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DIHK zu Brexit-Streit und Binnenmarktgesetz
"Großbritannien pokert sehr hoch"

Beim Streit über das britische Binnenmarktgesetz sieht DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben im Fall eines harten Brexits Verlierer auf beiden Seiten: Großbritannien wäre dann zwar nicht mehr Teil des EU-Binnenmarktes, aber auch in Deutschland hingen Arbeitsplätze davon ab, sagte Wansleben im Dlf.

Martin Wansleben im Gespräch mit Christoph Heinemann |
Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer Deutscher Industrie- und Handelskammertag, in der Bundespressekonferenz in Berlin
Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer Deutscher Industrie- und Handelskammertag (imago / Metodi Popow)
Die Europäische Union hat erste Schritte für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien eingeleitet, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel mitteilte. Grund für das Verfahren ist das vom britischen Parlament beschlossene Binnenmarktgesetz, das mehrere Vereinbarungen im bereits beschlossenen Austrittsvertrag aushebelt.
Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, betonte im Deutschlandfunk, es gehe dabei im Kern um die Integrität der Außengrenze des EU-Binnenmarktes. "Wir brauchen funktionierende Außengrenzen, auch wirtschaftlich gesehen; sonst funktioniert der Binnenmarkt nicht. Da geht es schon richtig ans Eingemachte", so Wansleben.
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Mit einem neuen Binnenhandelsgesetz will Großbritannien ungehinderten Handel im gesamten Königreich ermöglichen – auch wenn dies gegen internationales Recht verstößt, Teilen des Brexit-Abkommens widerspricht und die Glaubwürdigkeit der Regierung untergräbt.
Im Falle eines harten Brexits müsse man mit komplizierteren Zollformalitäten und Produktzulassungen rechnen, Autos würden um 20 Prozent teurer, so Wansleben. "Spediteure können nicht mehr einfach nach Großbritannien fahren, sondern alles muss gecheckt werden. Nicht umsonst bauen ja auch die Engländer auf ihrer Seite große Parkplätze."
Zwar hätten die Engländer wesentlich mehr zu verlieren, andererseits sei Großbritannien auch ein wichtiger Kunde und Kooperationspartner. Letztendlich ginge es auch in Deutschland um Aufträge, Umsätze und Arbeitsplätze. Er gehe aber nicht davon aus, dass England ein Dumping-Land werde, so Wansleben.
"Wir können eigentlich nur hoffen, dass es am Ende doch mindestens noch eine Art Schmalspur-Abkommen gibt, was vielleicht gar nicht so viel regelt, aber was eine Art Schnittstelle dafür bietet, dass in den kommenden Jahren dann doch noch Verhandlungen stattfinden." Als Wirtschaftsvertreter habe man den Eindruck, dass Großbritannien sehr hoch pokere.