80. Geburtstage können anstrengend sein. Zubin Mehta sitzt auf einem Hochstuhl. Er will keine Einzelinterviews geben und auch kein Ansteckmikrofon. Hinter ihm liegt der leere Saal der Philharmonie. Vor ihm sitzen Journalisten mit Fragen, die er so alle schon mal gehört hat. Zum Beispiel diese: Was bedeutet Ihnen Musik?
"Ich kann mich an keine Zeit erinnern, zu der ich kein Musiker oder Musikliebhaber war. Ich habe schon Musik gehört beinahe bevor ich zur Welt kam: Mein Vater war ein großer Musiker. Also bin ich mit dieser Sprache groß geworden. Musik ist Liebe, das hält mich am Laufen."
Die letzten, runden Geburtstage feierte der Maestro alle in den Konzertsälen der Welt. Dieses Jahr in seiner Geburtsstadt Bombay, in Wien, Mailand und auch in Tel Aviv. Probe mit den Philharmonikern, der Cellistin Amanda Forsyth und deren Ehemann, Violinist Pinchas Zukerman, zum Brahms Konzert in A-Moll.
1961 hatte Mehta das Orchester zum ersten Mal dirigiert. Er sprang mit 25 Jahren als Vertreter ein. Rettete so den Abend mit Dvoráks Symphonie Nummer 7. "Für einen jungen Dirigenten ist nicht die erste Einladung wichtig, sondern die zweite. Denn wenn sie dich kein zweites Mal holen, dann ist es vorbei. Aber ich kam wieder 1963 und so weiter und so weiter."
In Tel Aviv wurde er musikalischer Berater, Chefdirigent und schließlich Musikalischer Direktor auf Lebenszeit.
Nach der Probe eine sehr israelische, also zwanglose Geburtstagsfeier mit ehemaligen Buffet und einem Schokoladenkuchen mit aufgestecktem Feuerwerkskörper. Mehta im Kreis von Musikern und Pensionären: "Als ich noch in Russland war, habe ich davon geträumt, mit Zubin Mehta zusammenzuarbeiten. Als ich das erste Mal von ihm hörte, war er etwas über 20 Jahre alt. Der Traum hatte sich verwirklicht. Er ist ein wunderbarer Mensch."
"Ein persönliches Erlebnisse das ich mit ihm hatte: bei meiner allerersten Proben hier war ich sehr aufgeregt. Alle Neuen mussten aufstehen. Ich glaube, er spürte, dass ich nervös war, und scherzte, ob ich nicht noch etwas stehen bleiben möchte … Das half und gab mir das Gefühl, zuhause zu sein."
Gasmasken während des Konzerts aus Angst vor Giftgas-Angriffen
Das Verhältnis zwischen Mehta und Israel hat zwei Aspekte. Zum einen garantiert der Maestro dem Orchester weltweit Gehör – wie jetzt zu seinem 80. Er bringt zudem Stars der Klassik mit nach Tel Aviv. Außerdem hat Mehta selbst immer das Besondere an seiner Arbeit in Israel betont. Er ist stolz, dass das Orchester auch während des Golfkrieges 1991 auftrat. Das Publikum trug während des Konzerts zeitweise Gasmasken aus Angst vor irakischen Giftgas-Angriffen.
Im Sommer 2010 spielten sie an der Grenze zum Gaza-Streifen als Zeichen für den damals verschleppten israelischen Soldaten Gilad Shalit: "Unsere Gedanken sind bei Gilad Shalit, der seit vier Jahren leidet, niemanden zu Gesicht bekommt. Und wir wollen dafür sorgen, dass man ihn sehen kann, dass die Verhandlungen Fahrt aufnehmen. Die Menschen hier wollen auch unsere Regierung drängen zu handeln."
Anders als sein Kollege Daniel Barenboim hat sich Mehta nie mit dem israelischen Mainstream überworfen. Seit Jahren wiederholt er den Satz, er wünsche sich arabische Israelis als Musiker im Orchester. Er kritisiert die Politik der israelische Regierung wie es alle tun und bleibt auch sonst verbindlich: Eine Einigung zwischen Israelis und Palästinensern sei schließlich möglich. "Wenn sie es wollen, kann es morgen Wirklichkeit sein. Das ist mir wichtig. Also einigt Euch ein für alle mal. Warum sie es nicht tun, na, das würde ich gern wissen. Jeder hat seine politischen Ziele. Die Politik steht dem im Weg. Die Jugend soll das lösen."
Israel sei sein drittes Zuhause nach Indien und den USA, sagt Mehta auf der Pressekonferenz noch. Dann will der Dirigent aber gehen. Im Hotel noch eine Runde schlafen vor dem Konzert am Abend.