Archiv

Diktatorenwarndienst
Schweizer meldet Despotenlandungen auf Genfer Flughafen

Die Schweiz ist ein internationaler Finanzplatz. Kunden, die hier Geld lagern, wollen oft unerkannt bleiben. Das gilt für Manager und Fußball-Funktionäre, aber auch für Diktatoren. Der Schweizer Journalist François Pilet will darauf aufmerksam machen: Er meldet An- und Abflüge von Privatjets am Flughafen Genf auf Twitter.

Von Dietrich Karl Mäurer |
    Blick auf ein Geschäftsflugzeug, das vor dem Gebäude des Internationalen Flughafens Genf abhebt.
    Ein Business Jet hebt vor dem Gebäude des Internationalen Flughafens Genf ab (AFP/Fabrice Coffrini)
    Der internationale Flughafen Genf: Neben Linien- und Charterflügen landen und starten hier auch viele Privatjets von gutbetuchten Herrschaften aus aller Welt. Nicht alle Besitzer dieser Flugzeuge haben eine reine Weste sagt Francois Pilet. Der Journalist weiß zu berichten: Auch Diktatoren und Autokraten steuern regelmäßig den Airport in der Westschweiz an: "einmal pro Woche."
    Francois Pilet weiß auch, woher die Flugzeuge kommen: "Kasachstan, Usbekistan, Kuweit, Katar und Äquatorialguinea."
    Eine lange Liste mit Jets umstrittener Besitzer hat der Schweizer gemeinsam mit einem Partner erstellt. Flugzeuge afrikanischer Dauerpräsidenten finden sich darauf, auch zwei Maschinen von Vladimir Putin. Jedes Mal, wenn ein solcher Jet in Genf gelandet oder gestartet ist, gibt es eine Meldung via Twitter.
    "Planespotter" sammeln und identifizieren Flugzeugsignale
    "Dictator Alert" - auf Deutsch Diktatoren Alarm - hat Francois Pilet den Account genannt.
    Für die Tweets greift er auf Daten zurück, die Flugzeugenthusiasten erfassen, aufzeichnen und via Internet bereitstellen.
    "Jedes Flugzeug in der Welt schickt ein kleines Signal. Und dieses Signal kann man mit einer kleinen Antenne auffangen. Und es gibt die Planespotter-Community, die haben solche Antennen in der Nähe von Genf installiert. Dieses Signal benutzen wir, um die Flugzeuge zu erfassen."
    Vor knapp einem halben Jahr ging "Dictator Alert" an den Start, schon oft haben die Antennen angeschlagen: "Wir haben jetzt vielleicht etwas mehr als 80 Ankünfte festgestellt."
    Genf ist eine attraktive Stadt: mit vielen luxuriösen Hotels, edlen Restaurants, Schmuck- und Uhrengeschäften. Doch Francois Pilet vermutet andere Gründe für die Schweiz-Reisen bestimmter Personen: "Genf ist eine phantastische Stadt für Diktatoren, weil es hier internationale Institutionen gibt. Und Genf ist auch ein Ort, an dem man Korruptionsgeld parken kann. Und diese Mischung interessiert sehr."
    Geht es aber wirklich um Schwarzgeld, oder besucht ein greiser Potentat nur eine Schweizer Privatklinik? Es sind viele Spekulationen im Spiel, das räumt der Journalist ein und stellt auch klar: "Wir verfolgen die Flugzeuge von Diktatoren, wir wissen nicht, wer an Bord sitzt."
    Nach Twitter-Alarm: Ermittlungen gegen Diktatoren-Sohn
    Francois Pilet ist aber überzeugt davon, dass das Veröffentlichen der Flugbewegungen einen Effekt hat, "Dictator Alert" beispielsweise die Schweizer Behörden unter Druck setzt, nicht wegzuschauen, sondern aktiv zu werden:
    "Was wir gesehen haben, ist, dass sehr viele Flüge aus Äquatorialguinea kommen. Und in diesem Sommer hat die Schweizer Justiz Ermittlungen aufgenommen gegen den Sohn des Diktators von Äquatorialguinea, Teodoro Nguema Obiang Mangue".
    Gegen ihn wird in der Schweiz wegen des Verdachts der Korruption und Geldwäsche ermittelt. Vor Kurzem versuchte der 47-Jährige, über den Flughafen Genf elf Luxussportwagen auszufliegen. "Diktator Alert" hat auch das gemeldet. Daraufhin wurden die Wagen in Genf beschlagnahmt.