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Diplom statt Master - wie lange noch?

Etwa 9000 Studierende studieren an den drei Berliner Universitäten noch auf Magister oder Diplom - statt auf Bachelor und Master. Wann mit welchem Studiengang endgültig Schluss ist, das regelt jede Universität ein wenig anders - manchmal zulasten der Studierenden, sagen Berliner ASten.

Von Verena Kemna |
    Mit Verweis auf nicht eingehaltene Prüfungsvorlagen hat der Diplomstudierende Patrick Luzina kürzlich per Post erfahren, dass seine Universität ihn exmatrikuliert hat. Der Fall wird nun vor dem Berliner Landesverwaltungsgericht verhandelt. Bis zu einem endgültigen Urteil studiert der 32-Jährige auf Anraten seines Anwalts, weiter wie bisher. Die Chancen auf Erfolg seien gut, meint er:

    "Ja, es werden schon so 16, 17 Semester werden. Ich finde, das ist auch nichts Anrüchiges. Letztens hat auch der HRK–Präsident festgestellt, dass der Bachelor- und Masterstudiengang viel zu schnell geht. Ich bin Diplomant und bin schon der Meinung, dass man uns in Ruhe zu Ende studieren lassen sollte. Dann haben wir die Möglichkeit zu Ende zu studieren und die Universität hat keinen Stress mit uns."

    Im Wintersemester 2006 hat er sich am traditionsreichen Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin immatrikuliert. Noch heute ist er überzeugt davon, dass er mit dem Diplomstudiengang Politikwissenschaften genau die richtige Entscheidung getroffen hat. Er studiere gerne, meint er, müsse aber nebenbei Geld verdienen, außerdem sei er politisch engagiert. Viele der Diplom- oder Magisterstudierenden wüssten zu wenig über ihre Rechte. Viele würden einfach aufgeben, ihr Studium ohne Abschluss beenden oder in einen Bachelor- oder Masterstudiengang wechseln:

    "Es ist schwierig, an der FU Informationen zu bekommen. Also eigentlich weiß keiner genau, was jetzt los ist."

    Seitens der Freien Universität heißt es dazu schriftlich, dass zum Thema "Exmatrikulation" keine Beschwerden von Studierenden oder Studierendenvertretern bekannt seien. Patrick Luzina sieht das selbstverständlich anders. Er beklagt die schlechte Informationspolitik der FU:

    "Ich denke nicht, dass ich die ganze Zeit meiner Universität hinterher telefonieren muss, damit ich weiter studieren darf. Ich fände es halt schön, wenn die Universität sagen würde, so, okay Herr Luzina, sie dürfen jetzt zu Ende studieren. Wir wissen, sie wollen ja nur noch drei, vier Semester, das wäre natürlich traumhaft."

    Er ist einer von geschätzten 9000 Studierenden, die an den drei Berliner Hochschulen noch auf Magister oder Diplom studieren. Die Universitäten stehen vor der Herausforderung, jeweils doppelte Verwaltungsstrukturen sowie das entsprechende Lehrangebot aufrecht zu erhalten. Wann mit welchem Studiengang endgültig Schluss ist, das regelt jede Universität ein wenig anders. Die Studierenden sollen eine faire Chance haben, betont Jörg Steinbach, Präsident der Technischen Universität Berlin:

    "Wir haben natürlich damit ein Problem dieses Parallelangebot die ganze Zeit aufrecht zu erhalten, aber auf der anderen Seite ist uns daran gelegen, dass die jungen Menschen einen vernünftigen Abschluss kriegen. Wir haben uns für die TU darauf geeinigt, dass wir mindestens für die doppelte Regelstudienzeit das Studienangebot und das Prüfungsangebot bereitstellen."

    Präsident Steinbach ist mit der Regelung, die gemeinsam mit den Studierendenvertretern ausgehandelt wurde, zufrieden. Von einer verpflichtenden Prüfungsberatung als Druckmittel für Langzeitstudierende hält er nichts. Auch das Wort "Exmatrikulation" möchte er am liebsten gar nicht in den Mund nehmen:

    "Es muss eigentlich keiner zwangsexmatrikuliert werden, bei uns ist das auch nicht vorgesehen. Das sind manchmal ein bisschen Frage der Diplomatie, ob man dasselbe erreichen kann, auch ohne dass man diese Reizworte genutzt und das mechanistisch gestaltet. Dann wird es auch von den Studierenden besser akzeptiert und mitgetragen."

    Im Fall Patrick Luzina, der an der Freien Universität noch immer auf ein Diplom hofft, kann jedoch von Diplomatie keine Rede sein. Christine Ilgert von der Studierendenvertretung AStA der Technischen Universität Berlin rechnet fest damit, dass sein Verfahren vor Gericht Erfolg haben wird. Sie hofft auf einen fairen Umgang mit den Studierenden auch an der Freien Universität:

    "Was das macht, so eine Exmatrikulation vermittelt schon auch stark das Gefühl, du störst hier, wir wollen dich hier nicht mehr haben. Das können wir natürlich nicht unterstützen. Wir wollen, dass die Leute fair ihren Abschluss machen können."

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