiten. Und wenn sie in das eigene Haus schauen, dann arbeiten da tausende Journalisten, die ihr Handwerk sehr genau kennen. Wir müssen mit Ihnen zusammen arbeiten. Wir sollten öfter solche Leute für kurze Zeit als Trainer anstellen, damit sie ihre Expertise teilen."
Der Aufwand ist groß, aber das Ziel nicht minder ambitioniert: in den nächsten fünf Jahren soll der BBBC World Service mit seiner Digitalstrategie seine Reichweite nahezu verdoppeln - auf dann rund 500 Millionen weltweite Kontakte pro Woche.