Außenpolitisch hat Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen selten Grund zur Freude. Die meisten Staaten erkennen ihr Land wegen der Ansprüche Chinas nicht an. Auch die USA, Taiwans wichtigster Verbündeter, haben hier seit fast 40 Jahren keine offizielle Botschaft mehr.
Bei einer Rede vor der Amerikanischen Handelskammer in Taipeh vor knapp zwei Wochen zeigte sich Tsai aber gut gelaunt. Wegen eines Gesetzes, das Donald Trump unterschrieben hatte, vom US-Kongress einstimmig beschlossen. Das Gesetz fordert regelmäßige Treffen von hochrangigen Politikern und Beamten beider Seiten – fast wie bei normalen diplomatischen Verbündeten.
"Wir sind der Trump-Regierung und dem Kongress dankbar [für dieses Gesetz]. Auch dafür, dass letztes Jahr, kurz nach dem Regierungswechsel, eine Waffenlieferung genehmigt wurde. Das zeigt, die USA stehen nach wie vor ein für Taiwans Sicherheit.
Fast wie bei normalen diplomatischen Verbündeten
Solche Unterstützung ist wichtig für Tsai, denn in Peking gilt sie als Feindbild. Sie betont Taiwans Demokratie und Eigenständigkeit und will sich China nicht zu sehr annähern. Seit ihrer Wahl erhöht China den Druck politisch, wirtschaftlich und militärisch.
Doch nun reagiert Washington. Tsai konnte einen wichtigen Besucher begrüßen. Alex Wong, Vizechef der Ostasien-Abteilung im Außenministerium. Seine Botschaft an Taiwan: Die USA haben Euch nicht vergessen.
"Das Ziel der US-Politik ist es, sicherzustellen, dass die Taiwaner ihren selbst gewählten Weg frei von Zwang weiter gehen können. Wir wollen engere Bande knüpfen und Taiwans Fähigkeit stärken, seine Demokratie zu beschützen. Unsere Entschlossenheit dazu war nie so stark wie heute."
USA lernen, weniger Rücksicht auf China zu nehmen
Solche neuen Töne seien kein politischer Alleingang der Trump-Regierung, sagt Kharis Templeman, Taiwanexperte der Stanford-Universität. Amerika lerne gerade, weniger Rücksicht auf Chinas Empfindlichkeiten zu nehmen.
Lange hätten Politik und Wirtschaft voll Zuversicht darauf gesetzt, dass China sich früher oder später auch gesellschaftlich liberalisiert. Doch unter Xi Jinping kam die Ernüchterung: rücksichtsloses Auftreten in der Region, Schwierigkeiten für ausländische Unternehmen, Unterdrückung der Zivilgesellschaft.
"Seit Xi im Amt ist, fällt es schwer, noch optimistisch zu sein. In Washington gab es ein großes Umdenken. China wird nun viel kritischer gesehen. Und zwar von Demokraten und Republikanern. Selbst wenn Hillary Clinton die Wahl gewonnen hätte, würde es gegenüber China heute auch eine härtere, konfrontativere Haltung geben."
Für diese Haltung steht besonders John Bolton, den Trump zu seinem Nationalen Sicherheitsberater machen will. Bolton hält nicht nur einen Präventivschlag gegen Nordkorea für denkbar. Er ist auch für regelmäßigere Waffenlieferungen an Taiwan und mehr militärische Kooperation. Als Signal an China, dass Amerika seine Interessen in Asien nicht aus dem Blick verloren hat:
"Die Zeiten haben sich verändert, China tritt aggressiver auf. Wir müssen uns klar machen, welche Rolle Taiwan in diesem Verhältnis spielt. Und wenn China das nicht passt, dann sollen sie mit uns darüber reden."
US-Unterstützung bliebe im Ernstfall ungewiss
Im Weißen Haus werde auch Bolton solche Entscheidungen aber nicht im Alleingang treffen können, sagt Taiwanexperte Templeman. Trotz der neuen Aufmerksamkeit aus Washington muss Taiwan vorsichtig bleiben. Chinas Machtanspruch besteht unverändert, und ob im Krisenfall die USA wirklich militärisch zur Hilfe kommen würden, ist unklar. Taiwan, sagt Templeman, dürfe nicht eigensinnig am Status Quo rütteln:
"Die USA würden nie in den Krieg ziehen, um eine Unabhängigkeitserklärung Taiwans zu unterstützen. Das ist völlig ausgeschlossen. Wenn Taiwan aber nichts unternimmt, um China zu provozieren, und es trotzdem in feindlicher Absicht in Taiwans Luftraum oder Hoheitsgewässer eindringt, dann, denke ich, müssten die USA reagieren."