Für den Fall eines Wahlsiegs kündigte er an, an Tag eins wie ein Diktator agieren zu wollen. Danach sei er dann kein Diktator mehr, sagte Trump dem Sender Fox News in einem Interview in Davenport im Bundesstaat Iowa. Moderator Sean Hannity hatte ihn gefragt, ob er verspreche, nie seine Macht zu missbrauchen oder das Gesetz auszunutzen, um Vergeltung an jemandem zu üben. Anschließend erklärten Trumps Wahlkampfberater, der ehemalige Präsident habe mit seiner Diktator-Bemerkung lediglich versucht, die Linke und die Medien zu provozieren.
Seine Wahlkampfagenda sieht allerdings eine beispiellose Ausweitung der Exekutivgewalt vor ebenso wie nie dagewesene Eingriffe in das Justizsystem und drastische Einschnitte im öffentlichen Dienst. Nur wenige Stunden vor der Ausstrahlung des Fox-Interviews kündigte ein langjähriger Verbündeter, ein hartes Vorgehen gegen Journalisten an. "Wir werden die Leute in den Medien verfolgen, die über amerikanische Bürger gelogen haben, die Joe Biden bei der Manipulation der Präsidentenwahl geholfen haben", sagte Kash Patel. Trumps Team distanzierte sich von Patels Äußerungen ein Stück weit.
"Die wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes leben"
Trump selbst führte jedoch in einem Interview des Senders Univision aus, sollte er wieder Präsident sein, werde er dazu aufrufen, Personen, die ihn "sehr schlecht"; angehen würden, anzuklagen. Auf seiner Plattform Truth Social schrieb er, er werde "die Falschnachrichten-Medien in die Flucht jagen". Seit Langem bezeichnete er Medien als "Feinde der Menschen" und forderte, gegen Sender wie NBC News und MSNBC sollte wegen Hochverrats ermittelt werden. "Sie sind eine echte Bedrohung für die Demokratie", schrieb er. Sie sollten einen hohen Preis für das zahlen, "was sie unserem einst großartigen Land angetan haben."
Bei einer Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire Mitte November verunglimpfte er politische Gegner als Ungeziefer. Das erinnert vor allem an die NS-Zeit. Er rief: "Wie werden die Wurzeln der Kommunisten, Marxisten, Faschisten und linksradikalen Gangster herausreißen, die wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes leben, die lügen, stehlen, bei Wahlen betrügen und alles in ihrer Macht Stehende tun - ob legal oder illegal - um Amerika und den amerikanischen Traum zu zerstören."
"Ich bin euer Krieger"
Die verschärfte Rhetorik Trumps ist schon seit längerem zu beobachten. In einem Video von Juni hieß es: "Ich werde einen echten Sonderstaatsanwalt ernennen, um den korruptesten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, Joe Biden, zu verfolgen, die gesamte verbrecherische Biden-Familie und alle anderen, die an der Zerstörung unserer Wahlen, Grenzen und unseres Landes selbst beteiligt waren." Im März meinte Trump: "2016 habe ich erklärt, dass ich Eure Stimme bin. Heute füge ich hinzu, dass ich Euer Krieger bin. Ich bin Eure Gerechtigkeit. Und für diejenigen, denen man Unrecht getan hat und die betrogen wurden, bin ich Eure Vergeltung." Im Dezember sinnierte er über eine Umgehung der Verfassung und argumentierte, der von ihm behauptete Wahlbetrug erlaube "die Aussetzung aller Regeln, Vorschriften und Artikel, sogar derjenigen in der Verfassung".
Im Hintergrund arbeiten konservative Gruppen in den USA daran, dass Trumps Vorstellungen auch umgesetzt werden können. Im sogenannten "Projekt 2025", also der erhofften erneuten Machtübernahme Trumps, erarbeiten sie einen umfassenden Plan. Ziel ist es im Kern, eine Regierungsstruktur in Wartestellung für die zweite Amtszeit von Trump zu schaffen - oder für jedwede Person im republikanischen Bewerberfeld, die ihren Idealen entspricht und Präsident Biden 2024 schlagen kann. So sollen in jedem Fall die Probleme der ersten Trump-Jahre im Amt vermieden werden, als das Team des Präsidenten schlecht vorbereitet war, Ministerkandidaten Mühe hatten, vom Senat bestätigt zu werden, und politische Vorhaben auf Widerstand stießen.
Projekt 2025: Tausende Anhänger sollen beim Aufbau des neuen Washington helfen
Tausende Anhänger sollen für den Plan in die Bundeshauptstadt kommen, um beim Aufbau des neuen Washington zu helfen. Der Plan sieht die Entlassung von bis zu 50.000 Bundesbediensteten vor, von denen angenommen wird, dass sie sich der Agenda des Präsidenten in den Weg stellen könnten. "Der erste Tag des Präsidenten wird eine Abrissbirne für den Verwaltungsstaat sein", sagte Russ Vought, ein früherer Trump-Regierungsbeamter. Derzeit gelten nur 4.000 Bundesbedienstete als politisch berufene Amtsträger, die in der Regel ausgewechselt werden, wenn die andere Partei ans Ruder kommt.
Es soll eine Reform des Justizministeriums geben, die im Kern darauf abzielt, seine Unabhängigkeit einzuschränken. Auch sollen die jüngsten Initiativen des Pentagons für Vielfalt, Gleichheit und Integration innerhalb der Streitkräfte abgeschafft werden. Weiter vorgesehen ist eine Schwächung des Kongresses - etwa um das offizielle Bestätigungsverfahren für Nominierte im Senat zu umgehen - und damit die Gefahr einer Schlappe zu vermeiden.
Das "2025 Presidential Transition Project" wird von der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation angeführt und von früheren Trump-Regierungsbeamten angetrieben. Insgesamt sind Dutzende rechte Organisationen beteiligt. Weitere Informationen zu dem Projekt hat unsere Korrespondentin Doris Simon.
Diese Nachricht wurde am 12.12.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.