Digitalisierung in Deutschland
Die Digitalstrategie der Ampel

Die Bundesregierung hat ihre Digitalstrategie vorgelegt. Unter anderem soll in drei Jahren die Hälfte der deutschen Haushalte und Unternehmen einen Glasfaserkabel-Anschluss haben. Experten halten viele Ziele aber für wenig ambitioniert und oftmals zu schwammig.

    Eine riesige Kabeltrommel mit Glasfaserkabel steht auf einer Straße in Duisburg
    Der Glasfaserausbau in Deutschland kommt nicht so schnell voran wie viele es sich wünschen (picture alliance/ Rupert Oberhäuser/ Rupert Oberhäuser)
    Die Digitalisierung in Deutschland wird häufig als unzureichend kritisiert, unter anderem weil Netzausbau und digitale Verwaltung nur schleppend vorankommen. Im Wahlkampf vor der Bundestagswahl spielte das Thema keine allzu große Rolle. Allerdings hatten Grüne und insbesondere die FDP großen Zulauf von jungen Wählerinnen und Wählern, was mit deren Positionen zur Digitalisierung erklärt wurde.
    In der Ampel-Koalition ist jetzt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) auch für die digitale Infrastruktur und die Digitalpolitik zuständig. Er koordiniert die neue Digitalstrategie der Bundesregierung, die er mit allen Ministerien und dem Kanzleramt erarbeitet und auf der Kabinettsklausur in Meseberg Ende August vorgestellt hat.
    Mit der Digitalstrategie soll Deutschland im europäischen Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) in die Top 10 aufsteigen. Derzeigt belegt es nur Platz 13.
    Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) der Europäischen Kommission
    Das Papier nennt dafür konkrete Ziele, etwa beim Netzausbau, bei der elektronischen Patientenakte und digitaler Bildung. Nach Angaben der Bundesregierung hat jedes Ministerium mindestens ein Projekt für die Digitalstrategie beigesteuert, darunter 18 Leuchtturmprojekte. Jeder thematische Abschnitt endet mit einer Auflistung der Ergebnisse, die bis 2025 erreicht werden sollen. Dann will die Bundesregierung sich daran messen lassen, ob sie diese Ziele erreicht hat. Sanktionsmöglichkeiten beim Verfehlen der Ziele sind allerdings nicht vorgesehen.

    Breitbandausbau und Mobilfunk

    Ohne überall verfügbares und schnelles Internet und ein flächendeckendes Mobilfunknetz lassen sich auch andere digitale Projekte nicht umsetzen. Der Netzausbau ist daher in der Digitalstrategie als eins von drei Projekten "mit Hebelwirkung" definiert - neben digitaler Identität und einheitlichen Standards. Das heißt, diese Vorhaben haben Auswirkungen auf die Digitalpolitik insgesamt und werden deshalb priorisiert. Bis 2025 soll mindestens die Hälfte der deutschen Haushalte und Unternehmen mit einem Glasfaseranschluss versorgt sein. Derzeit sind es etwa 25 Prozent. Mobilfunk soll es „bis möglichst 2026“ flächendeckend geben.

    Behördengänge

    Die Bundesregierung strebt eine umfassende Digitalisierung von Verwaltungsleistungen bis 2025 an, damit sich Behördengänge elektronisch und ortsunabhängig erledigen lassen. Dafür sind nutzerfreundliche und sichere staatliche digitale Identitäten nötig - ein weiteres Projekt "mit Hebelwirkung". Der Online-Ausweis soll auf das Smartphone gebracht werden. Auf Wunsch sollen auch Führerschein, Bildungsabschlüsse oder Zugangsberechtigungen, die von anderer Stelle als dem Staat ausgestellt werden, integriert werden können. Zudem sollen elektronische Signaturen einfacher abgegeben werden können.

    Elektronische Patientenakte

    Mindestens 80 Prozent der gesetzlich Versicherten sollen bis 2025 die elektronische Patientenakte (ePA) nutzen können, die derzeit nur von einer halben Millionen Menschen in der Testphase verwendet wird. Das E-Rezept soll als Standard in der Arzneimittelversorgung etabliert werden. Es soll als Ersatz des bisherigen Papierrezepts für verschreibungspflichtige Medikamente zunächst in der gesetzlichen Krankenversicherung schrittweise eingeführt werden.

    Viel Kritik an der Digitalstrategie

    Während Minister Volker Wissing betont, wie konkret und messbar die Ziele der Digitalstrategie seien, bemängeln Experten viele Formulierungen als zu vage und den Zeithorizont von 2025 ohne Nennung von Zwischenschritten und Meilensteilen als zu weit. Die Strategie sei zudem diesen Namen nicht wert, es handele sich vielmehr um ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen ohne roten Faden und ein Teil der aufgeführten Projekte sei ohnehin bereits in der Umsetzung.
    Viele Netzaktivisten wünschen sich eine stärkere Einbindung der digitalen Zivilgesellschaft. Auch dass für manche Themen verschiedene Ministerien zuständig sind, lässt Fachleute an einer zügigen Umsetzung zweifeln. Zudem ist das im Koalitionsvertrag verabredete Digitalbudget derzeit noch nicht in Sicht.
    Quellen: BMVD, Johannes Kuhn, Falk Steiner, Nina Voigt